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Rezension: Geschlechterkampf- Franz von Stuck bis Frida Kahlo- Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Geschlechterkampf- Franz Stuck bis Frida Kahlo", die vom 24.11.2016 - 19.03.2017 im Städel Museum in Frankfurt gezeigt wird. Kurator der Präsentation ist Dr. Felix Krämer. 

Diese Sonderausstellung befasst sich  mit einem zeitlosen Thema: der spannungsgeladenen Beziehung zwischen Mann und Frau und deren Darstellung in der Kunst. "Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo" fokussiert die künstlerische Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und -beziehungen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 

Anhand von über 140 Werken veranschaulicht die Ausstellung, wie kontrovers Künstlerinnen und Künstler der Moderne auf die Konstruktion von Geschlechtermodellen reagierten und wie sie mit Stereotypen, Idealbilder und Identifikationsfiguren in Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und Film umgingen. 

Das Vorwort zum Buch hat der Direktor des Städel Museums Philipp Demandt verfasst. Diesem Vorwort folgt ein Gespräch der Kuratoren Felicity Korn und Felix Krämer mit Rose-Maria Gropp. Der Gesprächsgegenstand ist der "Geschlechterkampf, eine Annäherung". Hier definiert Korn, dass Geschlechterkampf die Begegnung zwischen Geschlechtern bedeute, die oftmals spannungsgeladen seien und zu einem Konflikt führen können. Zugleich verstehen die Kuratoren unter dem Überbegriff das Verhandeln von Rollenbildern, Stereotypen und Idealvorstellungen als auch das Sich-Positionieren zum jeweiligen Gegenüber. 

Anhand von umfangreichen Textbeiträgen unterschiedlicher Autoren und Bildern vieler namhafter Künstler erhält man einen umfassenden Eindruck von der Ausstellung. So liest man in einem Essay von Ute Frevert Wissenswertes zu Männerängsten und Frauenwünschen im Rahmen der Geschlechterkämpfe zwischen 1850- 1950, so auch, dass Frauen wie Gräfin von Reventlow oder auch die promovierte Schriftstellerin Helene Stöcker Außenseiterinnen waren, die von der herrschenden Meinung verfemt und skandalisiert wurden. Gleichwohl haben diese beiden Damen in den Anfängen des letzten Jahrhunderts viel getan, indem sie durch ihre publizistischen Tätigkeiten breite Schichten erreichten. 

Damals löste die Figur der unabhängigen Frau, die ihre sexuelle Freiheit rückhaltlos einklagte, massive Ängste aus. Frauen im Beruf irritierten. Ein Plakat des Schweizer Malers Ferdinand Hodler, das er zu Ende des 19. Jahrhunderts entwarf, zeigte ein vollständig bekleidete Frau mit wallendem roten Haar, die im Bündnis mit der Welt der Technik über dem auf dem Boden liegenden fast nackten Mann triumphiert. Das war die Horrorvorstellung der Männer der damaligen Zeit. 

Unmöglich im Rahmen der Rezension auf all die Essays einzugehen. Wichtig ist es wohl, sich mit dem biblischen Schöpfungsmythos zu befassen, der ungeachtet der wissenschaftlichen Umwälzungen auf künstlerische Inszenierungen bis in 20 Jahrhundert Bezug nahm. Gezeigt werden hier eine Plastik von August Rodin und die Gemälde "Adam und Eva" sowie "Das verlorene Paradies" von Franz von Stuck, auch Werke von Max Klinger und Bilder anderer Künstler, bevor man sich mit "Salome und ihre Schwestern in der Kunst des späten 19. Jahrhunderts " auseinandersetzen kann. Auch hier wieder wird die Bilderpräsentation von einem Essay begleitet. Besonders beeindruckend erscheint das Gemälde "Salome" von Jean Benner aufgrund seiner Entgültigkeit. 

Werke von Franz von Stuck gibt es nicht wenige in der Ausstellung. Sie visualisieren das Thema der Präsentation besonders eindrucksvoll, so etwa die "Verwundeten Amazone".  

Die Idee der "femme fatale" um 19 00 wird beleuchtet. Hier auch ist das Titelbild des Buches zu sehen. Es handelt sich um "Sie" von Gustav Adolf Mossa. 

Man ist während der Lektüre immer wieder erstaunt, wie intensiv man sich mit dem Thema auseinander gesetzt hat. Auch Gemälde von Max Liebermann werden gezeigt und das Frauenbild in Werken von Edvard Munchs kommt zur Sprache. 

Eine Fülle von  textlichen Betrachtungen lässt den Kunstinteressierten nahezu verwirrt zurück und der ein oder der andere atmet gewiss beruhigt durch, wenn er liest, dass mit der Erforschung des Androgyns, sich der Surrealismus wie keine andere Avantgarde-Bewegung der sozialen und politischen Aufhebung des Geschlechterkampfs gewidmet hat. 

Lange verweilt der Blick auf Frieda Kahlos "Der kleine Hirsch" und es wird klar, was aus dem Platzhirsch geworden ist,  seit seinem Kampf mit der Amazone auf Stucks Bild.

Bleibt noch eine Info des Städel-Museeums anzufügen "Die Ausstellung baut auf dem Sammlungsbestand des Städel Museums auf, der mit Gemälden von Max Liebermann, Edvard Munch und Franz von Stuck, Skulpturen von Auguste Rodin sowie Fotografien von Frank Eugene oder Claude Cahun wichtige Positionen in Bezug auf diese Thematik umfasst. Anhand von bedeuten-den Leihgaben werden bekannten Namen der Kunstgeschichte wie Hannah Höch, Édouard Manet, Gustav Klimt, Otto Dix oder Frida Kahlo gezielt kunsthistorische Entdeckungen zur Seite gestellt, die den Kanon um aussagekräftige Positionen erweitern, darunter Arbeiten von Leonor Fini, John Collier oder Gustav Adolf Mossa. Vor dem Hintergrund der intensiv geführten Diskussionen um die Rollen von Frau und Mann bietet das Ausstellungsprojekt einen differenzierten Einblick in die Komplexität der Problematik und beleuchtet die kunsthistorische Dimension eines bis heute hochrelevanten gesellschaftspolitischen Themas."

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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