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Rezension: Vollkommene Räume- Orte der Harmonie und ihre Geschichten- Karen Michels

Autorin dieses wunderbaren Buches ist die Kunsthistorikerin Dr. Karen Michels. Sie erzählt in ihrem Werk die Geschichten von fünfzehn vollkommenen Räumen. Dabei hat sie eine höchst persönliche Auswahl getroffen. Die Fragen, die sie bei der Betrachtung der Räume beschäftigten, sind: "Was macht ihre Wirkung eigentlich aus?" und "Welche Geschichten verbergen sich hinter ihren Mauern?".  

Der Schlüssel zum Verständnis soll die Harmonie sein. Diese hat die Bedeutung von Spannung und dynamischem Gleichgewicht. 

Den fünfzehn die Räume erläuternden Kapitel wurden nicht nur Fotos, sondern auch literarische oder historische Texte beigefügt. Diese sollen den jeweiligen Raum "noch einmal auf eine andere Weise zum Sprechen bringen". 

Man erfährt im Buch Näheres zu nachstehenden Gebäuden: 
Das Pantheon, Rom 
Die Aachener Pfalzkapelle
Die Hagia Sophia 
Die Cappella Palatina, Palermo 
Den Löwenhof der Alhambra, Granada 
Das Collège des Bernadins, Paris 
Die Pazzi-Kapelle, Florenz 
Der Hamam Cemberlitas, Istanbul 
San Carlo Alle Quattro Fontane, Rom 
Der Spiegelsaal der Amalienburg, München 
Place des Vosges, Paris 
Lesesaal der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg, Hamburg 
Der Barcellona-Pavillon 
Der große Konzertsaal der Berliner Philharmonie 
Die Bruder-Klaus-Feldkapelle, Mechernich-Wachendorf 

Unmittelbar nach der Fertigstellung der Aachener Pfalzkapelle wurde Karl der Große in Rom zum Kaiser gekrönt. Der Bau wurde als Achteck gestaltet, das von einem sechszehnseitigen Umgang umgeben ist. Dabei gilt die Acht in vielen Religionen als Zeichen der Vollendung und des Neubeginns in einer anderen Dimension. Die Wände des Oktogons und sein sechszehneckiger Umgang sind prachtvoll mit farbigem Marmor und Stuck verkleidet. Dessen Qualität und Verarbeitung stellt die ästhetische Verbindung zu den berühmten Großbauten byzantinischen Ursprungs dar.

Es ist sehr spannend, mehr über die Architektur dieses und all der anderen Gebäude im Buch in Erfahrung zu bringen und sich jeweils im Anschluss in die literarischen Texte zu vertiefen. 

Sehr gut gefallen hat mir der Text von Otto von Simson "Über das Licht". Dieser Text, der der Präsentation des Colléges des Bernardins in Paris folgt, thematisiert das Licht als Quelle und eigentliches Wesen aller sichtbaren Schönheit. Für die Denker jener Zeit soll Schönheit kein unabhängiger Wert, sondern die Ausstrahlung, der Glanz der Vollkommenheit des Seienden und diejenige Eigenschaft der Dinge gewesen sein, die ihren Ursprung widerspiegelt. Ähnlich wie musikalische Harmonien soll das Licht Einblick in die Vollkommenheit des Kosmos gewähren und etwas von der Macht des Schöpfers erahnen lassen. 

Man sollte in diesem Buch immer wieder lesen, um zu begreifen, wie wahr der nachstehender Satz von Leon Battista Alberti ist: "Die Schönheit ist eine Übereinstimmung und ein Zusammenklang der Teile zu einem Ganzen, das nach einer bestimmten Zahl, einer Beziehung und Anordnung ausgeführt wurde, wie es das Ebenmaß, das heißt das vollkommenste und oberste Naturgesetz erfordert." (S.91)

Sehr empfehlenswert 
Helga König

Das Buch ist überall im Fachhandel erhältlich
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Rezension: #Käthe_Kollwitz –Die Plastik- #Hirmer

Autorin dieses Bildbandes ist Annette Seeler. Die Ausstellungskuratorin lebt in Berlin und befasst sich seit über 25 Jahren mit dem Werk und der Person von Käthe Kollwitz. Diese Beschäftigung führte zu zahlreichen Publikationen und Ausstellungen. 

Über die deutsche Graphikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz (8.7.1867- 22.4.1945) erschien im letzten Jahr, anlässlich ihres 70.Todestages eine Biographie mit dem Titel  "Kollwitz", verfasst von Yuri und Sonja Winterberg, die ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert habe.

Am 22. April 1985 wurde in Köln das Käthe Kollwitz-Museum gegründet. Es handelt sich hierbei um die bislang umfangreichste Sammlung ihrer Werke, deren Themenkreis Krieg, Armut und Tod, auch Liebe, Geborgenheit und das Ringen um Frieden zum Ausdruck bringt. 

Anlässlich des 30. Jubiläums des Museums wird dort vom 4.März bis zum 5. Juni 2016 im Rahmen einer Ausstellung das plastische Werk in Gips, Stukko, Bronze und Zink gezeigt. Das Käthe Kollwitz Museum Köln veröffentlicht zum Jubiläum das erste Werkverzeichnis der Plastik dieser Künstlerin.

Begleitend dazu stellt eine groß angelegte Ausstellung aller 15 museal greifbaren Plastiken in unterschiedlichen Güssen das bildhauerische Schaffen der Künstlerin in den Fokus. Die Ausstellung mit insgesamt 140 Exponaten, darunter alleine rund 50 plastische Arbeiten, dokumentiert das zwei- und dreidimensionale Schaffen der Kollwitz im Dialog. 

Die Bildhauerin hat Bildideen aus ihrem graphischen Werk auch plastisch realisiert – und umgekehrt. Ihre bildhauerischen Werke führte die Künstlerin als Ton- und anschließend als Gipsmodell aus. Von verschiedenen Gießereien in Bronze, Zink, Stucco- oder Gips umgesetzt, sind sogar Abformungen im Umlauf, zu deren Existenz folgende Fragen nach sich ziehen: "Echt oder Falsch? Original oder Raubguss?"

Käthe Kollwitz kämpfte vergebens darum, in der NS- Zeit ihr Werk öffentlich zeigen zu dürfen. Das erfährt man bereits in der Einführung. 

Im Buch werden nicht nur die Bildwerke nachgezeichnet, sondern - wie schon erwähnt- auch das Bemühen ihres Sohnes Hans, das dreidimensionale Schaffen seiner Mutter erneut ins Bewusstsein zu heben. Gezeigt wird zudem u.a., wie die technische Produktion von Vervielfältigung in der Gießerei vor sich geht, aber auch, was die Spuren an einer fertigen Bronze offenlegen. 

Man wird im Rahmen sehr guter Textbeiträge mit den Werken vertraut gemacht und lernt so auch die Arbeitsweise der Künstlerin kennen. Ein weiteres Thema sind die Werkstätten von Käthe Kollwitz und der Umfang des plastischen Werkes wie auch ihre ästhetischen Vorstellungen und ihr Standort in der zeitgenössischen Bildhauerei. Über die Rezeption bis zum heutigen Tage wird man aufgeklärt, auch über den bisherigen Forschungsstand und die Quellenlage. 

Ausführlich lernt man im Katalogteil die einzelnen Werke kennen und hier auch deren Entstehungsgeschichte. Grandios und in wenigen Worten nicht beschreibbar, wird man mit Kunstwerken vertraut gemacht, die sehr nachdenklich stimmen und nicht selten Trauer auslösen.

Zum Schluss kann man sich in einer Kurzbiographie einen Überblick über das Leben von Käthe Kollwitz verschaffen und sich in ein umfangreiches Literaturverzeichnis vertiefen. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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