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Rezension: Im weissen Tanz der Wellen

In diesem sehr schönen Buch werden Aquarelle des Künstlers Oskar Koller sowie Gedichte und Prosatexte bedeutender Lyriker und Schriftsteller aus unterschiedlichen Epochen vorgestellt.

Der Maler Oskar Koller (1925-2004) studierte einst an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Dort war er später auch als Gastprofessor tätig. Kollers Werk wurde vielfach ausgezeichnet.

Herausgeber des vorliegenden Buches ist Ulrich Mattejiet. Im Vorwort hält er fest, dass es Oskar Koller geglückt ist, in seinen Bildern vom Meer zu einem ganz persönlichen Ausdruck zu finden und einen Malstil zu entwickeln, der Elemente des Abstrakten wie des Gegenständlichen zu einer überzeugenden Einheit zusammenführt. Auf diese Weise ist es dem Künstler gelungen, eindrucksvolle Bilder von transparenter Farbigkeit und großer atmosphärischer Dichte zu schaffen.


Im vorliegenden Buch werden Kollers Meerinpressionen von Gedichten und Prostexten begleitet, die sich mit Wasser und Gewässern unterschiedlicher Art befassen. Kollers abstrakte Bilder in diversen Blautönen sprechen mich sehr an, auch die meisten Texte haben mir gefallen.


Zu Beginn kann man u.a. einen Auszug aus dem "Gilgamesch-Epos" und einen weiteren aus dem "Alten Testament" (Die Sintflut) lesen, Homers "12. Gesang" aus der Odysee und Alexander von Humboldts bemerkenswerter Text "An den Gestaden des Orinoco" wurden auch nicht vergessen.


Zwei Prosatexte von Heinrich Heine habe ich mit großer Neugierde verschlungen: "Norderney" (1826. Geschrieben auf der Insel Norderney) und "Ich liebe das Meer wie meine Seele". Beide Texte kannte ich bislang nicht. Besonders der zweite Beitrag offenbart die große Phantasie des Dichters.


Gefallen haben mir auch ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht "Sindbad der Seefahrer- in einer Stadt mit unheimlichen Bräuchen" und die schönen Gedichte von Goethe "Gesang der Geister über den Wasser", von Höldern "Andenken", von Storm "Die Stadt", von Morgenstern "Portofino", von Rilke "Lied vom Meer", von Heine "Die Nacht am Strande" und Tucholskys "Der Priem", auch "Die Weihnachtsfeier des Seemanns Kuttel Daddeldu" und andere Verse mehr. Lobenswert, dass man die Volksballade "Störtebecker und Gödeke Michael" auch abgedruckt hat, denn was wären die Meere ohne Piraten?

Am meisten hat mir ein kleines Gedicht von Ingeborg Bachmann zugesagt, das gedanklich mit vielen von Kollers Aquarellen korrespondiert.


Nach dieser Sintflut


Nach dieser Sintflut
möchte ich die Taube
und nichts als die Taube
noch einmal gerettet sehn.


Ich ginge ja unter in diesem Meer!
flöge sie nicht aus,
brächte sie nicht
in letzter Stunde das Blatt.


Durch die Gedichte und Prosatexte beginnen sich die Aquarelle mit Leben zu füllen und man glaubt, die Nixe Binsefuß und die schöne Agnete in Kollers Impressionen im satten Blau schwimmen zu sehen.


Ein gelungenes Buch, das viel Freude bereitet.


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