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Rezension: Flora- 3000 Jahre Pflanzendarstellung in der Kunst- DVA

Dieser bemerkenswerte Bildband enthält über 300 der schönsten und berühmtesten botanischen Kunstwerke aus aller Welt und der gesamten Kunstgeschichte. Der Präsentation der Werke geht das informative Vorwort voran. Verfasst wurde es von dem Botaniker und Pflanzensammler Dr. James Compton. 

Er schreibt, dass die frühesten bekannten Darstellungen von Pflanzen, die man bestimmen kann, vor etwa 5000 Jahren entstanden sind und zwar in Regionen am östlichen Mittelmeer. Anfänglich galten die Abbildungen rein ästhetischen Zwecken. In der Folge wurde immer mehr Wert auf Einzelheiten bei der Gestaltung gelegt. So konnten Pflanzenillustrationen in der Wissenschaft eine anhaltende Wertschätzung erlangen und dienen heute nach wie vor der Bestimmung und Klassifizierung von Pflanzenproben. Dabei liegt jeder Illustration die Absicht zugrunde, das Aussehen eine Pflanze zu dokumentieren. Ziel ist es, unsterblich zu machen, indem man wesentlich Merkmale wiedergibt. 

"Flora"  spiegelt eine Vielzahl künstlerischer Mittel wider und untersucht die Motivationen, die die botanische Kunst in Laufe der Geschichte beeinflusst haben. Im vorliegenden Werk wird das riesige Spektrum des botanischen Wissens nicht chronologisch und thematisch dargestellt, sondern es werden gegensätzliche oder einander ergänzende Bilder auf diese Weise gegenübergestellt, die keineswegs nur die Einzigartigkeit der individuellen Kunstwerke hervorhebt, sondern darüber hinaus auch manche Gemeinsamkeit betont. 

Man erfährt Wissenswertes über die Ursprünge der botanischen Illustration und deren Bedeutung in den Zeitläuften. Die Bilder im Buch wurden von einem internationalen Expertengremium zusammengestellt. Sie dokumentieren die unterschiedlichsten Hintergründe, weshalb Menschen Pflanzen abbilden. So geht es etwa darum, eine neu entdeckte Art festzuhalten, um sich an der Vielfalt der Formen und Farben zu erfreuen oder deren Heil- und Giftwirkung zu dokumentieren. Eine Vielzahl sehr berühmter Künstler sorgen für Aufsehen, allen voran Pierre-Joseph Redouté, über dessen Werke ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" bereits ausführlich geschrieben habe. 

Begeistert in "Flora" hat mich u.a. ein Aquarell aus dem Jahre 2013 mit dem Titel "Japanischer Pagodenbaum" von Masumi Yamanaka. Diese Künstlerin berührt und "streichelt" einen Baum zunächst und bittet ihn um Erlaubnis, ihn ablichten zu können oder Skizzen von ihm anfertigen zu können. Der Baum dankt es ihr auf seine Weise. Anschließend benötigt sie bis zu drei Monate, bevor ein Bild fertig ist. 

1818 hat Franz Bauer die Paradiesvogelblume als Aquarell zu Papier gebracht. Sie stammt übrigens aus einem kleinen Gebiet im Osten der südafrikanischen Kap-Provinz. Es ist ein sehr schönes Bild, das man gerne länger betrachtet. 

Insgesamt ist dieses Kunstbuch ein Werk, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt, speziell wenn man botanisch interessiert ist und  an der künstlerischen Umsetzung von Flora  Freude hat.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Flora: 3000 Jahre Pflanzendarstellung in der Kunst

Rezension: China und Ägypten- Wiegen der Welt - Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "China und Ägypten- Wiegen der Welt", die vom 06.07.2017 bis 03.12.2017 im Neuen Museum in Berlin gezeigt wird. Mit dieser Ausstellung auf der Museumsinsel Berlin werden erstmals zwei Hochkulturen in einem thematischen Vergleich einander gegenübergestellt. Dabei spiegelt der vorliegende Katalog das Ergebnis einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen dem Shanghai Museum und dem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin wider. 

Im Neuen Museum treffen das Alte Ägypten und Alte China des Zeitraums vom 4. Jahrtausend v. Chr. bis 200 n Chr. aufeinander. Die in diesem Zusammenhang gezeigten Exponate werden innerhalb von fünf Sektionen in einen direkten Dialog zueinander gesetzt. Es handelt sich bei diesen Sektionen um: Lebenswelten, Schrift, Totenkult, Glaubenswelten sowie Herrschaft und Verwaltung.  Insgesamt 250 Exponate werden vorgestellt. Auf diese Weise werden archäologische Zeitzeugen aus China und Ägypten miteinander in Beziehung gesetzt und ermöglichen bislang unbekannte Vergleiche. 

Der Katalog entspricht in seinem Aufbau dem der Ausstellung und nimmt Bezug auch bei der Nummerierung der Objekte auf die Gegebenheiten vor Ort. Die einzelnen Exponate werden sehr gut beschrieben und so lernt man beispielsweise Weinbecher und Alltagskeramik aus China aus besagtem Zeitraum kennen oder Glockenspiele, die im Kult der Zhou eine wichtige Rolle spielten. 

Beeindruckend ist der Schulterkragen der Königin Amanishakheto. Der Kragen wurde im heutigen Sudan gefunden und gehört zu den Kronjuwelen besagter Königin. Antiker Schmuck,  so etwa eine Kette aus rhomben- und tonnenförmigen Perlen oder aus Scheibenperlen  beeindruckt gewiss nicht nur Frauen.

Spannend sind die Textinformationen zur Schrift, denn diese gehören zu den bahnbrechenden Kulturleistungen der Menschheit. Zu den frühesten Schriftkulturen der Welt zählen das Alte China, die Staatstaaten des Vorderen Orients und das Alte Ägypten. Dort entstanden Schriftsysteme völlig unabhängig voneinander. Darüber erfährt man Näheres und auch, dass sich recht früh schon eine flüssige Handschrift entwickelte. Zum Schreiben verwendete man angespitzte Binse. Schreibutensilien lernt man  in der Folge kennen und  auch eine Reihe von Schriftzeichen. 

Seite für Seite gibt es also viel zu bestaunen. Mit einem Satz: Der Katalog ist gelungen und sehr empfehlenswert. 

Helga König

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China und Ägypten: Wiegen der Welt

Rezension: Pieter Bruegel- Das Zeichnen der Welt- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Pieter Bruegel- Das Zeichnen der Welt", die vom 8. September bis zum 3. Dezember 2017 in der Albertina in Wien gezeigt wird. Herausgeberin des vorliegenden Buches ist Eva Michel. Sie hat auch den spannend zu lesenden Beitrag "Er zeichnete sehr sauber und hübsch mit der Feder- Pieter Bruegel als Zeichner" verfasst. Dem erhellenden Text vorangestellt ist das Vorwort von Klaus Albrecht Schröder. 

Wie Schröder betont, sind die Werke dieses Künstlers heute noch relevant, weil sie zum Nachdenken anregen. Das kann ich bestätigen. Der niederländische Künstler entwarf am Vorabend des niederländischen Unabhängigkeitskampfes gegen die spanische Herrschaft, in einer Epoche der politischen und sozialen Umbrüche wie auch der tiefen religiösen Spaltung eine komplexe Bilderwelt. Schröder hält fest, dass der Künstler die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse sehr kritisch reflektiert hat, Fragen nach Gut und Böse stellte, um zugleich aufzuzeigen, dass man mehr Farben als Schwarz und Weiß benötigt, um ein differenziertes Bild zu zeichnen. 

Bruegel wollte die ganze Welt auf Papier darstellen. Dabei wechseln die naturalistische Wiedergabe mit augenscheinlich Erfundenem, peniblen Vorlagezeichnungen mit freien Skizzen. 

Die Albertina präsentiert in der Ausstellung das gesamte Spektrum von Bruegels zeichnerischem und druckgraphischem Schaffen und reflektiert seine künstlerischen Ursprünge anhand der Gegenüberstellung mit hochkarätigen Werken berühmter Vorläufer wie Hieronymus Bosch und Albrecht Dürer. Wie Schröder schreibt, bekunden Bruegels Werke ein großes Interesse an der Lebensrealität seiner Zeitgenossen. Dabei zeigt er anstelle des Individuums bestimmte Typen. Sein Thema ist der stetige Konflikt zwischen Ideal und Realität. 

Mit Schriftstellern wie Rabelais, Cervantes oder Shakespeare, die zur gleichen Zeit lebten, verbinden Bruegel das Thematisieren des Derb-Volkstümlichen sowie die ungeschönte Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse. Bruegels Zeichnungen zählen weltweit zu den größten Schätzen Graphischer Sammlungen. Die Gründe hierfür werden dem Betrachter des Katalogs sehr rasch bewusst. 

Eva Michel lässt die Leser wissen, dass Pieter Bruegels zeichnerisches Werk sich auf die Jahre 1552-1569 erstreckt und es dabei ebenso überschaubar ist wie sein malerisches Werk von etwas mehr als 40 Gemälden. 60 Handzeichnungen gelten als eigene Arbeiten. Im Unterschied zu Bruegels Gemälden mussten seine Zeichnungen und Druckgraphiken nahezu ohne Farbe auskommen und beschränkten sich nur auf kleine Formate. 

Laura Ritter schreibt in ihrem Beitrag über Formen, Funktionen und Wege künstlerischer Aneignung im graphischen Werk Pieter Bruegels und Daniela Hammer- Tugendhat  über innovative künstlerische Verfahren als Mittel der Zeitkritik. 

Im Katalogteil dann wird man zunächst mit Zeichnungen von Dürer, Lucas van Leyden, Cornelis Massys, Sebald Beham und anderen mehr konfrontiert und kann sich dann mit Werken Pieter Bruegels befassen, um sich schließlich mit Tugenddarstellungen Bruegels und anderer Künstler auseinanderzusetzen. Auch die Todsünden werden visualisiert und mit ihnen der Hochmut, der Neid als auch die Habgier. Diese Darstellungen sind überaus facettenreich und subtil beobachtet.

Albrecht Dürers "Die Melancholie" blickt nach wie vor bekümmert, denn sie weiß, der Mensch schafft es offenbar nicht, die Todsünden abzulegen und sich neu und zwar über Tugenden zu definieren.  

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Pieter Bruegel: Das Zeichnen der Welt