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Rezension: Glanz und Elend in der Weimarer Republik- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Glanz und Elend in der Weimarer Republik", die noch bis zum 25. Februar 2018 in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt gezeigt wird. Herausgeberin des Katalogs ist Ingrid Pfeiffer, die auch Autorin von zwei der insgesamt neun Essays ist, die neben den gezeigten Werken im vorliegenden Buch enthalten sind. 

Das Vorwort hat Philipp Demandt verfasst. Er ist Direktor der Schirn Kunsthalle. Es folgen über mehrere Seiten dann Daten zu Politik, Wirtschaft und Kultur von 1918 an bis 1933. Sich diese zu vergegenwärtigen, lässt die Bilder besser verstehen. Die Weimarer Republik spiegelt sich in unterschiedlichsten Ausprägungen in der Kunst der Zeit wider, so Demandt. Dabei beleuchtet die Kunsthalle Frankfurt besagte Periode mittels der kritischen Betrachtungen just jener Künstler, die als Zeitgenossen in ihren realistischen, ironischen, grotesken bis kritisch-analytischen Darstellungen besagte Zeit nicht nur abbilden, sondern darüber hinaus die Zustände auch kommentieren und verändern wollten.

Die Ausstellung betont bewusst die düsteren Elemente der Zeit und legt einen soziologischen Ansatz zu Grunde als Gegengewicht zu den häufig präsentierten "Goldenen Zwanzigern". In der Ausstellung und im Katalog sind Werke von 62 Künstlern (m/w) aus unterschiedlichen deutschen Städten zu bewundern und zwar in thematischen Räumen. Auf diese Weise wird ein Gesamtbild wieder hergestellt, das durch die weitere Deutsche Geschichte zerrissen wurde. Nicht wenige Künstler werden sogar erstmals einem großen Publikum präsentiert. Ungefähr 1/3 der Werke stammt von Künstlerinnen. 

Beigetragen haben zu dieser Ausstellung nahezu 80 öffentliche Museen und Institutionen sowie Privatleihgeber aus dem In-und Ausland. 

Auf den letzten Seiten sind die Künstlerbiografien nachlesbar. Alphabetisch geordnet, beginnt der Reigen mit Max Beckmann und endet mit Richard Ziegler. Die zeilenbegrenzten Künstlerbiographien sind so angelegt, dass man nach der Lektüre stets eine ganz gute Vorstellung von dem jeweiligen Künstler hat.

Ingrid Pfeifer schreibt in ihrem Essay mit dem Titel "Glanz und Elend in der Weimarer Republik- Bilder vom Unbehagen einer Epoche", dass die Konzentration auf gesellschaftliche und politische Inhalte in den künstlerischen Arbeiten die Beobachtung in den Hintergrund  drängen  und dass sich Stile wie der bewegte Expressionismus oder auch der Dadaismus (George Grosz), kühler Realismus (Christian Schad) oder Surrealismus (Anton Räderscheidt) oder gar geometrisch-abstrakte Tendenzen (Alice Lex-Nerlinger) nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen. Die Ausstellung zeigt das Unbehagen der Epoche. Dieses spiegelt sich  wider in dem breiten stilistischen Spektrum aber auch in den Themen und Inhalten. 

Zur Sprache gebracht werden politische Kunst und ihre Ursachen. Der 1. Weltkrieg hatte allein 2 Millionen Tote und 1,5 Millionen Kriegsversehrte zu verkraften. Otto Dix nimmt sich ihrer in seiner Lithografie "Kriegskrüppel" an. Mit den übersteigerten und karikierenden Darstellungen versuchen nicht nur er, sondern zudem zahlreiche andere Künstler, die im Buch benannt werden, aufzurütteln, auch, was soziale Themen anbelangt. Über Künstlerinnen in jenen Tagen und über die Prostitution als wachsendes gesellschaftliches Phänomen versuchen Künstler wie Dix und Grosz durch extrem zugespitzte bis karikierende Darstellungen auf diese Probleme aufmerksam zu machen. Viele andere Facetten jener Zeit werden ebenfalls thematisiert, bevor man sich in die Bilderwelt vertiefen kann, die den Betrachter bewusst werden lassen, wie es zu einem 1933 kommen konnte. 

Über Kunst und Politik in der neuen Sachlichkeit kann man sich ebenso gut informieren wie über die Vergnügungen in der Weimarer Republik und sich die Werke der ausgestellten Künstler zu den Themen anschauen. Bilder über die "Neue Frau" von damals werden auch gezeigt. Dabei war  die Figur der knabenhaften Garconne mit maskulinem Haarschnitt  als ein besonders beliebter Bildtypus unter den visuellen Konstrukten der Neuen Weiblichkeit angesagt.  Über den Paragrafen 218 in jener Zeit liest man und wird mit Bildern von unglücklichen Schwangeren konfrontiert. Zur Sprache gebracht wird zudem die Homosexualität in den 20er Jahren. Auch hier gibt es wieder Bilder und damit nicht genug, wird man über die Kunst und Literatur in der Weimarer Zeit  in Kenntnis gesetzt, auch über die Künstlerinnen und ihre Arbeit für Zeitschriften damals und schließlich über die Chancen und Errungenschaften der fokussierten 15 Jahre. 

Dieses Buch empfehle ich sehr gerne weiter, weil es aufklärt und letztlich einen  nicht hinwegdiskutierbaren Bezug zur Aktualität hat.

Helga König


300 Seiten, 200 Abbildungen
24 x 29 cm, gebunden

ISBN: 978-3-7774-2932-8

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Glanz und Elend in der Weimarer Republik: Von Otto Dix bis Jeanne Mammen

Rezension: #Rubens- Kraft der Verwandlung-Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Rubens- Kraft der Verwandlung", die noch bis zum 21.01.2018 im Kunsthistorisches Museum, Wien und vom 8.2.–21.5.2018 im Städel-Museum in Frankfurt gezeigt wird. 

Das Buch enthält zwei Vorworte, eine Einleitung, zahlreiche Essays unterschiedlicher Autoren, einen Katalogteil und einen Anhang. 

Die Vorworte haben Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien und Philipp Demandt, Direktor des Städel Museums in Frankfurt verfasst. Die Einleitung mit dem Titel "Universelle Kraft der Verwandlung" stammt von Jochen Sander, dem stellvertretenden Direktor des Städel Museums. Er schreibt, dass man Peter Paul Rubens (1577-1640) in seiner Heimat Flandern überall antrifft, aber nicht nur dort, sondern auch in vielen großen Gemäldegalerien in Europa kann man Werke von ihm bewundern. Sein Ruf als "pictor doctus" (Rubens profilierte sich u.a. als Büchersammler) verhalf ihm zu prestigeträchtigen Aufträgen der gesellschaftlichen Eliten. 

Peter Paul Rubens war nicht nur sehr belesen, sondern tauschte sich mit  oft namhaften Gelehrten aus. Es gab gebildete Zirkel, in denen sich auch andere Künstler aufhielten. Dort kam es zu einem regen Austausch zwischen Forscher- und Künstlergeist und zwar zu deren beiderseitigem Nutzen. Primär beschäftigte man sich mit Astronomie. Rubens sammelte zeitlebens Literatur zu diesem Thema. In vielen seiner Werke kommt sein Bücherwissen zur Geltung, auch bei Naturphänomenen wie den Regenbogen, bei menschlichen Körper und zudem im Hinblick auf Botanik und Zoologie. 

Die Kunst von Rubens entsprach dem Zeitgeist und galt als sehr progressiv. Seine Bildgründe sollen zu Seismographen und Experimentierfeldern geworden sein, auf denen sich das zutrug, was die Wissenschaft mit ihren neuen Instrumentarien und Projektionsmöglichkeiten hervorbrachte. 

Im Rahmen von insgesamt 12 Essays unterschiedlicher Autoren erfährt man viel Wissenswertes zu Rubens und seinen Werken. 

Im Katalogteil sind weitere erläuternde Texte eingebunden, welche die umfangreiche Werkschau noch intensiver erhellen. So liest man beispielsweise Näheres zur "Theorie und Praxis der Darstellung des menschlichen Körpers" und hier, dass Rubens den menschlichen Körper geometrisch analysierte. Dabei war für ihn das Rechteck ein Grundelement des männlichen Körpers; wohingegen der weibliche aus Kreisen bestand. 

Über antike Leitbilder wird man aufgeklärt und kann sich in eine Vielzahl von Werken vertiefen, die den Betrachter mit dem barocken Schönheitsideal vertraut machen.

Wissenswertes erfährt man u.a. zu dem Gemälde des Medusenhaupts, von dem eine Detailansicht, aber auch das gesamte Bild zu sehen ist, das einen furchterregenden Eindruck hinterlässt. 

Rubens transformierte bei seiner Bildfindung Vorlagen aus der Antike und der Renaissance. An den Arbeitsweisen und Verwandlungen darf der Leser und Betrachter bei der Lektüre des Buches teilhaben, das Vorfreude für einen Besuch der Ausstellung auslöst.
Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Im Fachhandel erhältlich.

312 Seiten, 304 Abbildungen in Farbe
24 x 28 cm, gebunden

Onlinebestellung bitte hier klicken: Hirmer oder Amazon
Rubens: Kraft der Verwandlung