Der 1928 geborene Fotograf Elliott Erwitt zeigt in diesem Buch eine Serie unterschiedlicher Charakterszenen. Diese bestehen jeweils aus einer schnellen Folge von Einzelaufnahmen.
Das Vorwort zum Buch hat Marshall Brickmann verfasst. Es wurde genau wie die Kurzbiografie in 5 Sprachen wiedergegeben und zwar in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch.
Die Bilder sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen und erzählen kleine Geschichten. Zu Beginn wird man mit zwei Aufnahmen (1961) konfrontiert, die bei mir sofort Entsetzen auslösten. Auf dem ersten Foto sieht man ein Paar, das Rock "n" Roll tanzt, in schneller Bewegung. Der Tänzer hält die Tanzpartnerin an den Füßen und dreht sich mit ihr im Kreis. Gelangweilt schaut das Publikum zu. Auf dem 2. Bild liegt die Frau - ist sie tot? - auf der Tanzfläche. Sie ist dem Tänzer aus den Händen geglitten. War sie zu schwer? Die Frau auf dem Boden, deren pralles Gesäß man sehen kann, dürfte gut 85 Kilo wiegen. An einem solchen Schwergewicht kann man sich leicht überheben. Hier hat sich der Tänzer eindeutig überschätzt. Frauen sollten sich genau überlegen, welchen Männern sie sich beim Tanzen und überhaupt anvertrauen. Nicht alle haben wirklich starke Arme.
Sehr schön ist eine Bilderfolge, bestehend aus drei Bildern, die eine junge Bikinischöne und einen ebenso jungen Mann an einem Strand in Brasilien zeigen. Die Bilder entstanden 1990. Thema ist ein kleiner Flirt im Vorbeigehen, bei dem beide zum Schluss sehr amüsiert sind. Worüber mögen die beiden sich kurz ausgetauscht haben. Man ahnt es:-))
Es ist unmöglich im Rahmen der Rezension alle Bilder in Augenschein zu nehmen. Ich werde einige, die ich besonders interessant finde, hervorheben. Etwas sonderbar scheint mir eine Bilderserie, die eine sehr spießig aussehende ältere, betont rechthaberisch anmutende Frau am Meer zeigt, die einen kleinen Jungen zum Schwimmen auffordert. Er tut, was die hässliche Alte ihm heißt und ist nicht mehr zu sehen. Ist er ertrunken oder hat ihn eine gute Fee vor dieser Alptraumtante gerettet?
Sieben Momentaufnahmen Marilyn Monroes beim Dreh "Das verflixte siebte Jahr", die sie zeigen, wie am Luftschacht ihr Kleid nach oben geblasen wird, gefallen mir sehr gut, weil die Schönheit dieser Frau in jeder Pose sichtbar wird, ähnlich wie die Schönheit Che Guevaras, die man auf den Folgeseiten bewundern kann. Beide Personen hatten viel Sexappeal. Gemeinsam wären sie optisch unschlagbar gewesen, einzeln wurden sie letztlich zu tragischen Gestalten des 20. Jahrhunderts, denen vieles aber nicht das Wesentliche geschenkt wurde. Dies ist das Schicksal fast aller schönen Menschen.
Eine Frau und ein Mann 1958 in New York an einer Bar. Sie ist gelangweilt, raucht, flirtet mit einem unsichtbaren Dritten, während ihr Begleiter sich angeregt mit einem Mann (vermutlich über Geschäfte) unterhält. Als ihr Begleiter sich ihr zuwendet, konzentriert sie sich visuell ganz auf ihn. Ihre Körperhaltung allerdings spricht eine andere Sprache...
Beeindruckend auch ist die Bilderserie, die einen Pfarrer im Beichtstuhl zeigt, aufgenommen in Italien im Jahre 2002. Der Pfarrer wirkt beim Hören der zugeflüsterten Sünden sehr gelassen. Die Sünden können demnach keine schweren Verstöße gewesen sein. Vermutlich hat die Sünderin ein paar Mandelplätzchen genascht.:-))
Irgendwo in Griechenland trinkt ein älterer Herr eine Tasse Kaffee und geht. Er hat auf niemand gewartet, sondern einfach den Augenblick genossen. Dieses Genießen des Moments, im Bewusstsein, dass das Leben aus vielen unterschiedlichen Momenten besteht, macht möglicherweise die Botschaft des Buches aus.
Empfehlenswert.
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