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Rezension: Die Impressionisten in der Normandie- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Sonderausstellung "Die Impressionisten in der Normandie", die vom 14.10.2017 – 21.01.2018 im Kunstmuseum Pablo Picasso Münster in Münster gezeigt wird. Vorgestellt werden 75 Werke von namhaften Impressionisten. Dabei werden die Bilder erstmals in Deutschland präsentiert. 

Die Normandie war seit der Frühen Neuzeit ein Ausgangspunkt für die sogenannte Grand Tour, die seitens junger englischer Adeliger im Alter von 16 und 25 Jahren auf dem europäischen Festland unternommen wurde, um im Anschluss an ihre heimische Ausbildung ihre höfischen Kenntnisse und ihre Umgangsformen zu perfektionieren. Zu Ende des 18. Jahrhunderts gab es einen Motivationswandel in besagter Reisekultur. Neben der touristischen Erschließung des kontinentaleuropäischen Abendlandes rückte nun die Suche nach einem individuellen und dabei zweckfreien Erleben der Natur in den Mittelpunkt. 

Einer der Wegebereiter des "optisch orientierten Tourismus" war der englische Maler und Schriftsteller William Gilpin. Er schrieb mehrere Essays, die nicht nur das touristische Landschaftserlebnis begründeten, sondern darüber hinaus die europäische Landschaftsmalerei sehr stark beeinflusste. 

So entwickelte sich ein Kanon von pittoresken Wahrnehmungs- und Darstellungsmustern, die sich berühmte englische Künstler des 19. Jahrhunderts zu eigen machten und vielfältig variierten. Es entstanden im 19. Jahrhundert viele illustrierte Reiseberichte, auch von der Normandie. 

Britische Künstler wie William Turner und Richard Parkes Bonington waren die berühmtesten Landschaftsmaler, die in Nordfrankreich malten. Natürlich gab es auch französische Maler an der Küste, so etwa Paul Huet, dessen Bilder man im Katalog bewundern kann. 

Über Monet und die Avantgarde der französischen Freilichtmalerei liest man Wissenswertes und hat Gelegenheit, sich in deren Gemälde zu vertiefen. So sind u.a. das bewegte Treiben der Häfen und die von Menschen bevölkerten Strände ein bevorzugter Darstellungsgegenstand Boudins, der in seiner Dynamik und raschen Wandlungsfähigkeit schwer einzufangen ist. 

Man erfährt ganz nebenbei über den fortschreitenden Tourismus in der Normandie im 19. Jahrhundert und kann sich anhand eines Gemäldes von Eugène Le Poittevin ein Bild vom "Baden bei Etretat" um 1858 machen. Gemälde von Schülern der "Ecole de Barbizon" werden vorgestellt und wunderschöne Werke von Courbet, der die Impression des Augenblicks meisterhaft erfasste. Auch Alfred Sisleys Bilder beeindrucken sehr und natürlich Monets Gemälde, die auf seiner Hochzeitsreise nach Trouville entstanden sind. 

Doch auch über die Postimpressionisten in der Normandie erfährt man etwas und ist  schlussendlich erstaunt über die gesamte Bilderwelt, die in dieser traumhaften Gegend entstanden ist, deren Reiz sich in den Gemälden spiegelt. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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 Die Impressionisten in der Normandie

Rezension: Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger-Robert Nippoldt/Boris Pofalla

Dieses bemerkenswerte Buch ist das Ergebnis einer Teamarbeit des Zeichners und Buchkünstlers Robert Nippoldt und des Autors Boris Pofalla, der u.a. im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und für das Kunstmagazin MONOPOL schreibt. 

Bevor man sich in das wunderbare Buch vertieft, empfiehlt es sich,  die beigefügte CD mit Hits aus jenen Tagen zu hören, um sich zunächst in den Zeitgeist musikalisch einzufühlen. 

Das reich illustrierte Werk beginnt mit einer geschichtlichen Einführung und einer doppelseitigen Stadtkarte von Berlin, in der Orte, die im Buch zur Sprache kommen, eingezeichnet sind. Darauf folgt ein Mix aus biografischen Miniaturen namhafter Persönlichkeiten im Berlin der wilden Zwanziger,  zudem spannend zu lesenden Texten zu Themen, die die Berliner damals bewegten und vielen  charakteristischen Illustrationen. 

Gleich zu Beginn lernt man den Revuekönig James Klein kennen und kurz darauf den Kosmopoliten Harry Graf Kessler, der sich gemeinsam mit Albert Einstein für den Völkerbund einsetzte und heute als wichtigster Chronist der Moderne in Europa gilt. 

Josephine Baker tanzte 1926 in Berlin. Die Dame mit dem Bananenröckchen faszinierte nicht nur die Männerwelt. Vorgestellt wurde sie damals dem Theaterregisseur Max Reinhardt, der sie bat, bei ihm zu studieren. Die Tänzerin war allerdings bereits in Paris verpflichtet. Josephine Baker galt  in den 1920ern  als Symbol für Freiheit. Wenn sie im Berlin des Jahres 1926 einen Nachtclub betrat, so Profalla, dann hörten die Musiker auf zu spielen- und verneigten sich. Alle waren fasziniert von ihr.

Das Adlonhotel war in Berlin in den Zwanzigern die erste Adresse und spiegelte, was die Gäste anbelangt, die Gesellschaft in jenen Tagen wider. Man liest  hier von Soupers mit 74 Gängen, aber auch von Tanztees, an denen jedermann teilnehmen konnte und vielem anderen mehr. Das Adlon war der Treffpunkt für alle, die Glanz liebten.

Albert Einstein  galt in den 1920ern der berühmteste Mensch der Welt, so Profalla und lebte in Berlin. Obgleich hochgeehrt, wurde er später von den Nazis enteignet und nahm 1940 die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Nach Berlin kehrte er nie mehr zurück. 

Ein überaus plastisches Bild von der Armut nach dem 1. Weltkrieg erhält man anhand eines sehr differenzierten Textes und der dazugehörigen Illustrationen, erfährt zudem  Biografisches über Friedrich Ebert, den 1. Reichspräsidenten und wird mit allen Deutschen Reichskanzlern in der Weimarer Republik vertraut gemacht. Der Außenminister Walter Rathenau wurde 1922 ermordet. In jenen Tagen verübte eine Gruppe von 5000 Mitgliedern mehrere Anschläge auf demokratische Politiker mit dem Ziel die Weimarer Republik zu stürzen und eine Militärregierung einzusetzen. 

Auch über den jüdischen Reporter Egon Erwin Kisch erfährt man Wissenswertes. Dass er die NZ-Zeit überlebte, erscheint dabei wie ein Wunder. 

Unmöglich im Rahmen der Rezension alle Persönlichkeiten zu nennen, die im Buch charakterisiert werden. Die Boxlegende Max Schmeling  muss ich wohl nennen. 

Nicht genug kann man die Illustrationen loben, die dem kollektiven Gedächtnis entsprungen erscheinen. Dann liest man spannendes zur neuen Frau, die Tags berufstätig und abends tanzbereit war. Diese Frau gab es real leider nicht allzu oft und auch nicht lange, denn die Liberalität der "Goldenen Zwanziger" dauerte nur etwa 5 Jahre. In diesem Zusammenhang lernt man eine Reihe von Pionierinnen kennen, unter ihnen auch Marie Munk. Sie war eine der ersten Rechtsanwältinnen und Elli Blarr, die erste Frau der Welt, die im Januar 1929 die Lizenz erhielt, eine Autodroschke zu fahren. 

1929 wurde der Konsumpalast Karstadt eröffnet und ist ein spannendes Thema im  Buch,  noch spannender allerdings  ist die gezeigte  Mode der Zwanziger Jahre, die wirklich ästhetisch war. 

Künstler wie George Grosz, auch der Publizist Kurt Tucholsky kommen später zur Sprache aber auch der Schriftsteller Christopher Isherwood, den ich bislang nicht kannte. Der Verleger Rudolf Ullstein brachte den Antikriegsroman "Im Westen nichts Neues" heraus. Ullstein war antimilitaristisch. Der jüdisch-liberale Verleger floh 1939 nach London und baute nach dem Krieg seinen Verlag wieder auf. 

Persönlichkeiten wie der Theaterregisseur Max Reinhardt, der Komponist Kurt Weil, auch der Theaterrevolutionär Bertholt Brecht werden thematisiert und man erfährt Näheres zur Filmfabrik Ufa, in der der weltberühmte Film "Der blaue Engel" des Josef von Sternberg mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle gedreht wurde. Die Schauspielerin wird sehr gut porträtiert.

Man liest auch etwas über die Salonnière Betty Stern, ein Jüdin aus Breslau, der später die Emigration gelang und erkennt immer mehr, dass Intellektualität und Liberalität aber auch fröhliche Ausgelassenheit von den Rechtsradikalen schon sehr früh in der Weimarer Republik angefeindet wurden. 

Sehr gut gefällt mir die Doppelseite, auf der man mehr über Tänze aus den 1920er liest. Der erfolgreichste Tanz war bekanntermaßen der Charleston. Der Blues wurde eher in Kneipen als in Ballsälen getanzt, so Pofalla. Der Tango hingegen  galt als überaus mondän und ermöglichte neue Körpererfahrungen beim Tanzen. Die Illustrationen zeigen, dass in den neuen Tänzen viel Freiheitssehnsucht ausgelebt wurde. 

Auch über die Comedian Harmonists  wird man unterrichtet und kann sie auf der beigefügten CD stimmlich erleben. 

Ausgespart wird selbst das erotische Nachtleben nicht. Der amerikanische Professor Mel Gorden unternahm den Versuch, die Vielfalt der Prostitution in Berlin genau zu quantifizieren. Dazu gibt es im Buch eine Grafik. 130 000 Berlinerinnen verkauften damals ihren Körper als Zubrot.  Hunger und Moral lassen sich nicht vereinen.

Dann gibt es da u.a. Listen mit Persönlichkeiten, die nach Übersee oder innerhalb Europas emigrierten. Sie verdeutlichen, welches geistlose Pack die Nazis waren.

Die Lieder auf der CD werden alle näher skizziert, so auch die Ballade "Die Seeräuberjenny" aus dem Theaterstück "Die Dreigroschenoper" von Bert Brecht. Das Lied wurde von Kurt Weil vertont. 

Dieser Bildband ist eine künstlerisch wertvolle Dokumentation von Berlin der 1920er Jahre, die viele widersprüchliche Facetten aufzeigt, die in der Naziherrschaft schließlich ihr Ende fanden. 

Das Buch lese ich vor allem auch als Mahnung vor einer weiteren rechtsradikalen Heimsuchung, die uns allen bevorsteht, wenn wir aus der Geschichte nichts lernen.

Sehr empfehlenswert. 
Helga König

Im Fachhandel erhältlich
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Es wird Nacht im Berlin der Wilden Zwanziger

Rezension: Glanz und Elend in der Weimarer Republik- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Glanz und Elend in der Weimarer Republik", die noch bis zum 25. Februar 2018 in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt gezeigt wird. Herausgeberin des Katalogs ist Ingrid Pfeiffer, die auch Autorin von zwei der insgesamt neun Essays ist, die neben den gezeigten Werken im vorliegenden Buch enthalten sind. 

Das Vorwort hat Philipp Demandt verfasst. Er ist Direktor der Schirn Kunsthalle. Es folgen über mehrere Seiten dann Daten zu Politik, Wirtschaft und Kultur von 1918 an bis 1933. Sich diese zu vergegenwärtigen, lässt die Bilder besser verstehen. Die Weimarer Republik spiegelt sich in unterschiedlichsten Ausprägungen in der Kunst der Zeit wider, so Demandt. Dabei beleuchtet die Kunsthalle Frankfurt besagte Periode mittels der kritischen Betrachtungen just jener Künstler, die als Zeitgenossen in ihren realistischen, ironischen, grotesken bis kritisch-analytischen Darstellungen besagte Zeit nicht nur abbilden, sondern darüber hinaus die Zustände auch kommentieren und verändern wollten.

Die Ausstellung betont bewusst die düsteren Elemente der Zeit und legt einen soziologischen Ansatz zu Grunde als Gegengewicht zu den häufig präsentierten "Goldenen Zwanzigern". In der Ausstellung und im Katalog sind Werke von 62 Künstlern (m/w) aus unterschiedlichen deutschen Städten zu bewundern und zwar in thematischen Räumen. Auf diese Weise wird ein Gesamtbild wieder hergestellt, das durch die weitere Deutsche Geschichte zerrissen wurde. Nicht wenige Künstler werden sogar erstmals einem großen Publikum präsentiert. Ungefähr 1/3 der Werke stammt von Künstlerinnen. 

Beigetragen haben zu dieser Ausstellung nahezu 80 öffentliche Museen und Institutionen sowie Privatleihgeber aus dem In-und Ausland. 

Auf den letzten Seiten sind die Künstlerbiografien nachlesbar. Alphabetisch geordnet, beginnt der Reigen mit Max Beckmann und endet mit Richard Ziegler. Die zeilenbegrenzten Künstlerbiographien sind so angelegt, dass man nach der Lektüre stets eine ganz gute Vorstellung von dem jeweiligen Künstler hat.

Ingrid Pfeifer schreibt in ihrem Essay mit dem Titel "Glanz und Elend in der Weimarer Republik- Bilder vom Unbehagen einer Epoche", dass die Konzentration auf gesellschaftliche und politische Inhalte in den künstlerischen Arbeiten die Beobachtung in den Hintergrund  drängen  und dass sich Stile wie der bewegte Expressionismus oder auch der Dadaismus (George Grosz), kühler Realismus (Christian Schad) oder Surrealismus (Anton Räderscheidt) oder gar geometrisch-abstrakte Tendenzen (Alice Lex-Nerlinger) nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen. Die Ausstellung zeigt das Unbehagen der Epoche. Dieses spiegelt sich  wider in dem breiten stilistischen Spektrum aber auch in den Themen und Inhalten. 

Zur Sprache gebracht werden politische Kunst und ihre Ursachen. Der 1. Weltkrieg hatte allein 2 Millionen Tote und 1,5 Millionen Kriegsversehrte zu verkraften. Otto Dix nimmt sich ihrer in seiner Lithografie "Kriegskrüppel" an. Mit den übersteigerten und karikierenden Darstellungen versuchen nicht nur er, sondern zudem zahlreiche andere Künstler, die im Buch benannt werden, aufzurütteln, auch, was soziale Themen anbelangt. Über Künstlerinnen in jenen Tagen und über die Prostitution als wachsendes gesellschaftliches Phänomen versuchen Künstler wie Dix und Grosz durch extrem zugespitzte bis karikierende Darstellungen auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Viele andere Facetten jener Zeit werden ebenfalls thematisiert, bevor man sich in die Bilderwelt vertiefen kann, die den Betrachter bewusst werden lassen, wie es zu einem 1933 kommen konnte. 

Über Kunst und Politik in der neuen Sachlichkeit kann man sich ebenso gut informieren wie über die Vergnügungen in der Weimarer Republik und sich die Werke der ausgestellten Künstler zu den Themen anschauen. Bilder über die "Neue Frau" von damals werden auch gezeigt. Dabei war  die Figur der knabenhaften Garconne mit maskulinem Haarschnitt  als ein besonders beliebter Bildtypus unter den visuellen Konstrukten der Neuen Weiblichkeit angesagt.  Über den Paragrafen 218 in jener Zeit liest man und wird mit Bildern von unglücklichen Schwangeren konfrontiert. Zur Sprache gebracht wird zudem die Homosexualität in den 20er Jahren. Auch hier gibt es wieder Bilder und damit nicht genug, wird man über die Kunst und Literatur in der Weimarer Zeit  in Kenntnis gesetzt, auch über die Künstlerinnen und ihre Arbeit für Zeitschriften damals und schließlich über die Chancen und Errungenschaften der fokussierten 15 Jahre. 

Dieses Buch empfehle ich sehr gerne weiter, weil es aufklärt und letztlich einen  nicht hinwegdiskutierbaren Bezug zur Aktualität hat.

Helga König


300 Seiten, 200 Abbildungen
24 x 29 cm, gebunden

ISBN: 978-3-7774-2932-8

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Glanz und Elend in der Weimarer Republik: Von Otto Dix bis Jeanne Mammen

Rezension: #Rubens- Kraft der Verwandlung-Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Rubens- Kraft der Verwandlung", die noch bis zum 21.01.2018 im Kunsthistorisches Museum, Wien und vom 8.2.–21.5.2018 im Städel-Museum in Frankfurt gezeigt wird. 

Das Buch enthält zwei Vorworte, eine Einleitung, zahlreiche Essays unterschiedlicher Autoren, einen Katalogteil und einen Anhang. 

Die Vorworte haben Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien und Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums in Frankfurt verfasst. Die Einleitung mit dem Titel "Universelle Kraft der Verwandlung" stammt von Jochen Sander, dem stellvertretenden Direktor des Städel Museums. Er schreibt, dass man Peter Paul Rubens (1577-1640) in seiner Heimat Flandern überall antrifft, aber nicht nur dort, sondern auch in vielen großen Gemäldegalerien in Europa kann man Werke von ihm bewundern. Sein Ruf als "pictor doctus" (Rubens profilierte sich u.a. als Büchersammler) verhalf ihm zu prestigeträchtigen Aufträgen der gesellschaftlichen Eliten. 

Peter Paul Rubens war nicht nur sehr belesen, sondern tauschte sich mit  oft namhaften Gelehrten aus. Es gab gebildete Zirkel, in denen sich auch andere Künstler aufhielten. Dort kam es zu einem regen Austausch zwischen Forscher- und Künstlergeist und zwar zu deren beiderseitigem Nutzen. Primär beschäftigte man sich mit Astronomie. Rubens sammelte zeitlebens Literatur zu diesem Thema. In vielen seiner Werke kommt sein Bücherwissen zur Geltung, auch bei Naturphänomenen wie den Regenbogen, bei menschlichen Körper und zudem im Hinblick auf Botanik und Zoologie. 

Die Kunst von Rubens entsprach dem Zeitgeist und galt als sehr progressiv. Seine Bildgründe sollen zu Seismographen und Experimentierfeldern geworden sein, auf denen sich das zutrug, was die Wissenschaft mit ihren neuen Instrumentarien und Projektionsmöglichkeiten hervorbrachte. 

Im Rahmen von insgesamt 12 Essays unterschiedlicher Autoren erfährt man viel Wissenswertes zu Rubens und seinen Werken. 

Im Katalogteil sind weitere erläuternde Texte eingebunden, welche die umfangreiche Werkschau noch intensiver erhellen. So liest man beispielsweise Näheres zur "Theorie und Praxis der Darstellung des menschlichen Körpers" und hier, dass Rubens den menschlichen Körper geometrisch analysierte. Dabei war für ihn das Rechteck ein Grundelement des männlichen Körpers; wohingegen der weibliche aus Kreisen bestand. 

Über antike Leitbilder wird man aufgeklärt und kann sich in eine Vielzahl von Werken vertiefen, die den Betrachter mit dem barocken Schönheitsideal vertraut machen.

Wissenswertes erfährt man u.a. zu dem Gemälde des Medusenhaupts, von dem eine Detailansicht, aber auch das gesamte Bild zu sehen ist, das einen furchterregenden Eindruck hinterlässt. 

Rubens transformierte bei seiner Bildfindung Vorlagen aus der Antike und der Renaissance. An den Arbeitsweisen und Verwandlungen darf der Leser und Betrachter bei der Lektüre des Buches teilhaben, das Vorfreude für einen Besuch der Ausstellung auslöst.
Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Im Fachhandel erhältlich.

312 Seiten, 304 Abbildungen in Farbe
24 x 28 cm, gebunden

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Rubens: Kraft der Verwandlung



Rezension: Tintoretto- A Star was born- Hirmer

Dies ist der gleichnamige Katalog zur Ausstellung  "Tintoretto- A Star was born", die noch bis zum 28. Januar 2018 im WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM in Köln gezeigt wird. 

Mit "Tintoretto – A Star was Born" beginnt das Wallraf den internationalen Reigen von hochkarätigen Ausstellungen zum 500. Geburtstag des Malers Jacopo Tintoretto (1518-1594). In einer beeindruckenden Sonderschau widmet sich die Kölner Gemäldegalerie erstmals dem faszinierenden Frühwerk des italienischen Meisters, der zu den produktivsten und einflussreichsten Künstlern aller Zeiten zählt. Dabei sollte man wissen, dass zahlreiche kostbare Leihgaben aus den großen Museen der Welt (Amsterdam, Budapest, London, Madrid, Mailand, Rom, Venedig, Washington, Wien u.a.m.) aus diesem Anlass dem Wallraf anvertraut wurden. 

Das Buch enthält sieben eloquente Essays unterschiedlicher Autoren, die die Persönlichkeit und das Schaffen des jungen Tintoretto erhellen. Dabei würdigen einführende Essays die wissenschaftliche Pionierleistung von Rudolfo Pallucchini und transportieren auf diese Weise historische, biographische und kunstgeschichtliche Grundlagen, um dann in einer Betrachtung von Identität, Strategien und self-fashioning zu münden. 

Ebenso wichtig wie die Essays sind die Kapiteleinleitungen und Katalogtexte zu den Exponaten. Diese sind als Mikroessays angelegt. Bildthemen sind beispielsweise "Kain und Abel" oder auch "Psyche erwacht in Amors Garten". Das zuletzt genannte Werk stellte einen großen Schritt im Schaffen des jungen Tintorettos dar. Die Gründe werden textlich dargelegt.

Faszinierend waren einst Tintorettos Fresken an der Fassade der Ca´Gussoni, von denen nur noch Reste erkennbar sind. Davon kann man sich auch einen Eindruck verschaffen.

Tintorettos Porträtmalerei soll einen Einfluss des älteren Tizian verraten, der als der wichtigste venezianische Bildnismaler galt. 

Was noch? Frauen spielen in der Maler Tintorettos eine große Rolle. So sollen seine Einfühlsamkeit, Intensität und Beharrlichkeit, mit der er Grundsituationen weiblicher Existenz auszuloten suchte, einzigartig sein. Davon kann man sich überzeugen bei seinen Darstellungen von Verführerinnen aber auch von Opfern von Gewalt, bei seinen Darstellungen von Mägden, Musen, Prinzessinnen und Prostituierten. Grandios.

Bleibt festzuhalten: Dies ist ein beeindruckender Katalog über das Leben und Werk des jungen Tintorettos, dessen Werke man in Köln im Original derzeit bewundern kann und es auch sollte, wie die Katalogabbildungen deutlich machen.

Empfehlenswert. 
Helga König

Überall im Fachhandel erhältlich

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Tintoretto: A Star was born

Rezension: Die Geburt des Kunstmarktes- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Die Geburt des Kunstmarktes- Rembrandt, Ruisdael, van Goyen und die Künstler des Goldenen Zeitalters", die vom 23.9. 2017 bis zum 7. Januar 2018 im Bucerius Kunst Forum in Hamburg gezeigt wird. 

Das Grußwort zum Buch hat Manfred Lahnstein, der Vorsitzende des Kuratoriums der ZEIT- Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius verfasst. Wie er schreibt, geht die Ausstellung der Frage nach, in welchem gesellschaftlichen und ökonomischen Umfeld sich die Künstler und ihr Werk bewegen. Um dies herauszufinden, befasst sich die Ausstellung mit der Herausbildung des frühen Kunstmarktes in den Niederlanden. Dabei sollen Ähnlichkeiten zum heutigen Business unverkennbar sein. 

Mitte des 17. Jahrhunderts hatten sich in Amsterdam und in anderen Städten die wesentlichen Elemente des Kunstmarktes herausgebildet. Damals suchten rund 350 Maler ihre Kundschaft. Dabei traten die üblichen Direktbeziehungen zwischen Künstler und Auftraggeber schnell in den Hintergrund. Kirche und Adel spielten kaum noch eine Rolle. Im calvinistischen Amsterdam waren wohlhabende Bürger an ihre Stelle getreten. Erste Ansätze zur Selbstvermarktung über Direktverkäufe, Auktionen und Lotterien sind ebenso bekannt wie kollektive Angebote über Ausstellungen und Malergilden. 

Beleuchtet werden nicht nur die die entscheidende Rolle des professionellen Kunsthandels, sondern auch die Markenbildung sowie die kostenbewusste, fast schon industrielle Produktionsweise. 

Franz Wilhelm Kaiser, der Direktor des Bucerius Kunst Forums fragt rhetorisch nach, ob die Koppelung zwischen Kunst und Geld per se schlecht sei für die Kunst. Anschließend  erfährt man seitens Michael North mehr über den niederländischen Kunstmarkt und seine Ausstrahlung auf Europa. Themen wie etwa die institutionelle und auch die ökonomische Entwicklung des Kunstmarktes, Bilderauktionen, auch die Ausstrahlung des niederländischen Kunstmarktes auf Europa kommen zur Sprache und man liest Wissenswertes über den Kunstmarkt in Antwerpen beispielsweise. 

Dann  werden Genrebilder von Adriaen van Ostade vorgestellt. Es folgen Tronies und Porträts verschiedener Künstler und weitere Reflektionen zur Geburt des Kunstmarktes. Landschaftsmalerei, auch Seestücke und Stillleben etc kann, wer möchte, bestaunen, mit einem Wort Deko-Kunst, so möchte ich sie mal salopp nennen. 

Die Preise für diese Bilder waren teilweise absurd hoch im sogenannten "Goldenen Zeitalter". Der rege Handel bestimmte dabei augenscheinlich die Motive. Dieser Eindruck entsteht zumindest, wenn man die gezeigten Werke genauer ansieht. 

Empfehlenswert. 

Helga König

Überall im Fachhandel erhältlich
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Die Geburt des Kunstmarktes: Rembrandt, Ruisdael, Van Goyen und die Kunst des Goldenen Zeitalters (Bucerius KUNST Forum)

Rezension: „Diese vollkommenen Wunderwerke“ –Rodins Aquarelle- Insel-Bücherei Nr. 1440

Herausgeber dieses bezaubernden kleinen Bändchens, das Texte Rainer Maria Rilkes und Aquarelle des Künstlers Auguste Rodin (1840-1917) enthält, ist Rainer Stamm. Er auch hat das Nachwort verfasst und erläutert dort, dass für das Werk Rainer Maria Rilkes (1875-1926) kein anderer Künstler von ähnlicher Bedeutung war wie Auguste Rodin. Auf ihn war Rilke durch seine Ehefrau Clara Westhoff aufmerksam geworden. Er lernte Rodin schließlich in Paris kennen und arbeitete als sein Privatsekretär, beobachtete das Schaffen des Künstlers, während er selbst zum Dichter von Weltrang heranreifte. 

Weibliche Akt-Aquarelle von Rodin werden im Buch von Rilke-Texten begleitet. Hier kommentiert Rilke, dass für den Schaffenden immer noch Dantes Worte gelte, dass für ihn der Körper die Seele sei und positioniert sich bewundernd zu dem, was er sieht und zu Papier bringt. 

Der Dichter schreibt  hier u.a. an seine Frau einen Brief und denkt  über Rodins Aquarelle nach, auch über die kleinen grazilen Tänzerinnen, die man auf den Folgeseiten bewundern kann. Er  formuliert dazu "Diese Finger, gespreizt, offen, strahlig und zueinander gebogen wie in einer Jerichorose; diese Finger entzückt und glücklich oder bange ganz am Ende der lange Arm aufgezeigt: sie tanzend." Sehr poetisch geht die Bildbeschreibung dann weiter und man weiß, wenn man die Aquarelle im Anschluss sieht, dass Rilke sie seiner Clara mit einfühlsamen Worten exakt nachgezeichnet hat.  Auch sie kann sie nun sehen.

Ich kannte diese Aquarelle bislang nicht und bin von Rodins "Kambodschanischen Tänzerinnen" wirklich sehr angetan. Diese selbstbewussten Frauen wirken in ihrem selbstvergessenen Tanz sehr glücklich. 

Man liest des Weiteren Briefe, die Rilke an Rodin schrieb. Auch sie werden von schönen Aquarellen begleitet. Rilke ist voller Hochachtung Rodin gegenüber, weil dieser in das Geheimnis der Tänze Kambodschas eingedrungen ist. Für ihn gehören die im Buch zu sehenden aquarellierten Zeichnungen zu den tiefsten Offenbarungen. 

Dies ist ein sehr schönes, kleines Büchlein, das ich gerne weiterempfehle, weil hier Kunst auf höchstem Niveau beschrieben und verdeutlicht wird, dass die Dichter und Maler sich ideal ergänzen können aufgrund ihrer Feinnervigkeit. 

Sehr empfehlenswert
Helga König 
Überall im Handel erhältlich Onlinebestellung bitte hier klicken: Insel oder Amazon »Diese vollkommenen Wunderwerke«: Rodins Aquarelle (Insel-Bücherei)

Rezension: Matisse- Bonnard- Es lebe die Malerei- Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Matisse- Bonnard- Es lebe die Malerei", die vom 13.09.2017 – 14.01.2018 im Städel-Museum in Frankfurt gezeigt wird. 

Das Vorwort zum Buch hat Philipp Demandt geschrieben. Er ist der Direktor des Städel Museums.

Wie er festhält, schenkt das Museum mit der Ausstellung "Matisse Bonnard- Es lebe die Malerei" den Besuchern einen Einblick in ein faszinierendes Kapitel der französischen Moderne und eröffnet ein visuelles Wechselspiel zwischen zwei Malern, deren gegenseitiger Einfluss bei vergleichenden Betrachtungen ganz unverkennbar zum Vorschein kommt. Dabei widmet sich die Werkschau (über 100 Bilder) in thematischen Kapiteln der nicht selten verblüffend ähnlichen Umsetzung der zentralen Sujets wie etwa Interieur, Stilleben, Landschaft und Akt. Die beiden Künstler waren Freunde, die in ihrer Themenwahl  gewissermaßen einen fruchtbaren Dialog führten.

Die Essays, die dem Tafelteil vorausgehen, tragen die Titel: 

"Matisse-Bonnard. Es lebe die Malerei" – Felix Krämer 

"Die Pose finden- Die Modelle von Pierre Pierre Bonnard und Henri Matisse"- Dita Amory

"Zwischen Tradition und Erneuerung- Henri Matisse und Pierre Bonnard im Spiegel der 1940er Jahre" Daniel Zamani  

"Mit Bonnard und Matisse an der Côte d´ Azur- Das Sammlerpaar Hahnloser-Bühler und seine Künstlerfreunde"- Margrit Hahnloser- Ingold 

In die Texte sind Fotodokumente eingebunden, die dem Betrachter (m/w) einen bemerkenswerten Eindruck von beiden Künstlern verschaffen. Der Tafelteil ist in nachstehende Rubriken eingeteilt:

Interieur- Beate Söntgen 
Stillleben- Iris Hasler 
Landschaft/Natur- Daniel Zamani 
Frauenbild/Akt- Elena Schroll 
Grafik-Jenny Graser 

Den Bildern geht jeweils ein erläuternder Textbeitrag voraus, in dem die Betrachtungen der beiden Künstler beleuchtet werden, sei es beim Interieur oder in den Thematiken der anderen genannten Rubriken.  

Besonders begeistert bin ich vom grafischen Werk von Matisse. Er hatte eine Vorliebe für das serielle Arbeiten mit dem Stift oder auch der Feder. Werke wie  "Der Albtraum der weißen Elefanten" oder auch "Ikarus" wirken lange nach.

Matisse und Bonnard zogen sich oft nach Südfrankreich zurück, um ungestört arbeiten zu können, wo sie ab 1917 bzw. 1926 ihren Wohnsitz verlegten.

Auf den letzten Seiten kann sich man im Rahmen einer Chronologie einen Überblick über das Tun der beiden in den Zeitläuften erwerben. 

Empfehlenswert 

Helga König

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Matisse - Bonnard: Es lebe die Malerei!

Rezension: Colorama- Das Buch der Farben- Prestel

Dieses wunderbare Buch ist genau 133 Farbtönen gewidmet. Für jeden Farbton bietet der Prestel -Verlag zwei Seiten in dieser Publikation an. Links sieht man jeweils eine Illustration, die sich mit der fokussierten Farbe befasst. Unter jeder Illustration ist eine kleine Geschichte zu lesen, die auf die vorgestellte Farbe Bezug nimmt und rechts dann kann man die Farbe ganzseitig bewundern. 

Wussten Sie, dass es eine Farbe gibt, die "Friedenstaube" heißt? Es handelt sich um einen Weißton, der zwischen dem Weiß von "Milch"und "Albinosweiß" angesiedelt ist. Doch dem nicht genug, gibt es noch zahlreiche andere Weißtöne, die auseinanderzuhalten keineswegs einfach sind. 

"Baumwollweiß" kannte man schon vor 3000 Jahren, denn Baumwolle wurde bereits damals angebaut. Wie man liest, bilden die Sträucher nach der Blüte kleine Fruchtkapseln, die nach ungefähr acht Wochen aufplatzen, um die Samen der Pflanzen zu verteilen. Es quillt dann ein weißer Bausch aus der Kapsel. Die Fasern werden jetzt geerntet, gekämmt, gezwirnt und zu Stoff verarbeitet. Die Information, dass Baumwolle heute das meist getragene Textil der Welt ist, bleibt auch nicht unerwähnt.

Dann warten eine Vielzahl von Rosé- und Rottönen auf den Betrachter. Den Anfang nimmt ein Puderton. Auf der Illustration ist eine Frau zu sehen, die sich pudert. Man erfährt, dass im 17. und 18. Jahrhundert französische Männer aber auch Frauen sich schminkten und Blässe als sehr vornehm galt. Gepudert wurde mit "Kremser Weiß". Dieser Puder wurde aus Blei hergestellt und war überaus giftig. Nicht weniger gesundheitsfördernd allerdings ist auch "Rosa Zuckerwatte". Dass sie ein Zahnarzt erfunden haben soll, halte ich allerdings für ein böses Gerücht. 

Als schön empfinde ich "Kirschblütenrosa". Dass der japanische Kirschbaum "Sakura" mit flüchtiger Schönheit in Verbindung gebracht wird, ist bedauerlich. Es folgen eine Reihe wundervoller Farbtöne. Dazu gehören die Töne "Garnele", "Flamingo", "Sonnenaufgang", "Granatapfel" und "Kussmund". Zu dem zuletzt genannten Farbton erfährt man, dass seit Jahrtausenden bereits die Frauen damit ihre Lippen färben. Dabei verwendete man in der Antike Algen oder schwarze Johannisbeeren, später Schildläuse, Kalbsmark oder giftiges Zinnober. Heute werden Lippenstifte zumeist aus künstlichen Farbstoffen produziert, manche auch aus Haifischleberöl. 

Die Farbe "Ochsenblutrot" schaut aber dunkler aus  als "Kussmund" und erinnert an den Farbton "Rubinrot". Der Edelstein Rubin verdankt seine Farbe übrigens dem Chromoxid in seinen Kristallen. 

Es folgen irgendwann Orange- dann Beige und Brauntöne. Sehr edel ist der Farbton "Grège". Es handelt sich um die Farbe von Seide im Rohzustand. Das Material verdanken wir den Seidenraupen des Schmetterlings "Bombyx mori".

Eine Reihe schöner Gelbtöne schenkt gute Laune. Dann endlich sehe ich meine derzeitige Lieblingsfarbe Grün und hier u.a. das schöne "Zederngrün". Die Blaue Zeder, die in Nordafrika beheimatet ist, kann bis zu 900 Jahre alt werden und gilt im Libanon als heiliger Baum, der mit Frieden und Ewigkeit assoziiert wird. Schließlich ist da noch das schöne "Meergrün". Es handelt sich um einen gedämpften bläulich-grünen Ton.  Eine äußerst beruhigende und dabei erfrischende Farbe.

Es folgt eine Vielzahl von Blautönen und hier auch der Ton "Bleu Charrette". Für diesen Ton gibt es keine deutsche Entsprechung In Südfrankreich verwendete man einst Färberweid, um das blaue Pigment herzustellen. Man verwendete es zum Färben von Stoffen. Die Farbe soll angeblich insektenabweisend sein. Wie auch immer, sie sieht unglaublich schön aus. 

Schön aber auch sind die Farbtöne "Kornblumen" und "Tuareg". Das gleichnamige nomadische Berbervolk färbte Stoffe mit Blättern des Indigobaumes. Die Farbe färbte sogar ihre Haut, weshalb man sie "das blaue Volk" nannte. 

Nach den Violetttönen  darf man die an  Farben wie "Mauve", "Fuchsia" und "Magenta" erfreuen. "Magenta" ist in Mexiko sehr beliebt. Der Name aber geht auf eine Schlacht in Magenta (Italien) zurück, wo viel Blut floss. 

Der zuletzt gezeigte Farbton im Buch heißt "Mondlicht". Mit ihr schließt sich der Kreis, dem ein Farbpaletten-Überblick und das thematische Register folgen. 

Erstaunlicherweise tragen viele Farbtöne Namen von Tieren, andere von Blumen, Pflanzen und Bäumen. Farben, die nach Edelsteinen benannt sind, kennen viele. Doch solche, die den Namen von Fortbewegungsmitteln tragen vermutlich nur nur wenige. Die edelste kennen gewiss alle: "British Racing Green".

Alles in allem, ist dies ein tolles Buch, das einfach Freude schenkt. Für Menschen, die Malerei zu schätzen wissen, ist das Wissen um Farben natürlich überaus bereichernd. Vermutlich sieht man mehr, wenn man alles sprachlich zu differenzieren weiß. Wer mehr sieht, darf mehr staunen.

Sehr empfehlenswert 

Helga König 

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COLORAMA - Das Buch der Farben

Rezension: Flora- 3000 Jahre Pflanzendarstellung in der Kunst- DVA

Dieser bemerkenswerte Bildband enthält über 300 der schönsten und berühmtesten botanischen Kunstwerke aus aller Welt und der gesamten Kunstgeschichte. Der Präsentation der Werke geht das informative Vorwort voran. Verfasst wurde es von dem Botaniker und Pflanzensammler Dr. James Compton. 

Er schreibt, dass die frühesten bekannten Darstellungen von Pflanzen, die man bestimmen kann, vor etwa 5000 Jahren entstanden sind und zwar in Regionen am östlichen Mittelmeer. Anfänglich galten die Abbildungen rein ästhetischen Zwecken. In der Folge wurde immer mehr Wert auf Einzelheiten bei der Gestaltung gelegt. So konnten Pflanzenillustrationen in der Wissenschaft eine anhaltende Wertschätzung erlangen und dienen heute nach wie vor der Bestimmung und Klassifizierung von Pflanzenproben. Dabei liegt jeder Illustration die Absicht zugrunde, das Aussehen eine Pflanze zu dokumentieren. Ziel ist es, unsterblich zu machen, indem man wesentlich Merkmale wiedergibt. 

"Flora"  spiegelt eine Vielzahl künstlerischer Mittel wider und untersucht die Motivationen, die die botanische Kunst in Laufe der Geschichte beeinflusst haben. Im vorliegenden Werk wird das riesige Spektrum des botanischen Wissens nicht chronologisch und thematisch dargestellt, sondern es werden gegensätzliche oder einander ergänzende Bilder auf diese Weise gegenübergestellt, die keineswegs nur die Einzigartigkeit der individuellen Kunstwerke hervorhebt, sondern darüber hinaus auch manche Gemeinsamkeit betont. 

Man erfährt Wissenswertes über die Ursprünge der botanischen Illustration und deren Bedeutung in den Zeitläuften. Die Bilder im Buch wurden von einem internationalen Expertengremium zusammengestellt. Sie dokumentieren die unterschiedlichsten Hintergründe, weshalb Menschen Pflanzen abbilden. So geht es etwa darum, eine neu entdeckte Art festzuhalten, um sich an der Vielfalt der Formen und Farben zu erfreuen oder deren Heil- und Giftwirkung zu dokumentieren. Eine Vielzahl sehr berühmter Künstler sorgen für Aufsehen, allen voran Pierre-Joseph Redouté, über dessen Werke ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" bereits ausführlich geschrieben habe. 

Begeistert in "Flora" hat mich u.a. ein Aquarell aus dem Jahre 2013 mit dem Titel "Japanischer Pagodenbaum" von Masumi Yamanaka. Diese Künstlerin berührt und "streichelt" einen Baum zunächst und bittet ihn um Erlaubnis, ihn ablichten zu können oder Skizzen von ihm anfertigen zu können. Der Baum dankt es ihr auf seine Weise. Anschließend benötigt sie bis zu drei Monate, bevor ein Bild fertig ist. 

1818 hat Franz Bauer die Paradiesvogelblume als Aquarell zu Papier gebracht. Sie stammt übrigens aus einem kleinen Gebiet im Osten der südafrikanischen Kap-Provinz. Es ist ein sehr schönes Bild, das man gerne länger betrachtet. 

Insgesamt ist dieses Kunstbuch ein Werk, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt, speziell wenn man botanisch interessiert ist und  an der künstlerischen Umsetzung von Flora  Freude hat.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Flora: 3000 Jahre Pflanzendarstellung in der Kunst

Rezension: China und Ägypten- Wiegen der Welt - Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "China und Ägypten- Wiegen der Welt", die vom 06.07.2017 bis 03.12.2017 im Neuen Museum in Berlin gezeigt wird. Mit dieser Ausstellung auf der Museumsinsel Berlin werden erstmals zwei Hochkulturen in einem thematischen Vergleich einander gegenübergestellt. Dabei spiegelt der vorliegende Katalog das Ergebnis einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen dem Shanghai Museum und dem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin wider. 

Im Neuen Museum treffen das Alte Ägypten und Alte China des Zeitraums vom 4. Jahrtausend v. Chr. bis 200 n Chr. aufeinander. Die in diesem Zusammenhang gezeigten Exponate werden innerhalb von fünf Sektionen in einen direkten Dialog zueinander gesetzt. Es handelt sich bei diesen Sektionen um: Lebenswelten, Schrift, Totenkult, Glaubenswelten sowie Herrschaft und Verwaltung.  Insgesamt 250 Exponate werden vorgestellt. Auf diese Weise werden archäologische Zeitzeugen aus China und Ägypten miteinander in Beziehung gesetzt und ermöglichen bislang unbekannte Vergleiche. 

Der Katalog entspricht in seinem Aufbau dem der Ausstellung und nimmt Bezug auch bei der Nummerierung der Objekte auf die Gegebenheiten vor Ort. Die einzelnen Exponate werden sehr gut beschrieben und so lernt man beispielsweise Weinbecher und Alltagskeramik aus China aus besagtem Zeitraum kennen oder Glockenspiele, die im Kult der Zhou eine wichtige Rolle spielten. 

Beeindruckend ist der Schulterkragen der Königin Amanishakheto. Der Kragen wurde im heutigen Sudan gefunden und gehört zu den Kronjuwelen besagter Königin. Antiker Schmuck,  so etwa eine Kette aus rhomben- und tonnenförmigen Perlen oder aus Scheibenperlen  beeindruckt gewiss nicht nur Frauen.

Spannend sind die Textinformationen zur Schrift, denn diese gehören zu den bahnbrechenden Kulturleistungen der Menschheit. Zu den frühesten Schriftkulturen der Welt zählen das Alte China, die Staatstaaten des Vorderen Orients und das Alte Ägypten. Dort entstanden Schriftsysteme völlig unabhängig voneinander. Darüber erfährt man Näheres und auch, dass sich recht früh schon eine flüssige Handschrift entwickelte. Zum Schreiben verwendete man angespitzte Binse. Schreibutensilien lernt man  in der Folge kennen und  auch eine Reihe von Schriftzeichen. 

Seite für Seite gibt es also viel zu bestaunen. Mit einem Satz: Der Katalog ist gelungen und sehr empfehlenswert. 

Helga König

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China und Ägypten: Wiegen der Welt

Rezension: Pieter Bruegel- Das Zeichnen der Welt- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Pieter Bruegel- Das Zeichnen der Welt", die vom 8. September bis zum 3. Dezember 2017 in der Albertina in Wien gezeigt wird. Herausgeberin des vorliegenden Buches ist Eva Michel. Sie hat auch den spannend zu lesenden Beitrag "Er zeichnete sehr sauber und hübsch mit der Feder- Pieter Bruegel als Zeichner" verfasst. Dem erhellenden Text vorangestellt ist das Vorwort von Klaus Albrecht Schröder. 

Wie Schröder betont, sind die Werke dieses Künstlers heute noch relevant, weil sie zum Nachdenken anregen. Das kann ich bestätigen. Der niederländische Künstler entwarf am Vorabend des niederländischen Unabhängigkeitskampfes gegen die spanische Herrschaft, in einer Epoche der politischen und sozialen Umbrüche wie auch der tiefen religiösen Spaltung eine komplexe Bilderwelt. Schröder hält fest, dass der Künstler die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse sehr kritisch reflektiert hat, Fragen nach Gut und Böse stellte, um zugleich aufzuzeigen, dass man mehr Farben als Schwarz und Weiß benötigt, um ein differenziertes Bild zu zeichnen. 

Bruegel wollte die ganze Welt auf Papier darstellen. Dabei wechseln die naturalistische Wiedergabe mit augenscheinlich Erfundenem, peniblen Vorlagezeichnungen mit freien Skizzen. 

Die Albertina präsentiert in der Ausstellung das gesamte Spektrum von Bruegels zeichnerischem und druckgraphischem Schaffen und reflektiert seine künstlerischen Ursprünge anhand der Gegenüberstellung mit hochkarätigen Werken berühmter Vorläufer wie Hieronymus Bosch und Albrecht Dürer. Wie Schröder schreibt, bekunden Bruegels Werke ein großes Interesse an der Lebensrealität seiner Zeitgenossen. Dabei zeigt er anstelle des Individuums bestimmte Typen. Sein Thema ist der stetige Konflikt zwischen Ideal und Realität. 

Mit Schriftstellern wie Rabelais, Cervantes oder Shakespeare, die zur gleichen Zeit lebten, verbinden Bruegel das Thematisieren des Derb-Volkstümlichen sowie die ungeschönte Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse. Bruegels Zeichnungen zählen weltweit zu den größten Schätzen Graphischer Sammlungen. Die Gründe hierfür werden dem Betrachter des Katalogs sehr rasch bewusst. 

Eva Michel lässt die Leser wissen, dass Pieter Bruegels zeichnerisches Werk sich auf die Jahre 1552-1569 erstreckt und es dabei ebenso überschaubar ist wie sein malerisches Werk von etwas mehr als 40 Gemälden. 60 Handzeichnungen gelten als eigene Arbeiten. Im Unterschied zu Bruegels Gemälden mussten seine Zeichnungen und Druckgraphiken nahezu ohne Farbe auskommen und beschränkten sich nur auf kleine Formate. 

Laura Ritter schreibt in ihrem Beitrag über Formen, Funktionen und Wege künstlerischer Aneignung im graphischen Werk Pieter Bruegels und Daniela Hammer- Tugendhat  über innovative künstlerische Verfahren als Mittel der Zeitkritik. 

Im Katalogteil dann wird man zunächst mit Zeichnungen von Dürer, Lucas van Leyden, Cornelis Massys, Sebald Beham und anderen mehr konfrontiert und kann sich dann mit Werken Pieter Bruegels befassen, um sich schließlich mit Tugenddarstellungen Bruegels und anderer Künstler auseinanderzusetzen. Auch die Todsünden werden visualisiert und mit ihnen der Hochmut, der Neid als auch die Habgier. Diese Darstellungen sind überaus facettenreich und subtil beobachtet.

Albrecht Dürers "Die Melancholie" blickt nach wie vor bekümmert, denn sie weiß, der Mensch schafft es offenbar nicht, die Todsünden abzulegen und sich neu und zwar über Tugenden zu definieren.  

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Pieter Bruegel: Das Zeichnen der Welt

Rezension: Afghanistan –Steve Mc Curry- Taschen

Die Bilder für diesen grandiosen Fotoband mit dem Titel "Afghanistan" hat Steve McCurry realisiert. Er gilt als der bildmächtigste Vertreter zeitgenössischer Fotografie.

William Dalrymple war für das Nachwort zuständig. Zu lesen ist es in englischer, deutscher und französischer Sprache.

Hier erfährt man allgemein Wissenswertes zu Afghanistan, wo sich seit alters her alles gegen eine Staatenbildung verschworen hat. Genannt werden als Gründe: die Geographie, die Topographie und die gebirgige Landschaft des Hindukusch. Hinzu kommen die verschiedenen Stämme und die ethnischen und sprachlichen Gräben. Sie spalten die afghanische Gesellschaft. Blutrache unter den Clans und Stämmen scheint an der Tagesordnung zu sein. Das Ergebnis ist, die Fotos zeigen es, niederschmetternd.

Aufgrund der Kälte im Winter erscheinen die Gesichter der Afghanen ausdruckslos. Aufgeschreckt liest man, dass 80% der Bewohner des Landes Analphabeten sind. Das macht die Menschen dort allerdings nicht weniger selbstbewusst, wie die Bilder offenbaren.

Man erfährt im Nachwort u.a. Wissenswertes über die Mentalität der Menschen in diesem uns fremd erscheinenden Land, die ihre Freiheit lieben und zuverlässig zu ihren Freunden, dabei zudem sehr gastfreundlich sein sollen.

Steve Mc Curry reist seit über dreißig Jahren durch Afghanistan und scheute nie vor dem Grauen und der Tragödie der modernen Kriege in der Region zurück. Seine Bilder sind deshalb teilweise schonungslos und schockierend, gleichwohl bezeugen sie seine Liebe zu diesem rauen Land.

Der Fotoband übermittelt nicht zuletzt ein grandioses Panorama des Landes, zeigt bewaffnete Männer, karge Landschaften, liebenswerte Menschen, die mit Wenigem auskommen, befremdlich erscheinende Gebäude und restlos zerstörte Orte, in denen Menschen unter schwierigsten Verhältnissen leben müssen, zeigt weiter Soldaten im Einsatz, schon kleine Kinder mit Waffen, Brutalität und Angst inmitten verwüsteter Orte, Kriegsinvaliden, unglaublich zerstörte Städte, Feuer und Schutt, Blut, doch irgendwann auch lesende Knaben und ein Mädchen, das ein Buch schützend im Arm hält, selten ein Lachen, oft Einäugige, und plötzlich auf einer Doppelseite einen märchenhaften Palast mit unzähligen Friedenstauben davor. Ein Hoffnungsschimmer.

Frauen, die eine Burka tragen, gehören zum Straßenbild und auch Mädchen, die geschickt Bälle jonglieren, nicht zuletzt, weil sie ihr Gesicht noch öffentlich zeigen und ihre Augen noch der raschen Bewegung der Bälle folgen dürfen.

Steve McCurry hat u.a. eine Frau mit einer gelben Burka aufgenommen. Das Gewand ist sehr kostbar - aufwendige Stickereien und komplizierte Falten, die den Umhang fächerartig gestalten - machen neugierig. Wenn man nicht wüsste, dass Frauen in Afghanistan gezwungen werden, eine solches Kleidungsstück zu tragen, könnte man  die Burka als ästhetisch schön bezeichnen. So allerdings spürt man bloße Verärgerung. Einen solchen Spagat will man nicht machen. Es wäre Verrat.

Männer und Frauen leben in diesem Land, die Bilder verdeutlichen es, in unterschiedlichen Gesellschaften. Für Menschen, die eine virile Zeit heraufbeschwören wollen, ist dieses Buch vielleicht eine letzte Mahnung. Tod und Verwüstung, Unterdrückung von Frauen und Kinder, die das Lachen verlernt haben, sind das Ergebnis, wenn man Männer archaisch viril ihre Machtbestrebungen ausleben lässt. Das ist die Botschaft dieses Buches.

Ein beeindruckendes Buch mit grandiosen Aufnahmen. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Das Buch ist überall im Handel erhältlich
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Rezension: Helmut Newton-Taschen

Dieser Prachtband mit Werken des legendären Fotografen Helmut Newton (1920-2004) ist eine neue Ausgabe des berühmten Fotobuchs "SUMO", das ein Jahrzehnt nach seiner Erstveröffentlichung, von June Newton überarbeitet in einem Format herausgegeben wurde, das es nicht zuletzt auch preislich ermöglicht hat, es einem breiteren Publikum zu offerieren. 

"SUMO" gilt mit seinen 34,5 Kilogramm als das größte, gewichtigste und teuerste Buch des 20. Jahrhunderts und erschien in einer limitierten Auflage von 10 000 signierten und nummerierten Exemplaren. Diese waren bald nach der Veröffentlichung ausverkauft und vervielfachten sich im Wert. Das SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 im Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten wurde bei einer Auktion in Berlin für damals 620 000 DM versteigert. 

Das hier vorliegende Werk ist in einer gut verschließbaren Box enthalten und zwar gemeinsam mit einem Heft, dass das Vorwort der SUMO-Originalausgabe von Helmut Newton aus dem Jahre 1999 enthält, abgedruckt in englischer, deutscher und französischer Sprache und zudem Nachbetrachtungen von June Newton (zehn Jahre danach) wie auch eine Nachbetrachtung von Philippe Garner, ebenfalls dreisprachig abgedruckt. 

Zudem wird in der Box ein eigens für das Buch entworfener Display-Buchständer mitgeliefert. 

Mit großem Vergnügen bin ich in die Bilderwelt Newtons erneut eingetaucht, die ich im Jahre 2000 erstmals bei einem Bekannten in der SUMO-Originalausgabe bewunderte und bin nun wirklich sehr angetan, von der neuen handlicheren Ausgabe. 

Werke von Newton aus unterschiedlichen Jahrzehnten warten auf den Betrachter. Wie Newton in seinem Vorwort schreibt, hatte er schon früh begriffen, dass er im Studio nicht zu seiner besten Form fand, dass seine Fantasie die Realität draußen unter freiem Himmel benötigte. Schon früh war ihm bewusst, dass seine Models einen bestimmten Frauentyp verkörperten. Sein Anliegen war es, verrückte und sexuell aufgeladene Modefotografien zu realisieren. Dabei beschränkte er sich auf zwei Kameras, jede mit drei Objektiven, einen Blitz, den man auf die Kamera stecken konnte und einen Assistenten. 

Seine ersten Aktaufnahmen machte er nicht vor 1980. Modefotos in Schwarz-Weiß oder Farbe aus den 1960er Jahren lassen bereits erkennen, dass er eine  sehr individuelle Sicht auf seine Modelle hatte. Hocherotisch erweist sich jedes Foto als eine Männerfantasie, wie ich amüsiert aber nicht pikiert feststelle. 

Die Kleidung berühmter Modemacher wird zur interessanten Verpackung von Frauen mit ganz großer Ausstrahlung, die wenig selbstbewusste Männer bestimmt äußerst verunsichern. Tollen Fotos aus den 1970er Jahren, die u.a.  Modeaufnahmen für Yves Saint Laurent zeigen und hier bereits mit der Erotik lesbischer Frauen kokettieren, folgen dann erste Aktbilder von Frauen mit noch unrasierten Schamhaaren, die darin erinnern wie sehr sich das Körpergefühl in den letzten Jahrzehnten geändert hat.

Ein schönes Foto von Andy Warhol aus dem Jahre 1974 beeindruckt ebenso wie die folgenden Aktfotos. Irgendwann dann darf man eine sehr interessante Aufnahme von Catherine Deneuve bewundern. Sie war eine besondere Schönheit, ohne Frage. Newton lässt die Betrachter nicht im Ungewissen.

Karl Lagerfeld ist mehrfach zu sehen und man kann Newtons Sichtweise auf Schauspielerinnen wie Romy Schneider, Elisabeth Taylor oder Charlotte Rampling nachvollziehen. Ihm ging es  dabei eindeutig stets um Authentizität.

Dann gibt es da auch noch das Foto von Helmut Berger. Es stammt aus dem Jahre 1984 und wurde in Beverly Hills aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine Aktaufnahme vor einem offenen Kamin. Helmut Berger blickt lässig, dabei aber nicht eitel in den Spiegel. Sein Körper, formvollendet, zeigt ihn als den schönsten Mann des vergangenen Jahrhunderts. 

Eine wunderschöne Porträtaufnahme von Marianne Faithfull aus dem Jahre 1999 lässt erkennen, dass Newton in die Seele seiner Modelle blicken konnte. Seine Aktaufnahmen- es sind sehr, sehr viele- zeigen, dass Helmut Newton ein Faible für Frauen hatte, die nicht androgyn, aber gewiss ein wenig dominant waren. 

Ein Foto von Claudia Schiffer mit Zöpfen im Dirndl ist gleich neben einer Aufnahme von Leni Riefenstahl positioniert. Ich erlaube mir beim Anblick der Doppelseite nichts zu denken und bewundere dann weiter die vielen Aktbilder, die nicht nur Ausdruck des Zeitgeistes sind, sondern auch etwas über die Vorlieben von Helmut Newton aussagen. 

Künstlerisch wertvoll ist jedes Bild. Keines der Werke wirkt bildbearbeitet, sondern stattdessen wahnsinnig authentisch. Fantastisch, nach langer Zeit endlich mal wieder attraktive Aktmodelle zu sehen, die nicht schönheitsoperiert sind!

Alle Fotos beinhalten ein Geheimnis, das es zu entschlüsseln gilt. Eine interessante Aufgabe.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Überall im Handel erhältlich

Rezension: Kandinsky- Prestel

Die Herausgeber dieses vortrefflichen Kunstbandes sind Helmut Friedel und Annegret Hoberg. Neben einer Vielzahl von Werken Wassily Kandinskys erwarten den Leser zunächst eine sehr gut geschriebene Einleitung, insgesamt 7 Essays unterschiedlicher Autoren, die das Werk des Künstlers erhellen, dessen Lebensstationen, das Verzeichnis der abgebildeten Werke, sowie eine ausgewählte Bibliografie und das Register. 

Im Rahmen der "Lebensstationen" werden zahlreiche Fotos aus seinem Leben gezeigt. 

Wassily Kandinsky wurde 1866 in Moskau in eine begüterte Familie hineingeboren. Sein Vater führte ein Teehandelsgeschäft. Seine Mutter stammte aus dem gehobenen Moskauer Bürgertum und seine Großmutter war Baltin. Kandinsky besuchte das humanistische Gymnasium in Odessa und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Statistik  in Moskau und schloss 1893 sein Studium ab, um drei Jahre später in München Malerei zu studieren. Jetzt lebte er mit seiner Frau Anja im Künstlerviertel Schwabing. Zwei Jahre später nahm er erstmals an einer Ausstellung teil und wurde im Jahre 1900 in die Malklasse von Franz v. Stuck aufgenommen. Ein Jahr danach gründete er mit anderen Malern aus der Schwabinger Kunstszene die Ausstellungsvereinigung Phalanx und schon bald berichtete die renommierte Petersburger Zeitschrift über den Künstler. 

1903 dann besuchte Kandinsky die Frühjahrsausstellung der Wiener Secession und unternahm in den Folgejahren viele Reisen mit der Künstlerin Gabrielle Münter durch ganz Europa. Sie gründeten gemeinsam die Neue Künstlervereinigung München, malten und lebten immer wieder in Murnau, wo sie ein Haus kauften. Hier entwickelte er eine neue Malweise. Seine Landschaftsbilder aus jener Zeit werden fauvistisch genannt. Jetzt wurde sein Bildaufbau komplizierter. Die Leuchtkraft der Farben übertönte die Konstruktion der Gegenstände. 

Bereits in seinem Kunststudium hatte Kandinsky den engen Zusammenhang zwischen Musik und Farbe erkannt. Doch es soll an dieser Stelle nicht die gesamte Biografie wiedergegeben werden. Soviel nur: Es ist empfehlenswert die "Lebensspuren" (S. 263- 299) zuerst zu lesen, bevor man sich in die Bilderwelt vertieft. 

Spannend, seinen Weg zur Abstraktion mit zu verfolgen, und seinen Einfluss auf die Entwicklung der Malerei im 20. Jahrhundert kennen zu lernen. Besonders interessant finde ich allerdings seine Beziehung zur zeitgenössischen Musik. Darüber schreibt Annegret Horberg in ihrem Essay "Ich sah alle meine Farben im Geiste". 

Hier liest man dann, dass es Kandinsky bei der Entdeckung der neuartigen Musik von Arnold Schönberg um die Entwicklung von Gesetzmäßigkeiten ging, die sich auf den Bau autonomer Bildgesetze übertragen ließen, um eine mehr oder weniger verbindliche Elementarlehre für die Malerei der Zukunft, die sich von jeder Abbildlichkeit freimache. Kandinsky ging es nicht darum, Musik zu malen oder in Farben auszudrücken, sondern, das sei abermals betont, darum zu zeigen, dass jede Kunst seine Gesetzmäßigkeit habe und dass das strukturelle Prinzip der Musik ein Vorbild der abstrakten Komposition einer Malerei der Zukunft aus selbstständigen Farben und Linien sei. 

Eine sehr schöne, reich bebilderte Monografie, die über alle Schaffensperioden Wassily Kandinskys aufklärt.

Sehr empfehlenswert

 Helga König

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Rezension: CUBA- Elliott Erwitt- teNeues

In diesem grandiosen Bildband, werden Schwarz-Weiß-Aufnahmen gezeigt, die der renommierte Fotograf Elliott Erwitt realisiert hat. Der Fotokünstler wurde am 26.7.1928 in Paris geboren und verbrachte seine Kindheit in Mailand. 1938 ging er mit seiner Familie nach Paris zurück und emigrierte ein Jahr später nach New York.

Bereits als Teenager erwachte sein Interesse für Fotografie. Damals lebte er in Hollywood. 10 Jahre später dann wohnte er erneut in New York und reiste von dort aus nach Frankreich und Italien. Seit 1953 arbeitet er bei Magnum Photos und ist seitdem angesehenes Mitglied der Agentur, in der er mehrmals als ihr Präsident fungierte. Neben seiner Arbeit als Fotograf hat Erwitt auch Filme gedreht und mehrere Bücher veröffentlicht.

Seinen Lebensmittelpunkt hat der Fotograf in New York, allerdings ist er nahezu ununterbrochen auf Reisen. So verbrachte er 1964 eine Woche auf Kuba. Dort war er Gast von Fidel Castro. Im Auftrag von "Newsweek" lichtete er ihn und Che Guevara ab.  So erlebt man eingangs  dann auch den noch jungen Fidel Castro und gewinnt den Eindruck, dass das kubanische Volk ihn tatsächlich geliebt haben musste, wie deren Blicke bekunden. Der Pop-Star von beiden war eindeutig jedoch Che Guevara, ein Mann mit außerordentlichem Charisma.

Man sieht  junge Kubaner aus jener Zeit, die voller Hoffnung sind und anschließend 2015-2016 häufig gealterte Menschen, die zumeist desillusioniert erscheinen und gewinnt den Eindruck, dass es die Leute von damals waren.

Die Tänzer und Fussballspieler, die gezeigt werden, wirken gut gelaunt, aber dennoch irgendwie fahl. Künstler und Kunsthandwerker sind in ihr kreatives Schaffen versunken und scheinen die Morbidität um sie herum, auf diese Weise vergessen zu haben.

Selbst das Strandleben wirkt nicht wirklich heiter und die Häuser sind in einem abgründig desolaten Zustand. 

Die Zeit hat zynisch ihr Werk vollbracht und sich gegen die Revolution entschieden. Kuba schreit nach Farbe, Sanierung und nach Veränderung. Das ist für mich die Botschaft dieses beeindruckenden Buches, das ein Protokoll eines offenbar gescheiterten Versuchs ist.

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Egon Schiele- Sämtliche Gemälde- 1909-1918- Taschen

Dieser reich bebilderte Prachtband mit dem Titel "Egon Schiele- Sämtliche Gemälde- 1909-1918" ist seitens des Tobias G. Natter herausgegeben worden. Er war u.a. an der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien als Chefkurator tätig und arbeitete zudem als Gastkurator an der Tate Liverpool, der neuen Galerie New York, der Hamburger Kunsthalle, der Schirn in Frankfurt am Main und am Jüdischen Museum in Wien. Bevor er 2014 das Unternehmen "Natter Fine Arts" gründete, das sich auf die Schätzung von Kunstwerken und die Entwicklung von Ausstellungen spezialisiert hat, war er u.a. Direkter des Wiener Leopoldmuseums. 

Das Buch enthält neben hervorragenden Abbildungen von Werken Egon Schieles sechs Essays unterschiedlicher Autoren, die dem Leser dazu verhelfen, die Werke des Künstlers besser zu verstehen, des Weiteren seinen Lebenslauf und den umfangreichen, sehr gut erläuterten Katalog der Gemälde. 

Der Lebenslauf, den Tobias G. Natter verfasst hat, beginnt mit einem Zitat Egon Schieles, das dieser auf seinem Totenbett am 31.10. 1918 formuliert hat: "Nach meinem Tode, früher oder später, werden mich die Leute gewiss lobpreisen und meine Kunst bewundern." Schiele musste kein Hellseher  sein, um diesen Satz zu formulieren.

Egon Schiele (1890-1918) war ein österreichischer Maler und Zeichner, der ab 1908 die Wiener Akademie der bildenden Künste besuchte, sie jedoch drei Jahre später wieder verließ. Die 28 Lebensjahre Schieles werden chronologisch aufgeschlüsselt und sehr gut beschrieben, so beispielsweise auch das Jahr 1910. Damals nahm die "Marke Schiele" ihren Anfang. Über diese kann man sich anhand der Werke im Buch ausgiebig informieren. Egon Schiele verstarb übrigens an der Spanischen Grippe im Alter von gerade einmal 28 Jahren. 

Man staunt über das umfangreiche Schaffen in seinen knapp bemessenen Lebensdauer. 350 Ölgemälde und 3000 Zeichnungen und Aquarelle hat Egon Schiele der Nachwelt hinterlassen. Unglaublich.

Im vorliegenden Buch werden 221 Gemälde aus dem letzten Lebensjahrzehnt Schieles gezeigt. In dem 612 Seiten umfassenden Werk gibt es allerdings 578 Abbildungen. Neben den bereits erwähnten Essays hat man Gelegenheit Auszüge aus Schriften und Gedichten zu lesen, die im Kontext zum europäischen Expressionismus stehen. 

Es führt zu weit, die einzelnen Essays verkürzt hier wiederzugeben oder gar all die wunderbaren Bilder beschreiben zu wollen. Es sind teilweise großformatige Bilder, die im Katalogteil alle ausführlich und dabei sehr gut beschrieben werden. 

Nachstehende Essays thematisieren einzelne Schaffensperioden: 

Wunderkind und Rebell- Der frühe Schiele- Christian Bauer 

Die Ästhetik der Verwandlung: Schieles Durchbruch 1910 und 1911- Helena Perena 

Egon Schieles Passion: Geistigkeit und Sexualität 1912-1915, Gemma Blackshaw 

Egon Schiele 1914-1918- Die Kriegsjahre, Jill Loyd 

Des Weiteren erfährt man in einem Essay von Diethard Leopold mehr zu dem Thema  "Das Selbst als Programm"  und von Ursula Storch   schließlich  liest man Wissenswertes zu Text und Sprache bei Egon Schiele. 

Diese Fülle an höchst unterschiedlichen Motiven, Farben, Formen ist bewundernswert. Bewundernswert aber auch sind seine Gedichte. 

Das  Werk  "Egon Schiele- Sämtliche Gemälde- 1909-1918" ist nicht nur informativ, sondern sehr edel und hochwertig. Verpackt in einer gut verschließbaren Box, kann man es als Familienschatz aufbewahren und sich immer wieder daran erfreuen.

Absolut empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Henry Moore- Vision. Creation. Obsession.- Hirmer

Henry Moore (1898-1986) war ein englischer Bildhauer und Zeichner. Im Mittelpunkt des vorliegenden Buches stehen dessen Monumentalskulpturen, die in der Architektur Richard Meiers für das Arp Museum Bahnhof Rolandseck erstmals auch im Innenraum vorgestellt werden. 

Auf drei Ausstellungsetagen und des Weiteren mit drei Monumentalplastiken im Außenraum des Museums wird bis zum 7. Juni 2018 das facettenreiche und weltweit prägende Schaffen des britischen Ausnahmekünstlers vorgestellt. 

Im Wechselspiel mit Gemälden und Skulpturen der Sammlung Rau für UNICEF hat der Betrachter die Möglichkeit Moores Interesse an der Kunst des Mittelalters und der Renaissance wie auch seine Begeisterung für die Malerei des 19. Jahrhunderts kennen zu lernen. 

Über Dr. Dr. Gustav Rau wird man zu Ende des Kunstbandes aufgeklärt, der sich in seinem bewundernswerten Leben für Kinder und für die Kunst engagiert hat. Im Rahmen von fünf Essays kann man sich  alsdann näher mit Henry Moore und dem Künstler Hans Arp befassen. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Künstler beleuchtet, die ihre Werke schon 1936 gemeinsam präsentierten. 

Bei "Lagre Two Forms" handelt es sich um das wohl berühmteste Kunstwerk Henry Moores in Deutschland. Diese Bronzeplastik steht seit 1979 vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt in Bonn. Das Werk besteht aus zwei monumentalen Teilen, die im konkav- konvexen Spannungsspiel aufeinander bezogen sind. Über dieses Werk aber auch über das Monumentale generell bei Henry Moore erfährt man Wissenswertes und hat Gelegenheit, sich mit seinen faszinierenden Werken anhand von Bildern ausgiebig zu befassen. 

Für Moore liegt die wirkliche Größe eines großen Künstlers in seiner Menschlichkeit. Zudem gehört für ihn die Beobachtung der Natur zum Leben eines Künstlers, weil diese sein Formwissen erweitere. Moore hat, wie er sagt, bei seinen Studien von Naturgebilden wie Kieselsteinen, Felsen, Knochen und Bäumen die Form- und Rhythmusprinzipien gefunden. 

Die imposanten Werksdarstellungen im Buch machen Lust darauf, die Ausstellung zu besuchen, um die Plastiken im Original zu bestaunen und eventuell auch die Materialien zu berühren. 

Die sinnliche Wahrnehmung von Kunst gehört zum Menschsein dazu, hat uns alle vielleicht zu dem gemacht, was wir sind.. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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