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Rezension: Das Fest der Farben- Farben und ihre Beziehungen-Friederike Wiegand- Verlag Dr. Kovac


Friederike Wiegand stellt in ihrem bemerkenswerten, reich bebilderten Werk einleitend fest, dass eine Farbe stets in Wechselwirkung mit ihren Nachbarfarben stehe und genau deshalb die Untersuchung von Farbbeziehungen besonders wichtig sei. Wie sich die Beziehungen gestalten können, skizziert sie im Vorfeld kurz, um anschließend den Aufbau des Buches zu erläutern. 

Zu Beginn lernt man den "Farbkreis" und die "Farbkugel" näher kennen. Diese dienen dazu, wichtige Begriffe, Ordnungssysteme und Zusammenhänge zwischen den Farben vorzustellen. Dabei habe Johann Wolfgang von Goethe im Jahre 1809 als erster einen wissenschaftlich fundierten Farbkreis entwickelt und zwar auf der Grundlage der Spektralfarben. Man erfährt Wissenswertes über den Farbkreis nach Johann Itten und Roman Liedl wird auch mit der Farbkugel vertraut gemacht, um sich alsdann einen Überblick zu verschaffen, welche Kunstwerke in der Folge ausführlich besprochen werden und um welche Art von Farbbeziehung es jeweils geht. 

Alsdann werden die Farbbeziehungen näher erläutert. Diese sind untergliedert in: 
Einfarbigkeit, Farbverwandschaft, Farbkontraste, Raumwirkung von Farben, Farbschemata 

Beginnend mit der Einfarbigkeit geht die Autorin nach einem gut nachvollziehbaren Schema vor, erklärt, was man unter dem jeweiligen Begriff zu verstehen hat, beschreibt ihn ausführlich, erläutert die Wirkung, die Intension und auch die Verwendung in der Kunst. Sehr spannend ist die dann folgende "Bildbetrachtung: Yves Klein", wo auch erläutert wird, weshalb er monochrom malte und die blaue Farbe völlig gleichmäßig auftrug, zudem, was es mit seinem Blau auf sich hat. Wie seine Kunst beurteilt wird, erfährt man u.a. auch. 

Alsdann geht es weiter mit dem Kapitel "Farbverwandtschaft" Dabei werden die Unterschiede der drei Farbverwandtschaften vorgestellt und zwar nach dem gleichen Prinzip wie bei der Einfarbigkeit. Hier jetzt lernt man bei der "achromatischen Farbverwandtschaft" auch den Begriff "Grisaille" kennen und wo beispielsweise diese Farbverwandtschaft in der Kunst vorkommt, nämlich u.a. auf Picassos Antikriegsbild "Guernica". Dort unterstützen die Grautöne die schreckliche Wirkung des Krieges. 

Bei der dann folgenden "monochromen Farbverwandtschaft" herrscht nur eine Farbe mit schwarz abgedunkelten, weiß aufgehellten und grau getrübten Nuancen vor. Auch hier wieder lernt man an Kunstwerken zu begreifen, um was es geht. 

Weiter geht es dann mit der "analogen Farbverwandtschaft". Hier tritt eine Farbe mit ähnlichen Farben und Abschattierungen nach Schwarz, Frau und Weiß auf und hier wird u. a. an einem Gemälde von Kokoschka deren Wirkung visualisiert und erläutert. 

Es folgt dann das Kapitel "Farbkontraste" mit insgesamt sieben Unterkapiteln, in denen die einzelnen Farbkontraste näher erläutert werden, auch wieder an Beispielen aus der Kunst. Besonders beeindruckt hat mich der "Qualitätskontrast" und hier die "Bildbetrachtung: Lyonel Feininger", dessen Gemälde ich sehr schätze. Überaus lesenswert! 

Es führt zu weit, im Rahmen der Rezension auf die vielen unterschiedlichen Farbkontraste näher einzugehen. Um Gemälde besser zu verstehen, ist der Inhalt dieses Buches äußerst hilfreich, aber nicht nur deshalb. In Farbwelten einzutauchen, sich diese zu Nutze zu machen, darum geht es  ja in so manchen Bereichen des Lebens. Es geht auch darum, die Raumwirkung von Farben zu begreifen. Deshalb wird man des Weiteren  mit der "Farb- und Luftperspektive" vertraut gemacht. 

Nach interessanten Ausführungen über "Farbschemata"  hat man Gelegenheit, sich einen Überblick zu verschaffen, welche Wirkung die einzelnen Farbbeziehungen, die im Buch ausführlich erörtert wurden, sowohl positiv wie negativ haben. Mit all diesen Informationen im Hinterkopf ist es leichter Farbbeziehungen, mit denen man täglich konfrontiert wird, zu entschlüsseln und sie einzuordnen. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Der rote Schirm-Liebe und Heirat bei Carl Spitzweg-Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Der rote Schirm- Liebe und Heirat bei Carl Spitzweg", die vom 17.03. bis zum 16.6.2024 im Museum Georg Schäfer gezeigt wurde. 

Herausgeber des Werkes sind Prof. Dr. Wolf Eiermann für das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt und Dr. Andrea Fromm im Auftrag des Kunsthauses Apolda Avantgarde und des Kreises Weimarer Land. Diese beiden Spitzweg-Kenner haben das Geleitwort und Dank verfasst. 

Hier erfährt man, dass das Museum Schäfer einen bemerkenswerten Bestand an Werken und ein mehrfach um Forschungsansätze bereichertes Kunstarchiv zu Carl Spitzweg sein Eigen nennt und einen Teil des Oevres mit einem neuen Ansatz in der Ausstellung präsentiert hat. Bei dem Ansatz handelt es sich um: "Der rote Schirm. Liebe und Heirat bei Carl Spitzweg." 

Es werden in der Folge zahlreiche figurative Szenen neu interpretiert, für die der Künstler berühmt wurde. Das Motiv des Schirms spiele eine wechselnde Rolle, werde zum einen verknüpft mit der allgemeinen Moral, zum anderen aber mit der Person des Künstlers. 

Man erfährt u.a, dass Spitzweg sich in seiner Jugend sämtlichen Standesunterschieden und Ressentiments verabschiedete und die bereits verehelichten Clara Lechner, die nicht seiner Gesellschaftsschicht angehörte, zu seiner Geliebten machte. Wie man weiter liest, habe sich Spitzweg sein gesamtes Künstlerleben über am Thema Liebe abgearbeitet. Gleichwohl habe man erst nahezu ein Jahrhundert nach seinem Ableben seine vermeintlichen Idyllen erneut als gesellschaftliche Satiren erkannt. 

Spitzweg sei kein Fortschrittsgegner gewesen, der die heile biedermeierliche Welt zu konservieren suchte, sondern vielmehr ein Kritiker des Bürgertums, der dessen Prüderie und Doppelmoral anprangerte. Diese habe der gebildete Provokateur mittels Metaphern und Symbolen im Rahmen seiner vermeintlichen Idyllen sehr anschaulich gezeigt. 

Zwischen 1835 und 1880 setzte Spitzweg sich in mehr als 60 Bildern mit dem Motiv des roten Schirms auseinander. Dieses Objekt sei von der Forschung bislang unbeachtet geblieben und lege ungeahnte, frische Deutungsschichten frei. Natürlich ist es spannend darüber im Buch mehr zu erfahren… 

Dr. Andrea Fromm wartet zunächst in einem mehrseitigen Essay mit Reflektionen über die Liebe bei Carl Spitzweg auf. Man liest zu den Symbolen, den gängigen, aber auch jenen, die man erst auf den zweiten Blick wahrnimmt, wie etwa Brunnen, Brillen und Schirme. Man liest zudem  in einem Essay von Dr. Eiermann Wissenswertes über den roten Schirm des berühmten armen Poeten und hat Gelegenheit sich in viele Bilder Spitzwegs zu vertiefen, darunter auch Bleistiftzeichnungen. 

Unverkennbare Gesellschaftskritik wird gezeigt bei Spitzwegs Gemälden zum Thema Spaziergänge, aber auch bei seinen Reisebildern. 

Sehr amüsant sind übrigens seine Bilder, die Sonderlinge zeigen, so etwa den Schmetterlingsfänger oder den Sonntagsjäger. Hierzu und zu vielem anderen kann man Wissenswertes den beigefügten Texten entnehmen. 

Darüberhinaus hat man Gelegenheit sich in die Gedichte des Malers zu vertiefen, in dessen Kurzbiografie (4 Seiten) einzutauchen und letztendlich zum Ergebnis zu kommen, dass Carl Spitzweg tatsächlich lange missverstanden wurde. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König 

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Rezension: Honoré Daumier- Die Sammlung Hellwig- Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Honoré Daumier- Die Sammlung Hellwig", die von 24.1.2024–12.5.2024 im Städel Museum in Frankfurt gezeigt wird. Das Vorwort zum Katalog hat Philipp Demandt, der Direktor des Städel Museums, verfasst.

Wie er hervorhebt, ist es dem Sammler Hans-Jürgen Hellwig zu verdanken, dass es die exzellente Daumier-Sammlung überhaupt gibt, die derzeit im Städel-Museum gezeigt wird und die als Schenkung an das Museum einen unschätzbaren Zuwachs der Bestände des 19. Jahrhunderts im Städel verkörpern wird. 

Der französische Künstler Honoré Daumier zählt zu den bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts,  schreibt Demandt und hebt hervor, dass der Künstler in erster Line wegen seiner über 4000 Lithographien bekannt wurde, die er für Zeitungen wie "La Caricature" und "Le Charivari" schuf. Seine von Freiheitssinn zeugenden Karikaturen machten ihn zum Gewissen von sozialen und politischen Umbrüchen und von einer von tiefgreifendem Wandel gekennzeichneten Epoche, erfährt man von Demandt. 

Der Sammler Hans-Jürgen Hellwig habe sich von Beginn an mit dem politischen Künstler befasst. Im Laufe von mehr al 60 Jahren habe er über 4.200 Lithografien und Holzstiche, 20 Zeichnungen, 2 Gemälde und 36 Bronzen zusammengetragen. 

Die Ausstellung bildet den Auftakt für das Jubiläumsjahr des Städelschen Museums-Vereins, der am 27. Juni 2024 seinen 125. Geburtstag feiert. 

Der Katalog zur Ausstellung enthält neben einer Fülle von Bildern, bemerkenswerte Essays in deutscher und französischer Sprache, die den Künstler und sein Werk den LeserInnen näher bringen. Hans-Jürgen Hellwig wartet gleich mit zwei lesenswerten Textbeiträgen auf. Dabei handelt es sich um die Essays "Sammler sind glückliche Menschen" und "Kunst Macht Politik- Daumier und die Politik seiner Zeit". Neben diesen erfreulich ins Detail gehenden Essays, schreiben Dorit Schäfer die Texte "Zu Honoré Daumiers Gesellschaftskarikaturen" und Henrik Ziegler "Was darf die Satire?" Alles oder (fast) nichts. Daumier und die deutsche politische Karikatur der 48er-Revolution". Darüber hinaus kann man sich noch mit einem interessanten  Beitrag von Astrid Reuter befassen, der den Titel trägt: "Sehen, studieren, sammeln. Daumier im Blick von Künstlern und Sammlern um 1900."

Die Texte sind allesamt sehr komplex. Sie hier verkürzt wiederzugeben, halte ich für wenig sinnvoll. Hier ist Exzerpieren nicht angesagt.  

Man erfährt u.a. mehr über Daumiers politisch motivierte Kunstfigur des "Ratapoil". Diese sei mit dem Staatsstreich Napoleons des III. und dessen Schlägertruppen entstanden. Daneben rage die Gestalt "Robert Macaires" als ein ebenfalls bedeutendes Geschöpf seines Karikaturenpersonals heraus. Diese Figur würde wie kaum eine andere das rücksichtslose Gewinnstreben der wirtschaftsliberalen Juli-Monarchie mit viel Erfolg verkörpern. 

Vertraut machen kann man sich mit dem "Bild Daumiers zu seiner Zeit", liest Wissenswertes von Astrid Reuter über die Sammler der Werke Daumiers. Hans-Jürgen Hellwig reihe sich mit seinen umfangreichen Daumier-Beständen in eine lange Tradition ein. 

Man erfährt Näheres zu "Lithographien" im Allgemeinen und zu Daumier als lithographischen Zeichner, der im Laufe von 4 Jahrzehnten über 4000 Lithografien anfertigte. Den bereits erwähnten Robert Macaire auf den bissigen Abbildungen (58/59)betrachten, verdeutlicht, wie Daumier tickte Sehr bissig auch die Karikatur "Le Beau Narcisse" Abbildung 66, die die mit Narziss verbundene Vorstellung von jugendlicher Schönheit und idealer Nacktheit unterläuft. 

Man liest Allgemeines zu Zeichnungen und hier auch, dass Daumiers "Zeichnungen auf Papier" nicht vollständig von seinen Lithographien zu trennen seien. Die Gründe hierfür nennt Martin Sonnabend in seinem Essay "Die Zeichnungen". 

Gezeigt werden des Weiteren "Studien, Entwürfe und Variationen". Hier liest man in den Erläuterungen zu "Zwei Anwälte" (80), dass Daumier in zahlreichen Lithografien und Zeichnungen ein Panorama fragwürdiger, mit Rechtsprechung befasster Personen entwarf, die nicht selten gewitzt, hinterhältig und intrigant erschienen. 

Unmöglich auf all die im Buch gezeigten Exponate einzugehen! Alle sind vortrefflich beschrieben und vermitteln ein detailliertes Bild vom Schaffen des Künstlers. 

Auch die Plastiken werden in einem Essay von Alexander Eiling sehr gut thematisiert und es folgen weitere sehr kritische Karikaturen, die den BetrachterInnen und LeserInnen sehr nachdenklich stimmen, auch was den heutigen Zeitgeist ausmacht. 

Ein chronologischer Abriss der Biographie Daumiers und das Verzeichnis der ausgestelltem Werke runden diesen gelungenen Katalog ab.

Maximal empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Art Nouveau um 1900- Jugendstil aus Frankreich und Belgien -Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Art Nouveau um 1900- Jugendstil aus Frankreich und Belgien", die bis zum 14. April 2024 im BRÖHAN-MUSEUM LANDESMUSEUM FÜR JUGENDSTIL, ART DECO UND FUNKTIONALISMUS in Berlin gezeigt wird und zwar zum Anlass von dessen 50 jährigem Bestehen. 

Herausgeber des Katalogs, der im Hirmerverlag erschienen ist, sind Tobias Hoffmann und Anna Grosskopf. Dabei hat Tobias Hoffmann, der Direktor des Bröhan-Museums das Vorwort verfasst. Die insgesamt 7 Essays, stammen aus der Feder der Kuratorin Anna Großkopf. 

Worum es geht?: Um "Art Nouveau um 1900- Jugendstil aus Frankreich und Belgien". 

Was ist dies? Laut Verlagsdefinition: "Naturhaft bewegte Linien, raffiniert geschwungene Formen wie auch eine ausschweifende Lust am Dekor." 

Was wird im Buch gezeigt? Selten präsentierte Meisterwerke aus Design und bildender Kunst des besagten Stils, der um 1900 ganz Europa eroberte. 

Themen der Essay sind: 
-Gesamtkunstwerk 
-Plattformen und Netzwerke 
-Natur als Inspiration 
-Politischer Art Nouveau 
-Japonismus 
-Ikonen und Idole
-Frauen im Art im Art Nouveau 

Wie man im Rahmen des Essays "Gesamtkunstwerk" erfährt, habe wohl keiner die Einheit von Architektur und Raumkunst so konsequent umgesetzt wie Hector Guimard, denn von der architektonischen Gesamtanlage und Fassadengestaltung über Möbel, Teppiche, Tapeten und Armaturen seien seine Häuser und Villen stilistisch aus einem Guss. Weltberühmt wurde Guimard allerdings durch die Gestaltung der Pariser Métro-Eingänge mit Gittern und Überdachungen aus Gusseisen. Man lernt eine ganze Reihe von Exponaten kennen, die Guimard geschaffen hat, auch zwei Gitter für die Pariser Metro um 1900. 

Wie man in einem der Folgeessays erfährt, waren das größte und bedeutendste Forum des internationalen Jugendstils die Weltausstellungen, die sich seit 1851 als globale Leistungsschauen der technischen und künstlerischen Entwicklung der teilnehmenden Nationen etablierten. Die Weltausstellung im Jahre 1900 wurde von über 48 Millionen Menschen besucht, wobei der Hauptanziehungspunkt der Pavillon der Galerie "Maison de l‘ Art Nouveau" gewesen sein soll. Dort wurden in Art eines Musterhauses ganze Zimmereinrichtungen führender Nouveau-Gestalter repräsentiert. Im vorliegenden Katalog erhält man davon einen Eindruck durch den gezeigten Salon von Edward Colonna und dem Speisezimmer von Eugène Gaillard. Wunderschön finde ich das stilistisch perfekte Kaffee- und Teeservice (Kat.38), das Maurice Dufrène entworfen hat. Harmonie in ihrer reinsten Form.

Im Essay  "Natur als Inspiration"  erfährt man u.a , dass die lothringische Stadt Nancy als Hochburg des floralen "Art Nouveau" galt und auch weshalb das so war. In diesem Zusammenhang lernt man  nicht zuletzt traumhafte Vasen kennen, die typisch für den floralen Stil dieser Kunst sind. 

Obschon "Art Nouveau" generell als unpolitische Kunstrichtung gilt, erfährt man im Rahmen des Essays mit dem Titel "Politscher Art Nouveau" Ausnahmen kennen, so etwa die "Dreyfus-Lampe" von Gallé und den politischen Hintergrund, der zu dieser Arbeit führte, als auch welche Folgen sie für ihn hatte. 

Was noch? Einen interessanten Essay Über "Japonismus". Ohne diesen gäbe es keine "Art Nouveau", keinen Jugendstil, keine Arts und Crafts und auch keinen Impressionismus. Auch hier wieder  gibt eine Fülle von Exponaten, ähnlich wie nach dem Essay "Ikonen und Idole“, die dies dokumentieren. 

Die "Art Nouveau" kreiste bekanntermaßen um das Ideal der Schönheit. Sarah Bernhardt habe als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit geholten. Deshalb wurde sie in der Malerei und Skulptur nicht selten dargestellt, ähnlich wie Loie Fuller, die man sogar als Tischleuchte bewundern kann und zwar beim Tanz mit schwungvollem Faltenwurf ihres Kleides. Sarah Bernhardt hatte etwas geheimnisvoll Verführerisches. Beeindruckend ist insofern die Statuette "Sarah Bernhardt, um 1900 von Guigues, Kat. 109. 

Auch den "Frauen im Art Nouveau" ist ein Essay gewidmet, denn diese Kunst fiel zeitlich mit dem Beginn der Frauenemanzipation zusammen. Man lernt Exponate kennen, die von Künstlerinnen geschaffen wurden, so etwa Plakate von Eugène Grasset. Beeindruckend schön!

Plakate von Alfons Mucha, die mit schönen Frauen werben, darf man zu Ende des Katalogs bewundern und freut sich, durch die Lektüre einen Eindruck bekommen zu haben wie wohltuend die Beschäftigung mit Schönem auch Floralem doch sein kann, gerade in Zeiten, wo allerorten Zerstörung Programm ist.


 Maximal empfehlenswert 

 Helga König

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Rezension: Ganz große Kunst- Kunth



Der Untertitel dieses bemerkenswerten Bildbandes heißt: "Orte der Kultur - die aufregendsten Theater, Opernhäuser und Kunstmuseen". 

Dieses fantastische Buch ist farblich gegliedert und zwar anhand der äußeren und inneren Gestaltung der fokussierten Gebäude. Die Rubriken beginnen mit Violett und enden mit Rosa. 

Violett steht in Deutschland für das "Städel Museum". Hier erhält man einen Blick auf den Treppenaufgang des Hauptfoyers. Diese Wand ist in der Farbe Dunkelviolett gehalten. Im Text zu der Abbildung erfährt man dann Wissenswertes zur Geschichte des Museums, zur Architektur und zu den gezeigten Exponaten. Violett kommt auch das "Palau de les Arts Reina Sofia" in Valencia/Spanien daher. Es handelt sich hierbei um das höchste Opernhaus der Welt. Mit seinen 14 Stockwerken und 40 000 Quadratmetern überragt es alle anderen Opernhäuser. 

Dann geht es mit der Farbe Blau weiter. Fünf Museen und ein Opernhaus kommen zu Sprache. Dabei ist das "Musei Vatcani". Ein Blick in den 300 Meter langen Loggiengang des Museums zeigt viel Himmelblau und Skulpturen soweit das Auge reicht. 

Die Farbe Türkis fokussiert u.a. "Schloss Belvedere" und das "Burgtheater" in Wien. Über beide Gebäude erfährt man ebenfalls Wissenswertes, zudem auch über den Maler Gustav Klimt, der als zentralere Repräsentant der Wiener Sezession gilt. 

Allmählich wird klar, dass die Farben wie Merkzeichen oder besser noch Eselsbrücken wirken, man mittels ihnen, sich rascher an bestimmte Gebäude erinnert. So fragt man sich vielleicht, welche Gebäude man mit der Farbe Grün assoziiert und antwortet nach der Lektüre des Buches rasch: die "Eremitage" in St. Petersburg und das "Ständetheater in Prag". 

Man kann, weil man zuvor die Abbildungen studiert hat, auch beschreiben, weshalb und kann zudem das Wichtigste zu den Gebäuden berichten, weil man die dazugehörenden Texte gelesen und unter der  beigefügten Farbe abgespeichert hat. 

Nach diesem Prinzip wird im gesamten Buch verfahren. Großes Lob für die Repräsentation des "Musée d`Orsay", einst ein Bahnhof, wurde es seit Beginn der 1980er Jahre in ein Museum umgewandelt. Das Glasdach der ehemaligen Bahnhofshalle wurde seitens der Architektin Gae Aulenti für einen hellen zentralen Saal genutzt und dadurch eine weitgehend natürliche Beleuchtung geschaffen. Was alles dort an Kunst gezeigt wird, bleibt den Lesern des Buches nicht verborgen. Dieses Gebäude ist ebenso der Farben Gold zugeordnet wie beispielsweise die "Semperoper" in Dresden, aber auch die "Carnegie Hall" in New York und die "Arena" in Verona, um nur einige Beispiele zu nennen. 

Unter der Farbe "Rot" entdecke ich u.a. die "Royal Albert Hall" in London . Das 1871 eingeweihte Gebäude ist ein Rundbau, der einem römischen Amphitheater nachgebaut worden ist. Dass dort berühmte Konzerte stattgefunden haben und noch immer stattfinden, dürfte fast jedem bekannt sein. 

Es führt zu weit, alle Farben hier an einem Gebäudebeispiel zu benennen. Erwähnen möchte ich allerdings das "Teatro Amazonas" in Manaus /Brasilien, das der Farbe Rosa zugeordnet ist und schlussendlich das "Musée du Louvre", das 380 000 Gemälde, Skulpturen, Drucke und Zeichnungen sein Eigen nennt. Warum es  der Farbe "Grau" zugeordnet ist, erschließt sich mir nicht wirklich. Auf 60 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche können Kunstinteressierte bewundern, was kreative Menschen zu Wege gebracht haben.

Ach ja, auf Seite 217 darf man Michelangelos "David" bewundern.  Der Text dazu ist aufschlussreich. Man sollte ihn lesen, bei aller  Neugierde, was  nach fotografisch noch folgt...

Das vorliegende Werk, empfehle ich allen, die das Staunen nicht verlernt haben, sich über ästhetisch Gelungenes immer wieder freuen können und sich gerne bewusst machen, dass Kunst auch immer geeigneten Raum verdient.

Maximal empfehlenswert

Helga König

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Rezension: Klimt inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse- Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Klimt inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse", die vom 3. Februar 2023 - 29. Mai 2023 in Wien im Belvedere Museum gezeigt wird. und vom 7. Oktober 2022 bis 8. 1.2023 in Amsterdam im Van Gogh Museum präsentiert wurde. 

Die Ausstellung und das Buch verfolgen die Spuren zurück zu Klimts künstlerischen Wegbereiter*innen und –begleiter*innen und stellen Werke von Klimt, van Gogh, Matisse und vielen anderen in eindrucksvollen Gegenüberstellungen vor. 

Das Werk beginnt mit einer chronologischen Übersicht zu Klimt, dem großen Meister der Moderne aus Wien und seiner Zeit. Dann folgen erste Gegenüberstellungen einiger Werke, nicht zuletzt auch ein Gemälde von Henri de Toulouse –Lautrec, das einem stilistisch nicht unähnlichen von Gustav Klimt gegenübergestellt ist. 

Interessant auch ist ein Blumengarten gemalt von Vincent van Gogh von dem Klimt offenbar angeregt wurde, auch bemerkenswert sind die Aktzeichungen Rodins, die denen von  Klimts gegenübergestellt werden.

Das Buch enthält neben einer Fülle von Bildern lesenswerte Texte unterschiedlicher Autoren, die sich zunächst mit der Wiener Kunst und Gustav Klimts Rezeption der internationalen Moderne auseinander setzen. Hier auch liest man, dass Klimt sich von verschiedenen zeitgenössischen Künstlern sehr stark beeinflussen ließ, jedoch dennoch "eine Handbreit seiner Malerei jeder sogleich als Klimt erkennen könne." Als Grund hierfür wird genannt, dass Klimts Konfrontation mit den Werken anderer Künstler relativ unvermittelt erfolgte und zuvor nur wenige Berührungspunkte  zu diesen Werken vorhanden gewesen sein sollen.

Alsdann lernt man Klimts Frühwerk kennen. Hier wird der lange Weg vom Wiener Historismus zur internationalen Avantgarde beschrieben. Einflüsse westeuropäischer Malerei ließen sich erstmals in größerem Umfang im Jahr 1883 nachweisen. So soll besonders Klimts "Orpheus und Eurydike" und "Mark Anton und Kleopatra" in Komposition und Zeichnungen der Figuren, teils auch im Kolorit Cananels Hauptwerk "Thamar" gefolgt sein. Erwähnt wird auch der Maler Alma-Tademas, von dem Klimt sich inspirieren ließ und insgesamt seine Anregungen vor der Zeit der Secessionsgründung primär von Künstler*innen bezog, bei denen der Hang zum Dekorativen und zur stilisierten Linie bereits ein prägendes Merkmal war. 

Seelenkunst ist ein weiteres Thema. Dazu schreibt Edwin Becker. So liest man u.a., dass die Beseeltheit der Figuren in Klimts Darstellung in den 1890er Jahren immer ausgeprägter wurde. Der Künstler Ferdinand Khnopff soll einen starken Einfluss auf Klimt gehabt haben. Die Gründe werden auf Seite 113 genannt. Auch Gegenüberstellungen von Singer Sargent und Whistler zu Klimt werden ausführlich erörtert und anhand von Werken gezeigt.

Es führt zu weit, all die Texte im Buch hier zu streifen. Marian Bisanz-Prakken handelt Klimt und die internationale Kunst um 1900 ab. Hier liest man Wissenswertes zum Fakultätsbild Klimts mit dem Titel "Die Philosophie", aber auch zum berühmten "Beethovenfries", wo Klimt seine Begeisterung für die neuen Helden der Wiener Avantgarde auslebte. Diese Monumentalarbeit war der menschlichen Existenz in ihrer Totalität gewidmet. 

Die Bilderwelt im Buch, die näher beschrieben ist, ist überwältigend. Stilisierte Landschaften werden von Renske Suijver näher beschrieben, auch hier wieder geht es um Gegenüberstellungen, so etwa aus der neoimpressionistischen Farbpalette, wo speziell Monet für Klimt den Weg geebnet hat. Interessant auch sind Parallelen zwischen Van Gogh und Klimt. 

Schlussendlich das Spätwerk. Untertitel "Die Emanzipation der Farbe". So kann Klimts Auseinandersetzung mit den Werken der Postimpressionst*innen und der Fauves als Auslöser für den elementaren und sinnlichen Einsatz von Farbe betrachtet werden, der sein Spätwerk auszeichnet. Auch hier wieder lernt man eine Fülle von Gegenüberstellungen kennen und zu begreifen, das Kunst nicht nur von Können kommt, sondern auch von Inspiration durch andere Künstler und zwar jenseits von Plagiaten.

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Johann Gottfried Schadow-Berührende Formen--Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung Johann Gottfried Schadow - Berührende Formen, die vom 21.10.2022 bis 19.02.2023 in der Alten Nationalgalerie in Berlin gezeigt wird. 

Nach einem Grußwort von Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung und einem Vorwort plus Dankesworten von Dr. Ralph Gleis, dem Direktor der Alten Nationalgalerie kann man sich in diesem Buch in eine Vielzahl interessanter Essays unterschiedlicher Autoren vertiefen, um mehr über die Exponate der Ausstellung zu erfahren. 

Die Essays sind drei großen Abschnitten untergeordnet und zwar:

Ikone-Die Prinzessinnengruppe, Original, Verbreitung und Wirkung 
Werkstatt-Werkgenese, Werkstattpraxis und Restaurierung 
International- Netzwerk und Rezeption. 

Wer war Johann Gottfried Schadow (1764-1850)? Der Hofbildhauer des damaligen Königs von Preußen. Dieser Künstler entwickelte einen eigenen klassizistischen Stil, dessen Kennzeichen eine entspannte Natürlichkeit war, die er, wie Dr. Gleis anmerkt, seinen geschaffenen Figuren einhauchte.

Dieser Künstler gestaltete die "Quadriga" auf dem Brandenburger Tor und das berühmte "Doppelstandbild der Prinzessinnen Luise und Friederike von Preußen." 

Im ersten Abschnitt erfährt man zunächst Wissenswertes über Schadows Weg zum Hofbildhauer und weiter, dass er mit 24 Jahren zur führenden Kraft des Berliner Bildhauerwesens aufstieg. Seine fluchtartige Abreise im Mai 1785 nach Rom habe es ihm erlaubt, seine Beziehung zu seiner Braut Marianne Devidels zu legalisieren. Die künstlerische Anlaufstelle Schadows in Rom sei das Bildhaueratelier Alexander Trippels gewesen. Das war eine der Privatakademien Roms und kunsttheoretisches Zentrum des deutsch-römischen Kreises. 

1787 kehre Schadow nach Berlin zurück und wurde als Hofbildhauer akkreditiert. In den folgenden Jahren dann habe der Künstler Werke von europäischem Rang geschaffen unter diesen "Das Grabmal des Grafen Alexander von der Mark", die "Quadriga" für das Brandenburger Tor sowie die "Prinzessinnengruppe". 

Yvette Deseyve zieht in ihrem Essay dann eine kunsthistorische Bilanz der Schadow´schen Formauffassung am Beispiel der "Prinzessinnengruppe". Hier liest man auch, dass für diesen Künstler weibliche Büsten, nach seinen Aussagen, "eine der schwersten Aufgaben der Kunst" seien. Das begründet er auch gut nachvollziehbar. Nachzulesen auf Seite 42. 

Man erfährt mehr über fliehende Gewänder und Falten im Winde der Skulptur "Prinzessinnengruppe". Hier werde die Faltengewandung zum Aussageträger. 

Sintje Guercke schreibt Wissenswertes über die Verbreitung von Johann Gottfried Schadows "Prinzessinnengruppe" in Porzellan, Grafik und Gips und den Reproduktionen im späten 19., 20 und 21. Jahrhundert. Dann liest man Näheres über Originalgipse im Essay von Veronica Tocha und schließlich auch Wissenswertes zum schriftlichen Nachlass des Künstlers im Zentral-Archiv der staatlichen Museen zu Berlin. 

Unmöglich an dieser Stelle alle Essays zu streifen. Man fiebert ja bekanntermaßen auf das Ausstellungskapitel zu und dies offenbart sich als Ort der Freude, weil man pausenlos staunen kann.

Die Nationalgalerie verfügt  nicht nur über den weltweit größten musealen Bestand an skulpturalen Werken des Bildhauers, sondern verfügt zudem über beide Originale der "Prinzessinnengruppe", das Originalgipsmodell aus der Werkstatt Schadow sowie den Marmor. 

Wunderschön ist die Büste der Saloniére Henriette Hertz, der ihr gemaltes Portrait von Anton Graff gegenübergestellt ist. Auch die Büste von Prinzessin Friederike von Preußen begeistert. Sie wurde, wie man erfährt in das lebensgroße Gipsmodel eingearbeitet. 

Kurz darauf schließlich  kann man das berühmte Doppelstandbild der Prinzessinnen vorder- und rückseitig bewundern. Wunderschön!

Beneidenswert jene, die dies alles im Original bewundern können! 

Skulpturen anderer Bildhauer, so etwa "Freundschaft und Harmonie" von Johann Heinrich von Dannecker, beeindruckende Zeichnungen und Studien und ein interessanter Beitrag zu der "Prinzessinnengruppe im Spiegel von Freundschaftsporträts" verdeutlichen einen neuen Blickwinkel im Hinblick auf Frauen als Individuen und "zugleich ihrer Zusammengehörigkeit durch Verschränkung der Körper mit ihren zarten und subtilen Arm- und Handhaltungen". 

Was noch? Im Anhang dann findet man eine chronologische Auflistung der Biografie plus Werk, die Auflistung des Katalogs der ausgestellten Werke und Kurzbiografien der Autoren, sowie Erläuterung der Abkürzungen und eine umfangreiche Literaturliste. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Kann ich das auch?- 50 Fragen an die Kunst-Kolja Reichert-Klett-Cotta


Der Autor dieses Buches, Kolja Reichert, erhielt 2012 den Preis für Kunstkritik der deutschen Kunstvereine und der Art Cologne. 2018 verlieh ihm die Berliner Akademie der Künste den Will-Grohmann-Preis. 

In seinem Buch stellt er 50 Fragen an die Kunst, die er alle detailliert beantwortet. Dabei lautet die erste Frage "Warum soll man dieses Buch lesen?"  Seine Antwort macht neugierig. 

Man muss das Werk nicht zwingend chronologisch lesen, sondern kann sich die Fragen herauspicken, die man vorrangig beantwortet wissen möchte. Vielleicht möchte man erst einmal etwas Grundsätzliches erfahren und lässt sich von Reichert deshalb aufklären, worum es in der Kunst geht. Hier erfährt man u.a., dass gelungene Kunstwerke eine Perspektive schaffen, einen Abstand, aus dem heraus man auf die Gegenwart und das eigene Leben blicken kann. Ein nicht uninteressanter Ansatz.

Impulse gibt es zu Hauf. Neugierig macht die Frage, was der Unterschied zwischen einem Kunstwerk und einem Buch darstelle und bemerkenswert sind die Betrachtungen im Hinblick auf Frage "Wie entsteht ein Werk?" Hier auch erfährt man, dass etwas wirklich Neues, Einzigartiges zu machen, unfassbar schwierig sei, sofern es alle bestehenden Maße hinter sich lasse. Da kann man nicht widersprechen. 

Gefallen hat mir auch ein Gedanke, im Rahmen der Antwort "Kann man Kunst lernen?" Da liest man, dass Kunst auf unendlich vielen Disziplinen beruhe, die es sich zu beherrschen lohne. Selbst jedoch sei sie keine Disziplin. Wenn, dann sei sie eine Disziplin, die darin bestehe, jede andere Disziplin hinter sich zu lassen und sich eine eigene Disziplin zu erfinden. 

Geld wird thematisiert, auch Kriminalität und es wird der Frage nachgegangen, wie frei die Kunst eigentlich ist. 

An einer Stelle im Buch, las ich die wunderbaren Sätze "Mit der Kunst fängt die Veränderung an. Was wir wahrnehmen und wie wir es wahrnehmen, das alles sind Echos von Kunst, die Energie der Brennstäbe, die in unseren Museen, Büchern oder Wohnungen glühen, wenn wir uns in sie vertiefen. Gute Werke verlassen einen nicht. Sie werden zu Orientierung, die Menschen am Leben hält, wenn sie durch die schlimmsten Krisen gehen." Ja, stimmt.

Weiter liest man dann "Auf Bildern, Romanen und Musik bauen Politik und Wissenschaft auf. Denn Künste schüren unsere Neugierde und formen die Fragen, die wir an die Welt stellen. Ohne Kunst laufen Politik wie Wissenschaft leer und reproduzieren nur, ohne verstehen zu können, was sie reproduzieren. Nur mit ästhetischer Freiheit kann es wirkliche Freiheit geben, denn nur sie lässt verstehen, wozu man frei sein möchte und wo die Freiheit einzelner in geteilte Freiheit übergeht. Jede Gesellschaft braucht deshalb das Spielbein der Künste." Dem ist nichts hinzuzufügen. 

Befassen wir uns also mit Kunst und den 50 Fragen, die Kolja Reichert diesbezüglich stellt. Vielleicht versucht man die Fragen erst einmal selbst zu beantworten, um zu erkennen, welche Bereicherung die klugen Antworten des Autors sind. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Isolde Maria Joham- Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Isolde Maria Joham", die von 2. April bis 9. Oktober 2022 in der Landesgalerie Niederösterreich, Krems an der Donau gezeigt wird. 40 Jahre nach der ersten Malereiausstellung der Künstlerin im Wiener Palais Liechtenstein wird nun ihr Werk anlässlich ihres 90. Geburtstags in Krems gefeiert. Dabei geben Ausstellung und Katalog Einblick in sieben Jahrzehnte künstlerisches Schaffen.

Nachgezeichnet wird der Wandel von der Glaskunst zur Malerei der vielseitigen Künstlerin. Dabei soll in der Diskontinuität der Reiz der Vielschichtigkeit dieser Künstlerin begriffen werden, die in der Auseinandersetzung mit Pop-Art und Realismen unterschiedlicher Prägung eine eigenständige und darüberhinaus kraftvolle Stimme entwickelt habe, so Gerda Ridler, die künstlerische Direktorin, Landesgalerie Niederösterreich. 

Als Themen der Künstlerin werden genannt: die komplexe Relation von Natur und Technik, die verschwimmenden Grenzen zwischen Mensch und Maschine und das verführerische Potential der Oberfläche sowie der kapitalistischen Warenwelt. 

Gerda Ridler beginnt das vorliegende Werk mit Biographischem zu Isolde Maria Joham und verortet sie zunächst kunsthistorisch. Beschrieben wird ihre Kindheit und Jugend in der Steiermark und auch der Weg zum Studium an der Akademie für angewandte Kunst. Sie soll eine eifrige, sehr gute Studentin gewesen sein, die für ihre Abschlussarbeit den "Alfred-Roller-Preis"  erhielt. 

1954/55 war sie Assistentin bei ihrem ehemaligen Professor Eduard Bäumer und unterstützte ihn bei der Ausgestaltung des Rittersaals auf Burg Gutenfels in Kaub am Rhein. Dort soll sie ihre Mehrfachbegabung bereits dokumentiert haben. Ab 1956 hat sie die Stelle als Assistentin der Meisterklasse für angewandte Malerei und Graphik an der Akademie für angewandte Kunst in Wien inne und nach einem langen Weg vielfältigen Tuns wird sie 1972 zur provisorischen Professorin ernannt. 1993 erfolgt dann die Pensionierung der Professorin, die zuletzt in der Meisterklasse für Gestaltungslehre in der Abteilung für Kunstpädagogik angesiedelt war. 

Ihre Ehe mit dem Bildhauer Gottfried Höllwarth beflügelt sie in ihrem künstlerischen Tun. Obgleich die beiden in unterschiedlichen Genres arbeiten, verband sie eine gemeinsame künstlerische Haltung, so liest man, die einer Naturverbundenheit und einer Nähe zur asiatischen Philosophie entsprang. 

In den beiden Aufsätzen von Dieter Ronte und Alexandra Schantl erfährt man Näheres zur Standortbestimmung in Kulturpolitik und Kunstszene und über das Zukunftsweisende im scheinbar Unzeitgemäßen. 

Man hat bei allen Texten Gelegenheit, sich ausgiebig in die Bilderwelt der Künstlerin zu vertiefen. Schon 1982 thematisiert sie in einem ihrer Werke "Die Frage der Energie". 

Geradezu visionär erweise sich das Schaffen auf ein Thema, das sich seit den 1980er Jahren wie ein roter Faden durch ihr Werk zieht: gemeint "die Ambivalenz des technischen Fortschritts, die in der Utopie von künstlich geschaffenen Menschen zum Ausdruck kommt und sich realiter in Form des Roboters manifestiert."

Vier Aufsätze unterschiedlicher Autoren begleiten die Bilderwelt von Johams Malerei im Buch. Dabei lernt man zunächst ihre Landschaftsbilder, dann auch ihre hyperrealistischen Werke kennen, denen Joham sich in den 80er Jahren völlig zuwendet und die heute ihr Alleinstellungsmerkmal in der österreichischen Malereider Nachkriegskunst ausmachen.

Die leuchtenden Gebilde, die auf der Erde landen, sind eigentlich Erdbewohner, die dem Planeten  einst den Rücken zukehrten, um den Weltraum zu erobern. 

Man lernt auch Werke aus dem ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre kennen, die näher erklärt werden und kann sich mit ihrer Malerei im Spannungsfeld von Kulturgeschichte, Popkultur und Traum vom künstlichen Menschen mittels eines Aufsatzes von Günther Oberhollenzer näher beschäftigen. 

Auch das glas-künstlerische Schaffen von Isolde Maria Johan wird textlich ausführlich behandelt und anhand von Fotos visualisiert. Besonders beeindruckt bin ich von ihrem Glasmosaik  "Die Sonne", das zwischen 1970-1972 entstand. Es handelt sich um ein aus acht Teilen bestehendes Mosaik, das von einem Sonnenmotiv mit goldenen Flammen, umgeben von weiteren sonnenartigen Gebilden motiviert wird. Wunderschön! Ein Traum, der in der heutigen Welt nicht mehr stattfinden kann.

Eine chronologische Kurzbiographie und eine Auswahl der Bibliografie plus Filme und Kurzbiographien der Autorinnen und Autoren sowie Übersetzungen der Texte im Buch ins Englische runden das hervorragende Werk, das eine großartige Künstlerin würdigt, ab.

Maximal empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Ansehen! Kunst und Design von Frauen-1880-1940- Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung mit dem Titel "Ansehen! Kunst und Design von Frauen 1880-1940", die noch bis zum 4. September 2022 im Bröhan-Museum in Berlin gezeigt wird. 

Nach einem Grußwort von Dr. Tobias Hoffmann, dem Direktor des Bröhan-Museums folgt eine kurze Einführung der Kuratorinnen Anna Großkopf und Julia Meyer-Brehm. Hier erfährt man, dass das Ziel der Ausstellung und des Katalogs darin bestehe, die heute teils noch kaum bekannten Künstlerinnen und Werke zu rekontextualisieren sowie in künstlerische Strömungen und Diskurse ihrer Zeit einzuordnen. Dabei werden die Biografien der Künstlerinnen in den Vordergrund gerückt, konkret die Lebensumstände, individuellen und institutionellen Voraussetzungen, Ausbildungswege, Strategien, Berufsauswahl und-perspektiven. 

Die Ausbildungswege fast aller Damen waren problematisch, da ihnen Kunstakademien und ähnliches lange Zeit verschlossen geblieben sind. Seitens der damaligen Presse wurden die Künstlerinnen abgelehnt. Man sprach despektierlich von "Weiberkunst". 

Vorgestellt werden 34 Künstlerinnen, die nachstehenden Rubriken zugeordnet sind: 

Skandinavische Porzellankünstlerinnen 
Dekorkünstlerinnen in Sèvres 
Künstlerinnen der Berliner Secession 
Möbeldesignerinnen in Dresden 
Frauen der Wiener Moderne 
Keramikerinnen in der Weimarer Republik 
École de Paris 
Mode- und Textildesignerinnen 
Silberschmiedinnen und Metallgestalterinnen
Designerinnen der KPM 
Frauen im Neuen Frankfurt. 

Fotos von den Damen und einzelne Werke begleiten die ausführlichen Texte. Dort findet man beispielsweise in der Rubrik Künstlerinnen der Berliner Secession Julie Wolfthorn, die Anfang des 20. Jahrhunderts zu den bekanntesten Künstlerinnen Deutschlands zählte. Auch Käthe Kollwitz ist in dieser Rubrik vertreten. Sie war die einzige Künstlerin der Berliner Secession, die sich wirklich in der Kunstgeschichte erfolgreich etablieren konnte. 

Beeindruckend ist die Vielfalt des Schaffens der vertretenen Damen, auch im Bereich von Design und wunderschön die Objekte der Designerin Sylvia Stave (1908-1994), die bekannt ist für minimalistisches Design und runde geometrische Formen.

Zu bestaunen gibt es viel in diesem Katalog, auch bei den Mode- und Textildesignerinnen, doch überzeugen Sie sich bitte selbst!

Sehr empfehlenswert! 

Helga König 

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