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Rezension: Vincent van Gogh: Zwischen Erde und Himmel. Die Landschaften (Gebundene Ausgabe)

Ich möchte Bündigeres, Einfacheres, Ernsteres, ich möchte mehr Seele, mehr Liebe, mehr Herz." ( van Gogh)


Der niederländische Maler Vincent van Gogh (1853-1890) war Sohn eines Pfarrers, anfänglich Kunsthandlungsgehilfe, dann Laienprediger bei den Grubenarbeitern im belgischen Kohlenrevier Borinage. Er begann in schweren, dunklen Farben das Leben der Bauern und Arbeiter zu schildern, ging 1886 zu seinem Bruder Theo nach Paris, wo er sich der hellen, lichten Malerei der Impressionisten anschloss und vom japanischen Farbholzschnitt Flächigkeit und Umrisslinie übernahm. 1888 siedelte er nach Arles über. Hier entwickelte van Gogh auch seine Technik der Rohrfederzeichung.

Gemeinsam mit Paul Gauguin wollte er eine Künstlerkolonie gründen. Das Zusammenleben endete mit van Goghs Zusammenbruch im Dezember 1888. Nach der Selbstverstümmelung seines Ohres, klinischer Behandlung und wiederholten Anfällen (bisher als Zeichen geistiger Verwirrung gewertet, doch nach neuesten Erkenntnissen wahrscheinlich Folgen einer Erkrankung des Innenohrs) ging van Gogh 1889 in die Heilanstalt von Saint-Remi-de Provence, wo Gemälde von ekstatischer Ausdruckskraft entstanden. 1890 in Auvere sur Oase lebend, bediente sich van Gogh einer ornamentalen, den Jugendstil ankündigenden Gestaltungsweise: Die Formen werden aufgebrochen, ihre Rudimente zugunsten einer absoluten Bildwirkung verselbstständigt.
Van Goghs Werk, von dem vor allem Fauvismus und Expressionismus wichtige Impulse empfingen, ist für die Kunst des 20. Jahrhunderts von grundlegender Bedeutung.

" Vincent van Gogh- Zwischen Erde und Himmel die Landschaften " ist der Katalog zu Ausstellung im Kunstmuseum Basel, die dort zwischen dem 26.4.-27.09.2009 gezeigt wird.
Den im Buch präsentierten Gemälden geht eine erhellende Einführung von Bernhard Mendes Bürgi, Nina Zimmer und Walter Feilchenfeldt mit dem Titel " Zwischen Erde und Himmel- van Goghs Landschaften " und fünf Essays voraus, die nachstehende Titel tragen:
Gottfried Boehm " Auge und Emotion- van Goghs Landschaften "
Walter Feilchenfeldt " Theo van Gogh als Sammler der Landschaftsbilder seines Bruders "
Carel Blotkamp " Ruisdael in der Provence "
Laura Coyal " Poesie der Felder Wälder Vincent van Gogh und die französische Landschaftsmalerei "
Nina Zimmer " Zyklen, Gruppen, Triptchen "

Aus den Texten und den gezeigten Bildern erschließt sich, wie die anfänglich erdigen Farbtöne, so etwa in den Gemälden " Pappelallee im Herbst ", 1884, auch " Bauernhaus mit Frau und Ziege ", 1885 alsbald von einer immer lichteren Malweise abgelöst wurden. Als van Gogh 1886 in Paris eintraf, fand er Kontakt zu avantgardistischen Gruppen. Er begeisterte sich für die Impressionisten, die zu diesem Zeitpunkt allerdings den Höhepunkt der Entwicklung überschritten hatten. Über 200 Gemälde entstanden, Stadtansichten von Paris wie etwa " Blick vom Montmartre ", 1886, " Der 14. Juli in Paris " , 1886, " Seineufer im Frühling " , 1887 ," Angler und Boote am Pont de Clichy " , 1887, auch Frau im Garten, 1887. Während seines Parisaufenthaltes entstand auch das wundervolle Gemälde " Getreidefeld mit Mohnblumen und Rebhuhn ", 1887.

Im Februar 1888 brach van Gogh nach Arles auf. Im Katalog werden u.a. Bilder, die dort zwischen Februar 1888 und Mai 1889 gemalt wurden gezeigt. Sein Haus in Arles strich er gelb an und wollte darin seinen Traum von einer Künstlergemeinschaft verwirklichen. Es entstanden zauberhafte Gemälde, die das Licht des Südens einfingen, so etwa " Blühender Obstgarten von Zypressen umgeben ", 1888, " Allee bei Arles ", 1888, " Drei weiße Hütten in Saint-Maries ", 1888, " Sommerabend ", 1888, auch der in wundervollen Grüntönen gemalte " Garten mit Trauerweide ", 1888. In der Zeit in Arles malte van Gogh wie besessen. Die Gemälde aus jener Zeit begründeten vor allem seinen späteren Ruhm.

Im Mai 1889 wurde der Maler nach St. Rémy überführt, wo ihn zumeist Alpträume am arbeiten hinderten. Dennoch gab es Perioden, in denen er malte. Es entstanden Gemälde mit Landschaften mit Zypressen und Olivenbäumen, Felder mit pflügenden und säenden Bauern. Im Mai 1890 verließ van Gogh die Klosterstadt und begab sich nach Auvers-sur Oise , nördlich von Paris unter die Beobachtung von Dr. Paul Gachet, der selbst malte.

In den beiden letzten Monaten schuf er noch einmal fast 70 Gemälde, so etwa die " Ufer an der Oise in Auvers " , 1890, " Weizenfeld mit Kornblumen ", 1890, auch das " Feld mit Korngaben ", 1890.
Van Goghs autodidaktische Kunst wurzelte in der Empfindungswelt seiner Heimat, die Farbkraft der Palette aber wurde durch die lichterfüllte Landschaft des französischen Südens gefördert. Wie die Gemälde ausdrücken, lernte er in Paris reinere Töne zu gebrauchen und fand zu intensiven Kontrasten, nicht mehr nur grauen Harmonien. Bei seinen Bemühungen um Farbakkorde ging er von den Grundfarben und den sekundären Mischfarben aus. Er stellte Mischfarben stets eine Grundfarbe gegenüber, also Rot-Grün, Orange-Blau, oder Violett-Gelb. Gerade derartige Komplementäkontraste inspirierten van Gogh zu vielen Werken.

In Arles fand er zu seinem eigenen Stil mit breitem, freiem Pinselstrich und reinen, leuchtenden Farben. Seine Technik veränderte sich während seines Arles-Aufenthaltes dahingehend, dass sie nun auf suggestiver Farbwirkung und den dichten, rasch gesetzten, flimmernden Strichen, die bewusst nu einen Teil des Bildgeschehens hervorrufen, beruhen. Van Gogh versuchte das Wesenhafte in seinen Bildern festzuhalten, was beinahe zur Deformierung der Natur führte, wenn Form und Farbe zu intensivem Ausdruck gesteigert wurden. Mit fortschreitender Krankheit malte er zunehmend expressiver, wobei die Farben zunächst die Leuchtkraft verloren. Nur in seinen letzten Bildern erreichte er nochmals die leuchtende Intensität von Arles.

Im Anschluss an die Gemälde kann man sich in eine mehrseitige, van Goghs Leben gut zusammenfassende Kurzbiografie vertiefen und sich im Anschluss der Liste der ausgestellten Werke widmen.


Ein Ausstellungs- Katalog, auf höchsten Niveau.




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