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Rezensionen: Kunst der Moderne 1800-1945 im Städel Museum (Broschiert)

In diesem Kunstband werden 200 bedeutende Werke aus der Sammlung des Städel Museums Frankfurt und hier im Bereich des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vorgestellt und kommentiert.

Im Vorwort erfährt man, dass Goethe dem reichen Kaufmann und Kunstmäzen Johann Friedrich Städel, der eine Generation älter war als er, verbunden gewesen sei. Wie Goethe berichtet, vermachte Städel sein gesamtes Vermögen und seine Kunstsammlung der Öffentlichkeit zur Gründung des Städelschen Kunstinstitutes.

Wie man weiter liest, kamen viele der in der heutigen Sammlung vereinten Werke als Schenkung an das Haus, übrigens auch Tischbeins "Goethe in der römischen Campagna". 1899 dann gründete man den "Städelschen Museums-Verein". Es führt zu weit hier den weiteren Verlauf des Hauses wiederzugeben. Den kann man sehr gut im Buch nachlesen und erfährt dort auch, dass bis heute diese Sammlung des Städelmuseums im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse auf vier Pfeilern beruht: den Werken des Museums-Vereins, denjenigen der Städtischen Galerie als auch den der Stiftung von selbsterworbenen Werken und einigen wenigen Dauerleigaben.

Gemeinsam mit dem Erscheinungsbild des Städel Museums entwickelte die Peter Schmidt Group das Gestaltungskonzept für die Reihe der Sammlungspublikationen.

Im vorliegenden Buch schließlich hat man dann Gelegenheit, sich zunächst mit einem Essay von Felix Krämer zu befassen, das den Titel "Durch Wandel lebend- Die Kunst der Moderne" trägt. Hier erhält man einen guten historischen Überblick, der mit der Reflexion der Neupräsentation der über 200 Jahre gewachsenen Sammlung endet.

In der Folge kann man 11 Essays namhafter Persönlichkeiten zu ausgewählten Bildern lesen. Hierbei handelt es sich um:

Eva Demski- Die verkleidete Frau

Neo Rauch- Meeresungeheuer und die Schaumgeburten

Wilhelm Genzanino- Das Schönste am Fluss sind seine Ränder

Martin Mosebach- Stillleben mit Jagdaufseher

Roger Willemsen- Das Kind mit dem Knacks

Ulla Hahn - Die Sehnsucht wachhalten

Wolf Singer- Der Körper in der Kunst

Durs Grünbein- Der singt, ist nicht immer glücklich

Katharina Hacker- Die Größe der Katze

Peter André Alt- Fantasie der Sterblichkeit

Mathias Döpfner- Don`t play the saxophone. Let it play you.

Zudem hat man die Chance, sich in eine Interview mit Helmut Schmidt zu vertiefen, dass den Titel "Geniale Einfachheit: Gespräch über seine Liebe zum Expressionismus" trägt.

Den Essays und dem Interview sind Kurzinformationen über die Autoren beigegeben. Da ich gestern im Städel den Vortrag Roger Willemsens über "Bewusstsein und Patina" hörte, möchte ich kurz zu seinem Essay etwas sagen, in dem er sich zu den Fotos von Lewis Carroll äußert und hier auch zu "Alexandra "Xie" Kitchen als chinesischer Tea-Merchant (on Duty)" 1873, etwas schreibt, und festhält, dass die Fotos von Carroll zu einem Zeitpunkt einfrieren, der noch nicht von der Nemesis ereilt sei, aber dennoch blühten diese Mädchenbilder nicht. Willemsen fragt: "Schauen diese Kinder nicht aus den Bildern wie Wissende? Wie Opfer gar? War Carroll bedenklich, Angst einflößend, wie man aus dem Ernst der Mimik schließen wollte? Wohl kaum. Die Belichtungszeiten der Fotos lagen zwischen 45 Sekunden im Sommer und eineinhalb Minuten im Winter. Solange steht kein Lächeln, nicht einmal im Frühling des Lebens," (Zitat: S. 35).

Mit großer Begeisterung habe ich das Interview, das man seitens des Städel Museums mit dem Altbundeskanzler Helmut Schmidt führte, gelesen. Ich wusste bislang nicht welch großer Kunstfreund Helmut Schmidt ist. Er liebt die "geniale Einfachheit Noldes", das kann ich sehr gut nachvollziehen.

Im Anschluss an die Essays lernt man dann die eingangs erwähnten 200 Gemälde visuell kennen. Eingebunden sind in die Präsentation aufschlussreiche Essays: Die Sehnsucht nach dem Süden, d. h. die Malerei am Beginn der Moderne, der Realismus und Idealismus als Spielarten der Moderne, die Malerei des Impressionismus, vom Symbolismus zum Surrealismus, die Künstlergruppe Brücke, die Kunst Max Beckmanns und der Aufbruch zur Avantgarde.

Da ich im Laufe meines bisherigen Lebens schon unzählige Male im Städel-Museum war, weil es direkt vor meine Haustür liegt, kenne ich viele der Bilder sehr genau, darunter Max Liebermann "Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus", ein frühes Schlüsselwerk des Malers, das ich des Motivs und der Aussage wegen sehr schätze.

Feiningers "Dorfteich von Gelmroda" gehört zu meinen Lieblingsbildern, natürlich auch Tischbeins "Goethe in der römischen Campagna"(allerdings nur aufgrund der Darstellung von Goethe, dem meine ganz große Bewunderung gilt). Renoirs "Nach dem Mittagessen" wird sehr schön beschrieben, das gilt auch für Degas "Die Orchestermusiker" und das bezaubernde Gemälde Renoirs mit dem Titel "Lesendes Mädchen". Eine Kopie davon hängt übrigens in Renoirs Villa in Südfrankfreich. Eine Tatsache, die mich nachdenklich stimmte, als ich sie dort sah und die mir klar machte, dass wirkliche Kunst immer allen gehört und insofern nach dem Prozess des Schaffens ihren Weg zu einem der großen Museen gehen muss. Es ist ihre Bestimmung.
Dieser Katalo

g ist ein wirklicher Genuss. Ich werde am Sonntag erneut das Städel Museum besuchen, um mich wie so oft an tristen Herbst- oder Wintersonntagen vor das 68x 200 cm große Gemälde von Charles Francois Daubigny mit dem Titel "Französischer Obstgarten zur Erntezeit" zu setzen, das das Städel Museum bereits 1909 erworben hat, um mich in diesen Garten hinzuträumen, der in meiner Fantasie in St. Paul de Vence gelegen ist, dem schönsten Ort, den ich kenne. Es ist übrigens der Ort, wo Chagall seine letzte Ruhe gefunden hat.
Empfehlenswert.

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