Dies ist der Katalog zur gleichnamigen
Ausstellung, die derzeit und noch bis zum 27.5.2012 in der National
Portrait Gallery in London gezeigt wird. Leider konnte der Künstler
an dem Ereignis, das seit 2006 geplant ist, nicht mehr teilnehmen,
denn er verstarb am 20. Juli 2011 im Alter von 88 Jahren. Sein Tod
allerdings hatte keinen keinen Einfluss auf die Ausstellung. Die
Auswahl der Exponate wurde noch mit dem Künstler und seinem
Assistenten im Dialog mit Michael Auping, dem Chefkurator des Modern
Art Museum of Fort Worth getroffen. Dabei hat die Realisierung der
Ausstellung viele Jahre in Anspruch genommen und wurde nur durch die
großzügige Unterstützung von Museen und Sammlern realisierbar.
Neben dem Katalogteil, der Gemälde,
Zeichnungen und Radierungen beinhaltet, hat der Leser die Chance
mehr über den Künstler und dessen Werk aufgrund eines der
Einleitung vorangestellten Essays von John Richardson mit dem Titel
„In Memoriam Lucian Freud“, den dann einleitenden Worten von
Sarah Hogate sowie ihrem Essay „Menschen in Räumen“ als auch
Michael Aupings Essay „Freud aus amerikanischer Sicht und nicht
zuletzt durch das im Buch abgedruckte Gesprächs zwischen Freud und
Auping in Erfahrung zu bringen.
Die Werke Freuds waren von Anfang an
vom Porträt bestimmt. Mitte der 1960er Jahre begann sich der
Künstler mit der Darstellung des gesamten Körpers
auseinanderzusetzen, anstelle sich nur auf den Kopf zu konzentrieren.
Mit dem Porträt seiner Mutter Lucie steht Freud in langer Tradition
von Söhnen, die ihre Mütter auf die Leinwand bannten, wie die
Beispiele von Rembrandt bis Whistler verdeutlichen, (vgl.: S.26).
Freud schuf sehr viele Selbstporträts, weil er begreifen wollte, welche Anstrengungen die Modelle auf sich
nehmen mussten. Zu Beginn der 1990er Jahre dann war sein Ruf als
ein moderner Meister der Figuration auch international
unangefochten.
Wie man erfährt, spielte der Künstler
Interpretationen stets herunter, die auf die Geschichte hinter einem
Porträt abzielten. Auffallend ist, dass in der Welt dieses Malers niemand idealisiert dargestellt wird und er offensichtlich
unerschrocken in der Politik der Geschlechter war.
Lesenswert ist die Biografie Rosie
Broadleys über den Künstler im letzten Teil des Buches. Auf diesen insgesamt 17 Seiten hat
man Gelegenheit auch viele Privatfotos von ihm kennenzulernen, u.a.
eines, das ihn gemeinsam mit seinem Großvater Sigmund Freud zeigt.
Lucian Freud war in der Beurteilung Sarah
Howgates ein hochintelligenter und disziplinierter Maler, der stets
über betont eigenwillige Vorstellungen verfügte und sich mit ganz
grundverschiedenen Malern auseinandersetzte. Auf vielfältige Weise
sind seine Gemälde, selbst jene von Tieren, alle Porträts, was
damit zusammenhängt, dass Freud Hunde und Pferde als Seelenverwandte
begriff.
Die meisten seiner Poträts, die im
Katalog gezeigt werden, sind beeindruckende Charakterstudien, wobei seine Aktbilder für mich gewöhnungsbedürftig sind, weil sie meinem
Ästhetikempfinden nicht gerade entgegenkommen. Michael Auping
schreibt in seinem Essay “Beim Blick auf einige von Freuds Akten
fällt es schwer, nicht zu überlegen, wie sein Großvater gedacht
hätte." (Zitat S. 51). Stimmt genau. Auf dessen Analyse wäre
ich sehr neugierig. Schade, dass er sie nicht mehr für uns alle zu
Papier bringen kann.
Ein gelungener Katalog. Empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen