Edward van Voolen stellt in diesem Buch 50 jüdische Künstler aus den letzten 200 Jahren vor. Zunächst allerdings erläutert er sehr aufschlussreich, was man unter dem Begriff "Judentum" zu verstehen hat. Wissen muss man, dass es in der zeitgenössischen Kunst keinen typisch jüdischen Kunststil gibt, sondern dass jüdische Künstler in allen möglichen Kunstbewegungen der modernen pluralistischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spielen, wissen sollte man auch, das im heute erneut aufkommenden Nationalismus und Fundamentalismus prophetische Träume von Frieden und Gerechtigkeit für einige namhafte jüdische Künstler in ihren Bildaussagen von Bedeutung sind, (vgl.: S.14).
Man lernt jeweils ausgewählte Werke der einzelnen Künstler anhand von farbigen Abbildungen kennen. Die Bilder werden textlich sehr gut erklärt. Des Weiteren erfährt man im Rahmen von Kurzbiographien Näheres über die einzelnen Künstler.
Bei den Künstlern handelt es sich um: Moritz Daniel Oppenheim, Solomom Alexander Hart, Jozef Israels, Camille Pissarro, Max Liebermann, Isidor Kaufmann, Maurycy Gottlieb, Lesser Ury, Samuel Hirszenberg, Arnold Schönberg, Otto Freundlich, Maurycy Minkowski, Amedeo Modigliani, Marc Chagall, El Lissitzky, Ossip Zadkine, Man Ray, Jacques Lipchitz, Reuven Rubin, Chaim Soutine, Jankel Adler, Mordecai Ardon, Issachat Ryback, Ben Shan, Louise Nevelson, Mark Rothko, Felix Nussbaum, Barnett Newman, Lee Krasner, Morris Louis, Charlotte Salamon, Larry Rivers, Nancy Spero, Sol Lewitt, Dani Karavan, R. B.Kitaj, Menashe Kadishman, Zelig Segal, Ilja Kabakow, Jim Dine, Eva Hesse, Moshe Gershuni, Richard Serra, Micha Ullmann, Jonathan Borofsky, Grisha Bruskin, Michal Naaman, Anish Kapoor, William Kentridge und Sigalit Landau.
In wenigen Sätzen wird jeweils zu Beginn der Künstlerporträts versucht, die Geisteshaltung des fokussierten Künstlers auf den Punkt zu bringen. So liest man bei dem von mir hochgeschätzten Max Liebermann(1849-1935) einen Ausspruch, den er 1933 machte als die Nazis durchs Brandenburger Tor marschierten: "Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte."
Über den polnischen Künstler Samuel Hirszenberg (1865-1905) liest man, dass er für seine Darstellungen jüdischen Leides bekannt sei und er durch seine Bilder versuchte jüdisches Selbstbewusstsein zu wecken.
Dass Amedeo Modigliani (1884-1920) Jude war, war mir bislang nicht bekannt, wohl aber, dass er einer der bekanntesten Künstler des frühen 20. Jahrhunderts war und wie jüngst an anderer Stelle ebenfalls gelesen, in Montmartre und Montparnasse Künstler aus aller Welt, darunter auch mehrere Juden kennenlernte. Berühmt wurde er übrigens wegen seiner Gemälde und Skulpturen sinnlicher, verführerischer Frauen, deren mutmaßliche jüdische Erotik, ebenso zum jüdischen Selbstbewusstsein, wie auch zur Pariser Moderne passte, (vgl.: S. 53).
Einer meiner Lieblingsmaler, Marc Chagall (1887-1985), wird sehr gut porträtiert. Man erfährt nicht zuletzt auch, dass Chagalls Werk die menschliche Liebe und das jüdische Leben in den "Schtetln" feiert. Bei ihm verbinden lebhafte Farben und abstrakte Formen mit Motiven aus der traditionellen Volkskunst Osteuropas die künstlerischen Höhepunkte seines umfangreichen Oeuvres, (vgl.: S. 57).
Es führt zu weit alle Künstler im Rahmen der Rezension hier kurz zu streifen. Die Werke des in Ausschwitz ermordeten Felix Nussbaum (1904-1998) werde ich demnächst im Rahmen einer Rezension näher beleuchten, denn ich habe bei den Notizen zur weiterführenden Literatur, die jedem einzelnen Porträt beigefügt worden sind, gesehen, dass es einen Ausstellungskatalog zu seinen Werken gibt. Seine Werke spiegeln seine persönlichen Erfahrungen von Exil und Flucht, Ausschluss und Einsamkeit, Tod und Zerstörung wieder, (vgl.:93). Er soll wie kaum ein anderer die Vorahnung des Grauens ausdrucksstark dargestellt haben.
Die Marginalisierung und Verfolgung des jüdischen Volkes und schließlich die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis spiegeln sich natürlich in den Bildern jüdischer Maler bis ins Heute wieder, in den Farben und in den Formen, in dargestellter Ohnmacht, Melancholie und Depression. Nur bei Chagall ist alles anders. Er lässt seine Menschen tanzen und sich in die Lüfte steigen, lässt sie schweben und fliegen. Er feiert der Realität zum Trotz auf seinen Bildern die menschliche Liebe und war in meinen Augen nicht nur ein begnadeter Maler, sondern auch ein unglaublicher Hoffnungsträger.
Empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen