"Renoir Landschaften 1865-1883" ist der Katalog zu der gleichnamigen Ausstellung, die man 2007 in "The National Gallery" in London, anschließend in Ottawa und schließlich in Philadelphia besuchen konnte. Den abgelichteten Gemälden, die alle sehr gut beschrieben werden, gehen Aufsätze von John House, Simon Kelly, Christoffer Riopelle und Colin B. Bailey voraus. Thematisiert wird Renoirs öffentliche Wahrnehmung als Landschaftsmaler, der Aufstieg der französischen Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert generell, Renoir und die Stadt und Renoirs Landschaften 1862-1883 unter dem Gesichtspunkt Helligkeit, Farbigkeit und Harmonie.
Der französische Maler und Bildhauer Pierre-Auguste Renoir (1841- 1919) ist einer der bedeutendsten Maler des Impressionismus. Er weitete die Ästhetik und Technik über die Landschaftsmalerei hinaus auf Stillleben, Porträt und den weiblichen Akt aus. Renoir war der Maler der Lebensfreude, der Sinnlichkeit und des unbeschwerten Seins. Seine Bilderwelt entsprang einem tief empfundenen humanistischen Ideal.
Im Sommer 1862 arbeitete der Künstler erstmals im Wald von Fontainebleau, wo er die Bekanntschaft von Narcisse -Virgile Diaz de la Pena machte, einem Maler aus der Schule von Barbizon. Dessen realistisches Naturbild, die Auseinandersetzung mit atmosphärischen Veränderungen in der Natur und das Malen im Freien waren für Renoir wie die anderen Impressionisten von entscheidender Bedeutung. Unter dem Einfluss von Diaz wurden Renoirs Farben lebhafter. Im April 1862 war Renoir in die École des Beaux -Arts eingetreten. Dort legte er im April 1864 Examen ab. In der Gruppe seiner Freunde war Renoir der am wenigsten dogmatische. Er liebte das Malen und die Farben.
Im Wald von Fontainebleau entstanden seit 1865-66 einige Landschaften in der Spachteltechnik Courbets. Er malte mit Sisley in Marlotte im Wald von Fontainebleau und später in Chailly. In diese Zeit fallen einige seiner bedeutendsten Werke. Im Sommer 1869 wohnte es mit Lise Tréhot, seinem Lieblingsmodell, in Ville-d `Avray bei seinen Eltern. Mit dem ganz in der Nähe lebenden Maler Monet besuchte er häufig das Restaurant "La Grenouillère". So entstanden eine Reihe lichtdurchfluteter Gemälde wie das berühmte Gemälde "La Grenoullère". In diesem Gesellschaftsbild mit badenden, rudernden und promenierenden Gestalten hielt er die flimmernde Atmosphäre und das Glitzern des bewegten Wassers, mit flüchtigen Strichen, Kommas und Punkten fest.
Im Krieg Frankreichs gegen Preußen war Renoir 1870 eingezogen. Nach schwerer Ruhrerkrankung kehrte er 1871 nach Paris zurück. Jetzt malte er eine Reihe Boulevardbilder, die denen Pissarros und Monets ähnlich sind.
Mit Sisley malte er 1872 blühende Bäume. Im Sommer 1873 und 1874 besuchte er Monet in Argenteuil, wo sie nach den gleichen Motiven malten. Gegenüber "La Grenouillére" waren seine punkt- und kommaähnlichen Pinselstriche kleiner geworden, um das Vibrieren der Luft und der durchsonnten Atmosphäre besser wiedergeben zu können. Sehr bemerkenswert sind die Bilder, die 1874 entstanden, wie etwa "Frau mit Sonnenschirm und Kind", aber auch "Geheimnisse".
Zu den Meisterwerken der impressionistischen Periode zählen u.a. die 1875 entstanden Werke "Frühstück am Flussufer", aber auch die "Frühlingslandschaft". Ein reich bewegtes, in flimmernden, warmen Farben festgehaltenes Bild ist "Das Boot". Bezaubernd sind seine Gartenbilder, wie etwa der "Garten in der Rue Cortot, Montmartre", 1876. Unmöglich ist es im Rahmen einer Rezension, auf alle gezeigten Gemälde näher einzugehen. Faszinierend ist "Seestück. Frau an der Meeresküste", 1879-80. Dieses Gemälde ist eine noch reduziertere Impression, ein weiterer Schritt in Richtung Vereinfachung, die Renoir in jener Zeit der Landschaftsmalerei anstrebte , aber nicht allzu lange verfolgte. In den letzten Jahren seiner Zugehörigkeit zur Impressionistengruppe malte er die wundervollen Bilder "Am Flussufer", 1879-80 und "Ruderer bei Chatou", 1880-81.
1881 besuchte Renoir Algerien, heiratete Alice Charigot und trat eine für ihn bedeutsame Italienreise an. Es entstanden Gemälde, wie etwa das "Arabische Fest", 1881. Dieses Gemälde wirkt aus einiger Entfernung betrachtet fast kraftstrotzend und energisch in der Darstellung.
Das Gemälde "Der Jardin d`Essai, Algier", 1881 wurde übrigens verpackt nach Paris gesandt. Der Betrachter erlebt die sinnliche Welt, die Renoir offenbar in Algerien erspürte, auf dem Bild in die bleibende Substanz des Farbstoffs verwandelt. Die Gemälde, die in Venedig entstanden, auch jenes, das den Golf von Neapel zeigt, lässt die Liebe Renoirs für Italien nachvollziehen.
Eines der im Katalog fast ganz zum Schluss angeführten Gemälde ist die "Landschaft bei Menton", 1883. Diese Komposition besteht aus einem Strudel visueller Wahrnehmungen, die unter Zuhilfenahme der Malerei sowohl unmittelbar geschildert als auch angedeutet werden. Die Lichtspiele auf dem Laub stellen eine stilistische Weiterentwicklung dar, die die impressionistische Technik überwinden und auf eine dekorative Malerei verweisen, die von der Avantgarde der 1890er Jahre in Frankreich neu belebt wurde.
Erwähnenswert ist übrigens noch die umfangreiche Zeittafel und die beachtliche Bibliographie auf den letzten Seiten des Buches.
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