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Rezension:Eve Arnold: Porträts und Fotoreportagen (Gebundene Ausgabe)


Dieser Bildband zeigt das Lebenswerk von Eve Arnold, der Grand Dame der Fotografie.


Die Herausgeberin des Buches, das Porträts und Fotoreportagen der Künstlerin enthält, ist Brigitte Lardinois. Sie arbeitete über zehn Jahre als " Cultural Director " bei der renommierten Fotoagentur Magnum in London- der Agentur, der Eve Arnold seit 1951 angehört.

Das Vorwort hat Anjelica Huston, die Tochter der Filmlegende John Huston verfasst. Huston ist Oscar- und Golden-Globe-Preisträgerin. Eve Arnold hat diese Schauspielerin in den letzten Jahrzehnten häufiger porträtiert.

Die Schauspielerin, Filmemacherin und Autorin Isabella Rossellini schließlich hat eine erhellende Einführung zum Werk geschrieben. Es handelt sich hierbei um Schwarz-Weiß- Fotos aber auch um Farbbilder.

Huston erzählt packend vom langen Schaffen der 1912 geborenen Fotografin, deren erster Lehrer der berühmte Alexey Brodovitch , der künstlerische Leiter des Modemagazins " Harper`s Bazaar " war.
Huston berichtet, dass Eve Arnold einst in Indien Indira Gandhi auf ihrer Wahlkampftour begleitete u.a. männliche Stripteasetänzer sowie lesbische Nonnen ablichtete und im Süden der USA das Treiben des Ku-Klux-Klans dokumentierte. In den 1960er Jahren gestaltete sie eine Reportage über " Schwarze in Südafrika " und bereiste ferner die UdSSR, Afghanistan und Dubai, um dort Fotos zu machen. Als einer der ersten Fotografen durfte sie Ende der 70er Jahre relativ frei in China fotografieren. Die Bilder Arnolds, so Huston, erzählen immer eine eigene Geschichte. Die im Buch vorgestellten Fotos, wollen kulturelle, soziale, ökonomische und spirituelle Unterschiede herausarbeiten und auf die persönliche Welt von Arnolds Modellen aufmerksam machen.

Isabella Rossellini erzählt u.a. , wo und wann ihr die Fotografin begegnete . Sie traf Arnold häufig und sprach mit ihr über Freunde, Politik und Kinder. Rossellini hält fest, dass Eve nie wie eine Intellektuelle, sondern stets sehr praktisch sprach. Dafür nennt sie Beispiele. Die Schauspielerin weiß um das Geheimnis, weshalb die Modelle vor dem Objektiv der Fotografin stets sehr entspannt und spontan waren. Alle fühlten, dass Arnold das Leben und die Menschen liebte. " Mit ihren mitfühlenden Augen und ihrem Sinn für Humor steht sie da und richtet ihr Objektiv auf den Menschen hinter dem Star, hinter dem Politiker, hinter dem Bettler und hinter dem Kind."

Die Fotos sind untergliedert in drei Abschnitte: von 1948-1960, von 1961-1970 und von 1971-1997. Die Bilder werden von Textpassagen begleitet, in denen man Einiges über die Fotografin und ihr Schaffen erfährt, auch , dass sie bis 1943 als Buchhalterin arbeitete und zu diesem Zeitpunkt auf eine Annonce in der New York Times antwortete, in der ein " Amateurfotograf " gesucht wurde. Man erfährt, dass sie von Anbeginn an ihre Erfahrungen durch " Lerning by doing " sammelte, unterbrochen nur ausnahmsweise von einem sechswöchigen Lehrgang an der " New School for Social Research " unter Leitung von Alexey Brodovitch.
Über die Fotogenossenschaft Magnum, die 1947 von und für Fotografen gegründet wurde, bekam Arnold Zugang zur Welt der Filmstars und lernte auf einer Party Marilyn Monroe kennen. Diese Verbindung dauerte bis zum Tode der Schauspielerin 1962 an.

Eve erklärte, nachdem man sie fragte, ob Marilyn und sie Freundinnen seien: " Marilyn suchte eine Mutter, und das wollte ich nicht für sie sein. " Es folgen eine Reihe sehr beeindruckender Schwarz-Weiß-Fotos, u.a. von einem traurigen Barmädchen in einem Bordell des Rotlichtviertels in Havanna, Kuba, 1954. Zwei Fotos von Marlene Dietrich aus dem Jahre 1952, die damals ihr Comeback im Showbusiness plante, möchte ich erwähnen. Interessant finde ich den Vermerk " Es war eine nasskalte Novembernacht, und auf Anraten von Marlenes Privatastrologen konnte erst nach Mitternacht mit der Arbeit begonnen werden." Die Fotografin schaffte es die Persönlichkeit der Schauspielerin zu zeigen, einer nachdenklichen, sehr ironischen Frau, mit hellwachen Augen. Es folgen Bilder über Bilder. Auf sie alle einzugehen ist im Rahmen einer Amazone-Rezension leider nicht möglich.


Sehr witzig ist eine Werbeaufnahme mit Kindern für Standart Oil von 1958 und überaus berührend das Bild aus den ersten fünf Minuten im Leben eines Babys. Man sieht die Hand der Mutter und die des Kindes. Das Kind greift nach den Fingerkuppen der Mutter und sagt auf diese Weise liebevoll ja zum nonverbalen Dialog.
Traurig stimmen die Wanderarbeiter- Aufnahmen von 1951. Sie zeigen erhebliche soziale Missstände.
Es folgen viele Bilder von Marilyn Monroe, 1950-60. Die Fotos wirken nie künstlich. Marilyn erscheint auf natürliche Art wunderschön. Oft ist sie sehr nachdenklich. Eve Arnold visualisiert die zarte Seele dieser Schauspielerin. Beeindruckend auch sind die beiden Anfang 1960 in England aufgenommenen Fotos von zwei alten Ehepaaren und das Bild von Elisabeth Taylor mit ihren Kindern. Es gibt noch ein weiteres Foto von Taylor. Sie war eine der klassischen Schönheiten des letzten Jahrhunderts. Eindeutig. Hervorheben möchte ich zwei Porträts, die Arnold 1969 in Afghanistan machte. Es handelt sich um zwei Farbfotos. " Junges Mädchen in Kabul. " und " Junger Mann auf einer Hochzeit in Herat. " Diese Bilder sind große fotografische Kunstwerke. Nachdenklich stimmen mich die Fotos verschleierter Frauen aus Afghanistan, dem Oman und den Arabischen Emiraten. Betont aussagekräftig mutet ein Foto an, das die Zuschauermenge bei einer Kundgebung von Indira Gandhi zeigt. Die Hoffnung in den Gesichtern spricht Bände. Die Fotoreportage in China schließlich offenbart eine andere Facette der Künstlerin. Hier zeigt sie, dass man Spiritualität fotografisch darstellen kann.
Sehr beeindruckend ist das Foto " Traditioneller Arzt, China 1979 " , " Buddhistische Mönche beim Sutra-Studium im Hanshan-Tempel , Suzhou, China 1979 ", aber auch die Szenen, die Menschen bei der Arbeit in der Inneren Mongolei zeigen.

Auf den letzten Seiten des Buches sind die einzelnen Fotoaufträge Eve Arnolds aufgelistet, einer Frau , die die seltene Begabung besitzt hinter die Dinge zu sehen und sich von Vordergründigem nicht blenden lässt. Alle ihre Fotos dokumentieren dies.

Eine gelungene Hommage.

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