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Rezension: #Velázquez- Das vollständige Werk- Odile Delenda- #Taschen-Verlag

Dieser Prachtband aus dem Taschen-Verlag ist das aktualisierte Standardwerk, das das gesamte Schaffen  von Diego Rodríguez de Silva y Velàlazquez (1599- 1660) vereint und in diesem Zusammenhang auch Neuaufnahmen von kürzlich erst restaurierten Gemälden zeigt. 

Die Autoren des Buches, das in einem es gut schützenden Karton geliefert wird, sind José López Rey (1905- 1991) und Odile Delenda. López Rey war am renommierten  "Institute of Fine Arts"  in New York Professor und Forscher. Er ist Autor von über 100 wissenschaftlichen Publikationen und zehn Büchern über die spanische Malerei. Durch seine Publikationen zu Velázquez erlangte er weltweit den Ruf als Experte. 

Odile Delenda war bis 2007 als Professorin im Louvre tätig. Sie arbeitet seit 1990 zudem für das Wildenstein Institute in Paris und widmet sich dort den Forschungen zur spanischen Kunst des Goldenen Zeitalters. 

Das vorliegende Buch beginnt mit einem Vorwort von Guy Wildenstein, dessen Institute gemeinsam mit dem Taschen-Verlag für ausgesuchte Detailabbildungen und Neuaufnahmen von jetzt erst restaurierten Gemälden Velázquez  für den  vorliegenden Kunstband sorgte. 

Es folgen daraufhin Einleitungen zu den Ausgaben von 1979, 1981 und 1996 von José López-Rey und Odile Delenda. Hier erfährt man, dass die Autoren mittels der Publikation zwei Ziele umsetzen wollten. Zum einen lag die Absicht darin, eine Interpretation des Künstlers #Velázquez inklusive seiner historischen Persönlichkeit zu liefern, aber auch einen nach den jüngsten Erkenntnissen zusammengestellten Katalog seines Gesamtwerkes vorzulegen. 

#Odile_Delenda hat im März 2014 das Vorwort verfasst, in dem sie sich auch zu Neuzuschreibungen äußert. Zunächst informiert sie über den Werkkatalog von #José_ López_Rey, um dann die neuen Ausgaben von Taschen und dem Wildenstein Institute zu reflektieren. Dabei erschien es den Herausgebern notwendig für die hier vorliegende Ausgabe, die bibliographischen Angaben, abgesehen von erheblichen Ergänzungen, für die Zeit nach 1980, auch um die Angaben zu den Werken zu vervollständigen, die in den Ausstellungen der letzten Jahre gezeigt wurden. 

In Vergleich zu den früheren Ausgaben ist ein formaler Unterschied festzuhalten und zwar in den Illustrationen und der Präsentation der Gemälde nach großen Kapiteln, die den verschiedenen Etappen in der Karriere des Malers in der Zeit von Philipp IV. entsprechen. 

Aufgeklärt wird man über neue wissenschaftliche Beiträge und auch neue Gemälde und Einzelheiten zum Werk, bevor man sich in Abbildungen von Neuzuschreibungen vertiefen kann. Es folgen daran anschießend Textbeiträge und Werksabbildungen, untergliedert in: 
I. Velázquez in Sevilla (1599-1622) 
II. Madrid und der Hof. Die entscheidenden Jahre (1622-1628) 
III. Die Begegnung mit Rubens. Der erste Italienaufenthalt 
IV. Rückkehr nach Madrid und der Salón del Buen Retiro (1631-1635) 
V. Die Torre de la Parada. Zwerge und Narren (1636-1645) 
VI. Porträts. Die Hauptthemen (1638- 1648)
VII. Der zweite Italienaufenthalt (1648-1651) 
VIII. Die letzten Werke. Das Atelier (1651-1660) 

Diesen Kapiteln sind kluge Sentenzen unterschiedlicher Autoren vorangestellt. Im Rahmen der acht Textbeiträge erfährt man alles über das Leben und Schaffen des Künstlers, einem Sonntagskind, das am 6. Juni 1599 das Licht der Welt erblickte und der als einer der wohl bedeutendsten Barockmaler gilt. Er schuf Farb- und Lichterscheinungen, die in seiner Zeit als neu galten und erst später von Impressionisten wie Édouard Manet wieder aufgegriffen wurden. 

Man wird über seine Familie und seinen Namen in Kenntnis gesetzt, liest Wissenswertes zu seiner Erziehung und Ausbildung und hier auch von seinem Lehrer Francisco Pacheco, bei dem er 1617 seine Meisterprüfung ablegte und bis zur Aufnahme in die Malerkorporation blieb. Unterrichtet wird man von seinen ersten Erfolgen und auch darüber, dass er in jungen Jahren seine Werke nur höchst selten datierte und signierte. 

Ab 1620 bildete er in einer eigenen Werkstatt bereits Lehrlinge aus. Es führt zu weit, auf die Bildbeschreibungen im Buch näher einzugehen. Diese aber zu lesen, macht das Können des spanischen Künstlers erst wirklich bewusst und verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass Kunst kommuniziert wird, um auf diese Weise mehr als nur Empfindungen auszulösen. 

Man liest von dem ersten Aufenthalt  des Malers bei Hofe im Jahre 1622. Dort entstand das erste Porträt König Philipps, der ihn in seinen Dienst berief. Ab 1624 ließ sich Velazquez in Madrid nieder. Man erhält aufgrund der Porträtabbildungen aus jener Zeit einen Eindruck von den Fähigkeiten dieses begnadeten Porträtmalers, um sich dann mit seiner ersten Italienreise (1629-1631) zu befassen. Dort wurde er in Rom zum Mitglied der Accademia di S. Luca ernannt. 

Zurückgekehrt nach Madrid nahm er Veränderungen am Bildgegenstand vor. Man liest über einzelne Hofporträts, mythologische Darstellungen, Bilder religiösen Inhalts etc und erfährt Näheres zum großen Saal des Buen Retiro. Für diesen Saal war das Reiterporträt Philipps IV. bestimmt, über das man im Buch umfassend aufgeklärt wird. 

Man liest  des Weiteren über Velázquez als Maler des Sieges, dokumentiert in dem Gemälde "Übergabe von Breda", das ebenfalls für den großen Saal Buen Retiro bestimmt war. Dieses Bild ist großformatig zu betrachten, weil es aufgeklappt werden kann. Auffallend ist die versöhnliche Geste der Protagonisten, die die Klugheit des Malers dokumentiert. 

Eines der Gemäldeabbildungen im Buch, die mich am meisten beeindruckt, ist sein "Christus am Kreuz", das er 1632 schuf, also mitten in der Zeit, als in Europa der Dreißigjährige Krieg wütete. Man wird mit vielen Reiterbildern in der Folge konfrontiert. Hier fasziniert speziell "Isabella von Bourbon zu Pferde" in ihrem schönen Gewand in dezenten Farbtönen auf einem edlen Schimmel. 

Über Zwerge und Hofnarren liest man, weil der Künstler auch diese für die Ewigkeit festhielt. Nicht selten imitierten die Narren berühmte Persönlichkeiten und trugen speziell angefertigte Kostüme. 

Das Hauptthema  von Velázquez aber waren Porträts. Diesbezüglich wird man umfassend informiert und hat die Chance sich in Bilder zu vertiefen, die von seltener Ausdruckskraft sind. Eines der Bilder habe ich in Dresden im Original bereits bewundern dürfen, abgebildet ist der "Ritter von Santiago", dessen Blick tiefes Bewusstsein nicht verbirgt. 

Auch der zweite Italienaufenthalt kommt zur Sprache und die letzten Werke des Künstlers, darunter das letzte Porträt der Königin und Bilder von der königlichen Familie. 

Die Werke, die im Buch zu sehen sind, werden im Anschluss im Katalog präzise erläutert. Hier auch erfährt man stets die Zeit, wann die einzelnen Werke entstanden sind, ebenso wer sie zur Zeit besitzt. Auch Angaben zu Größe und Technik werden bereitgestellt. 

Das Buch ist eine große Kostbarkeit, das in keiner Kunstbuchsammlung fehlen darf. 

Ich empfehle es sehr gerne, denn es ist einfach wundervoll.

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum  Verlag und können das Buch bestellen: http://www.taschen.com/pages/de/search/result.1.htm?show_all=catalogue&search_string=%22vel%C3%A1zquez.+complete+works%22. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler  um die Ecke beziehen.

Rezension: #Hasselblad Masters VOL. 4 Evolve - teNeues

Hasselblad produziert seit mehr als fünf Jahrzehnten hoch-wertige Fototechnologie und finanziert den angesehenen Masters-Wettbewerb der Foto-grafie, mit dem etablierte Spitzen-fotografen und herausragende New-comer gewürdigt werden. 

Die ständig fort-schreitende Mission von Hasselblad besteht darin, die besten Kameras der Welt zu entwickeln. In diesem Sammelband stellen 12Top-Fotografen ihre Bilder zu dem Thema "Evolve" vor. 

Die Preisträger wurden aus fast 4000 Bewerbern ausgewählt und bekamen die Chance, ihre Ideen mit erstklassigem Hasselblad-Equipment umzusetzen. Nicht nur eine 24-köpfige Fachjury konnte über die Gewinner abstimmen, auch die Öffentlichkeit war aufgerufen, online ihre Lieblingsbilder auszuzeichnen. 

Zu den Auswahlkriterien zählen neben erkennbarer Ambition, Ideenreichtum sowie fotografisch-technischen Fähigkeiten auch das Talent, Emotionen abzubilden. Zusätzlich zu den bewährten Kategorien wie Architektur, Fashion und Porträt wurde nun erstmals Unterwasserfotografie in den Wettbewerb einbezogen1) 

Ian Rawcliffe hat das Vorwort verfasst, das in mehrere Sprachen übersetzt worden ist. 

Gezeigt werden Werke von Rafal Maleszyk, Roman Jehanno, Hengki Koentjoro, Dmitry Ageev, Bryn Griffiths, Paul Gisbrecht, Chris Straley, Joreph Goh Meng Huat, Rafael Rojas, über die man auf den letzten Seiten des Buches Näheres erfährt und zwar in englischer Sprache. 

Besonders beeindruckt haben mich die Werke des Portugiesen António Pedrosa. Er fängt die Stille in der Natur eindrucksvoll in seine Bilder ein und hinterlässt mystisch anmutende Impressionen.

Sehr empfehlenswert.

Helga König
1) vgl.: teNeues Website

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum teNeues -Verlag und können das Buch bestellen. http://www.teneues.com/shop-de/buecher/neue-produkte/hasselblad-masters-vol-4.html.
Sie können es aber auch bei ihrem Buchhändler vor Ort ordern.

Rezension: Das Puppenhaus der #Queen- Lucinda Lambton- Gerstenberg

Lucinda Lambton ist Autorin und Fotografin dieses schönen und informativen Buches, das sich mit einer architektonischen Meisterleistung befasst. Es geht dabei um das Puppenhaus der Queen, ein kleines, höchst interessantes Gebäude, das allerdings  nicht zum Spielen gedacht ist.

Über 1500 Künstler, Handwerker und Facharbeiter wirkten an diesem Kleinod für #Queen_Mary, das ihr königliche Zuhause repräsentiert.

Queen Mary war eine obsessive Sammlerin von Kunstgegenständen, speziell von "Winzigkeiten", die eine familiäre Bedeutung hatten. Das Puppenhaus verkörpert britische Exzentrik. Es wurde von namhaften Architekten gestaltet und im Detail mit viel Liebe gefertigt.

Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert:

Architektur und Ornamentik
Personaltrakt
Wohn- und Repräsentationsräume
Familienleben
Bibliothek und Kunstsammlung

Fertiggestellt wurde das Kunstwerk 1924 und seither wurde es nicht mehr von Menschenhand berüht.

1921 wurde dieses Kleinod geplant. Der berühmte Architekt Sir Edwin Lutyens empfand die Planung als ausgeklügelte architektonische Fingerübung, die er im Maßstab 1:12 - 1,52 m hoch, 2,59 m breit und 1,49 m tief erdachte. Um das Bauwerk präsentieren zu können, gestaltete Lutyens die "geniale elektrische Apparatur". Sie ermöglichte, dass die Außenmauern des Puppenhauses abgehoben werden können.

Es ist wahrlich erstaunlich wie detailgetreu das Zuhause von Queen Mary nachgebaut und gestaltet worden ist, bis  hin zu den Deckengemälden.

Im Rahmen der einzelnen Kapitel wird man mit allem vertraut gemacht, selbst dem Küchenutensilien und den Dingen aus der Wäschekammer. Sogar eine Miniatur-"Singer"- Nähmaschine ist zu bewundern und das Inventar des Weinkellers, das präzise aufgelistet wird.

Die Wohn- und Repräsentationsräume in Miniatur sind Glanzstücke aller, die daran gearbeitet haben, wobei mich die Bibliothek besonders fasziniert. Die kleinen Bücher sind nicht größer als eine Briefmarke. Die darin enthaltenen Texte sind teilweise hangeschrieben. Winzig auch sind die Gemäldenachbildungen und die Mini-Partituren, die dokumentieren, wozu Menschen künstlerisch und kunsthandwerklich fähig sind.

Das Buch empfehle ich sehr gerne, denn es gibt viel zu sehen und Spannendes zu lesen und es zeigt, wozu der Mensch fähig ist, wenn er gestaltet und nicht zerstört.

Einfach wunderbar.

Klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Gerstenberg-Verlag und können das Buch bestellen:https://www.gerstenberg-verlag.de/. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler vor Ort ordern.

Rezension Die Retrospektive- #Hans_Christiansen- Hatje Cantz

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die noch bis zum 1. 2.2015 in Darmstadt auf der Mathildenhöhe gezeigt wird. Herausgeber dieses reich bebilderten Katalogs sind Ralf Beil, Dorothee Bieske, Michael Fuhr und Philipp Gutbrot. 

Für alle, die Hans Christiansen (1866- 1945) noch nicht kennen, ist es empfehlenswert, sich zunächst in der Kurzbiografie auf Seite 209 einen kurzen Überblick über dessen Lebensdaten zu verschaffen.

Der gebürtige Flensburger Hans Christiansen studierte an der Kunstgewerbeschule in München, lebte einige Jahre in Paris und war dort als Maler tätig. 1896 gründete er in München die Zeitschrift "Jugend" und wurde 1899 durch Großherzog Ernst Ludwig von Hessen an die Künstlerkolonie Darmstadt berufen. 

Im Jahre 1900 beteiligte es sich an der Weltausstellung in Paris und ein Jahr später an der ersten Ausstellung der Künstlerkolonie Darmstadt. 1902 trat er aus der Darmstädter Kolonie aus und lebte ab 1911 in Wiesbaden, wo er als Lehrer an der Kunstgewerbeschule tätig war. Da er mit einer Jüdin verheiratet war, wurde er 1933 aus der Reichskunstkammer und der Reichsschrifttumkammer wegen seiner Ehe mit einer jüdischen Frau ausgeschlossen. Ausstellungen und Veröffentlichungen wurden ihm fortan versagt.

Hans Christiansen ist eine der bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten des Jugendstils. Im Rahmen von sechs Essays kann man sich im vorliegenden Buch eine konkrete Vorstellung von ihm und seinem Tun beschaffen. Bei den Essays handelt es sich um: 

"Meine Zeit wird schon noch kommen…" Hans Christiansen und das Problem seiner kunsthistorischen Bewertung –Michael Fuhr 

"„…Einfachheit, Natur, Poesie…" Hans Christiansen. Vom Historismus zum Jugendstil- Dorothee Bieske

"...in`s richtige Fahrwasser gebracht…“ Hans Christiansen in Paris- Claudia Kanowski 

"Die Kunst als “Sonnenschein des Lebens"- Hans Christiansen auf der Mathildenhöhe Darmstadt- Philipp Gutbrod 

"Leben und Wirken in Wiesbaden" "„Dann kam das schreckliche Ende. Die Nazi-Regierung“- Margret Zimmermann-Degen 

Nochmals möchte ich  erwähnen, dass  Christiansen prägend für den Jugendstil war. In Darmstadt entwickelte er sich zum  "Gesamtkunsthandwerker", der erfolgreiche Motive und Bildideen bevorzugt wiederverwendete, so etwa Mohnblumen, Schwäne, Nixen und Seeungeheuer. Sein Meisterstück war eine Variation von Rosenmotiven. Dieses fand sich in der Villa  "In Rosen" auf der Mathildenhöhe fast in allen Zimmern wieder, so etwa in Glasfenstern, in der Wandmalerei, als Vorhang, Tischdecke, Teppich etc. Zwar waren die Farben den jeweiligen Materialien angepasst, aber der Stil war unverwechselbar. 

Typisch für diesen Künstler sind schwungvolle Linien, vegetabile Formen, Bildkompositionen mit einer ornamentalen Rahmung, verbunden mit erzählerischen Inhalten. Zudem gibt es rein ornamentale Entwürfe, beispielsweise für Textilien und Tapeten. Die Plakate und Illustrationen des Künstlers, seine Entwürfe für Kunstverglasungen und Bildteppiche sind in ihrer Vereinfachungen der Form, der rhythmischen Gliederung der Flächen und der Unterordnung einzelner Bildelemente und Lokalfarben unter einem dekorativen Gesamtkontext Musterbeispiele des deutschen Jugendstils, hebt Michael Fuhr hervor. 

Es führt zu weit, auf die einzelnen Essays hier inhaltlich näher einzugehen. Besitzer des Katalogs allerdings sollten die Texte aufmerksam lesen, weil sie zu einem besseren Verständnis der Bilder führen. Wichtig zu wissen ist u.a., dass Christiansen in den Pariser Jahren sich endgültig vom Historismus löste und ein besonderes Geschick mit Farben entwickelte, angeregt durch die Académie Julian.

Im Buch werden eine Reihe wundervoller Postkartenentwürfe gezeigt, die sein Farbgefühl sehr gut verdeutlichen. Auch Entwürfe für Verglasungen wie etwa "Drei junge Frauen in Parklandschaft mit See" faszinieren der schönen Formen und abgestimmten Farben wegen und man ist einfach angetan von der Stimmigkeit und Harmonie des Gesamteindrucks der Werke. 

Besonders neugierig gemacht hat mich der Essay von Philipp Gutbrod, denn hier erfährt man mehr zum Leben des Künstlers auf der Mathildenhöhe. Dort hatte er mit seiner "Villa Rosen" ein Gesamtkunstwerk kreiert und parallel dazu Plakate, Teller, Gläser und Vasen entworfen. Auf alten Fotos aus dem Jahre 1901 kann man die Villa im alten Zustand genau betrachten und sich der Originalität erfreuen. 

Hans Christiansen verstarb 1945 in Wiesbaden noch während der entsetzlichen Nazi-Zeit. Mit seinem Tod erlosch der Schutz seiner jüdischen Gattin Claire. Sie überlebte die Schikanen und Unmenschlichkeit und verließ Deutschland. Claire Christiansen wurde 103 Jahre alt und verstarb 1975. Bis zu ihrem Tode kämpfte sie für die Wiederentdeckung des Werkes ihres Gatten, dessen Grabstätte 1999 als Ehrengrab gewürdigt wurde. 

Sehr empfehlenswert.

Folgen Sie bitte nachstehendem Link, dann können Sie das Buch beim Verlag bestellen.
http://www.hatjecantz.de/suchergebnisse-624-0.html?q=Hans+Christiansen. Sie können es aber auch direkt  bei  Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern. 

Rezension: "Goethe und Rembrandt der Denker"- Frankfurter Goethehaus- Freies Deutsches Hochstift

Dies ist das Begleitheft zur Ausstellung "Goethe und Rembrandt der Denker", die vom 18.12. 2014 bis zum 8. März 2015 im Frankfurter Goethehaus, Freies Deutsches Hochstift gezeigt wird.

Das Begleitheft ist im "Vier-Türme-Verlag" gedruckt und von Nina Sonntag graphisch gestaltet worden. Hier erfährt man gleich zu Beginn, dass Rembrandt Harmensz van Rijn (1606-1669) neben Raffael und Dürer zu den Künstlern zählte, die Goethe als Kunstliebhaber nie aus den Augen verlor.

Rembrandt war bereits zu seinen Lebzeiten berühmt. Deshalb auch versuchten nicht wenige Kunstschaffende, seinen Stil zu kopieren. Dabei übernahmen sie das atmosphärische Helldunkel sowie die pittoresken Motive.

Rembrandteskes Motivgut wurde über Generationen tradiert bis es in populären Genredarstellungen mit stimmungsvollen Lichteffekten aufging. Da die Nachfrage nach seinen Werken immer mehr anstieg, kursierten viele Kopien, falsche Zuschreibungen oder auch Fälschungen. Rembrandts Druckgrafiken waren allerdings ziemlich gesichert durch das Gesamtverzeichnis von Edmé-Francois Gersaint.

In Goethes Elternhaus lassen sich keine Radierungen Rembrandts nachweisen. Der Dichter näherte sich 1771 durch Johann Heinrich Merck an Rembrandt an, denn dieser war ein Rembrandtkenner. Für Goethe wurde das Befassen mit dem niederländischen Maler in jenen Jahren ein Teil seiner Lebenswelt.

Man liest von Goethes Verbindung zu Lavater. Beide vertraten die Meinung, dass Raffael für das idealtypisch Schöne, Gute und Wahre stünde, wohingegen Rembrandt üble Charaktere prägnant darstelle.

Goethe schätzte die Darstellung allgemeinmenschlicher, zeitlos gültiger Aussagen in der bildenden Kunst, insofern mochte er Rembrandts Darstellung der Mutterliebe, in der das Göttliche mit dem Menschlichen zusammenfällt. Goethe zeichnete nach Motiven von Rembrandt und verwendete eine Radierung dieses Künstlers in Rom, um in seiner Zeichenpraxis verschiedene Möglichkeiten der Transformation zu erproben.

Nach seiner Italienreise soll  der Dichter sich intensiv mit Rembrandts künstlerischem Verfahren auseinandergesetzt haben. Dabei befasste er sich nicht nur mit Rembrandts Graphik, sondern auch mit seinen Gemälden, allerdings in Form von Reproduktionsgraphiken. Goethe besaß eigene Rembrandt-Radierungen. Darauf wird man im Begleitheft zur Ausstellung hingewiesen und man kann sich in einer Auflistung gezielt kundig machen.

Die Anziehung die Rembrandt auf Goethe ausübte,  mündete in dem Aufsatz "Rembrandt der Denker". Hier macht Goethe deutlich, dass Rembrandt mittels einer raffinierten Technik beim Betrachter Assoziationen auszulösen vermag. Der Niederländer war demnach ein gedanklicher Maler. 

Immer wieder werden Arbeiten von Rembrandt, die in der Ausstellung zu sehen sind,  im Begleitheft gezeigt, darunter sehr viele Selbstbildnisse, eine Charakterstudie, Genreszenen, die Darstellung der Weihnachtsgeschichte, das Christusbild, "Die drei Kreuze" und auch "Ein Gelehrter in seinem Studierzimmer", sowie Aktdarstellungen von Kunst und Künstlern. Dazu kommen Bilder des Frankfurter Malkreises in Rembrandts Manier und Radierungen von Goethe.

Sehr lehrreich. Empfehlenswert.

Helga König

Bild:
Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606–1669) Gelehrter in seinem Studierzimmer ("Faust" / "De practiserende alchimist") Radierung, um 1652 © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum


Hier können Sie die Publikation bestellen: http://www.goethehaus-frankfurt.de/publikationen

Rezension: #Armin_Mueller_Stahl – #Arbeiten_auf_Papier- Works on Paper- #Hatje_ und_Cantz

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Armin Mueller- Stahl – Menschenbilder und Landschaften Arbeiten auf Papier", die vom 2.Dezember 2014 bis zum 10. Januar 2015 in Überlingen in der Galerie Heike Schumacher gezeigt wird.

Die Lebensdaten des Künstlers, der 1930 in Tilsit, Ostpreußen geboren wurde, kann man den letzten Seiten des Buchs entnehmen. Hier erfährt man, dass Mueller-Stahl 1949 in Berlin sein Musikstudium begann, zwei Jahre später dann Schauspielunterricht nahm und sich der Malerei zuwandte. Nach abgeschlossenem Studium hatte er drei Jahre danach seine erste Spielfilmrolle und erhielt 1963 den Kunstpreis in der DDR, wurde 1974 für den Oscar nominiert und verließ 1979 die DDR, um ein Jahr später seinen ersten Roman zu veröffentlichen und mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet zu werden. 

Zwei Jahre danach folgte der Bundesfilmpreis und in den Jahren darauf eine Vielzahl anderer Ehrungen, die sein gesamtes vielfältiges Können verdeutlichen. Ein Blick auf die Liste der Ausstellungen, die er bei aller Arbeit auch noch realisiert hat, macht unmissverständlich klar, dass es sich bei Armin Mueller-Stahl um einen echten Preußen handelt, der wie kein anderer das preußische Arbeitsethos künstlerisch umsetzt. Dies ist eine Glanzleistung für sich.

Das Vorwort zum Katalog hat Björn Engholm verfasst. Hier äußert er sich zum bildkünstlerischen Schaffen Mueller –Stahls. Viele kennen den Künstler als Schauspieler, dass er aber international als begnadeter Musiker brillierte wird nicht jedem bekannt sein, dass er zudem Bücher verfasst hat, zumeist Erzählungen und zudem auch noch malt, darüber schreibt Engholm, der den Leser wissen lässt, dass sich in freier bildnerischer Arbeit die vielfältigen Talente Mueller-Stahls bündeln. 

Seine Bildschöpfungen sind lt. Engholm das Ergebnis intensiver Reflexion, letztlich Widerspiegelungen des eigenen Lebens. Gleichwohl gingen die Aussagen über das Biographische hinaus. Es stimmt, die spürbare Authentizität, gepaart mit der Chance unmittelbarer Identifikation verringert die Zugangsschwelle zu den Bildern und schenkt ihnen eine hohe Anmutsqualität. 

Engholm verdeutlicht, dass sich durch das ganze Leben des Künstlers eine bestimmte Haltung wie ein roter Faden gezogen hat und zwar,  indem Mueller-Stahl frei im Denken und Tun sei, die Freiheit anderer achte und schütze, Toleranz übe und Vorurteile, Hass und Gewalt verachte. Diese Haltung bestimme auch sein Bildwerk. 

Sowohl Zeichnungen, Malereien und seine grafischen Arbeiten sind konsequent am Realen orientiert und es sind Zeichnungen, die Grundlage aller Arbeiten darstellt. Obschon die Bilder mit dem Realen verbunden sind, bilden sie das Reale nicht naturalistisch ab, sondern befassen sich mit dem Charakteristischen des Bildobjektes und gewähren gleichzeitig Einblicke in die Empfindungen des Bildschöpfers. 

Wer sich auf Armin-Mueller-Stahls bildkünstlerisches Werk einlasse,  erlebe, so Engholm,  was der griechische Lyriker Simonides von Keos und später auch Leonardo da Vinci mit dem Begriff "Malerei als stumme Poesie" beschrieben haben: "Bilderzählungen mit schwer beschreiblicher Sogkraft, Bilder, die im Auge der Betrachtenden magische Momente auslösen, buchstäblich sprechende Bilder: Poesie des Realen"

Der Katalogteil ist in die Rubriken:

Kopfgeburten
La (abstrakte Werke) 
Porträts 
Doppelporträts 
Figuren 
Gruppen 
Fromme Gesänge
Übermalte Fotos

untergliedert. 

Die 273 gezeigten Werke erzählen viel über den Künstler, der ein wahrer Poet ist und als solcher einen bestimmten Zugang zu seinen Bildobjekten erhält, den er in seinen gedanklich-poetischen Bildern dem Betrachter subtil offenbart.

Zu Ende des Buches hat man Gelegenheit einen Essay von Andreas Hallaschka zu lesen, der den Titel "Malen heißt fliegen" trägt. Hier zitiert er Armin-Mueller-Stahl: "Langsam übernimmt die Malerei mein Leben, Sie lässt die Zeit aus meinem Körper verschwinden. Wenn ich morgens in meinem Atelier zu arbeiten beginne und danach zum ersten Mal auf die Uhr schaue, dann ist es manchmal bereits halb zwei. Beim Malen erlebe ich Momente, in denen ich wirklich fliegen kann. Das ist die große Freiheit, die die Malerei dem Künstler bietet."

Ein  Werk, das ich gerne empfehle.

Helga König
PS: Die Texte im Buch sind in deutscher und englischer Sprache abgedruckt.

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Hatje und Cantz Verlag und können das Buch bestellen http://www.hatjecantz.de/armin-mueller-stahl-6277-0.html. Sie können es aber auch direkt beim Buchhändler um die Ecke ordern.

Rezension: #Die_Tiere_von_Picasso- #Boris_Friedewald- #Prestel_Verlag

Boris Friedewald hat dieses wundervolle Buch geschrieben, das ich deshalb mit großem Interesse las, weil ich in #Antibes und #St._Paul_de_Vence Originale des Künstlers gesehen habe, deren Bild- bzw. Objektinhalt Tiere darstellen. Darüber mehr zu erfahren, war schon lange  eines meiner Anliegen.

#Picasso liebte das Leben und war ganz offensichtlich extrem tierlieb. Insofern wundert es nicht, dass der Autor in seinen Texten der Affinität Picassos zu Tauben, Katzen, Hunden, Affen, Pferden, Eulen, Ziegen, Fischen und Stieren nachgeht. 

Anhand von Werksabbildungen und Fotos kann man sich dies, was man den Texten entnimmt,  auch visuell vergegenwärtigen. Um sich die Lebensstationen des Künstlers vor der Lektüre der einzelnen Kapitel bewusst zu machen, sollte man die letzten Seiten des Buches zunächst einmal studieren. Dann auch weiß man genau, wer Francois Gilot war. 

Friedemann beginnt mit einem Zitat dieser Malerin seinen ersten Text, der sich mit Picassos Tauben befasst. Gilot schreibt "Pablo liebte es, sich mit Vögeln und anderen Tieren zu umgeben. Im Allgemeinen waren sie vom Misstrauen ausgenommen, mit dem er seine menschlichen Freunde betrachtete." Der Autor erzählt in den einzelnen Kapiteln Anekdotisches aus dem Leben Picassos, das jeweils im Zusammenhang mit den Tieren steht, die die Protagonisten der einzelnen Kapitel sind.

Picasso lebte mit Tieren, auch Tauben konnten sich in seinem Atelier aufhalten. Sie inspirierten ihn augenscheinlich zu kreativem Tun. Dass eine seiner Tauben  zur Friedenstaube des Jahrhunderts wurde, soll nicht unerwähnt bleiben. So machte ein Plakat Picassos ihn zum Botschafter des Friedens, denn seine stilisierte Taube zierte die Plakate vieler Friedenskongresse nach dem 2. Weltkrieg, sei es in Sheffield, Paris, Berlin, Stockholm, Wien, Moskau oder Issy-les Moulinaux im Mai 1962. 

Auch den dann folgenden Kapiteln ist stets ein Zitat vorangestellt und es werden in den Texten stets viele - gewiss nur wenigen bekannten- Informationen zu Picassos Leben und Schaffen mit den jeweiligen Tieren  in kurzweilig zu lesender Form vermittelt.

Über dem Kapitel zu Picassos Ziegen liest man ein Zitat seiner Tochter Paloma "Wir hatten eine Menagerie in unserem Haus. Mein Vater war der hl Franz von Assisi- Tiere konnten seiner Aura nicht widerstehen."

Es ist ein Satz, der vielleicht zunächst ein wenig ironisch klingt, wenn man sich mit dem Leben des Künstlers bereits näher befasst hat, aber Paloma  hat ihn gewiss sehr ernst gemeint. Picasso war ein überaus vitaler, angstfreier Mensch, der seine emotionale Vielfalt lebte. Das Authentische werden die Tiere instinktiv erfasst und deshalb seine Nähe gesucht haben.

Sehr empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Verlag und können das Buch dort bestellen: http://www.randomhouse.de/Buch/Die-Tiere-von-Picasso/Boris-Friedewald/e465345.rhd?mid=4. Sie können es aber auch direkt beim Buchhändler um die Ecke ordern.

Rezension: Till #Brönner- Faces of Talent- teNeues

Der Fotograf, der in diesem Prachtband gezeigten Schwarzweiß- Bilder ist der Musiker Till Brönner, der seine frühe Kindheit in Rom verbrachte, wo die ersten Grundsteine für sein ästhetisches und künstlerisches Empfinden gelegt wurden. Seine Schulzeit absolvierte der Künstler in Bad Godesberg. Dort erhielt er seinen ersten Trompetenunterricht und entschied sich im Alter von 14 Jahren Jazzmusiker zu werden.

Im Alter von 16 Jahren wurde er jüngstes Mitglied im frisch gegründeten Bundesjazzorchester unter Peter Herbholzheimer und fünf  Jahre danach- 1992- Solotrompeter des damaligen RIAS Tanzorchesters unter Horst Jankowski. Ab 1999 widmete sich Till Brönner vollständig seiner Solokarriere. Dabei verkauften sich eigene Alben beim renommierten Jazz-Label Verve bis heute über 1 Million Mal.  Sie erbrachten dem Musiker zwei Grammy- Nominierungen und sechs Echos. 

Zum Fotografieren kam Brönner eher durch Zufall. Seit 2009 fotografiert der Leica-Fan selbst. Dabei entstanden innerhalb von 5 Jahren beinahe ausschließlich spontane Momente sehr persönlicher Schwarzweiß-Porträts von Künstlern, Sportlern und Persönlichkeiten, mit denen man sich im vorliegenden Buch näher befassen kann.

Ines Fayed, die Chefredakteurin des Magazins Leica Fotografie hat das Vorwort geschrieben. Sie meint, dass das Besondere an Brönners Fotografien darin zu sehen sei, dass er die porträtierten Gesichter in den Rahmen seines Blicks zwinge. Erstaunlich jedoch sei die Nähe, die jedes Porträt in sich trage und der flüchtige Moment, der erst im Bild  durch die Fotografie sichtbar werde. 

Im Index erfährt man in englischer und deutscher Sprache, wer die einzelnen  Protagonisten sind und wie Till Brönner diese Personen sieht bzw. in welcher Beziehung er zu ihnen steht. 

Ein wunderbares Foto hat er u.a. von Armin-Müller- Stahl realisiert und auch sehr beeindruckt bin ich von dem Porträt Klaus Maria Brandauers. Für die Aufnahme hat der Fotograf nur 18 Sekunden benötigt und doch ist der Schauspieler völlig präsent. 

Eine tolle Aufnahme von Vincent Klink beeindruckt mich ebenso sehr, wie das nachdenkliche Foto von Hannelore Elsner. Unmöglich all die abgelichteten Personen zu benennen, alle Bilder laden zum Verweilen und Studieren ein. 

Zwei Bilder haben mir es besonders angetan. Das eine zeigt Bob Geldof, das andere Sebastian Koch. Beide Männer haben einen faszinierenden Gesichtsausdruck, der viel von ihrer inneren Tiefe freigibt.

Till Brönner lockt mit seiner Kamera die Seele der Menschen hervor, um sie in seinen Bildern visualisieren zu können. Das gelingt ihm mit Bravour.

Alle Fotos habe ich übrigens im Original in Frankfurt/ Main in der Leica-Galerie bewundert und kann auch unter diesem Eindruck bestätigen, dass die Präsentation im Buch ganz hervorragend gelungen ist.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Bitte klicken  Sie  auf den Link, dann gelangen Sie zum teNeues-Verlag und können das Buch bestellen.http://www.teneues.com/shop-de/buecher/novitaeten-herbst-winter-2014/faces-of-talent2.html. Sie können es aber auch direkt bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.

Rezension: Reading the Landscape- Olaf Otto Becker- Hatje Cantz

Hatje Cantz hat erneut ein Fotobuch des preisgekrönten Fotografen Olaf Otto Becker auf den Weg gebracht. Zu Beginn der schönen Publikation hat man Gelegenheit, sich in einen einleitenden Essay von William A. Ewing zu vertiefen, den man in englischer und deutscher Sprache präsentiert bekommt. 

Im neuen Bildband von Olaf Otto Becker geht es nicht um Gletscherwelten und die damit verbundene Problematik wie in seinen vorangegangen Werken, sondern um eine Regenwald-Arbeit. Um diese zu verstehen, empfiehlt Ewing, die vorrangegangenen Bücher ebenfalls zu studieren.

Ausgehend davon, dass sich die Ressourcen der Erde immer mehr verknappen, während des Bevölkerungswachstums steigt, entschied sich der Fotograf, nach den subtilsten Anzeichen Ausschau zu halten und die Ergebnisse menschlichen Tuns in einer der entlegensten und unzugänglichsten Regionen der Erde zu erforschen. 

Becker war zwischen 2004 und 2006 in Grönland. Für sein Buch  "Broken Line Greenland“ reiste er 4000 Kilometer mit einem kleinen Schlauchboot durch die eisige Gletscherwelt und stieß überall auf Anzeichen der durch den Menschen verursachten Erderwärmung. Später dann besuchte er auch Wissenschaftler auf dem Inlandeis und wartete mit der Bilderserie "Above Zero" (2007/08) auf. Am Beispiel der Insel Island beantwortet Becker in "Under the Nordic Light" die Frage, wie sich Landschaft im Laufe der Jahre verändert. 

Wo vermag Becker noch unberührte Natur finden? Im ersten Teil von "Reading the Landscape", immerhin.  Hier wird man mit paradiesischen Impressionen konfrontiert aus den Urwäldern Malaysias oder Indonesiens, sieht romantische Flussauen, von Lianen umschlungene Baumstämme, ökologische Nischen für unzählige Le­bewesen – unberührte tropische Regenwälder. Selbst der gemäßigte Regen­wald des Redwood National Parks in Kalifornien wirkt noch gesund, die Mammutbäume konnten aufgrund rigoroser Schutzmaßnahmen überleben.

Im zweiten Teil zeigt er die großflächige Zerstörung und im dritten erhält der Betrachter die Vorstellung des Idyllischen und Unberührten zurück. 

Wie man erfährt, wird das Werk Beckers seitens des Fotografen und Autors Gerry Badger in die Sparte "lyrische" und  "poetische" Dokumentation eingeordnet. So betrachte ich die Werke übrigens auch und bin beim Anblick der Bilder emotional sehr bewegt. 

Auf den letzten Seiten werden die beeindruckenden Fotos näher von Becker erläutert. Seine Bilder sind der Versuch etwas zu erzählen, schreibt er, "was ich selbst erlebt und mit eigenen Augen gesehen habe und was mich deshalb sehr berührt."

Dabei kommt er zu dem Ergebnis: "Vieles deutet inzwischen darauf hin, dass wir durch Opportunismus, hohes Anspruchsdenken, Überbevölkerung und unsere technologischen Möglichkeiten diesen Erdball mit rasanter Geschwindigkeit und unkontrollierbar zum Nachteil jeglichen Lebens auf dieser Erde verändern. Nur eine rasche Gegenbewegung könnte die destruktiven Folgen dieses Tuns noch abwenden. Sollte das jedoch nicht geschehen, werden wir wohl jegliche Chance für zukünftige Generationen verspielen.“ 

Ein berührendes Buch, das bezaubert aber auch zugleich erschreckt. 

Sehr empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Hatje Cantz Verlag und können das Buch bestellen.http://www.hatjecantz.de/olaf-otto-becker-6193-0.html. Sie können es aber auch  bei Ihrem Buchhändler vor Ort ordern.

Rezension Peter J. König:Thomas Hoepker Wanderlust teNeues

Viele Jahrzehnte war Thomas Hoepker unterwegs auf diesem Globus, um seiner Leidenschaft nachzugehen. Er, der Fotojournalist, dem eine einmalige Nachkriegskarriere bestimmt war, hat mit seinen einfühlsamen Bildern und Fotoreportagen Geschichte auf dem Gebiet der Fotographie geschrieben. Deshalb wurde er mit unzähligen Preisen und Auszeichnungen bedacht. Zu Beginn seiner Karriere, als nicht das Fernsehen, sondern noch die Zeitschriften und Magazine die große weite Welt den Menschen ins Haus gebracht hat, war Hoepker für verschiedene deutsche Illustrierte tätig. Später ist er zum Stern gewechselt, erst als Fotojournalist, später als Art-Director. Dann zog es ihn nach New York, wo der 1936 Geborene mittlerweile seit vielen, vielen Jahren lebt, dort für die Fotoagentur Magnum Photos gearbeitet hat und einige Jahre deren Präsident wurde. In seinem langen Leben als Fotokünstler sind Thomas Hoepker viele spektakuläre Aufnahmen gelungen, die von den Medien veröffentlicht wurden und oftmals als besonders preiswürdig einzuschätzen sind.

Jetzt hat der teNeues-Verlag unter dem Titel „Wanderlust“ einen wunderbaren Bildband von Thomas Hoepker aufgelegt, der seine besten Arbeiten von 1954 bis 2013 dokumentiert. Anstatt die einzelnen Kapitel mit Überschriften zu versehen, wurde das Werk in 7 Zeitabschnitte unterteilt, jede einzelne Aufnahme ist dann noch gesondert mit dem Jahresdatum versehen und in welchem Land das Bild aufgenommen wurde. Dies ist auch bei der Unzahl von spektakulären Schnappschüssen notwendig, damit der Betrachter die Orientierung nicht verliert. Wenn dies bei den politischen Großereignissen auch nicht notwendig ist, wie z.B. beim Aufstand in Prag, dem Fall der Mauer in Berlin oder 9/11 in den USA, so sind doch viele Aufnahmen mitten im Leben entstanden, auf den vielen Reisen rund um die Welt.

Hier ist eigentlich das Wunderbare von Hoepkers Arbeit zu sehen. Meistens in Schwarz-Weiß gehalten, zeigen die Fotografien eine kaum beschreibbare künstlerische Einfühlsamkeit für die Menschen, ihr Schicksal und ihre kleinen Freuden, aber auch ihre große Trauer. Deshalb kommt beim Betrachter dann auch immer eine bestimmte Nachdenklichkeit auf, ein wesentlicher Grund, warum man so von den Aufnahmen vereinnahmt wird. Es gibt nicht viele Fotokünstler auf der Welt, die ihr Metier so beherrschen wie Thomas Hoepker. Dabei lässt er immer nur die leisen Töne anklingen, vordergründiges Geschrei ist nicht sein Ding.

Besonders interessant ist dabei, dass man beim Betrachten der Bilder ziemlich unschwer erkennt, welche Gedanken den Fotografen jeweils bewegt haben. Neben der künstlerischen Leistung sind Hoepkers Aufnahmen auch gleichzeitig jeweils ein fotografisches Zeitdokument von bedeutendem Wert, denn sie lassen der Nachwelt einen Blick in die Vergangenheit zu, auch mit der Chance das Zurückliegende vielleicht doch noch besser zu verstehen. Fast 60 Jahre Zeitgeschichte bedeutet eine kaum überschaubare Fülle von Bilddokumenten, dabei ist es Thomas Hoepker mit dem teNeues-Verlag absolut gelungen eine geeignete Balance zu schaffen zwischen weltbewegenden Ereignissen, der Darstellung von bedeutenden Persönlichkeiten der Zeit, aber auch den einfachen Menschen in ihrem jeweiligen Umfeld. 

Oft hat man den Eindruck, dass gerade die Menschen auf der Straße die weitaus größere Persönlichkeit ausstrahlen als die "Gewichtigen". Dies erkannt und umgesetzt zu haben, auch das ist der Verdienst von Thomas Hoepkers grandiosen Fähigkeiten.

Zum Schluss noch eine notwendige Chronistenpflicht, damit der Leser sich darauf einstellen kann, um welches einmalige Bildwerk es sich hierbei handelt. Es sind die Zeitabschnitte, die die Fülle an beeindruckenden Aufnahmen vorgeben: 
1954-63 
1964-73 
1974-83 
1984-93 
1994-03 
2004-13 

Das Vorwort zu diesem Bildband "Wanderlust"von Thomas Hoepker wurde von dem Schriftsteller, Ausstellungsmacher und Publizist Hans-Michael Koetzle aus München verfasst und ist in Englisch, Deutsch und Französisch zu lesen, die Textbeiträge jeweils in englischer Sprache. Dem teNeues-Verlag gebührt der Dank einen solchen wunderbaren Bildband auf den Weg gebracht zu haben und für Thomas Hoepker bleibt nach all diesen Zeilen eine letzte Anerkennung: Er ist ein wahrer Menschenfreund. 

Sehr empfehlenswert 

Peter J. König

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Rezension: Martin Schoeller- Porträt - teNeues

Martin Schöller wuchs in Frankfurt am Main auf und realisierte nach seinem Abitur beim Berliner Lette-Verein eine Ausbildung als Fotodesigner. Danach war er von 1993 bis 1996 erster Assistent der renommierten US-amerikanischen Fotografin Annie Leibovitz. Seit 1993 lebt und arbeitet der Fotograf in New York. Dort ist er für das Magazin "The New Yorker" als Nachfolger von Richard Avedon tätig. Seine Arbeiten erscheinen zudem in Publikationen wie GQ, Glamour, Entertainment Weekly, Vogue und Harper's Bazaar. Das vorliegende Werk zeigt bislang unveröffentlichte Auftragsarbeiten für The New Yorker, TIME, GQ und andere.

Im Buch entfaltet sich die gesamte Ausdruckspalette des berühmten Fotografen in einer Zusammenstellung redaktioneller Aufnahmen. Ob Porträts von politischen Führern, Hollywoodstars, Unternehmern oder aktuellen Musikgrößen – so teNeues- "seine Aufnahmen sind so mutig wie anspruchsvoll, so spielerisch wie präzise. Unabhängig von Motiv und Kulisse erwachen Schoellers Fotografien scheinbar zum Leben." Das kann ich nach dem Studium der Bilder problemlos bestätigen.

Eine Vielzahl Schwarz-Weiß- und Farbbildern lassen den Betrachter sich immer wieder in einzelne Bilder vertiefen, um die hinter der Bilderwelt stehende Geisteshaltung des Künstlers zu verstehen. Nicht einfach, um nicht zu sagen unmöglich.

Der Bildband zeigt eine Reihe ziemlich skurriler Aufnahmen, die ich nicht zu interpretieren wage. Teilweise geht der Fotograf so nahe an seine Modelle heran, dass – speziell bei älteren Menschen- die Abgründe der Seele sichtbar werden, die mir zuvor nie aufgefallen sind, so etwa bei Jane Fonda.

Jeff Koons mit einem Blütenkranz auf dem Kopf wirkt ein wenig wie eine zum Leben erwachte griechische Statue. Überaus skurril erscheint die Aufnahme, die Elettra Wiedemann im roten Ballkleid mit Tasse auf dem Kopf und einem Hahn in der Hand zeigt. Was will das Bild mir sagen?

Dass Menschen sonderbare Vorlieben haben, habe ich mittlerweile begriffen.  Ich sehe einen Mann mit Lockenwicklern  in der Badewanne, einen anderen mit rot geschminkten Lippen, warum nicht? Irgendwann dann schließlich verweilt mein Blick lange auf einem doppelseitigen Foto. Zwei sehr sympathische Menschen-Pete Seeger und Joan Baez – lachen miteinander. Wie schön. Wenn man offen miteinander lachen kann, stimmt einfach alles. 

Meryl Streep wirkt ungewöhnlich ernst und geradezu abgefahren schräg erscheint Elton John auf den doppelseitigen Foto mit zwei fast entblößten Tänzerinnen, bei denen ich nicht deuten kann, ob es sich um Frauen oder Männer handelt. 

Beeindruckend ist das Foto von Julian Assange, dessen kluge Augen mich immer wieder faszinieren, aber auch das Foto des sympathischen Mark Zuckerberg, gefällt mir sehr gut. Brad Pitt ist immer schön, auch auf der Aufnahme von 2006. Die Frauen in diesem Buch sind es selten, speziell wenn sie etwas älter sind. Das gilt auch für Donatella Versace. Schaue ich auf Hillary Clintons Seitenprofil, so sehe ich unsägliche Traurigkeit.

Es ist nicht der Blick Martin Schoellers auf reife Frauen, der diese so unschön erscheinen lässt, sondern die Tatsache, dass diese Frauen erkennbar nicht in sich ruhen.

Nur Joan Baez  tut es, sie lacht und freut sich. Ihr Gesicht ist entspannt. Erneut wird mir klar, dass sich alles im Gesicht niederschlägt und einzeichnet.

Ein  beeindruckendes Buch, mitunter aber etwas gewöhnungsbedürftig.
ca. 260 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
ca. 150 Farb- und Schwarz-Weiß-Fotografien

Sehr empfehlenswert

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Rezension- #Georg_Baselitz- Damals, Dazwischen und Heute- Haus der Kunst- Prestel-Verlag

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Georg Baselitz- Damals, Dazwischen und Heute"-, die seit dem 19.9.2014 bis zum 1.2. 2015 im Haus der Kunst in München gezeigt wird. Herausgeber des Werks ist Ulrich Wilmes. Nach einem Vorwort von Okwui Enwezor folgt ein ausführliches Gespräch zwischen diesem und Georg Baselitz sowie Beiträge von Ulrich Wilmes, Katy Siegel, Eric Darragon, Michael Semff und Georg Baselitz. Dem Anhang zum Schluss ist die Werkliste und die Biografie zu entnehmen, die seitens des Archivs von Georg Baselitz zusammengestellt worden ist. 

Die Ausstelllung, deren Kurator Dr. Ulrich Wilmes ist, verfolgt thematische Leitlinien, gruppiert um Figuren, Motive und Ikonenfotografien in Baselitz´ Malerei. Geboten wird ein tiefer Einblick in eine fünfzigjährige Schaffenszeit. Dokumentiert wird dabei wie klar und unerschütterlich sich Themen durch das ganze Werk ziehen. Zudem wird die Tradition gegenständlicher Malerei analysiert. Diese nämlich bildet den Kern der Arbeit eines der konsequentesten Künstler unserer Zeit, wie uns Enwezor wissen lässt. 

Eines der nicht unwesentlichen Elemente der Kunst von Georg Baselitz ist die Erneuerung und kritische Reflexion des eigenen Tuns. Das  ausführliche Gespräch zwischen Baselitz und Enwezor hier in Kurzform wiederzugeben wäre vermessen. Es in aller Ausführlichkeit zu lesen, bringt dem Betrachter die Werke von Baselitz intellektuell näher, verdeutlicht die komplexe Geisteshaltung, die hinter den einzelnen Werken steht.

Wie Ulrich Wilmes schreibt, ist eines der bestimmenden Wesensmerkmale der Werksentwicklung von Georg Baselitz seine historische Reflexivität. Diese scheint sich zunehmend von der Bedeutung her auszudehnen. Bei ihm übernimmt das Bild die Führung, während er daran arbeitet. Wie er schreibt, findet im Schaffensprozess zwischen seiner vorgefassten Bildidee und dem Bild, das um sein Eigenleben kämpft ein Auseinandersetzungsprozess statt.

Baselitz arbeitet ausschließlich mit Disharmonien. Er ordnet nach dem Prinzip der Disharmonie, nach dem der Unausgewogenheit, nach dem der Zerstörung. Werke aus unterschiedlichen Zeiten zeigen auf den Kopf gestellte Motive und beispielsweise durch Fingermalerei entstandene grob gehauene Figuren, die er anschließend bemalt hat. Der Adler zählt zu den am häufigsten wiederkehrenden Motiven im Werk dieses Künstlers, wobei mein diesbezügliches Lieblingsbild eine Fingermalerei aus dem Jahre 1972 ist. Es trägt den Titel "Adler". Dieser steht auf dem Kopf und nimmt ihm dadurch all die Eigenschaften, die man normalerweise mit diesem Tier assoziiert. 

Baselitz hat sich während seiner gesamten bisherigen Schaffensperiode dem Gängigen wiedersetzt. Obschon er wie der Katalog zeigt, vielfach seine Methode gewechselt hat, ist sein Ziel jedoch stets gleich geblieben. In seinem Werk ist alles aus der Arbeit des Malens und aus der Reflexion über dieses Tun herausgewachsen, schreibt Michael Sempff. 

Wer in die Werke sinnlich und intellektuell vordringen möchte, ist  -ich sage es nochmals- gut beraten, die Texte ausführlich zu studieren und sie  auf sich wirken zu lassen. Womit Baselitz den Betrachter konfrontiert ist keine leichte Kost, aber es kann zum Augenschmaus werden, wenn man die dahinterstehende Vorstellung begreift. 

Sehr empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Prestel-Verlag und können das Buch bestellen.http://www.randomhouse.de/Buch/Georg-Baselitz-Damals-dazwischen-und-heute/Ulrich-Wilmes/e467959.rhd . Die können es aber auch bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.

Rezension: XXL- Kunst , die den Rahmen sprengt- Éléa Baucheron. Diane Routex-Prestel

Éléa Baucheron und Diane Routex haben dieses ungewöhnliche Kunstbuch auf den Weg gebracht, das prominenteste, zeitgenössische Vertreter der modernen Kunst und deren Arbeiten vorstellt, die alleine schon durch ihre Größe auffallen. Monumentalkunst wird seitens der Kunsthistoriker wenig Beachtung geschenkt, gleichwohl zieht sie sich durch die gesamte Kunstgeschichte. Man vergegenwärtige sich in diesem Zusammenhang  Standbilder, Fresken, Gemälde und Ähnliches.

Die Autorinnen werfen zunächst einen Blick auf die Monumentalkunst vergangener Jahrhunderte, um anschließend zu fragen, was die heutigen Künstler zum Arbeiten im XXL-Format antreibt. Zumeist geht es darum, dem Betrachter eine neuartige, ästhetische Erfahrung zu übermitteln. Dabei sollte man wissen, dass Monumentalität nicht nur Selbstzweck ist, sondern die optische Wirkung eines Werkes verstärkt, eine technische Herausforderung verkörpert und zudem eine Botschaft transportiert.

Monumentalkunst steht mehr als jede andere Kunstform in Beziehung zum Raum, lässt den Betrachter klein werden und bewirkt auf diese Weise einen Perspektivwechsel. 

Im Buch lernt man 50 internationale Künstler kennen, deren Arbeiten ohne enge  räumliche Grenzen auskommen.  Die Künstler und ihr Tun sind den Kapiteln
Landschaft gestalten 
Städte verwandeln 
Räume sprengen 
Museen verändern
zugeordnet. 

Jeder Künstler wird textlich kurz porträtiert und man lernt auch stets ein Werk visuell kennen, um sich klar zu machen, worum es eigentlich geht. Beim Thema "Landschaft gestalten" fasziniert mich ein Werk von David McCracken (geb. 1963) besonders. Sein "Diminish an Ascend" ist eine sich nach oben hin verjüngende Treppe, die als poetische Einladung begriffen werden sollte, sich über die Wolken zu erheben. 

Zur Sprache bringen möchte ich beim Thema "Städte verwandeln" die abstrakte Skulptur von Alexander Calder (1898-1976). Diese immerhin 16 Meter breite, scharlachrote Figur steht vor den dunklen, symmetrischen Fassaden des Chicaco Federal Center Plaza. Zwei beeindruckende Objekte von Christo & Jeanne –Claude (geb. 1935 und 1935-2009) werden  zu diesem Thema auch gezeigt. Den verhüllten Reichstag kennen sicher die meisten. Beeindruckend sind nicht nur die Werke selbst, sondern zudem ihre Kurzlebigkeit. Leider ist es unmöglich über all die Künstler hier zu schreiben, die Monumentalkunst zu ihrer Aufgabe machen und  Rieseninstallationen präsentieren. 

Räume sprengen ist für einige dabei das Motto, so auch für Joana Vasconcelos (geb.1971), deren Werke zwischen Objektkunst, Pop-Art und Neuem Realismus angesiedelt sind. Ihre Arbeiten befassen sich mit Identitätsproblemen, Klassenkonflikten und vor allem mit der Stellung der Frau in der modernen Gesellschaft. Dabei transportiert Vasconcelos ihre Gesellschaftskritik in großformatigen, skurrilen, transgressiven Werken.  Als erste weibliche Künstlerin erhielt die Portugiesin die Erlaubnis, in Versailles auszustellen. Hierduch konnten die Besucher dort das im Buch gezeigte Meisterwerk "Marilyn" bewundern. Es handelt um überdimensionierte High Heels, die vor der Kulisse des Spiegelsaals präsentiert wurden. 

Auch Museen wurden durch Monumentalwerke zeitweilig verändert, so etwa das Panthéon durch Ernesto Neto (geb. 1964). Er wollte dem Gebäude durch Sinnlichkeit seine Feierlichkeit entziehen aber auch dokumentierten, dass die moderne Gesellschaft in einem sehr viel radikaleren Wandel begriffen ist als zur Zeit des Übergangs von der Monarchie zur Republik als das Panthéon erbaut wurde. Das ist Neto mit seinen Objekten, die offenbar nach Lavendel geduftet haben, tatsächlich gelungen. 

Das Kunstbuch ist insofern interessant,  weil es Ausdruck unserer Zeit ist. XXL ist ein Zeichen der Gier, die überall Räume sprengt und nichts anderem Platz lässt. Monumentalkunst ist ihr Spiegel dieser fatalen Geisteshaltung 

Empfehlenswert.

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Rezension: Meisterhaft- Altniederländische Malerei aus nächster Nähe- Till-Holger Borchert

Autor dieses grandiosen Werkes ist Till-Holger Borchert. Er arbeitet als Chefkurator am Groeningenmuseum in Brügge, das ich vor einigen Jahren besucht habe und dessen Besuch ich nur jedem empfehlen kann. 

Dieser reich bebilderte, kunsthistorisch bemerkenswerte Prachtband entfaltet das farbenprächtige Panorama der altniederländischen Malerei vom 15. bis 19. Jahrhundert. Schon im Klappentext wird darauf hingewiesen, dass der Begriff "Altniederländisch" keineswegs das heutige Königreich Niederlande meint, sondern die von dem Burgunderherzog Philipp dem Guten (1396- 1467), dessen Sohn Karl dem Kühnen (1433- 1477), deren Habsburger Erben bis hin zu Kaiser Karl V. (1500-1558) in Personalunion regierten Gemeint sind Fürstentümer wie Flandern, Brabant und Hennegau, das heißt die im Süden der burgundischen Niederlande gelegenen, heute primär flämischen Gebiete, mit den schon damals bedeutenden Metropolen Brügge, Gent, Antwerpen, Brüssel und Löwen.

Nach einem Vorwort von Till-Holger Borchert und einem Geleitwort von Mickey Cartin lernt man Werke folgender Künstler kennen: Jan van Eyck, Robert Campin, Rogier van der Weyden, Petrus Christus, Dieric Bouts, Joos van Wassenhove, Hugo van der Goes, Hans Memling, Gerard David, Hieronymus Bosch, Quentin Massys, Meister von Frankfurt, Joachim Patinir, Jan Gossaert, Joos van Cleve, Pieter Bruegel D.Ä. , Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck, Jacob Jordaens, Jan Bruegel D. Ä. Willem van Haecht. 

Repräsentative Beispiele für das Schaffen dieser Künstler werden gezeigt, auch immer wieder Teilausschnitte der Werke und dies deshalb, weil das genaue Hinsehen, der dritte und vierte Blick erst die Geheimnisse und Finessen der Gemälde alter Meister wirklich preisgeben. Der Fokus ist vor allem auf die einzigartigen Bestände der flämischen Kunstmuseen und Kirchen gerichtet, den traditionell eng mit den burgundischen Niederlanden verwobenen Habsburger-Sammlungen in Wien und Madrid. 

Die Texte sollen über den jeweiligen Maler informieren und deren Errungenschaften situieren, so Till-Holger Borchert. Dabei werden die Werke zunächst stets bündig gezeigt und tasten sich dann in die Sphäre des Details heran. Im Rahmen der Rezension auf einzelne Werke näher einzugehen, führt leider zu weit. Gesagt werden kann, dass die Kurzbiografien allesamt vortrefflich gelungen sind und auch die Werksbeschreibungen dem Leser eine Vielzahl von wichtigen Informationen an die Hand geben. Unter anderem erfährt man mehr über den "Genter Altar" von Jan van Eyck, der sich auf 12 Tafeln mit insgesamt 26 Einzelszenen entfaltet. Es handelt sich um ein gemaltes Kompendium der christlichen Erlösungsbotschaft, vom ersten Menschenpaar über die Inkarnation Gottes bis hin zum himmlischen Jerusalem der Apokalypse. Die Bildausschnitte verdeutlichen die paradiesische Welt und die große Liebe zum Detail van Eycks, die auch im eloquenten Begleittext zur Sprache gebracht wird. 

Sehr eindrucksvoll sind die Bildausschnitte von Werken Rogier van Weydens, dessen Werke vor einiger Zeit in Frankfurt in Städel zu sehen waren, so etwa zur "Kreuzabnahme", die im Auftrag der großen Armbrustgilde von Löwen entstand. Beeindruckend auch ist das Werk des Malers Dieric Bouts, das den Titel  "Die Gerechtigkeit von Kaiser Otto III". trägt. Das Gemälde vereint mehrere Szenen zu einem einzigen Bild, die nicht nur wichtige Bildquellen mittelalterlicher Rechtsprechung sein wollen, sondern vor allem die Vollstreckung von Recht veranschaulichen. 

Gemälde von Hans Memling sah ich im Original in Brügge, dort erwarb er 1465 das Bürgerrecht, das ihm erlaubte sich in der Stadt niederzulassen. Gezeigt werden sein "Johannesaltar" und das "Diptychon des Maarten van Nieuwenhove". Mehr über diese Werke zu erfahren und gezielte Blicke auf die Details zu erhalten, macht mich hier besonders dankbar. Aufgrund der oftmals nicht immer sofort deutbaren Symbolik, bedarf es textlicher Erläuterungen, um Werke vom Inhalt her zu verstehen.

Ein Werk, das mich im Original gefangen hielt als ich es in Brügge erstmals sah, stammt von Gerard David und heißt "Das Urteil des Cambyses". Es geht dabei um den korrupten Richter Sisamnes, den man wegen Bestechlichkeit überführte und auf Geheiß von König Gambyses bei lebendigem Leib enthäutete. Ob ein solches Gemälde erkenntnisfördernd ist, sei dahingestellt. Wünschenswert wäre es.

Auch Werke von Hieronymus Bosch, einem meiner Lieblingsmaler werden gezeigt, nicht zuletzt "Der Garten der Lüste" und "Der Heuwagen", zwei Werke die den Betrachter aufgrund der vielen Detailaussagen in den Bann schlagen. Bosch ist für mich der fantasievollste aller Maler der alten Meister aus den Niederlanden. Seine gedanklichen Transformationen sind Ausdruck tiefster Spiritualität. 

Es führt zu weit, auf all die Werke im Buch näher einzugehen. Erwähnen möchte ich Joachim Patinir, der möglicherweise als der erste niederländische Maler sich ausschließlich auf die Darstellung von Landschaften spezialisierte. Sein Werk "Charon überquert den Styx, den Fluss zum Hades" wird hervorragend erklärt und die Details machen deutlich, worum es dem Künstler eigentlich ging.

Fasziniert bin ich von den Werken Pieter Bruegel D.Ä. und den Werken Peter Paul Rubens, die ich im Original schon gesehen habe, aber jetzt erst tatsächlich wahrnehme durch die Detailansicht. Mit besonderer Begeisterung studierte ich die Details des Werkes  "Die Kunstkammer" von Cornils van der Geest, die die Großartigkeit des Bildes erst richtig verdeutlichen. 

Ein wunderbares Buch, das ich Kunstliebhabern und solche, die es noch werden wollen sehr empfehle. Das Werk ist ein besonders kostbarer Juwel, weil es durch die vielen Detailansichten ermöglicht, sich mit den Bildinhalten und der Technik sehr genau zu befassen.

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Rezension: #August_Macke und #Franz_ Marc- Eine Künstlerfreundschaft.- Hatje Cantz

Anlässlich des 100. Todestages von August Macke präsentiert das Kunstmuseum Bonn (25.9. 2014 bis 4. 1. 2015) und die Städtische Galerie im Lembachhaus, München (28.1. 2015- 3. 5. 2015) eine Ausstellung, deren Thema die Freundschaft der beiden Künstler August Macke und Franz Marc sowie deren Kunst darstellt. 

200 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Skizzenbücher, kunstgewerbliche Objekte und private Dokumente veranschaulichen das Leben und Werk der beiden zwischen 1910 und 1914, machen begreifbar wie Macke und Marc sich gegenseitig wahrnahmen und auch beeinflussten, wie sie die Kunst ihrer Zeit interpretierten und weiterentwickelten. 

Macke nahm Bezug auf die sichtbare Welt und leitete aus der sinnlichen Präsenz die Wahrheit des Bildes ab, wohingegen Marc die spirituelle Durchdringung der Welt suchte. Seine Absicht bestand darin, die künstlerischen Mittel zu entwickeln, in deren Folge im Bild die Einheit des Seins sichtbar wurde. 

Verfolgt wird in der Ausstellung in mehreren Abschnitten die Entwicklung der beiden Künstler ab 1910 bis hin zur Arbeit innerhalb des "Blauen Reiter" und der Beteiligung an wichtigen Ausstellungen wie etwa dem "Ersten Deutschen Herbstsalon". Neben vielen bemerkenswerten Aspekten, so auch die Rolle der Ehefrauen, zeigt die Ausstellung u.a. wie Macke und Marc Anregungen des Fauvismus, Kubismus, Futurismus und Orphismus verarbeitet haben, aber auch welche Position sie gegenüber der Möglichkeit einer ungegenständlichen Kunst einnahmen. 

Trotz vieler Differenzen in kulturpolitischen und künstlerischen Fragen wurde die tiefe Freundschaft der beiden nicht beeinträchtigt. 

Der Katalog enthält neben den Werken hervorragende Essays unterschiedlicher Autoren. Volker Adolphs betrachtet dabei in seinem Essay "Anschauen und Durchschauen der Welt" die Natur im Werk von August Macke und Franz Marc. Für die beiden war klar, dass im Hinblick der Beziehung von Kunst und Natur, ihr Erlebnis und ihr Bild der Natur nicht distanzlos Bild der Kunst werden konnte. Die beiden Künstler stimmten darüber überein, dass die Kunst ein Eigenrecht über die Natur habe. 

Es führt zu weit, die Inhalte der eloquenten Essays hier verkürzt festzuhalten, sei es  auf die Ideen für eine neue Malerei der beiden Künstler oder auf das Ausloten der beiden Protagonisten im Hinblick auf die kunsthistorische Tradition in entsprechenden Essays näher einzugehen Bei allem verkörpert der Almanach "Der Blaue Reiter" eine Art Brennpunkt. Dazu erfährt man Wissenswertes, aber auch über das gemeinsame Wandbild mit dem Namen  "Paradies" wird man sehr gut informiert. 

Klara Drenker-Nagels schreibt einfühlsam über Elisabeth Macke und Maria Marc. Ihre Männer sind im 1. Weltkrieg gefallen, doch die Freundschaft der beiden Frauen blieb bis zu Marias Tod im Jahre 1955 bestehen. 

Die Themen der Essays sind zu komplex,  als dass man sie hier in der Rezension erörtern könnte. Franz Marc konnte den Tod seines Freundes nicht verwinden. Er empfand ihn wie einen Mord. Man hat Gelegenheit Auszüge aus einem Brief zu lesen, den Franz Marc drei Tage vor seinem Tode am 1.3. 1916 an Herwarth Walden schrieb. Was er auf den Feldern von Verdun sah, war für ihn "das Entsetzlichste, was sich Menschenhirne ausmalen können." Er fand, dass der Gastod, die Minen und Fliegerkämpfe, dieses riesige Fiasko, allen Beteiligten über den Kopf gewachsen war. 

Der Katalogteil beginnt mit den ersten Begegnungen. Textliche Erläuterungen und Porträts, auch Naturbilder lassen den Betrachter lange verweilen. München und der Tegernsee, aber auch Sindeldorf und Bonn hatten auf die Künstler eine inspirierende Bedeutung, denn sie lebten bekanntermaßen dort. Auszüge aus dem Briefwechsel der beiden Freunde sind den Bildern des Katalogs beigefügt und man hat die Gelegenheit sich mit farbtheoretischen Diskussionen zu befassen, die die beiden in Briefen auch voller Enthusiasmus führten. Einfach grandios sind diese intensiven Farbtöne, die so voller Leben sind. Das erwähnte Wandbild "Paradies 2012" ist abgebildet und wird seitens Tanja Pirsig-Marshall auch sehr gut erläutert. 

Ich staune aufgrund der Bilderfülle und es macht Freude zu sehen, wie sich Freundschaft ausdrücken kann. Die gezeigten Werke beider Künstler sind ein  Traum. Blickt man auf Mackes "Spaziergang in Blumen", (1912) und Franz Marcs "Im Regen", (1912) deutet nichts darauf hin, dass 2 Jahre später das "Entsetzlichste, was sich Menschenhirne ausmalen können" seinen Anfang nahm. Auch die Abstraktionen sind farblich voller Leben. 

Der Tod ist hinterhältig, speziell wenn er viele dahin raffen möchte. 

Bilder von der Tunisreise, die Macke 1914 unternahm, liebe ich besonders und es folgen weitere Werke, die im Krieg entstanden sind, so etwa Franz Marcs "Die Vögel"(1914). 

Sehr berührt bin ich von Franz Marcs Nachruf auf August Macke. Dieser endet mit den Worten  "Der gierige Krieg ist um einen Heldentod reicher, aber die deutsche Kunst ist um einen Helden ärmer geworden." 

Fotos und eine Chronologie der Freundschaft runden den Katalog perfekt ab und lassen den Leser und Betrachter sehr traurig werden. Diese Freundschaft hätte noch lange andauern können und sie wäre fruchtbar gewesen, aber es sollte nicht sein. 

Zum Schluss sind die Daten des Katalogs der ausgestellten Werke aufgelistet. Während ich diese studiere, sehe ich vor meinem geistigen Auge das Wandbild, auf dem die Hoffnungsfarbe Grün dominiert und höre Macke zu Marc sagen "Ich freue mich, wenn Du arbeitest. Gib Deiner Zeit Tiere, vor denen man noch lange steht. Die Hufschläge Deiner Pferde mögen hallen bis in die fernsten Jahrhunderte." So spricht ein Freund. Wunderbar.

Sehr empfehlenswert

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Rezension: Der Vatikan- Die Gemälde- Die Kunstschätze- Anja Grebe- Dumont

Dieser beeindruckende Prachtband im hochwertigen Schuber themasiert die Gemälde und Kunstschätze im Vatikan. Auf den Weg gebracht hat dieses reich bebilderte Buch Anja Grebe. Sie ist habilitierte Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Freiburg. Grebe hat an vielen Ausstellungen als Kuratorin mitgewirkt und hat auch Bücher verfasst, nicht zuletzt das ebenfalls bei DuMont erschienene, hervorragende Kunstbuch  "Der Louvre. Alle Gemälde." 

Das hier vorliegende Werk beginnt mit einem Vorwort von Ross King aus Oxford, dem ein Plan der Vatikanischen Museen folgt, in den man sich zunächst vertiefen sollte, bevor man sich mit der Vatikanischen Pinakothek (Gemäldesammlung) näher befasst. Sie zählt übrigens zu den berühmtesten Sammlungen der Welt und verfügt nicht nur über die weltweit umfangreichste Sammlung an großen Altären des Renaissancemalers Raffael, sondern dazu auch noch über eine große Anzahl von Meisterwerken von Leonardo, Tizian, Carravaggio, Giotto, Giovanni Bellini, Guido Reni, Fillipo Lippi und Veronese. Daneben kann man dort auch nicht italienische Künstler bewundern und hat dazu noch die Chance, einen nicht unbedeutenden Bestand an Ikonen der Ostkirche zu bestaunen. 

Das vorliegende Buch zeigt 976 Kunstwerke mit den entsprechenden Bildlegenden. 180 der bekanntesten Kunstwerke werden durch Essays der Kunsthistorikerin hervorgehoben.

Die Reise nimmt in Saal 1 der Vatikanischen Pinakothek ihren Anfang, wo man sich zunächst in Kunstwerke aus dem 12. und 13. Jahrhundert vertiefen kann, so etwa von Bernardo Daddi, Allegretto Nuzzi, Antonio Veneziano oder auch von Simone Martini. Es handelt sich um Sakralbilder, die dem Leser viel vom Denken jener Tage vermitteln und durch ihre schönen Farben beeindrucken. Wer bibelfest ist, ist eindeutig im Vorteil, wenn man bei einem Rundgang  vor Ort Bildinhalte rasch verstehen möchte. 

Ein Gemälde von Gentile da Fabriano um 1370-1427 begeistert mich. Das Werk ist vortrefflich beschrieben und regt die Fantasie an. Wundervolle Gemälde von Fra Angelico halten lange gefangen, speziell das Werk  "Der hl. Franziskus empfängt seine Stigmata"  um 1440. Der Künstler so liest man, war einer der bedeutendsten Vertreter der Frührenaissance. Dabei verband der Dominikaner in seinem Malerleben Kunst und Glauben. 

Grebe erläutert sehr gut, was sich auf dem Gemälde zuträgt. Unmöglich alle sakralen  Werke zu benennen oder gar zu kommentieren. Begeistert bin ich u.a. von den Werken Melozzo da Forlì, speziell von seinem Engel, der die Laute spielt. 

Saal für Saal wird man mit immer wieder neuen Werken konfrontiert. Dabei hält man mitunter lange inne, speziell auch bei der "Pietá" von Lucas Cranach d. Ä.  sehr anschaulich beschrieben. Im Saal VIII hat man Gelegenheit Werke Raffaels zu besichtigen, so etwa die Verklärung Christi auf dem Berg Tabor. 

Das Gemälde zeigt, wie Grebe schreibt, seine Kunst der Komposition, Lichtgestaltung, Farbbehandlung und Gewandmodellierung, der ausdrucksstarken Gesten und der Vereinigung von scheinbar Gegensätzlichem wie Hell und Dunkel, himmlischer und irdischer Sphäre, göttlichem und menschlichem Handeln in höchster Vollendung. (S.99) 

Während man von Saal zu Saal geht, Werke von Leonardo da Vinci, Giovanni Bellini, auch von Caravaggio und so vielen anderen bewundert, vertieft man sich immer mehr in Sakralkunst und entdeckt, dass die stille Bildbetrachtung Spiritualität in uns freisetzt. 

Auf den Seiten 160-161 wird man textlich dann über das "Appartamento Borgia" unterrichtet, kann sich in der Folge mit Deckenfresken befassen und u.a. die berühmte Freske von Pinturicchio mit dem Titel "Die Disputation der hl. Katharina" bestaunen. Eine Reihe anderer Kunstwerke dieses Künstlers aus dem 15. Jahrhundert lässt erkennen,   welche genialen Fähigkeiten er besaß. 

Die Stanzen des Raffael, - vier Säle-, die heute Weltruhm genießen, interessieren mich besonders und hier am allermeisten das erste Zimmer, genannt  "Stanza della Segnatura". Das wohl berühmteste Fresko des Saals ist ist die  "Schule von Athen" unter der Philosophie. Man hat Gelegenheit Einzelausschnitte zu bewundern und anhand eines aufklappbaren Bildes, einzelne Personen sehr deutlich zu sehen. Das Fresko wird bestens erklärt. Unmöglich alle Fresken von Raffael, die hier gezeigt werden zu benennen. Soweit ich es beurteilen kann, braucht man Tage, um die Werke im Original in dem Saal in sich aufzunehmen, um sich dann mit der Sixtinischen Kapelle zu befassen. 

Wissenswertes dazu liest man in einem zwei Seiten umfassenden Text. Wegen ihrer einzigartigen Freskenausstattung zählt die Kapelle zu den berühmtesten Werken der Geschichte der Kunst. Bekannt ist sie besonders wegen den Malereien Michelangelos. Die Autorin unterstreicht jedoch, dass es um ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Malerei und Raumausstattung tatsächlich geht. Gezeigt werden wunderbare Fresken unterschiedlicher Künstler, darunter Pietro Perugino und sein Werk "Übergabe der Schlüssel an Petrus". 

Die Sixtinische Decke wird gesondert erörtert und man kann anhand von zahlreichen Bildern, (darunter auch ein aufklappbares)  die ganze Schönheit, die Michelangelo Buonarroti hier festgehalten hat,   wahrnehmen. Bildfelder wie etwa "Der Sündenfall"  und die "Vertreibung aus dem Paradies" werden ausführlich beschrieben. Man erhält eine Vorstellung von den vielen Propheten und auch von der Delphischen Sybille, einer meiner Lieblingsfiguren der Sixtinischen Decke. Alles, natürlich auch das "Jüngste Gericht"“ werden gezeigt, bevor man zudem noch mit den Fresken des Vatikanpalastes und in der Bibliotheca Apostolica Vaticana vertraut gemacht wird. 

Auch hier gibt es Fresken von Fra Angelico, von Michelangelo und auch von Raffael. Man staunt und staunt und haucht ein "Verweile…".  Doch es geht weiter, denn man wird zudem mit der Sammlung moderner religiöser Kunst, unter anderem Werke von Paul Gaughin, Otto Dix, u.a. konfrontiert, um schließlich Tappisieren, Landkarten, Skulpturen und Artefakte bestaunen zu können. Es führt zu weit hier in Details zu gehen. Die Betrachtungen überwältigen und man lässt fernerhin   neugierig auch die Skulpturen vom Petersdom und Petersplatz auf sich wirken. Zu den berühmtesten Werken zählt hier Michelangelo Buonarrotis "Pietà", über  die man auch Näheres erfährt. 

Aufnahmen  von den vatikanischen Gärten bilden einen wunderbaren Abschluss diese Reise durch die Kunst des Vatikans und es bleibt zu wünschen in naher Zukunft Gelegenheit zu haben,  all dies im Original  bestaunen zu dürfen. 


Dieses Werk ist ein Juwel in der Bibliothek, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt. 

Sehr empfehlenswert.


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