Dieses reich bebilderte Buch mit Texten von Heinrich Geissler, Bernhard Saran, Josoph Harnest und Adalbert Mischlewksi und einem erhellenden Vorwort von Oto Bihalji-Merin befasst sich mit dem berühmtesten Werk von Mathis Grünewald (1470-1528). Es handelt sich hierbei um den Hochaltar für das Antoniterkloster in Isenheim, bei Colmar im Elsaß. Den Auftrag hierfür erhielt Grünewald von Guedo Guersi, dem Präzeptor des Klosters.
Grünewald hielt sich zwischen 1513-1515 in Isenheim auf. Dieser Aufenthalt ist dokumentarisch belegt. Man nimmt an, dass der Altar an dem Ort selbst entstanden ist. Bei diesem Altar handelt es sich um einen spätgotischen Flügelaltar, bestehend aus einem Altartisch, Predella, Altarschrein und Gesprenge, das leider verloren gegangen ist. Erhalten ist das Schnitzwerk für den Altarschrein und die Predella. Sie stammen von dem elsässischen Bildhauer Nikolaus Hagenauer. Diese Teile hat Grünewald schon vorgefunden, als er den Auftrag erhielt, die schwenkbaren Flügel hierzu zu malen, welche eine zweimalige Verwandlung der Bilderwand, also drei Ansichten ermöglichten.
Einerseits ist das ikonologische Programm der Altartafeln den einschlägigen Bildtraditionen der spätgotischen Malerei verpflichtet, anderseits enthält es Umgestaltungen dieser Bildertypen, welche auf den Einfluss theologischer und mystischer Schriften von Hildgard von Bingen und Predigtsammlungen, aber auch von Texten der Kirchenväter des lateinischen Mittelalters schließen lassen. Dem enzyklopädischen theologischen Bildprogramm entspricht eine beeindruckende Vielfalt und Expressivität sinnlich-anschaulicher Bilder.
Im geschlossenen Zustand zeigt der Altar am Mittelbild (S. 10-11) die Kreuzigung mit Maria Magdalena, Johannes d.E. und Johannes d.T.. Die Darstellung wird flankiert von den Standflügeln mit dem heiligen Antonius und dem heiligen Sebastian. Die Kreuzigung erweitert durch die zeitgleiche Anwesenheit Johannes des Täufers den Typus eines Golgatha-Bildes zum Hinweis auf die Erlösung durch den Opfertod Christi.
Heinrich Geissler beschreibt in seinem Aufsatz "Der Altar- Daten und Fakten im Überblick" diesen sehr gut und erklärt einzelne Bildteile, wie etwa "Das Haupt des Gekreuzigten"(S.12), "Das Anlitz der Muttergottes" (S. 14), "Die Hände der hl. Maria" (S.16). Das Salbgefäß der hl. Magdalena" (S.18), "Maria und Johannes unter dem Kreuz" (S.20), "Johannes der Täufer" (S. 21), "Die Füße des Gekreuzigten" (S.22), "Das Opferlamm" (S. 23), "Der hl. Antonius"(S. 25), "Zwei Engel mit der Märtyrerkrone" (S.27), "Der hl. Sebastian" (S.29), "Die Beweinung Christi" (S.30/31).
Die erste Wandlung (nach dem Aufklappen der in der Mitte geteilten Kreuzigungstafel) zeigt von links nach rechts (siehe Seite 34-35) "Verkündigung, ein Weihnachtsbild und die Auferstehung Christi". Geissler erläutert hier die Bildausschnitte "Der Mantel des Verkündigungsengels" (S.37), "Anlitz und Gebärde" (S.38-39), "Gestalt und Raum" (S.41), "Weisagende Propheten" (S.42), "Engel mit Marienkrone" (S.45), "Anbetetende Engel" (S.46), "Engelkonzert" und "Geburt Christi" (S.48-49), "Das Christkind" (S.51), "Feigenast vor dem verschlossenen Tor" (S.52), "Die Marienrose" (S. 53), Marie aeterna" (S. 54), "Die Gottesmutter (S.55), "Gottvater in der Glorie" (S.56), "Der Auferstehende" (S.58), "Das Grabtuch des Auferstehenden (S .61), "Wächter am Grab" (S. 63).
Die zweite Wandlung zeigt den offenen Schrein mit den geschnitzten Figuren (S. 66-67) der Heiligen "Augustinus, Antonius und Hieronymus", sowie die offene Predella mit den Büstenfiguren "Christus und die zwölf Apostel". Die Rückseiten der inneren Flügel zeigen in dieser Stellung die "Disputation der heiligen Antonius und Paulus und die Versuchung des heiligen Antonius". Auch hier werden einzelne Bildteile gut erklärt, so etwa "Der Raabe bringt das Brot" (S. 69) oder auch "Der hl. Antonius und der hl. Paulus im Zwiegespäch" (S.70-71).
Im Isenheimer Altarwerk verwandelte Grünewald den spätgotischen Flügelaltar in eine Abfolge von geschlossenen Schauwänden. Bei stärksten Helldunkelgegensätzen (etwa in der Kreuzigung) behält die Farbe ihre volle Intensität und wird nicht selten zum eigentlichen Ausdrucksträger. Die Gestaltungsmittel des Künstlers machen es möglich, dass in seiner Bilderwelt die äußersten Gegensätze des Daseins dargestellt werden können.
Besonders beeindruckt hat mich neben den vielen Bildern und Bildausschnitten des Altars sowie den ausführlichen Erläuterungen der Beitrag von Bernard Saran "Von der Macht des Wortes im Bild" und Harnests Betrachtungen zum Altar und dessen Raumproblematik.
Ein sehr gutes Kunstbuch, in das es sich zu vertiefen lohnt.
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