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Rezension: L`Art Nouveau

Die Herausgeber des reich bebilderten Kunstbuches Gabriel P. Weisberg, Edwin Becker und Èvelyne Possémé versuchen im Rahmen zahlreicher Essays unterschiedlicher Autoren der Geschichte der "Art Nouveau" nachzuspüren. Den Namen erhielt diese Kunstbewegung aufgrund der Pariser Galerie "L´Art Nouveau" des Kunsthändlers Siegfried Bing (1838-1905). Dieser Mann ist für die Forschung deshalb interessant, weil er neben seiner Tätigkeit als Händler von zunächst japanischer Kunst und in der Folge von Kunstgewerbeobjekten auch als Förderer der Künste und als kreativer Unternehmer auftrat. Wie man erfährt, beauftragte er nicht nur Künstler mit der Herstellung von Objekten, die er in seiner Galerie zum Kauf anbot, sondern rief auch Werkstätten ins Leben, in denen Künstler und Kunsthandwerker Objekte entwarfen und produzierten. Dabei hoffte er, dass diese Kunstschaffenden seine Vision von der neuen Kunst im Dienst der modernen Wohnkultur umsetzen, (vgl. S. 6).

Im Rahmen der umfangreichen Essays wird man über Beginn und Ende des Geschäftes "L`Art Nouveau" unterrichtet, erlebt den Werdegang der Familie Bing, liest von Siegfried Bings Reisen nach Japan, dem steigenden Interesse für französische Waren in Japan, der Beteiligung Siegfried Bings an Ausstellungen japanischer Kunst, seinem ungeheuren Engagement als Kunsthändler, aus dem letztendlich ein neuer Kunststil, der den Namen seines Geschäftes tragen sollte, erwuchs.

Das Buch befasst sich u.a. mit der Rolle Bings bei der Verbreitung japanischer Keramik. Dabei lernt man eine Reihe von Objekten des japanischen Kunsthandwerks visuell kennen, erfährt auch, dass noch heute einige der großen Sammlungen japanischer Kunst der Kunstwissenschaft zur Verfügung stehen, weil diese einst von dem Britischen Museum in London, dem "Museum of Fine Arts" in Boston bzw. den "Staatlichen Museen Berlin" erworben wurden, (vgl.: S.: 45).

Ausführlich wird man über die Entstehung des "Japonismus" unterrichtet und kann sich in diesem Zusammenhang auch über den Japonismus des Fin de Siècle kundig machen. Man erfährt von Ausstellungen und dem Verkauf asiatischer Kunst in Amerika, den Gemeinschaftsprojekten französischer Künstler und amerikanischer Kunsthandwerker. Hier liest man beispielsweise von der Zusammenarbeit Bings mit dem amerikanischen Kunsthandwerker und Formgestalter Louis Comfort Tiffany. Seine Manufaktur für Glasmalerei war übrigens im Corona-Viertel in Brooklyn, New York City lokalisiert. Im Buch lernt man diverse Tiffany-Exponate kennen. Bing organisierte im Sommer 1897 eine Ausstellung mit Werken von Tiffany, bei der der Künstler zugegen war. Diese Ausstellung soll gut besucht gewesen sein. Bing veräußerte eine Vielzahl der Exponate an Sammler und Museen und förderte so den Namen Tiffany, (vgl.: S. 90).

Man liest von Bings Aktivitäten in Belgien. 1895 trafen sich Bing und van der Velde. Dieser galt als lebendiges Symbol des vielseitigen Künstlers, der von einer tiefen Leidenschaft zu seinem Schaffen erfüllt war. Philippe Thiébaut vermutet, dass Bing als er van der Velde um die Entwürfe für das Dekor von "L`Art Nouveau" bat, bereits ahnte, dass dieser Künstler sich mit Leib und Seele der Aufgabe verschreiben würde, um als Apostel einer neuen Ästhetik Theorien in die Tat umzusetzen, die die Welt verändern sollten, (vgl.: S. 107).

Die Fotos von "Les Salons de L`Art Nouveau" zeigen zauberhafte Ausstellungsräume. Im Rahmen eines Essays wird man genau unterrichtet, wie es dort in Paris ausgesehen hat. Wie man liest, gehörte eine bedeutende Zahl von Gemälden in Bings erstem "Salon LŽArt Nouveau" zu der Strömung des Symbolismus. Man lernt einige dieser Bilder kennen, darunter auf Fernand Khnopffs "Unter Tannen", (S.133). Bei diesem Bild handelt es ich um eine melancholische Selbstbetrachtung, in der sich herbstlich gelichtete Naturformen die seelische Verfassung widerspiegeln, (vgl.: S. 132). Man wird von vielen weiteren Kunstwerken des ersten Salons in Kenntnis gesetzt, darunter zahlreiche neoimpressionistische Werke unterschiedlicher Künstler und Werke von Glaskünstlern wie René Lalique und Plastiken von Camille Claudel.

Bings Aktivitäten in England bleiben nicht ausgespart und in diesem Zusammenhang die kunstgewerblichen Werkstätten Morris, Liberty und Henry, die in England Bings wichtigste Lieferanten waren. Auch werden die englischen Künstler Heaton und Brangwyn vorgestellt, bevor man sich mit Bings Art-Nouveau-Werkstätten näher befassen kann und Näheres zu seinem "Pavillon de L`art Nouveau" auf der Weltausstellung 1900 erfährt. Man lernt zahlreiche Möbelstücke des besagten Stils kennen, auch viele Vasen, Tafelgeschirr und anderes mehr und hat Gelegenheit sich schließlich über Bings Wirkung und Stellung in seiner Zeit kundig zu machen. Bing beabsichtigte mehr als nur Produkte aus einer breiten Palette zeitgenössischer Fertigung vorzustellen. Er beabsichtigte auch deren Eigenart mitzubestimmen und Künstler zu animieren, aktiv zu werden. Er wollte diese Produkte letztlich auch in interessierte Kreise aktiv hinein tragen, um auf diese Weise dem neuen Stil zum erfolgreichen Durchbruch zu verhelfen, (vgl.: S.253). Ein sehr tatkräftiger und engagierter Mann, der meinen ganzen Respekt hat und über den es lohnt, sich näher zu informieren.

Empfehlenswert.




Rezension: Hokusai- Mathhi Forrer

Dieser Prachtband ist dem Leben und Werk des japanischen Künstlers des Farbholzschnittes Katsushika Hokusai (1760-1849) gewidmet. Die großformatigen Abbildungen seiner Werke führen in eine Welt, die man als Mitteleuropäer wie ein Traumwelt wahrnimmt.

Nach einem Vorwort, das die Frage "Warum noch eine Hokusai-Monographie?" zufriedenstellend beantwortet, erfährt man, dass im Buch die Leistungen des Künstlers stets vor dem allgemeinen Hintergrund der japanischen Welt des Farbholzschnittes betrachtet und in den Kontext der kulturellen Entwicklung seiner Heimat gestellt werden. Weiter wird man in Kenntnis gesetzt, dass Hokusai ein Künstler war, der sich immer wieder neu erfand, also demnach besonders kreativ war.

Untergliedert ist das bild- und textreiche Buch in die Oberbegriffe:

-Jugend und Shunro-Periode
-Hokusai Sori Privatdrucke
-Gakyonjin und Katasushika Hokusai
-Das Vermächtnis des Hokusai Raito
-IItsu: Hokusai wird "Wieder ein Jahr alt"
-Die Manji-Periode Hokusais letzte Jahre


Hokusai trat als 18 jähriger in das Atelier von Katsukawa Shunsho ein. Dort arbeitete er 15 Jahre als Maler und Holzschnittkünstler unter dem Namen Shonro. Im ersten Kapitel wird Hokusais Jugend und die Shunro-Periode näher beleuchtet. Zur Sprache kommen u.a. die Welt des Farbholzschnitts, Hokusais Frühwerk unter dem Zeichen Shunros, die Holzschnitte der Konkubinenschauspielerinnen, seine Illustrationen für Populärromane, die erste Anerkennung aufgrund der Perspektivbilder für Nishimuraya Yohachi und seine Anerkennung im Rahmen des Genres der Schauspielbilder.

Hokusai verfügte über poetisches, erzählerisches, und humoristisches Talent. Wie man erfährt, schrieb er jahrelang volkstümliche Romane, die in einem charakteristischen gelben Einband "Die kleinen gelben Bücher" erschienen, (vgl. S. 22 ff). Diese Bücher zeigen bereits seinen Hang zum Sarkasmus und seine gute Beobachtungsgabe. Hokusai verließ 1792 nach dem Tod deines Meisters und einem Streit mit einem Mitschüler das Atelier Shunshos. Er wurde dann unter dem Namen Hokusai Sori zum Favoriten namhafter Laiendichter und entwarf in jener Zeit zwischen 1776-1805 eine große Anzahl kostbarer Glückwunsch- und Einladungskarten, bei denen er mit Goldstaub und Silber arbeitete. Diese Karten werden "Surimonos" genannt. Im Rahmen des Kapitels "Hokusai Sori Privatdrucke" wird die Welt der Privatdrucke in der damaligen Zeit näher erörtert und man erfährt u.a. mehr zur Poetik zu den berühmten Orten Edos.

Die Bilderwelt hier im Einzelnen zu erörtern, ist unmöglich bei dieser Fülle an Bildern, die das Buch enthält. Damit Sie Vorstellung davon erhalten, habe ich hier einige Bilder in die Rezension eingebunden.

Hokusai nannte sich u.a. Gakyojin und Katsushika Hokusai. Unter seinen vielen Arbeiten waren auch Gedichtsillustrationen und Illustrationen für Populärromane, z.B. für Abenteuerromane. Seine Personen sind mit einer in Japan bis dahin nicht gekannten Realitätsdichte dargestellt, die der Intensität entsprang, mit der er menschliche Haltungen in ebensolcher Art und Weise wie Naturerscheinungen studierte. Ab 1814 wurden sein Werk "Manga" Enzyklopädie in Bildern veröffentlicht. Diese bestand aus 15 Bänden. Im Rahmen des Kapitels "Das Vermächtnis des Hokusai Taito" erfährt man Näheres zu seinen Zeichenbüchern, den Bilderalben und den erotischen Bildern. Seine Zeichnungen besitzen so viel Schärfe, dass sie geradezu karikaturistische Züge annimmt.

Hokusai wählte zumeist extreme und ungewöhnliche Haltungen und zum Kulminationspunkt potenzierte Bewegungen, gleichwohl waren es Alltagsszenen, die er schilderte. Diese allerdings waren von der konventionellen Kunst nie zuvor so unverfälscht dargestellt worden. In seinen "Mangaarbeiten" handhabte er als Zeichner meisterhaft die abkürzende Technik des Punkt-Strich-Systems,(siehe Seite 130ff).

Im Kapitel "IItsu: "Hokusai wird "Wieder ein Jahr alt" Zeit für Neuanfang" wird von seinem kreativen Schub im hohen Alter berichtet, in der er große Landschaftsfolgen anfertigte, die heute weltberühmt sind. Es entstanden insgesamt 137 Drucke über einen Zeitraum von 5 Jahren. Diese zeigen den Fuji, Wasserfälle, Brücken, Blumen und Geister. Seine "36 Ansichten des Berges Fuji" sind wohl in der westlichen Welt mit am berühmtesten. In seinem malerischen und zeichnerischen Schaffen war sein didaktisches Werk zweitrangig, obschon es mehrere bemerkenswerte Zeichenbücher beinhaltete.


Hokusais letzten Jahre werden die Manja-Periode genannt. In diesen Jahre widmete er sich vor allem der Malerei, weil er nicht nur als Holzschnittzeichner, sondern auch als echter Maler in die Geschichte eingehen wollte.

Dieses Buch ist eine wirklich Kostbarkeit.

Empfehlenswert.



Bilder: Mit freundlicher Genehmigung ©Prestel- Verlag
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