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Rezension: Fashion Food (Gebundene Ausgabe)

Der subtile Kannibalismus, der im Wort "vernaschen" steckt, wird hier sichtbar.,



Helge Kirchenberger ist ein begnadeter Fotograf, Roland Trettl ein ebenso begnadeter Spitzenkoch. Die beiden jungen Kreativen haben das vorliegende Buch auf den Weg gebracht, das mich als Frau, die gerne Kochbücher studiert und ebenso gerne schöne Fotos betrachtet, voll in seinen Bann gezogen hat.

Wie das außergewöhnliche Buch entstanden ist, kann man auf den letzten Seiten lesen. Dort auch erzählt Helge Kirchberger seine Eindrücke über Roland Trettl und Trettel äußert sich im Gegenzug zu Kirchberger. Die kleinen Texte sind kurzweilig angelegt.

Das Vorwort zu diesem Buch mit leuchtend rotem Schuber hat Vivienne Westwood verfasst. Sie stellt fest, dass Sie die Bilder an Arcimboldo denken lassen, dessen Portraits sich aus einer Fülle von Nahrungsmitteln zusammensetzten. Ich habe vor einiger Zeit einen Kunstband zu Arcimboldo rezensiert und kann Westwoods Assoziation nur bestätigen.

Das Buch enthält Rezepte zu delikaten Speisen, wie gelierte Minestrone, Pasta, Salat von Calamares, Garnelen etc. Die Rezepte sind gut erklärt und problemlos zuzubereiten.

Anstelle der übliche Food-Fotos kann man Modelle bewundern, in deren Haare Zwiebeln, Salat oder Chili eingebunden sind, die Schneckenkronen oder gar eine Hahnkammhalskette am Körper tragen, mit Glykosesirup bestrichen und mit Liebesperlen belegt sind. Schweinenetze spielen eine Rolle, auch Eier. Eines der Modelle trägt eine Mütze aus Eierschalen, nackte Modelle sind mit Ketchup bestrichen und gewissermaßen appetitlich angerichtet. Eine Schöne ist in Schokolade gehüllt, eine andere trägt ein Kleid aus bunten Zuckersteinchen. Die Bilder verdeutlichen, den subtilen Kannibalismus, der im Wort "vernaschen" steckt.

Von künstlerischen Aspekt sind die Bilder erstklassig, über die Methode Lebensmittel zweckzuentfremden kann man gewiss streiten. Ich tue es nicht, sondern lasse die Bilder nur ästhetisch auf mich wirken. Sie sind wirklich einmalig, zum Teil ziemlich abgefahren. Lassen Sie sich überraschen. Ich will nicht zu viel verraten.

Versuchen Sie sich einen Ring aus getrocknetem Nudelteig und Makrelenhaut vorzustellen oder eine Halskette aus Babyauberginen, Calamariköpfen, Physalis und Babykürbis, ein Armband aus getrockneten Spaghetti, oder ein Wickelkleid aus Lachshaut, dann erahnen Sie, was es hier zu sehen gibt. Es sind die sinnlichen Träume eines Kochs, der das Glück hatte, auf einen Fotografen zu treffen, der Träume dieser Art in hinreißende Bilder umzusetzen vermag.

Auf meiner Rezensionsplattform habe ich den Prachtband bewusst der Abteilung Kunst zugeordnet, obschon es ja eigentlich eine Kochbuch ist. Der Schwerpunkt liegt m.E. auf der künstlerischen Ebene, auf den Bildern. Eindeutig.



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