Dieses Kunstbuch beinhaltet Gemäldeablichtungen des Gegenwartskünstlers Bernd Zimmer (geb. 1948), der wie man dem Klappentext entnehmen kann, zunächst Verlagsbuchhändler, Hersteller und Graphiker war und sich nach einer Reise nach Mexiko ganz der Malerei widmete. Wer jemals in Mexiko war, begreift, was die Farbenflut dort in einem aufmerksamen Beobachter bewirkt. Sofern ein solcher Beobachter die Gabe besitzt zu malen, ist eine Entscheidung, wie Zimmer sie einst traf, nur die logische Konsequenz.
Mit Rainer Fetting, Helmut Middendorf und Salome gründete Zimmer 1977 eine Galerie am Moritzplatz in Berlin und wurde gemeinsam mit diesen Künstlern als "die jungen Wilden" berühmt. Von 1993 an reist er immer wieder durch die Wüste. Wie man erfährt, hat ihn seine diesbezügliche Begeisterung bis heute nicht verlassen. Dies machen seine Wüstenbilder unverkennbar deutlich.
Die Wüstenbilder, die am Rande der Abstraktion angesiedelt sind, haben tatsächlich etwas Meditatives, ja Erhabenes, genauso, wie es im Klappentext versprochen wird. Unterschiedliche Gelb-, Rot- und Brauntöne stehen im Vordergrund. Blau spielt aber auch eine Rolle, wenn auch nicht auf jedem der Bilder. Thema ist stets das Spiel mit Farben, Sand und Wind und Sonne. Mich begeistern jene Bilder am meisten, in denen Rot-und Gelbtöne dominieren. Diese Bilder strahlen glühende Hitze aus und sind für mich Ausdruck der erotischen Liebe.
Die Bilder werden von Gedichten und Texten namhafter Dichter und Schriftsteller begleitet. Bei diesen handelt es sich um: Italo Calvino, Ingeborg Bachmann, Christoph Ransmayr, Raoul Schrott, Albert Camus, Ingeborg Bachmann, Johann Wolfgang von Goethe, Stefan Andres, Paul Celan, Antoine de Saint-Exupéry, Waris Dirie, Albert Camus, Paulo Coelho u.a.
Sowohl die Prosa- als auch die Lyriktexte befassen sich mit der Wüste. Untergliedert sind die Bilder und die damit korrespondierenden Texte in die Themenbereiche:
Im Zwielicht
Die Unendlichkeit und Stille des Sandes
Der Ort der Herausforderung
Der Takt der Wüste
Der Schweigende sucht nach Gott
Mich hat eine Textpassage aus "Der Alchemist" von Paulo Coelho besonders berührt, die auf Seite 39 abgedruckt ist. Am Ende des Textes schreibt Coelho sehr romantisch: "Was willst du heute schon wieder hier?" fragte die Wüste. "Haben wir uns gestern nicht genug betrachtet?" "Irgendwo bewahrst du die Frau in dir, die ich liebe", sagte der Jüngling. "Wenn ich also deine Weite betrachte, dann betrachte ich auch sie. Ich möchte zu ihr zurückkehren und brauche deine Hilfe, um mich in Wind zu verwandeln."
Nicht alle Prosatexte sind romantisch und voller Emotion, viele sind sehr nachdenklich, einige sogar philosophisch. Sehr gut gefallen hat mir der Text von Verena Kast, die m.E. alles, was Zimmer in seinen Bildern zum Ausdruck bringt, in folgenden Sätzen textlich zusammenfasst:
"Und so ist die Wüste nicht nur ein Ort der Lebensfeindlichkeit, der Verlassenheit, der Orientierungslosigkeit, der Leere, der Ausgesetztseins, sondern in ihrer Weite, in ihrem Verdichten von Zeiträumen, in ihrer Einfachheit stellt sie uns auch in große, wesentliche Lebenszusammenhänge hinein. Die Wüste fordert heraus, wir können an dieser Herausforderung zerbrechen; sie kann in uns durch diese Herausforderung aber auch die Überlebenskräfte steigern und den Sinn für das Wesentliche des Lebens geben, für das Einfache. Jedes Erlebnis mit der Wüste aber wird uns auch zeigen, wie wesentlich für uns der andere Mensch ist, der Begleiter, der uns hilft zu überleben."
Im Zeitalter des Internet vereinzeln die Menschen immer mehr, "hängen" teilweise den ganzen Tag am Computer und agieren dort nicht immer positiv, sondern spiegeln die Lebensfeindlichkeit der Internetwüste wieder. Diese Wüste allerdings ist nicht gelb und rot, sondern grau und schwarz, also viel lebensfeindlicher als alle Wüsten, die wir ansonsten auf Erden kennen.
Goethe schreibt:"Lass mich weinen! Umschränkt von der Nacht,
In unendlicher Wüste."
Und an anderer Stelle des Gedichtes, das ich bislang noch nicht kannte:
"Lass mich weinen! Das ist keine Schande.
Weinende Männer sind gut."
(Zitat: S.46)
Vielleicht würde die Wüste grün werden, wenn Männer hemmungslos zu weinen begännen. Generationen von Männern haben ihren Schmerz geschluckt und nicht geweint. Das hat ihnen ihre schönste Seite geraubt und sie nicht selten ziemlich verkrampft sachlich und bedenklich verkopft werden lassen.
Deshalb nochmals:
"Lass mich weinen! Das ist keine Schande.
Weinende Männer sind gut."
(Zitat: S.46)
Empfehlenswert. Ganz wundervolle Bilder. Ein Farbrausch, der lange nachwirkt.
Bilder mit freundlicher Genehmigung vom Präsenzverlag.
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