Nächstes Jahr feiern wir den 300. Geburtstag Friedrichs des Große von Preußen. Aus diesem Anlass werde ich einige Bücher, die sich mit ihm und mit Preußen generell befassen, demnächst rezensieren.
Beginnen möchte ich mit Rainer Ehrts "Preußischer Bilderbogen". Ehrt ist 1960 in Elbingrode im Harz geboren, absolvierte in Halle an der Hochschule sein Studium für Kunst und Design und erhielt als Cartoonist sowie als Illustrator zahlreiche renommierte Preise und zwar weltweit.
Im vorliegenden Buch lernt der Leser die Geschichte Preußens kennen und zwar häppchenweise, jeweils mit den wunderschönen, dabei witzigen und hintergründigen Illustrationen des Künstlers verquickt.
Nach einem aufschlussreichen dreiseitigen Text, der offenbar das Vorwort ersetzen soll und in dem man auch erfährt, dass der Name Preußen vom baltischen Volksstamm der Pruzzen herrührt, liest man u.a. Näheres über die Wurzeln der preußischen Tugenden, die in dem preußisch-calvinistischen Arbeitsethos begründet liegen, verbunden mit "vergottenen Soldatentugenden von Selbstlosigkeit, Pflicht, Dienstbeflissenheit und lustvollem Gehorsam".
Wir erfahren hier weiter, dass letztlich von diesen Preußen der Entdeckergeist der Humboldts, die Philosophie Kants, Hegels, Schleiermachers und Fichtes, die schöne Literatur Hoffmanns, der Arnims, Kleists, Fontanes und der aufklärerische Geist Moses Mendelssohns, Ossietzkys und Tucholskys geblieben sei und doch zeigt Rainer Ehrt all das andere auch, vor allem die Persönlichkeiten, zu denen man stets etwas Charakteristisches erfährt.
Über den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., den Vater des Geburtstagskindes, gibt es nichts Gutes zu berichten. Künstler, Gelehrte und Schriftsteller nannte er "Salbader" oder "Narren". Die Illustrationen, die diesen König zeigen, lassen erkennen, wie man den Herren einzuschätzen hat.
Die langen und kurzen Kerls lernt man kennen, bevor die Sprache auf den jungen Friedrich kommt und hier natürlich auch auf das Drama mit Katte. Friedrich war nicht nur ein Philosoph und erster Diener seines Staates, sondern auch ein Mensch, der seine Künstlerfavoriten förderte. Er war ein Preuße, der alle Facetten des Preußentums in sich trug. Das auch übermittelt Ehrt durch seine Illustrationen. Sehr schön ist die Darstellung der Tafelrunde in Sanssouci und das doppelseitige Bild von Friedrich den Großen und Voltaire beim Schachspiel.
Friedrich der Große und Bach werden textlich und visuell thematisiert, auch Friedrichs Flötenkonzerte in Sanssoussi aber auch der Erlass im Hinblick auf das Kaffeetrinken.
Es folgen weitere geschichtlich interessante Momente. Man liest über Johann Gottfried Schadows "Quadriga" auf dem Brandenburger Tor. Man liest des Weiteren Anekdotisches darüber, wie Mozart in Potsdam weilte und über Luise von Preußen erhält man einen nicht uninteressanten Eindruck. Sehr bezeichnend ist der Satz und die daran anschließenden Fragen: "Luises Bild- nach frühem Tod scheinbar ewig jung- schillerte, phosphoreszierte und irrlichterte in allen Regenbogenfarben durch die deutsch-preußische Geschichte. Bürgerkönigin? Märtyrerin? Preußische Madonna?". Ich finde die Illustrationen im Hinblick auf diese Frau mehr als gelungen und überaus aussagekräftig. Sie beantworten die Fragen auf subtile Weise.
Es ist unmöglich, die einzelnen Bilder hier alle zu benennen. Die Texte dazu sind so brillant, wie die Bilder selbst und vermitteln spielerisch preußische Geschichte. Über die Salondamen wird man aufgeklärt, über den Vormärz, über Schinkel und seine Werke, auch Fürst Pückler kommt zur Sprache, ein Bild von der fiktiven preußischen Philosophenschule: Kant, Schopenhauer, Humboldt, Marx, Engels, Feuerbach, Fichte etc. lauschen aufmerksam einem Lehrer, nur Nietzsche ist in die Ecke verbannt. Ob der Lehrer gute Gründe hatte ihn abzustrafen, sei dahingestellt.
Preußisches Kriegsroulette wird visualisiert, Bismarck sowie Versailles 1871 werden nicht vergessen und Heinrich Mann und sein "Untertan" werden fokussiert, doch auch die Künstler Liebermann, Kollwitz und Zille.
Schön, dass man einen Originaltext von Kurt Tucholsky lesen darf, der sich 1922 in einem Zeitungsarikel gegen die Monokelpotentaten ausspricht und den Preußen zuruft: "Ihr sollt nicht strammstehn. Ihr sollt nicht dienen. Ihr sollt frei sein. Zeigt es ihnen."
Ein tolles Buch, das Preußen nicht glorifiziert, sondern die Protagonisten so zeigt wie sie waren. Gewisse Urteile werden dem einen oder anderen nicht schmecken. Mir schon.
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