Dieses Blog durchsuchen

Rezension: Afghanistan –Steve Mc Curry- Taschen

Die Bilder für diesen grandiosen Fotoband mit dem Titel "Afghanistan" hat Steve McCurry realisiert. Er gilt als der bildmächtigste Vertreter zeitgenössischer Fotografie.

William Dalrymple war für das Nachwort zuständig. Zu lesen ist es in englischer, deutscher und französischer Sprache.

Hier erfährt man allgemein Wissenswertes zu Afghanistan, wo sich seit alters her alles gegen eine Staatenbildung verschworen hat. Genannt werden als Gründe: die Geographie, die Topographie und die gebirgige Landschaft des Hindukusch. Hinzu kommen die verschiedenen Stämme und die ethnischen und sprachlichen Gräben. Sie spalten die afghanische Gesellschaft. Blutrache unter den Clans und Stämmen scheint an der Tagesordnung zu sein. Das Ergebnis ist, die Fotos zeigen es, niederschmetternd.

Aufgrund der Kälte im Winter erscheinen die Gesichter der Afghanen ausdruckslos. Aufgeschreckt liest man, dass 80% der Bewohner des Landes Analphabeten sind. Das macht die Menschen dort allerdings nicht weniger selbstbewusst, wie die Bilder offenbaren.

Man erfährt im Nachwort u.a. Wissenswertes über die Mentalität der Menschen in diesem uns fremd erscheinenden Land, die ihre Freiheit lieben und zuverlässig zu ihren Freunden, dabei zudem sehr gastfreundlich sein sollen.

Steve Mc Curry reist seit über dreißig Jahren durch Afghanistan und scheute nie vor dem Grauen und der Tragödie der modernen Kriege in der Region zurück. Seine Bilder sind deshalb teilweise schonungslos und schockierend, gleichwohl bezeugen sie seine Liebe zu diesem rauen Land.

Der Fotoband übermittelt nicht zuletzt ein grandioses Panorama des Landes, zeigt bewaffnete Männer, karge Landschaften, liebenswerte Menschen, die mit Wenigem auskommen, befremdlich erscheinende Gebäude und restlos zerstörte Orte, in denen Menschen unter schwierigsten Verhältnissen leben müssen, zeigt weiter Soldaten im Einsatz, schon kleine Kinder mit Waffen, Brutalität und Angst inmitten verwüsteter Orte, Kriegsinvaliden, unglaublich zerstörte Städte, Feuer und Schutt, Blut, doch irgendwann auch lesende Knaben und ein Mädchen, das ein Buch schützend im Arm hält, selten ein Lachen, oft Einäugige, und plötzlich auf einer Doppelseite einen märchenhaften Palast mit unzähligen Friedenstauben davor. Ein Hoffnungsschimmer.

Frauen, die eine Burka tragen, gehören zum Straßenbild und auch Mädchen, die geschickt Bälle jonglieren, nicht zuletzt, weil sie ihr Gesicht noch öffentlich zeigen und ihre Augen noch der raschen Bewegung der Bälle folgen dürfen.

Steve McCurry hat u.a. eine Frau mit einer gelben Burka aufgenommen. Das Gewand ist sehr kostbar - aufwendige Stickereien und komplizierte Falten, die den Umhang fächerartig gestalten - machen neugierig. Wenn man nicht wüsste, dass Frauen in Afghanistan gezwungen werden, eine solches Kleidungsstück zu tragen, könnte man  die Burka als ästhetisch schön bezeichnen. So allerdings spürt man bloße Verärgerung. Einen solchen Spagat will man nicht machen. Es wäre Verrat.

Männer und Frauen leben in diesem Land, die Bilder verdeutlichen es, in unterschiedlichen Gesellschaften. Für Menschen, die eine virile Zeit heraufbeschwören wollen, ist dieses Buch vielleicht eine letzte Mahnung. Tod und Verwüstung, Unterdrückung von Frauen und Kinder, die das Lachen verlernt haben, sind das Ergebnis, wenn man Männer archaisch viril ihre Machtbestrebungen ausleben lässt. Das ist die Botschaft dieses Buches.

Ein beeindruckendes Buch mit grandiosen Aufnahmen. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Das Buch ist überall im Handel erhältlich
Onlinebestellung: TASCHEN oder Amazon: Steve McCurry. Afghanistan (Fo)

Rezension: Helmut Newton-Taschen

Dieser Prachtband mit Werken des legendären Fotografen Helmut Newton (1920-2004) ist eine neue Ausgabe des berühmten Fotobuchs "SUMO", das ein Jahrzehnt nach seiner Erstveröffentlichung, von June Newton überarbeitet in einem Format herausgegeben wurde, das es nicht zuletzt auch preislich ermöglicht hat, es einem breiteren Publikum zu offerieren. 

"SUMO" gilt mit seinen 34,5 Kilogramm als das größte, gewichtigste und teuerste Buch des 20. Jahrhunderts und erschien in einer limitierten Auflage von 10 000 signierten und nummerierten Exemplaren. Diese waren bald nach der Veröffentlichung ausverkauft und vervielfachten sich im Wert. Das SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 im Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten wurde bei einer Auktion in Berlin für damals 620 000 DM versteigert. 

Das hier vorliegende Werk ist in einer gut verschließbaren Box enthalten und zwar gemeinsam mit einem Heft, dass das Vorwort der SUMO-Originalausgabe von Helmut Newton aus dem Jahre 1999 enthält, abgedruckt in englischer, deutscher und französischer Sprache und zudem Nachbetrachtungen von June Newton (zehn Jahre danach) wie auch eine Nachbetrachtung von Philippe Garner, ebenfalls dreisprachig abgedruckt. 

Zudem wird in der Box ein eigens für das Buch entworfener Display-Buchständer mitgeliefert. 

Mit großem Vergnügen bin ich in die Bilderwelt Newtons erneut eingetaucht, die ich im Jahre 2000 erstmals bei einem Bekannten in der SUMO-Originalausgabe bewunderte und bin nun wirklich sehr angetan, von der neuen handlicheren Ausgabe. 

Werke von Newton aus unterschiedlichen Jahrzehnten warten auf den Betrachter. Wie Newton in seinem Vorwort schreibt, hatte er schon früh begriffen, dass er im Studio nicht zu seiner besten Form fand, dass seine Fantasie die Realität draußen unter freiem Himmel benötigte. Schon früh war ihm bewusst, dass seine Models einen bestimmten Frauentyp verkörperten. Sein Anliegen war es, verrückte und sexuell aufgeladene Modefotografien zu realisieren. Dabei beschränkte er sich auf zwei Kameras, jede mit drei Objektiven, einen Blitz, den man auf die Kamera stecken konnte und einen Assistenten. 

Seine ersten Aktaufnahmen machte er nicht vor 1980. Modefotos in Schwarz-Weiß oder Farbe aus den 1960er Jahren lassen bereits erkennen, dass er eine  sehr individuelle Sicht auf seine Modelle hatte. Hocherotisch erweist sich jedes Foto als eine Männerfantasie, wie ich amüsiert aber nicht pikiert feststelle. 

Die Kleidung berühmter Modemacher wird zur interessanten Verpackung von Frauen mit ganz großer Ausstrahlung, die wenig selbstbewusste Männer bestimmt äußerst verunsichern. Tollen Fotos aus den 1970er Jahren, die u.a.  Modeaufnahmen für Yves Saint Laurent zeigen und hier bereits mit der Erotik lesbischer Frauen kokettieren, folgen dann erste Aktbilder von Frauen mit noch unrasierten Schamhaaren, die darin erinnern wie sehr sich das Körpergefühl in den letzten Jahrzehnten geändert hat.

Ein schönes Foto von Andy Warhol aus dem Jahre 1974 beeindruckt ebenso wie die folgenden Aktfotos. Irgendwann dann darf man eine sehr interessante Aufnahme von Catherine Deneuve bewundern. Sie war eine besondere Schönheit, ohne Frage. Newton lässt die Betrachter nicht im Ungewissen.

Karl Lagerfeld ist mehrfach zu sehen und man kann Newtons Sichtweise auf Schauspielerinnen wie Romy Schneider, Elisabeth Taylor oder Charlotte Rampling nachvollziehen. Ihm ging es  dabei eindeutig stets um Authentizität.

Dann gibt es da auch noch das Foto von Helmut Berger. Es stammt aus dem Jahre 1984 und wurde in Beverly Hills aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine Aktaufnahme vor einem offenen Kamin. Helmut Berger blickt lässig, dabei aber nicht eitel in den Spiegel. Sein Körper, formvollendet, zeigt ihn als den schönsten Mann des vergangenen Jahrhunderts. 

Eine wunderschöne Porträtaufnahme von Marianne Faithfull aus dem Jahre 1999 lässt erkennen, dass Newton in die Seele seiner Modelle blicken konnte. Seine Aktaufnahmen- es sind sehr, sehr viele- zeigen, dass Helmut Newton ein Faible für Frauen hatte, die nicht androgyn, aber gewiss ein wenig dominant waren. 

Ein Foto von Claudia Schiffer mit Zöpfen im Dirndl ist gleich neben einer Aufnahme von Leni Riefenstahl positioniert. Ich erlaube mir beim Anblick der Doppelseite nichts zu denken und bewundere dann weiter die vielen Aktbilder, die nicht nur Ausdruck des Zeitgeistes sind, sondern auch etwas über die Vorlieben von Helmut Newton aussagen. 

Künstlerisch wertvoll ist jedes Bild. Keines der Werke wirkt bildbearbeitet, sondern stattdessen wahnsinnig authentisch. Fantastisch, nach langer Zeit endlich mal wieder attraktive Aktmodelle zu sehen, die nicht schönheitsoperiert sind!

Alle Fotos beinhalten ein Geheimnis, das es zu entschlüsseln gilt. Eine interessante Aufgabe.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Überall im Handel erhältlich

Rezension: Kandinsky- Prestel

Die Herausgeber dieses vortrefflichen Kunstbandes sind Helmut Friedel und Annegret Hoberg. Neben einer Vielzahl von Werken Wassily Kandinskys erwarten den Leser zunächst eine sehr gut geschriebene Einleitung, insgesamt 7 Essays unterschiedlicher Autoren, die das Werk des Künstlers erhellen, dessen Lebensstationen, das Verzeichnis der abgebildeten Werke, sowie eine ausgewählte Bibliografie und das Register. 

Im Rahmen der "Lebensstationen" werden zahlreiche Fotos aus seinem Leben gezeigt. 

Wassily Kandinsky wurde 1866 in Moskau in eine begüterte Familie hineingeboren. Sein Vater führte ein Teehandelsgeschäft. Seine Mutter stammte aus dem gehobenen Moskauer Bürgertum und seine Großmutter war Baltin. Kandinsky besuchte das humanistische Gymnasium in Odessa und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Statistik  in Moskau und schloss 1893 sein Studium ab, um drei Jahre später in München Malerei zu studieren. Jetzt lebte er mit seiner Frau Anja im Künstlerviertel Schwabing. Zwei Jahre später nahm er erstmals an einer Ausstellung teil und wurde im Jahre 1900 in die Malklasse von Franz v. Stuck aufgenommen. Ein Jahr danach gründete er mit anderen Malern aus der Schwabinger Kunstszene die Ausstellungsvereinigung Phalanx und schon bald berichtete die renommierte Petersburger Zeitschrift über den Künstler. 

1903 dann besuchte Kandinsky die Frühjahrsausstellung der Wiener Secession und unternahm in den Folgejahren viele Reisen mit der Künstlerin Gabrielle Münter durch ganz Europa. Sie gründeten gemeinsam die Neue Künstlervereinigung München, malten und lebten immer wieder in Murnau, wo sie ein Haus kauften. Hier entwickelte er eine neue Malweise. Seine Landschaftsbilder aus jener Zeit werden fauvistisch genannt. Jetzt wurde sein Bildaufbau komplizierter. Die Leuchtkraft der Farben übertönte die Konstruktion der Gegenstände. 

Bereits in seinem Kunststudium hatte Kandinsky den engen Zusammenhang zwischen Musik und Farbe erkannt. Doch es soll an dieser Stelle nicht die gesamte Biografie wiedergegeben werden. Soviel nur: Es ist empfehlenswert die "Lebensspuren" (S. 263- 299) zuerst zu lesen, bevor man sich in die Bilderwelt vertieft. 

Spannend, seinen Weg zur Abstraktion mit zu verfolgen, und seinen Einfluss auf die Entwicklung der Malerei im 20. Jahrhundert kennen zu lernen. Besonders interessant finde ich allerdings seine Beziehung zur zeitgenössischen Musik. Darüber schreibt Annegret Horberg in ihrem Essay "Ich sah alle meine Farben im Geiste". 

Hier liest man dann, dass es Kandinsky bei der Entdeckung der neuartigen Musik von Arnold Schönberg um die Entwicklung von Gesetzmäßigkeiten ging, die sich auf den Bau autonomer Bildgesetze übertragen ließen, um eine mehr oder weniger verbindliche Elementarlehre für die Malerei der Zukunft, die sich von jeder Abbildlichkeit freimache. Kandinsky ging es nicht darum, Musik zu malen oder in Farben auszudrücken, sondern, das sei abermals betont, darum zu zeigen, dass jede Kunst seine Gesetzmäßigkeit habe und dass das strukturelle Prinzip der Musik ein Vorbild der abstrakten Komposition einer Malerei der Zukunft aus selbstständigen Farben und Linien sei. 

Eine sehr schöne, reich bebilderte Monografie, die über alle Schaffensperioden Wassily Kandinskys aufklärt.

Sehr empfehlenswert

 Helga König

Überall im Fachhandel erhältlich
Onlinebestellung: Prestel oder Amazon Kandinsky

Rezension: CUBA- Elliott Erwitt- teNeues

In diesem grandiosen Bildband, werden Schwarz-Weiß-Aufnahmen gezeigt, die der renommierte Fotograf Elliott Erwitt realisiert hat. Der Fotokünstler wurde am 26.7.1928 in Paris geboren und verbrachte seine Kindheit in Mailand. 1938 ging er mit seiner Familie nach Paris zurück und emigrierte ein Jahr später nach New York.

Bereits als Teenager erwachte sein Interesse für Fotografie. Damals lebte er in Hollywood. 10 Jahre später dann wohnte er erneut in New York und reiste von dort aus nach Frankreich und Italien. Seit 1953 arbeitet er bei Magnum Photos und ist seitdem angesehenes Mitglied der Agentur, in der er mehrmals als ihr Präsident fungierte. Neben seiner Arbeit als Fotograf hat Erwitt auch Filme gedreht und mehrere Bücher veröffentlicht.

Seinen Lebensmittelpunkt hat der Fotograf in New York, allerdings ist er nahezu ununterbrochen auf Reisen. So verbrachte er 1964 eine Woche auf Kuba. Dort war er Gast von Fidel Castro. Im Auftrag von "Newsweek" lichtete er ihn und Che Guevara ab.  So erlebt man eingangs  dann auch den noch jungen Fidel Castro und gewinnt den Eindruck, dass das kubanische Volk ihn tatsächlich geliebt haben musste, wie deren Blicke bekunden. Der Pop-Star von beiden war eindeutig jedoch Che Guevara, ein Mann mit außerordentlichem Charisma.

Man sieht  junge Kubaner aus jener Zeit, die voller Hoffnung sind und anschließend 2015-2016 häufig gealterte Menschen, die zumeist desillusioniert erscheinen und gewinnt den Eindruck, dass es die Leute von damals waren.

Die Tänzer und Fussballspieler, die gezeigt werden, wirken gut gelaunt, aber dennoch irgendwie fahl. Künstler und Kunsthandwerker sind in ihr kreatives Schaffen versunken und scheinen die Morbidität um sie herum, auf diese Weise vergessen zu haben.

Selbst das Strandleben wirkt nicht wirklich heiter und die Häuser sind in einem abgründig desolaten Zustand. 

Die Zeit hat zynisch ihr Werk vollbracht und sich gegen die Revolution entschieden. Kuba schreit nach Farbe, Sanierung und nach Veränderung. Das ist für mich die Botschaft dieses beeindruckenden Buches, das ein Protokoll eines offenbar gescheiterten Versuchs ist.

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Onlinebestellung teNeues oder Amazon: Cuba