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Rezension: Goethe. Verwandlung der Welt - Kunst und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland-Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die vom 17. Mai bis zum 15. September 2019 in der #Bundeskunsthalle in #Bonn gezeigt wird.

Nach einem Vorwort von #Hellmut_Seemann (Klassik Stiftung Weimar und #Rein_Wolfs (Bundeskunsthalle) hat man Gelegenheit seitens #Thorsten_Valk einen sehr eloquenten Essay zur Konzeption der Ausstellung zu lesen. 

Goethe sei während der vergangenen hundert Jahre vielfach aus einem epochengeschichtlichen Kontext herausgelöst und zu einem Vorbild stilisiert worden. Die Ausstellung und damit auch der vorliegende Katalog brechen mit dieser Tradition. Stattdessen erlebt man nun eine Form von Annäherung. Diese bringt den Aktualisierungsanspruch und das historische Bewusstsein in ein ausgewogenes Verhältnis. Das geschieht dadurch, dass drei verschiedene Ebenen der Vermittlung konsequent zusammengeführt worden sind.

Thorsten Valk nennt: 

1. Die Rekonstruktion kulturhistorischer, gesellschaftspolitischer und sozialgeschichtlicher Zusammenhänge im späten 18. wie frühen 19. Jahrhundert 
2. Die Reflektion einer mehr als 200- jährigen #Goethe- Rezeption, in deren wechselvoller Geschichte sich das Bild des Dichters immer wieder verändert hat. 
3. Die ästhetisch-hermeneutische orientierte Auseinandersetzung mit Goethes Werken vor dem Horizont unserer gegenwärtigen Lebensrealität. 

Nach Auffassung des Essayisten ermöglicht allein das Zusammenspiel dieser drei Ebenen, Beziehungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart herzustellen, mithin dialogische Konstellationen zu stiften und sich dem weltverwandelnden Potential der Kunst zu öffnen. 

Den  zahllosen Ausstellungsobjekten, die in den 10 Kapiteln des Buches zu bewundern sind, wurden zehn Essays unterschiedlicher Verfasser beigegeben. So werden bereits im ersten Kapitel Goethes Frankfurter Kindheit und seine frühen Bildungserlebnisse im Elternhaus Am Hirschgraben beleuchtet, zugleich aber auch die Entwicklung des Gebäudes zu einem kulturellen Erinnerungsort als auch dessen Zerstörung am 22. März 1944 sowie die kontroversen Debatten um einen originalgetreuen Wiederaufbau fokussiert. 

Das zweite Kapitel ist dem Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" gewidmet. Hier geht es u.a. darum, dass dieses Buch zumeist jugendlichen Lesern und Leserinnen als identifikatorische Lektüre galt. Das Verhältnis der Geschlechter und auch Werthers Freitod kommen zur Sprache. Ein Exkurs ist dem Werther-Porzellan gewidmet, denn die Meißener Porzellan-Manufaktur befasste sich schon sehr früh Goethes Werther. 

Im dritten Kapitel geht es um Goethes anderthalbjährige Italienreise, reflektiert wird aber auch deren Bedeutung für die kollektive #Italiensehnsucht der Deutschen im 19. und 20 Jahrhundert. Darüber hinaus geht es noch um das von Goethe geschaffene Italienbild als Inspirationsquelle für Künstler wie Cy Thombly und Barbara Klemm.

Im vierten Kapitel steht die #Französische_Revolution im Fokus und das unter ihrem Eindruck entwickelte Kunstprogramm des #Weimarer_Klassizismus. Klassizistische Architektur in Zeiten der Revolution kommt ebenso zur Sprache wie das berühmte Weimarer #Rietschel_Denkmal, das Goethe und Schiller als "Klassiker" zeigen. 

Weiter geht es mit #Goethes_Farbenlehre und deren internationale Rezeption. Auch die Farbenlehre am #Bauhaus wird thematisiert und die Lichtkunst der Gegenwart. 

Zu den Texten kann man sich immer wieder in eine  bewundernswerte Fülle von Objekten vertiefen, so auch in einen handschriftlichen Text Goethes, der den Titel trägt "Freunde flieht die dunkle Kammer" und in die berühmte "#Temperamentenrose" von 1799. Einige tolle Farbbetrachtungen des Bauhauskünstler Johannes_Itten, auch ein Blatt aus der "Bildnerischen_Gestaltungslehre" von #Paul _Klee sind dabei. 

Die Kunst der #Romantik, auch die Dialoge mit dem #Orient sind Themen der #Ausstellung. Im achten Kapitel dann werden zahlreiche Plakate zu deutschen und ausländischen #Faust_Inszenierungen im 20. und 21. Jahrhundert gezeigt. Auf diese Weise soll vermittelt werden, dass im Wandel der Zeiten und im Wechsel der Gesellschaftssysteme immer wieder neue Perspektiven auf Goethes Drama entwickelt wurden und man neue Sinnschichten freizulegen beanspruchte. 

Das Haus am #Frauenplan wird im 9. Kapitel dann in Augenschein genommen. Hier erfährt man Wissenswertes zu Goethes Sammlungen und seinem Arbeitszimmer. 

Ziel der für die Ausstellung ist zentrale Begriff der "#Verwandlung" zunächst auf jene unabschließbaren Deutungsmetamorphosen, die Goethes Leben und Werk in ihrer 200 jährigen Rezeptionsgeschichte durchlaufen haben. Der Begriff charakterisiert aber auch jene historische Epoche, vor deren Horizont die Biografie des Weimarer Dichters zu betrachten ist.

Die Ausstellung überdenkt auch die "Verwandlung" der Welt im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert und die große "Verwandlung" der Welt, die Goethe zu seinen Lebzeiten nicht nur kritisch beobachtete, sondern auch reflektierte, korrespondierend mit der "Verwandlung", die Goethe als Schriftsteller vollzog.

Das großartige Werk macht neugierig auf die Ausstellung in Bonn. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König .

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Goethe: Verwandlung der Welt

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