Dieser Prachtband mit edlem Silberschnitt von Norbert Wolf befasst sich vielschichtig mit den kunstwissenschaftlichen Bedingungen und den geistesgeschichtlichen und kulturpolitischen Voraussetzungen des Art déco.
Das reich bebilderte Werk ist in acht große Abschnitte untergliedert. Um einen ersten Überblick zu bieten, nenne ich diese zunächst in der Folge:
Die geschönte Moderne?
Die 1920er und 1930er Jahre-Politik und Kultur
Art déco- Die Anfänge
Künstlerische Parallelwelten
Art déco Stationen des Erfolgs
Malerei und Skulptur des Art déco
Kategorien des Art déco
Gleich zu Beginn wird ein Plakat gezeigt, das in den 1930er Jahren für Aufsehen sorgte. Es handelt sich hierbei um Adlphe Jean-Marie Mourons (Künstlername Cassandre) "Normandie". Der dargestellte Koloss , der ganze Stolz der französischen Passagierschifffahrt, ist ein Ausdruck des damaligen "French Style" der gehobenen Kreise. Dort feierte das Luxusgewerbe gerade Triumphe.
Man lernt die Ikonen des Art déco kennen und hier auch die mondänen Damen, die in noblen Interieurs "flanierten, dinierten und flirteten". Sie wirkten wie Luxusgeschöpfe aus Hochglanzjournalen, modisch und ästhetisch, aber unantastbar.
Deutlich wird in diesem Werk, dass man der Morphologie des Art déco nur dann gerecht werden kann, wenn die Haltung zum Dekorativen nicht nur auf den Hang zu sekundären Accessoires beschränkt bleibt, sondern als fundamentale Haltung begriffen wird. Nicht unerwähnt bleibt, dass die gesellschaftliche Einbettung des Art déco in hohem Maße diskussionswürdig ist. Die Gründe hierfür werden im Buch gut erörtert.
Sehr spannend zu lesen sind die politischen Hintergründe und es wundert nicht, dass in diesem Zusammenhang auch "Die sieben Todsünden" von Otto Dix gezeigt werden. Dass in Deutschland zu jener Zeit das international renommierte Bauhaus schließen musste und Professoren als auch Studenten emigrierten, zeigt, dass in den banausischen Kunstvorstellungen der Nazís für Ästhetik kein Platz war.
Viel historisches Hintergrundwissen wird geboten, auch zur Tänzerin Anita Berber, die von Otto Dix auf der Leinwand festgehalten wurde. Die Faszination der Technik in jener Zeit ist ein Thema, die sich auch in Bilder niederschlug, so etwa in Carl Grossbergs "Der gelbe Kessel" oder auch in A.M. Cassandres "Pathé" und in Rudolf Dischingers "Grammophon".
Über Lifestyle und die neue Frau in jenen Tagen liest man Wissenswertes und hat Gelegenheit einen Eindruck von deren Outfit zu gewinnen. Greta Garbo, die man auf einem Foto bewundern kann, ist nach meiner Ansicht eine würdige Vertreterin des Art déco. Die Anfänge des Art Deco muss man in Paris suchen. Dort wuchs das Phänomen, das heute Art déco heißt, aus der Anpassung heimischer und auswärtiger Impulse. Man liest von großen Ausstellungen in den 1920er und 1930er Jahren und wird mit einer Fülle von Bildern konfrontiert, auch von Jea Théodore Dupas, die dem Betrachter all das, was man in den Texten liest, visuell nahe bringen.
Jugendstil, wie ich ihn aus Darmstadt kenne, wird gezeigt und thematisiert und zwar als Vorläufer des Art déco und auch ein Werk von George Braque "Violine und Krug", ebenfalls ein Vorläufer des Art déco. Eingebettet in ein Koordinatensystem teils antithetischer, teils affiner Strömungen wird die Frage erörtert inwiefern sich die einzelnen Richtungen der Gegenständlichkeit oder der rigiden Abstraktion verpflichtet fühlen.
Unmöglich auf alle Facetten im Buch einzugehen und sich auf die vielen Bilder zu beziehen, die hier gezeigt werden. Ich staune über die vielen Kunstwerke von Otto Dix, die im Zusammenhang mit künstlerischen Parallelwelten zur Sprache kommen. Dem amerikanische Präzisionismus gibt auch Lyonel Feiniger die Ehre und man lernt den "Style 25" näher kennen, der textlich sehr gut erläutert und durch eine Bilderfülle dargestellt wird. Mode und Schmuck werden nicht vergessen, um dann die Amerikanisierung des Art déco zu beleuchten, auch hier gibt es wieder viele Bilderbeispiele. Gezeigt wird nicht zuletzt die Spitze des Chrysler Buildings in New York. Einen Eindruck auch erhält man von Art déco weltweit. Dazu gehört die Christus Statue in Rio und ein traumhaftes Patio im Hotel "La Mamouia" in Marrakesch.
Wundervoll sind die Bilder und Skulpturen des Art déco, die zum Schluss gezeigt und auch erörtert werden. Sie sind nach Malern untergliedert. Dazu zählt Tamara de Lempicka und hier ihr Autoportät "Tamara im grünen Bugatti"
Zum Schluss werden die einzelnen Kategorien des Art déco sowie das Nachleben zur Sprache gebracht und man fühlt sich ein wenig berauscht von der Schönheit der Formen. Einfach wundervoll.
Ein Highlight in
diesem Bücherherbst.
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