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Rezension: Harald Wolff- Malerei und Zeichnung- Ausgewählte Arbeiten 1987-2013

Dieses reich bebilderte Werk enthält unzählige Abbildungen von Gemälden und Zeichnungen des Künstlers Harald Wolff. Der gebürtige Berliner studierte an der Hochschule der Künste Berlin, arbeitete anschließend künstlerisch in Florenz und danach in Haifa. 1978 wurde er Meisterschüler von Martin Engelman, bekam 1991 ein Arbeitsstipendium im Kulturzentrum Salzau und hielt sich im Jahre 2000 in Slowenien auf, um dort künstlerisch tätig zu sein. Von 2003- 2013 setzte er dann sein Schaffen in Cevezza in Italien fort. 

Auf den letzten Seiten des Buches kann man  sich einen Eindruck verschaffen, wo dieser Künstler bereits überall seine Werke ausgestellt hat, sei es im Rahmen von Einzelausstellungen oder Ausstellungsbeteiligungen. Die Liste der Ausstellungsorte beeindruckt.

Vor der Bilderschau hat man die Chance, zwei Essays zu Harald Wolff  zu lesen. Der erste Essay stammt von Wolfgang Zemter und trägt den Titel "Annährung an Bildfindungen". Den zweiten Essay hat Peter H. Schiller verfasst. Sein Titel lautet "Harald Wolff". Die Texte sind in deutscher, englischer und französischer Sprache abgedruckt. Hier erfährt man nicht zuletzt, dass Harald Wolff mittels seiner Bilder Geschichten erzählt und seine Szenen und Figuren Momentaufnahmen sind, die sich in Abläufen von Zeit und Raum bewegen. Im Kosmos dieses Künstlers dominiert die Gegenständlichkeit. Sie ist es, die alle anderen Elemente, derer sich der Künstler bedient, in gewisser Weise beherrscht. 

Farbe dienen Wolff als Emotionsträger. Dabei wird unser gesamter unbewusster Erfahrungsschatz abgerufen und aktiviert. Es sind Farbträume, denen man hier fasziniert gegenübersteht und auf die man sich gerne einlässt. Doch da ist noch weitaus mehr, was den Betrachter in den Bann zieht. 

Zunächst werden ausgewählte Arbeiten aus dem Bereich der Malerei gezeigt. Neben den wunderbar harmonisch anmutenden Farbkompositionen und den zumeist lebensbejahenden Motiven, ist es die Bewegung und Geschwindigkeit, welche den Bildern innewohnt und die so unglaublich begeistert. 

Es macht Freude sich diese Werke immer wieder anzusehen. Viele erscheinen wie intensive Huldigungen an das Kommunikative und die Bewegung. Man denkt spontan an den Götterboten Merkur und hat den Eindruck, dieser habe den Künstler subtil beeinflusst. 

Auch die wunderbaren Zeichnungen in der Folge sind voller rascher Bewegung und lassen den Eindruck entstehen, das alles, was man wahrnimmt, miteinander kommuniziert.  Das verleiht diesen Bildern Aktualität. Sie bilden den kommunikativen Zeitgeist ab. 

Wolff ist äußerst kreativ, erfindet seine Bilderwelten, die  seine reiche Fantasie dokumentieren,  stets aufs Neue und doch mit unverkennbarer Handschrift. Dabei kommt der ein oder andere Bildinhalt äußerst humorig daher. Man ist amüsiert und zugleich neugierig. 

Diese niveauvolle Kunstpräsentation macht niemals melancholisch, sondern stimmt nahezu immer vergnügt, fordert  uns als Betrachter intellektuell und fasziniert durch die Farben. Was kann man von einem Gemälde oder einer Zeichnung mehr erwarten?

Hier malt und zeichnet ein Mensch, der die Leichtigkeit des Seins im Herzen spürt und eindeutig frankophil ist. Seine Werke betrachten zu dürfen, vermittelt das Gefühl in einer Welt angekommen zu sein, wo man gerne verweilt und den Moment genießen möchte. Kraftvolle Farben verkünden intensives Leben und Lebendigkeit.

Ein gelungenes und dabei sehr schönes Buch. Ein Fest für die Augen.

Dieser Künstler lebt erkennbar im Einklang mit seinen Werken. Das fasziniert mich ganz besonders.

Sehr empfehlenswert

Helga König

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John Baldessari- The Städel Paintings- Städel- Hirmer

Dieses bildreiche Werk, dessen Texte in deutscher und englischer Sprache zu lesen sind, befasst sich mit neuen Werken des Künstlers John Baldessari. Er ist einer der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Konzeptkunst. 

Mittels seiner Werke zeigt das Städel Museum lebende Kunstgeschichte. In den Bildern für die Ausstellung nutzte der Künstler Bilder des Museums und realisierte Bildcollagen, die unterschiedliche Gemälde des Hauses reflektieren. 

Meisterwerke wie das Paradiesgärtlein und solche von Lucas Cranach Agnolo Bronzino, Adam Elsheimer oder Maria Lassnig werden durch John Baldessari als visuelles Material aufgeladen und mit dialogischem Textmaterial in Beziehung gesetzt. So entsteht ein Gegen- und Miteinander, das alte wie neue Kunst gleichermaßen in ihrem kunsthistorischen aber auch institutionellen Kunstsystem befragt. 

Baldessari entwickelte als einer der bedeutendsten Vertreter der Konzept- und Medienkunst einen unverwechselbaren Bildbegriff zwischen Malerei und Fotografie, zwischen Text und Bild. Für seine Arbeiten verwendet Baldessari häufig "Found Footage", so etwa aus den Quellen der Massenmedien und lässt auf diese Weise konträre Motiv-und Inhaltswelten entstehen. 

Wie Max Hollein, der Direktor des Städel Museums festhält, sind die malerischen Bildbearbeitungen Baldessaris eine weitere Ebene des vielschichtigen Werkes. Dabei komponierte dieser Künstler durch sich verschränkende Materialien und Medien Bildräume, die eine neue komplexe Bedeutung kreieren. 

Martin Engler, der Herausgeber des Katalogs wartet mit einem Essay mit dem Titel "Von der Konzeptkunst und Metaphern Malerei nach dem Ende der Malerei" auf, der allein schon deshalb lesenswert ist, um die Werke des Künstlers besser zu verstehen. 

Hier erfährt man auch, dass Baldessaris Bilder dort interessant werden, wo sie den Zwischenraum – die kreative Leerstelle- zwischen Text und Bild, zwischen Malerei und Fotografie, zwischen Lesen und Sehen fokussieren. 

Für den Künstler ergibt sich dort Bedeutung, wo zwei Dinge zusammen kommen. 

Sich mit den Werken des Konzeptkünstlers zu befassen, ist nach meinem Dafürhalten mehr ein intellektuelles als ein ästhetisches Vergnügen, aber lohnenswert allemal. Hier wird Kunst zum kommunikativen Event.

Empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Arkadien oder Die Abstraktion hat noch nicht begonnen- Markus Lüpertz-Hirmer

.../ ist die Nachtigall vielleicht die letzte Poetin/singt sie doch wunderschön den Abend an-/ ..(175)

Autor dieses poetischen Werkes ist der Maler, Bildhauer und Poet Prof. Markus Lüpertz.

"Arkadien" präsentiert sich hier als ein monumentales, philosophisches Gedicht, das mit Werken des Künstlers illustriert ist.

Was versteht man unter dem Begriff "Arkadien"?

Vor einiger Zeit habe ich einen Bildband des Künstlers Gerhard Almbauer mit dem Titel "Arcadia" rezensiert. Dort erfährt man, dass Arcadia, zu deutsch Arkadien, uns zum Peleponnes nach Hellas zu unserer Wiege der Kultur führt. Der Ort war in der griechischen Geschichte bekannt als Ort der "Glückseligkeit", bzw. zumindest der gesellschaftlichen Freiheit.

Die Abbildungen einzelner Werke von Lüpertz in seinem Buch erinnern an Szenen aus dem fernen Arkadien und der poetische Text lässt uns eintauchen in eine Wortwelt, die uns den Ort der Glückseligkeit verwirrend nahe bringt und dabei irgendwie als Erinnerung in Frage stellt.

Lüpertz schreibt "Jede Wahrnehmung ist nur Erinnern/und Geschichte eines Gestern/oder Geschichten eines Gestern, die schon in der Absicht des Erzählens gewesen und illustrativ-/ erzählt wird das Passierte/ vorgeführt als illustrierte Erinnerung, /aber die Darstellung des Erinnerten ist nicht Kunst, /bestenfalls Berichterstattung/und damit Literatur und unkontrolliert wahr./Diese unkontrollierte Wahrheit aber/führt zu Brüchen und Provokationen,/die das Artistische brauchen/und das Originelle predigen." (39).

Dieser Dichter skizziert Arkadien  in seinem Poem als ein Land, "das auf Katzenpfoten durch die Welt geistert,/ sich durch Kriege windet/ und im Frieden Blumen sät-/ein Land, /in dem die Nacht hell klingt/ und man das Morsen der Sterne lesen kann,/ein Land/ in dem der Tag Schatten spendet,/ einen Schatten zum Verweilen,/ einen Schatten, den nicht das abgedeckte Licht gebiert, sondern ein Geschenk im Licht." (95)

Immer wieder bestaunt man Wortbilder wie "Du zogst eine Spur der Willkür in mein ordentliches Steingebet!/ Verwirrtest meine Schmetterlinge!/Erschrecktest meine Nachtigallen" und fühlt sich Seite um Seite mehr erinnert an Träume, die wir alle immerfort gemeinsam träumen, jeder auf seine Art, irgendwann, irgendwie, irgendwo, "….erinnert der Mensch sich seiner Welt/ist alles/ was wir wahrnehmen/ ein Erinnern.." (171)

Irgendwann dann… Eros, unschön "verklemmt sich das Glied/angesägt vom Reißverschluss/ an der eilig hoch gezogenen Hose", … auch das ist der hektische Mensch, jenseits von Arkadien, der den Turmbau von Babel zu verantworten hat als "spießigsten Versuch die Götter abzuschaffen." (201)

Dann liest man "Über das Freisein" und denkt, aha, der Philosoph von Arkadien! Wie spannend. Was er uns wohl mitzuteilen hat? 

Ein wichtiger Gedanken in diesem griechischen Freiheitspoem lautet: 

"Die nicht motivierte Freiheit schafft zum Beispiel den Respekt ab. Diese Freiheit kennt kein Wertgefühl". (222)

Dem Gedanken stimmt man sofort zu, besonders dann, wenn man Orte uneingebremster Willkür kennt.

Es folgen die  Freiheitslieder von Arkadien im Bewusstsein der Vergänglichkeit: 
"freilich singt die Sonne 
jeden Abend und versinkt 
in Freiheit." (235)

Dieses Werk ist ein poetisches Wortgemälde, das sich mit einem Sehnsuchtsort auseinandersetzt, der sich in den eingebundenen erotischen Zeichnungen widerspiegelt und eines vor allem möchte, den vergessenen Zuhörer packen und zwar dort, wo er  sich gerne verliert: im Erinnern.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

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