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Rezension: Schöne Frauen- Karin Sagner

Dr. Karin Sagner ist die Autorin dieses reich bebildert Buches, das die gepflegte Frau in der Kunst breitgefächert thematisiert.

In ihrem Vorwort schreibt die Autorin inwiefern der Schönheitsbegriff dem Wandel der Zeit unterworfen ist und beginnt ihr Buch mit zwei Zitaten. Eines der beiden Zitate möchte ich hier wiedergeben, weil ich finde, dass es sehr zum Nachdenken anregt: "Eines Tages trafen sich die Schönheit und die Hässlichkeit am Ufer eines Meeres. Und sie sagten zueinander: Lass uns im Meer baden! Dann entkleideten sie sich und tauchten in die Fluten. Und nach einer Weile kam die Hässlichkeit wieder ans Ufer, legte die Kleider der Schönheit an und ging ihres Weges. Und auch die Schönheit stieg aus dem Wasser, doch sie fand ihr Gewand nicht, und da sie sich scheute nackt zu gehen, legte sie die Kleider der Hässlichkeit an. Und die Schönheit ging ihres Weges. Und bis zum heutigen Tag verwechseln die Menschen die eine mit der anderen. Doch manche gibt`s, die das Angesicht der Schönheit geschaut haben, und die erkennen sie ungeachtet ihres Gewandes. Und manche gibt`s, die das Antlitz der Hässlichkeit kennen, und das Tuch verbirgt sie nicht vor ihren Augen." Zitat: Khalil Gibran: "Der Wanderer", 1923.

Frauen können einen wundervollen Körper haben, schön sind sie nur dann, wenn ihre Augen leuchten und sofern Sanftmut und Güte aus ihnen spricht. Attraktiv und erotisch sind viele, schön nur wenige. Eine der schönsten Frauen in vorliegenden Buch ist m.E. Helene Sedlmeyer, doch dazu später mehr.

Welche Frauen sind schön und wer entscheidet darüber, fragt die Autorin zu Beginn ihres Buches. Philosophen, Ästheten und Künstler haben in allen Jahrhunderten versucht, das Phänomen "Schönheit" objektiv und universell zu beschreiben. Doch Schönheit liegt, wie der Philosoph Hume bereits sagte, im Auge des Betrachters.

Der makellos schöne Körper ist seit Ewigkeiten ein Thema. Bereits von 2500 Jahren begann die Vermessung des Körpers und es waren nicht zuletzt die antiken Bildhauer und Architekten, die in ihren Thesen und Kunstwerken den ideal schönen Körper beschrieben haben. In den verschiedenen Jahrhunderten verstanden die Menschen unter einem schönen Gesicht und einem Körper immer etwas anderes. Im 20. Jahrhundert schließlich setzte sich durch die neue Beweglichkeit der Frau das moderne Schlankheitsbild durch. Frauen, die schön sein möchten, müssen sich pflegen. Das war in allen Jahrhunderten so. Haarkult, Kosmetik und Badekultur spielten immer eine Rolle, wie man den Gemäldedarstellungen entnehmen kann.

Das Buch enthält sehr viele Darstellungen von Gemälden, wie etwa : Lucas Cranach "Eva", Francois Boucher "Ruhendes Mädchen", Franz von Stuck "Phyrne", Joseph Karl Stieler "Helene Sedlmeyer", Dante Gabriel Rossetti "Lady Lilith", Francois Pascal Simon Gérard "Madame Récamier", El Greco "Die Dame mit dem Pelz", James Brereton "Frau beim Strümpfeanziehen" und andere mehr.

Neben fünf Essays mit den Titeln
- Die Vermessung der Schönheit (Proportion, Ideal und Realität. Von antiken Formeln zu modernen Mythen)
- Dunkle, blonde und rote Schönheiten (Frisuren und Perücken.Von der Turmfrisur zum Bubikopf )
- Für alle Sinne (Puder, Schminke, Düfte. Von alten und neuen Schönheitsrezepten)
- Mode als Leidenschaft (Kleider und Schmuck. Von Samt und Seide, Pelz und Perlen)
- Körperlichkeit und Reinheit (Die Entdeckung des Wassers. Von der Abstinenz zum Lebenselixier)
enthält das Buch tiefgründige Bildinterpretationen, die sich mit der idealen Venus, dem Busen der Helene Rubens, dem erotischen Spiel, der eingeschnürten Taille, der kurvenreichen Diva, mit Charakter und Seele, mit raffinierten Locken, Perückenkünsten, dem Kult ums Haar, der Pariser Freiheit, den Bubiköpfen, den göttlichen Augen, der ewigen Jugend, der alterlosen Schönheit, mit Lingerie und Seidenstrümpfen, dem Schönheitsbad und anderen wichtigen Aspekten der schönen Frauen befassen.

Mir gefällt, das man bei einem der Essays auf Ovid Bezug nimmt, für den das Schminken eine Kunst war, die dazu dienen sollte, die Vorzüge einer Frau zu betonen und die Schönheitsmängel gnädig zu verdecken, (vgl.: S. 68). So dachte Ovid im Jahre 1 vor Christus und so denken viele Frauen noch heute, übrigens auch ich. Die Autorin berichtet über den Inhalt römischer Schminkköfferchen, zu denen auch Klingen zur Enthaarung des Körpers zählten. Lippenstift und Puder kannten die Römerinnen bereits. Helle Haut galt als Schönheitsideal. Erst als Coco Chanel fast 2000 Jahre später die natürlich gebräunte Haut propagierte, ging das Zeitalter der hellen Haut zu Ende, (vgl.: S. 68-68) und damit begann der Hautkrebs für viele Sonnenanbeterinnen.

Es ist mir unmöglich an dieser Stelle alle Bilder zu thematisieren, natürlich begeistert mich Bouchers "Ruhendes Mädchen", das ich in der Alten Pinakothek in München schon im Original gesehen habe. Die abgebildete Frau ist hocherotisch, obschon sie dem heutigen Schönheitsideal nicht ganz entspricht. Das Mädchen soll dem französischen König durch Casanova als Mätresse zugeführt worden sein.

Ein Gemälde nach meinem Geschmack ist Franz von Stucks "Phyrne". Die abgebildete Frau wirkt fast knabenhaft und wirkt dadurch, wie ich finde, besonders anziehend. Männer sehen das vermutlich anders.

Man liest über Haarmode und aufgetürmte Perücken als Statussymbol des Adels im Rokoko, auch über Locken, gegen die Sittenwächter einst zu Felde zogen. Entzückt bin ich von dem schönen Gesicht Helene Sedlmeyers. Sie hat etwas, was keine andere Frau auf den Bildern wirklich besitzt. Es ist Anmut, Sanftheit, ein Liebreiz, den heute nur noch wenige junge Mädchen haben, weil sie eine seelische Unschuld erforderlich macht, wie sie heute in der westlichen Welt der Vergangenheit angehört.

Ein Gemälde des Präraffaeliten Rossetti zeigt seine Vorstellung von Lilith, der ersten Frau Adams, die auf diesen angsteinflößend wirkte wegen ihres Selbstbewusstseins und ihrer Schönheit. Adam hat bis heute noch immer Furcht vor Lilith, begnügt sich deshalb mit Eva oder wird neuerdings immer häufiger schwul.

Ich mag das römisch-ägyptische Frauenportrait im Buch, der ausdrucksstarken Augen dieser Frau wegen und finde es lobenswert, das man der alterslosen Schönheit ein Denkmal gesetzt hat. Es gibt sie wirklich. Leider nicht allzu oft. Hin und wieder sieht man 90jährige Damen, die sie noch haben.

Wunderschön ist das Gemälde "Frau beim Strümpfeanziehen" von James Brereton. Sagner beschreibt "Der weiße Spitzenunterrock der jungen Frau lässt großzügig den Brustansatz frei, ein Träger ist heruntergerutscht und betont so die Rundung der Schulter, der dunkle Strumpf lenkt den Blick auf den nackten Teil des Beins, Waschgeschirr und Spiegel im Hintergrund vervollständigen diese intime Szenerie," (Zitat: S.119).
Die Bilder auf den letzten Seiten sind Badeszenen. Sie sind wie alle anderen Gemäldeablichtungen bestens beschrieben. Man erfährt immer wieder Hintergründe, die das jeweilige Motiv erhellen. Was ist schön? Ein ebenmäßiges Gesicht? Ein ebenmäßiger Körper? Schön ist das, was das Herz und das Auge des Betrachters erfreut..

Empfehlenswert.

Bilder: © Aus dem besprochenen Band „Schöne Frauen“, Elisabeth Sandmann Verlag München, 2011 mit freundlicher Genehmigung.

 Überall im Fachbuchhandel erhältlich.

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