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Rezension: Picasso- Die erste Museumsausstellung 1932

Im Kunsthaus Zürich findet noch bis zum 30. Januar 2011 die Ausstellung "Picasso- Die erste Museumsausstellung 1932" statt. Der vorliegende Bildband ist der Katalog zu dieser Ausstellung.

Der spanische Maler, Grafiker, Bildhauer, Keramiker und Objektkünstler Pablo Picasso (1881-1973) ist der Wegbereiter und zeitgleich hervorragendste Repräsentant der Malerei des 20. Jahrhunderts. Die erste Museumsrespektive des Künstlers fand im Jahre 1932 in Zürich statt. Das Buch berichtet von der Entstehungsgeschichte der Ausstellung und verdeutlicht ihren Einfluss auf die Geschichte des Künstlers, sowie ihre exemplarische Bedeutung hinsichtlich der Beziehung zwischen Künstler, Kunsthändlern sowie Museen und anderen ähnlichen Institutionen im 20. Jahrhundert. Zudem enthält es die vollständige Rekonstruktion der epochalen Ausstellung. Dies wird dem Leser bereits im Klappentext vermittelt.

Nach einem Grußwort des Sponsors, es handelt sich dabei um die Credit Suisse und einem erhellenden Vorwort von Christoph Becker folgen Essays von:

Tobia Bezzola: "Retrospektive Retrospektiv- Zur Ausstellung."
Dieses Essay korrespondiert mit den Ansichten der Picassoausstellung im Kunsthaus Zürich 1932, die im Anschluss daran folgen. Es handelt sich bei den Ansichten um Fotos der Installationsansichten der damaligen Ausstellung.

Christian Geelhaar: Picasso. "Die erste Züricher Ausstellung".

Pablo Picasso
Der gelbe Gürtel: Marie-Thérèse, 1932
Courtesy Nahmad Collection
© 2010 ProLitteris, Zürich
In diesem Essay erfährt man u.a., dass einzelne Gemälde, wie etwa "Das Menschenpaar" aus der Sammlung Bernhard Mayer, Zürich und vier Skulpturen erst zehn Tage nach der Eröffnung in die vom Tessiner Maler Sigismund Righini (1870-1937)eingerichtete und gestaltete Ausstellung eingegliedert wurden. Auch die vier Säle im Erdgeschoss, in denen rund 100 Zeichnungen und ebenso viele Radierungen und Lithografien ausgestellt waren, wurden dem Publikum erst viel später zugänglich gemacht, (vgl.: S.36).

Sehr interessant finde ich die Schilderungen Geelhaars im Hinblick auf eine spezielle Kontroverse, die durch die Ausstellung aufgrund eines Aufsatzes des Psychologen und Psychotherapeuten Carl Gustav Jung (1875-1961), der am Schlusstag der Austellung in der Neuen Züricher Zeitung erschien, entstand. Jung ordnet Picasso der Gruppe der Schizophrenen zu, "die Bilder produziert, welche sofort ihre Gefühlsfremdheit offenbaren. Sie vermitteln auf alle Fälle kein einheitliches, harmonisches Gefühl, sondern Gefühlswidersprüche oder gar völlige Gefühllosigkeit. Rein formal herrscht der Charakter der Zerissenheit vor, der sich in den so genannten Bruchlinien ausdrückt, d.h. eine Art psychischer Verwerfungsspalten, die sich durch das Bild ziehen." (Zitat Jung.: S.38). Man erfährt in der Folge wie einzelne Persönlichkeiten in jenen Tagen auf die Ausführungen Jungs reagiert haben. Dies zu lesen, ist überaus spannend.

Im Anschluss werden Werke von 1899-1912 vorgestellt. Zu den ausgestellten und im Buch abgedruckten Werken von 1899-1912 zählt u.a. das in Blautönen gehaltene Ölbild "Melancholie". Bei diesem und allen weiteren dargestellten Gemälden erfährt man jeweils, wann sie entstanden sind, welche Größe sie im Original haben und wo sie normalerweise hängen. Aus seiner "Blauen Periode" lernt man das Gemälde "Frau im Hemd" aus dem Jahre 1905 kennen, auch kubistische Gemälde, wie etwa "Der Dichter" von 1912.

Simonetta Fraquelli: "Picasso Retrospektive in den Galeries George Petit, Paris 1932. Eine Antwort auf Matisse."

Die Austellung wird sehr gut interpretiert. Das Interpretationsergebnis entnimmt man der Kopfzeile des Essays. Im Übrigen hat Picasso von Dezember 1931 bis April 1932 30 neue Gemälde geschaffen, 22 davon eigens für die Austellung, (vgl.S.82). Die Ausstellung soll einen großen Eindruck hinterlassen haben. Picassos primäres Ziel war es, seine neueren Werke als eine Fortsetzung seiner künstlerischen Errungenschaften der Vergangenheit zu präsentieren. Dies ist ihm gelungen, wie Fraquelli hervorhebt.

Es folgen fotografische Ansichten der Picasso-Ausstellung in den "Galeries Georges Petit", 1932 und Werke aus den Jahren 1912-1926, darunter das wundervolle Bild "Mädchen mit Reif" von 1919, seine "Frau mit blauem Schal" von 1923 und der "Musizierende Harlekin" von 1924.

Michael FitzGerald: Nach 1932: Von den Retrospektiven in Paris und Zürich bis "Guernica".

Hier liest man von der Veränderung Picassos, denn nur fünf Jahre nach den Ausstellungen in Zürich und Paris schuf er mit "Guernica" die erste Arbeit seiner Serie bedeutender politischer Werke. FitzGerald ist der Meinung, dass, sofern man die Gemälde von 1931-32 genauer betrachtet, man durchaus Ähnlichkeiten mit den Gemälden der späten 1930er Jahren feststellen kann, (vgl.S.136) und insofern die Veränderung nicht nur auf den Einfluss von Dora Maar zurückzuführen sei, wie oft behauptet wird.

In der Folge lernt man Werke aus den Jahre 1927-1932 kennen. Beeindruckend finde ich das Ölgemälde "Akt am Strand", das viele Deutungsmuster zulässt. Ungeheuer ironisch wirkt auf mich "Der gelbe Gürtel: Marie-Thérèse Walter" von 1932. Sein Gemälde "Die Ruhende" von 1932 zeigt eine betont laszive Frau, die durch die Farbgebung Harmonie in ihrer reinsten Form verkörpert.

Der alte Ausstellungskatalog des Kunsthauses Zürich zur Picassoausstellung von 1932 ist auf den dann folgenden Seiten abgedruckt. Anschließend kann man sich mit dem Werksverzeichnis und einer lobenswerten vierseitigen Zeittafel mit biografischen Daten von Picasso befassen.

Ein gelungener Ausstellungskatalog, der deutlich macht, welch großer Künstler Picasso bereits in jungen Jahren war.

Empfehlenswert.


Bilder: Mit freundlicher Genehmigung des Prestel Verlages

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