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Rezension: Meisterhaft- Altniederländische Malerei aus nächster Nähe- Till-Holger Borchert

Autor dieses grandiosen Werkes ist Till-Holger Borchert. Er arbeitet als Chefkurator am Groeningenmuseum in Brügge, das ich vor einigen Jahren besucht habe und dessen Besuch ich nur jedem empfehlen kann. 

Dieser reich bebilderte, kunsthistorisch bemerkenswerte Prachtband entfaltet das farbenprächtige Panorama der altniederländischen Malerei vom 15. bis 19. Jahrhundert. Schon im Klappentext wird darauf hingewiesen, dass der Begriff "Altniederländisch" keineswegs das heutige Königreich Niederlande meint, sondern die von dem Burgunderherzog Philipp dem Guten (1396- 1467), dessen Sohn Karl dem Kühnen (1433- 1477), deren Habsburger Erben bis hin zu Kaiser Karl V. (1500-1558) in Personalunion regierten Gemeint sind Fürstentümer wie Flandern, Brabant und Hennegau, das heißt die im Süden der burgundischen Niederlande gelegenen, heute primär flämischen Gebiete, mit den schon damals bedeutenden Metropolen Brügge, Gent, Antwerpen, Brüssel und Löwen.

Nach einem Vorwort von Till-Holger Borchert und einem Geleitwort von Mickey Cartin lernt man Werke folgender Künstler kennen: Jan van Eyck, Robert Campin, Rogier van der Weyden, Petrus Christus, Dieric Bouts, Joos van Wassenhove, Hugo van der Goes, Hans Memling, Gerard David, Hieronymus Bosch, Quentin Massys, Meister von Frankfurt, Joachim Patinir, Jan Gossaert, Joos van Cleve, Pieter Bruegel D.Ä. , Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck, Jacob Jordaens, Jan Bruegel D. Ä. Willem van Haecht. 

Repräsentative Beispiele für das Schaffen dieser Künstler werden gezeigt, auch immer wieder Teilausschnitte der Werke und dies deshalb, weil das genaue Hinsehen, der dritte und vierte Blick erst die Geheimnisse und Finessen der Gemälde alter Meister wirklich preisgeben. Der Fokus ist vor allem auf die einzigartigen Bestände der flämischen Kunstmuseen und Kirchen gerichtet, den traditionell eng mit den burgundischen Niederlanden verwobenen Habsburger-Sammlungen in Wien und Madrid. 

Die Texte sollen über den jeweiligen Maler informieren und deren Errungenschaften situieren, so Till-Holger Borchert. Dabei werden die Werke zunächst stets bündig gezeigt und tasten sich dann in die Sphäre des Details heran. Im Rahmen der Rezension auf einzelne Werke näher einzugehen, führt leider zu weit. Gesagt werden kann, dass die Kurzbiografien allesamt vortrefflich gelungen sind und auch die Werksbeschreibungen dem Leser eine Vielzahl von wichtigen Informationen an die Hand geben. Unter anderem erfährt man mehr über den "Genter Altar" von Jan van Eyck, der sich auf 12 Tafeln mit insgesamt 26 Einzelszenen entfaltet. Es handelt sich um ein gemaltes Kompendium der christlichen Erlösungsbotschaft, vom ersten Menschenpaar über die Inkarnation Gottes bis hin zum himmlischen Jerusalem der Apokalypse. Die Bildausschnitte verdeutlichen die paradiesische Welt und die große Liebe zum Detail van Eycks, die auch im eloquenten Begleittext zur Sprache gebracht wird. 

Sehr eindrucksvoll sind die Bildausschnitte von Werken Rogier van Weydens, dessen Werke vor einiger Zeit in Frankfurt in Städel zu sehen waren, so etwa zur "Kreuzabnahme", die im Auftrag der großen Armbrustgilde von Löwen entstand. Beeindruckend auch ist das Werk des Malers Dieric Bouts, das den Titel  "Die Gerechtigkeit von Kaiser Otto III". trägt. Das Gemälde vereint mehrere Szenen zu einem einzigen Bild, die nicht nur wichtige Bildquellen mittelalterlicher Rechtsprechung sein wollen, sondern vor allem die Vollstreckung von Recht veranschaulichen. 

Gemälde von Hans Memling sah ich im Original in Brügge, dort erwarb er 1465 das Bürgerrecht, das ihm erlaubte sich in der Stadt niederzulassen. Gezeigt werden sein "Johannesaltar" und das "Diptychon des Maarten van Nieuwenhove". Mehr über diese Werke zu erfahren und gezielte Blicke auf die Details zu erhalten, macht mich hier besonders dankbar. Aufgrund der oftmals nicht immer sofort deutbaren Symbolik, bedarf es textlicher Erläuterungen, um Werke vom Inhalt her zu verstehen.

Ein Werk, das mich im Original gefangen hielt als ich es in Brügge erstmals sah, stammt von Gerard David und heißt "Das Urteil des Cambyses". Es geht dabei um den korrupten Richter Sisamnes, den man wegen Bestechlichkeit überführte und auf Geheiß von König Gambyses bei lebendigem Leib enthäutete. Ob ein solches Gemälde erkenntnisfördernd ist, sei dahingestellt. Wünschenswert wäre es.

Auch Werke von Hieronymus Bosch, einem meiner Lieblingsmaler werden gezeigt, nicht zuletzt "Der Garten der Lüste" und "Der Heuwagen", zwei Werke die den Betrachter aufgrund der vielen Detailaussagen in den Bann schlagen. Bosch ist für mich der fantasievollste aller Maler der alten Meister aus den Niederlanden. Seine gedanklichen Transformationen sind Ausdruck tiefster Spiritualität. 

Es führt zu weit, auf all die Werke im Buch näher einzugehen. Erwähnen möchte ich Joachim Patinir, der möglicherweise als der erste niederländische Maler sich ausschließlich auf die Darstellung von Landschaften spezialisierte. Sein Werk "Charon überquert den Styx, den Fluss zum Hades" wird hervorragend erklärt und die Details machen deutlich, worum es dem Künstler eigentlich ging.

Fasziniert bin ich von den Werken Pieter Bruegel D.Ä. und den Werken Peter Paul Rubens, die ich im Original schon gesehen habe, aber jetzt erst tatsächlich wahrnehme durch die Detailansicht. Mit besonderer Begeisterung studierte ich die Details des Werkes  "Die Kunstkammer" von Cornils van der Geest, die die Großartigkeit des Bildes erst richtig verdeutlichen. 

Ein wunderbares Buch, das ich Kunstliebhabern und solche, die es noch werden wollen sehr empfehle. Das Werk ist ein besonders kostbarer Juwel, weil es durch die vielen Detailansichten ermöglicht, sich mit den Bildinhalten und der Technik sehr genau zu befassen.

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