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Rezension: Alchimia-Die Revolution des italienischen Designs-Hirmer


Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Alchimia- Die Revolution des italienischen Designs", die vom 17.04.2025–31.08.2025 im Bröhan-Museum, Berlin gezeigt wird. 

"Alchimia" war der Höhepunkt einer fundamentalen Neuinterpretation des Designs. Sie widerspiegele sich in einer neuen Formensprache, einem neuen Selbstverständnis aber auch einer neuen Methodologie, erfährt man. Nur sehr ungenau lasse sie sich mit Postmoderne umschreiben. Es sei Umberto Eco gewesen, der in den 1960er Jahren den Begriff "Arte programmata" für eine neue Kunstrichtung in Italien prägte. Diese arbeitete mit den Prinzipien von Struktur und Raster. Ihr erklärtes Ziel sei die Veränderung der Gesellschaft durch Kunst gewesen. 

Die Phase einer Neuinterpretation des Design begann in Italien mit dem "Radical Design" in den 1960er Jahren. Dabei sei neben Eco für die "Alchimia" auch Gianni Vattimos Theorie des "pensiero debole" (das schwache Denkens) von Bedeutung gewesen."Alchimia" habe alle Einflüsse in sich aufgesogen. Das Ergebnis seien die gesellschaftlichen und designgeschichtlichen Umbrüche seit Beginn der 1960er Jahre gewesen. 

Im Selbstverständnis von "Alchimia"  sei eine Trennung von Kunst und Design nicht vorgesehen gewesen. Fotografie, Film, Happening, Theater, Musik, Malerei, Skulptur, Modedesign und Architektur seien Teil der Inszenierungen von "Alchimia" geworden, waren deren neues Design. Dabei versuchte "Alchimia" von Kollektion zu Kollektion, von Projekt zu Projekt mit einer stets neuen Formensprache neu zu verzaubern. 

Wie der Direktor des Bröhan Museums Dr. Tobias Hoffmann unisono mit dem Presidente ADI Luciano Galimberti formulieren, habe es ohne die "Alchimia"  die Bewegung des neuen deutschen Design nie gegeben.

Das vorliegende Werk wartet mit vielen eloquenten Essays und bildlichen Darstellungen auf, die den LeserInnen die Thematik hervorragend erläuternd und veranschaulicht nahebringen. So erfährt man u.a. breit angelegt, welche Themen der "Alchimia" am Herzen lagen, kann sich in das Alchima-Logi von 1980 und 1985 vertiefen und begreift, was für die "Alchimia" das Postulat "Gestalten für eine stetige Bewegung der Gedanken bedeutet". Beispiele für "Banal Design", eines der Themen von "Alchimia" werden gezeigt. Ich bin besonders beeindruckt von den Arbeiten Alessandro Mendinis, auch was "Redesign" anbelangt. Doch unmöglich, im Rahmen einer Rezension auf all die Betrachtungen im Buch näher einzugehen! 

Sehr gut gefallen mir die gezeigten Objekte der Kollektionen "Bau-Haus 1 (1979)"/ "Bau-Haus 2 1980)", die "Alchimia" internationale Anerkennung verschafften. Hervorheben möchte ich  hier die Stehleuchte von Michele de Lucchi und eine Kommode von Paola Navone, die neugierig auf weitere Schöpfungen dieser beiden Designer machen. 

Das "Vademecum von Alessandro Guerriero" muss man mehrfach lesen, auf sich wirken lassen und erspüren, was es mit einem macht, bevor man die Lesereise in diesem Buch fortsetzt und immer mehr von der kreativen Magie dieser Legende der Designergeschichte begreift. 

Maximal empfehlenswert 
Helga König 

Onlinebestellung: Hirmer-Verlag, ansonsten überall im Buchhandel erhältlich.

Rezension: Hello Image – Die Inszenierung der Dinge- MK&G Museum für Kunst& Gewerbe Hamburg- Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Hello Image – Die Inszenierung der Dinge", die vom 4.4.25 bis zum 12.4.26 im Museum für Kunst& Gewerbe in Hamburg gezeigt wird. 

Wie die Direktorin des Museums Tulga Beyerle im Vorwort sagt, zeigt die Ausstellung auf, wie vielfältig und komplex die Verbindungen zwischen Design, Fotografie und Marketing seien und Kooperationen über den Erfolg von Marken entscheiden können. Besagter spannende und nicht häufig geübte Blick auf die Designgeschichte der letzten hundert Jahre in Europa und zu einem Teil auch in den USA verdeutliche, wie stark sich Kreativität und Partnerschaften, gleichgültig ob geplant oder zufällig, auf das Image von Konsumgütern der "westlichen" Welt auswirkten. 

Für die Ausstellungen seien, so  die Kuratorinnen Esther Ruelfs und Viktoria Lea Heinrich besonders fruchtbare Kooperationen ausgewählt worden, die in ihrer Zeit als innovativ hervorgetreten seien. 

In 18 Sets werden Werke von DesignerInnen, denen von GrafikerInnen und FotografInnen gegenübergestellt, die das Erscheinungsbild der Designergegenstände mitgeprägt haben. Dabei nehmen die 1920er Jahre der Anfang. Das war die Zeit, in der Grafik, Fotografie und Design erstmals zusammentrafen und die Fotografie in Zeitschriften und Printmedien die Werbebühne betrat. Das Ende des Reigens sind aktuelle Tendenzen, wo Zeitschriftenwerbung durch Werbung in den sozialen Medien abgelöst worden sind. 

Der vorlegende Katalog und die Ausstellung sind in acht thematische Kapitel gegliedert. Dabei veranschaulichen in "Grafische Gestaltung oder Fotografie" die Werbung der Firmen Kaffee-HAG, Scherk und Pirelli die unterschiedliche Verwendung von Fotografie und Grafik, als auch die noch längere Zeit  parallele Nutzung von grafischen und fotografischen Bildern und den Einsatz des Mediums Fotografie ab Mitte der 1920 Jahre. 

Weitere Themen sind: "Eine neue Form finden", "Ein Marktbild prägen", "Dialoge führen", "DesignerInnen arbeiten künstlerisch", "Provokation als Werbestrategie", "Selbstinszenierung" als auch "Neue Werkzeuge". Die Texte in den einzelnen Kapiteln vermitteln in deutscher als auch in englischer Sprache sehr gut den Inhalt und auf den vielen beigefügten Bildern kann man sich einen sehr guten Eindruck von der Ausstellung verschaffen. 

Überaus interessant finde ich die Bilder zum Thema "Provokation als Werbestrategie" nebst dem Text hierzu. Spannender noch die Infos zu "Die neuen Werkzeuge", die verdeutlichen, wohin die Reise geht.

Zum Schluss hat man Gelegenheit, sich in bemerkenswerte Aufsätze und Essays zu vertiefen, sodass man am Ende die Zusammenarbeit aller Beteiligter in einem Unternehmen besser begreift und fasziniert ist beispielsweise von der Weitsicht eines Issey Miyakes, der im Fotografen Irving Penn einen autonomen Künstler sah, der den Geist der Idee dieses Modeschöpfers mit formte und damit auf Augenhöhe mit ihm tätig war.

Maximal empfehlenswert 

Helga König

 Onlinebestellung: Verlag Hirmer, ansonsten überall im Handel erhältlich.

Rezension: Vision und Werk Max Pechstein- Hirmer


Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Vision und Werk Max Pechstein", die vom 28. März 2025 – 15. Juni 2025 in der Kunsthal Rotterdam, Niederlande gezeigt wird. Das Vorwort und die sich daran anschließenden Essays sind in deutscher und englischer Sprache abgedruckt. Petra Lewey und Maximilian Letze schreiben dort, dass Pechstein von Beginn an Teil einer künstlerischen Bewegung war, die radikal mit der tradierten Formensprache der Malerei und gleichermaßen der grafischen Künste gebrochen habe. Er, ein typischer Vertreter des Expressionismus, gründete 1905 mit Künstlerkollegen in Dresden die "Brücke" und prägte die Kunst des 20. Jahrhunderts maßgeblich mit, erfährt man. Für ihn sei die Hinwendung zur Natur eine der Alternativen gewesen, die lebenslang sein Schaffensmotor bleiben sollte. Der Traum von einem einfachen naturverbundenen Leben habe ihn zu den Fischern an die Ostsee, ans Mittelmeer und an die Südsee geführt. 

Die Ausstellung präsentiere nicht nur die farbintensivsten Gemälde, die ausdrucksstärksten Druckgrafiken und Reisefotografien, sondern beleuchte vor allem seine Persönlichkeit, würdige aber auch sein Erbe als Ikone des Expressionismus. Diesen Eindruck hat man nach der Lektüre des vorliegenden Werkes auch. 

Aye Soika schreibt in ihrem Essay "Max Pechstein, der "Führer" der "Brücke", Anmerkungen zur zeitgenössischen Rezeption", dass Pechstein trotz der "Brücke" seine Unabhängigkeit bewahrt habe. Er wurde Preisträger des Sächsischen Staatspreises im Sommer 1907 und reiste mit dem ihm zuerkannten Reisestipendium nach Italien und Frankreich, zog im Herbst 1908 nach Berlin um und wurde dort zu einem Repräsentanten der "Brücke". Man liest über seinen künstlerischen Durchbruch 1910 aufgrund der Ausstellung der Neuen Session und was alles danach geschah. 

Annika Weise schreibt in dem anschließenden Essay "Max Pechstein- Vision und Werk" auch über diesen Künstler als Fotograf und hier, dass die Kamera Pechstein einen neuen Weg der Rezeption seiner gewählten Alltagswirklichkeit fern der Leinwand und des Papiers  ermöglichte. Dabei ermöglichten gerade  die Fotografien den BetrachterInnen den neuen Weg der Rezeption Pechsteins zu verstehen, indem sie zwischen den Realitäten vermittelten. 

Was noch? Man erfährt auch Wissenswertes über Pechsteins Sehnsuchtsort Südsee und liest, dass die als Retrospektive aufgefasste Ausstellung sich vorrangig den Hauptschaffensparadiesen von Pechstein widmet und Eveline Suter verdeutlicht in ihrem Essay "Zürich ins Paradies", dass für Pechstein fremde Kulturen die ideale Projektionsflächen für das noch Unberührte gewesen seien. 

Die Essays in ihrer Gesamtheit vermitteln mehr als nur einen guten Eindruck von dem Künstler Max Pechstein, sondern auch von  seinen Visionen und seinem Werk. 

Im Ausstellungskatalog kann man sich in die mehr als 100 Werke, darunter Ölgemälde, Aquarelle, Farbholzschnitte und Grafiken vertiefen, auch Fotografien werden gezeigt, die das Leben der Fischer, die Pechstein aufsuchte, dem Betrachter nahebringen. 

Zum Schluss dann erwartet die LeserInnnen eine mehrseitige chronologische Biografie und ein spannendes Interview mit Julia Pechstein, der Enkelin des Künstlers. 

Maximal empfehlenswert. 

Helga König

Onlinebestellung: Hirmer oder  im Buchhandel erhältlich.

Rezension: True Colors- Farben in der Fotografie von 1849 bis 1955- Hirmer


Die Herausgeberinnen dieses reich bebilderten Werkes, dessen Texte in deutscher und englischer Sprache verfasst wurden, sind Anna Hanreich und Astrid Mahler. Das Vorwort stammt von Ralph Gleis, dem Generaldirektor der Albertina. Er lässt die LeserInnen wissen, dass die frühesten Fotografien nur als Unikate in Farbe existieren und dies auch nur in geringer Stückzahl. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts sei das erste kommerziell erfolgreiche Verfahren breiter genutzt worden und habe die Farbfotografie ein erstes Mal revolutioniert, wobei findige Fotografen sich bereits mit der Kolorierung behalfen, um auf diese Weise die fehlende Farbigkeit auszugleichen. 

In der Folge wird dann die Geschichte der Farbfotografie von ihren Anfängen bis zur Entwicklung der massentauglichen Farbfotografie untersucht. Das vorliegende Werk basiert auf der Sammlung der Albertina. Es beleuchtet die frühen Techniken, die zu den ersten Farbfotos führten und fokussiert den Weg zur Entwicklung von Positiv-Negativ-Verfahren. Sehr gut dargestellt, so dass auch Laien begreifen, worum es hier geht. 

Dem Katalog gehen lesenswerte Essays voraus, mittels denen man sich mit der Thematik "True Colors" vertraut machen kann. Man liest u.a. von Autochromverfahren und deren Erfindern, den Brüdern Auguste und Louis Lumiere. Diese hatten sich als Hersteller fotografischer Negativplatten und mit ihrem 1896 vorgestellten Kinematografen in der fotographischen Welt etabliert und ließen 1903 das Autochrom patentieren. Ein Jahr später wurde es in der Französischen Akademie der Wissenschaften vorgestellt. 1907 dann startete der Verkauf der Platten. 

Im Katalog, der dann folgt, lernt man eine Fülle von alten Fotografien kennen, die die Entwicklung von Farbbildern zeigen. Hier auch wird das sogenannte Autochrom auf der Seite 129 sehr gut erklärt  und anhand alter Bilder visualisiert. Sehr schön ist das Autochrom von Alfred Meyer mit dem Titel "Wiener Quartett" auch Fotos, getitelt "Bilder einer Schiffsreise nach Norwegen", die noch getoppt werden von den geheimnisvollen Aufnahmen "Nebel auf der Rax" und "Fliegenpilze" von Karl Prokop. Fantastisch ist die Sommerimpression durch das Licht auf der Porträtaufnahme von Heinrich Kühn, die Wilhelm Schwind zeigt, visualisiert worden. 

Interessant auch sind die Anmerkungen zu den Wegen zur modernen Farbfotografie. Die Firmen Kodak und Agfa entwickelten in den 1930er Jahren moderne Mehrschichtenfilme mit Farbkupplersubstanzen. Nach dem 2. Weltkrieg erlebte die moderne analoge Farbfotografie einen großen Aufschwung, erfährt man und darf sich einen Eindruck verschaffen, so etwa mittels eines Fotos von Hans Madensky, mit dem Titel "Modisches Porträt- Schülerin aus der Modeschule Wien –Hetzdorf" aus dem Jahre 1952. 

Das Werk wird abgerundet durch einen kurzen gut verständlichen Index der Begriffe und Techniken, die ein zentraler Gegenstand des Buches sind. 

 Maximal empfehlenswert. 

 Helga König

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