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Rezension: Das Auge der Welt: Otto Dix und die Neue Sachlichkeit (Gebundene Ausgabe)

"Kein Mensch will das sehen. Ja, was soll denn das eigentlich alles... die ollen Huren und die ollen abgetakelten Weiber und die Kümmernisse des Lebens... Kein Mensch hat Freude daran. Keine Galerie will das aufhängen. Wozu malst du das überhaupt?!" (Otto Dix).

"Der Maler ist das Auge der Welt" (Otto Dix).

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Das Auge der Welt. Otto DIX und die Neue Sachlichkeit", die vom 10.November 2012 bis zum 7. April 2013 im Kunstmuseum Stuttgart gezeigt wird.

Daniel Spanke lässt den Leser gleich zu Beginn seines Essays mit dem Titel "Das Auge der Welt. Otto Dix und die Neue Sachlichkeit" wissen, dass der Begriff "Neue Sachlichkeit" nicht von Otto Dix kreiert worden ist, sondern von Kunsthistorikern. Dieser Begriff zeichnet sich dadurch aus, dass er Phänomene der Gegenwartskunst zusammenfassend kennzeichnet und sie als neueste Strömung, die eine ältere überwindet, bereits zeitlich einsortiert, (vgl.: S.10).

In der Ausstellung, "lässt sich exemplarisch der Weg eines Künstlers in die Neue Sachlichkeit und die große Bandbreite dieser spezifischen Ausdrucksform als Haltung zur Wirklichkeit im Bild nachvollziehen und fassen", (Zitat. S. 10).

Kein Künstler der Neuen Sachlichkeit habe als "neusachlicher" Künstler begonnen. Bei Otto Dix lagen zwischen Kriegsende 1918 und seiner Veränderung zu einer nüchternen, realistischen Malweise zwei Jahre intensiver künstlerischer Produktion, anders gearteter Kunst. Man erfährt im Rahmen des Essays Wissenswertes zur Entwicklung des Künstlers. Dix war neben George Grosz der führende Vertreter der Neuen Sachlichkeit. Der psychische Schock der Kriegskatastrophe, die sich anschließende Krise und Verzweiflungsstimmung wurden dann für ihn zur Stimulanz für seine anklagende Botschaft als Maler und Grafiker.

1933 wurde Dix seiner Professur enthoben. Der Künstler erhielt Mal- und Ausstellungsverbot. Seine Werke wurde diffamiert. In diesem Jahr entstand das Werk "Die sieben Todsünden". Hier reitet Hitler auf einer Hexe seinem sicheren Untergang entgegen. 1936 zog sich Dix nach Schloss Randegg bei Singen, anschließend nach Hemmenhofen zurück und befasste sich mit Landschaftzeichnungen.

Im vorliegenden Kunstband werden dem Leser anhand von acht Essays unterschiedlicher Autoren Dix und sein Werk näher gebracht. Man liest von Christian Schade, einem weiteren Vertreter der neuen Sachlichkeit und dass man bei aller Unterschiedlichkeit zu Dix auch Parallelen finden könne. Beide nämlich teilten die Grundansicht, dass ein Künstler ein Zeuge seiner Zeit sei und in erster Linie berichten und weniger urteilen solle, (vgl.:S.37). Wie man erfährt, wurde der Malerei der neuen Sachlichkeit schon in den 1920er Jahre ein starker Bezug zum aktuellen Tagesgeschehen und zu sozialen Missständen in der Weimarer Republik zugesprochen. Während Dix die Zeitzeugenschaft ohne Schwierigkeiten belegt werden kann, soll dies bei Schad weitaus schwieriger sein. Die Gründe hierfür erfährt man auf S.43.

Änne Söll erläutert die Matrosenbilder von Otto Dix, die im Kontext seiner Beziehung zur Neuen Sachlichkeit als Zeichen für sein Interesse an der Darstellung von gesellschaftlichen Außenseitern behandelt werden. Im Unterschied zu seinen Bildern von Kriegsversehrten und Prostituierten, hat man es beim Matrosenthema nicht mit einer Kritik an den sozialen Missständen zu tun, sondern hier geht es um die neue Männlichkeit (vgl.: S.55).

Im Essay von Birgit Schwarz kann man sich in die Todsünden der Dix-Interpretation vertiefen und später dann auch noch Wissenswertes zur Rezeption der Neuen Sachlichkeit in den 1960-/1970 Jahren in Erfahrung bringen, bevor man die Werke in Augenschein nehmen kann.

 Besonders begeistert mich das Triptychon mit dem Titel "Großstadt", das die 20er Jahre sehr gut darstellt. Die Prostituiertenbilder sind gewöhnungsbedürftig, die Kriegsbilder erschreckend, weitaus eindringlicher als Bilder seiner Kollegen Segieth und Radziwill, die man in Stuttgart offenbar auch sehen kann.

Wie man erfährt spielt das Porträt in der neuen Sachlichkeit eine wesentliche Rolle. Man hat die Möglichkeit viele Porträts und Bildnisse, die Otto Dix malte, kennenzulernen, aber auch Landschaftsbilder bleiben nicht ausgespart. Mich sprechen die Werke aus den 1920er Jahren am meisten an. Diese Gemälde halte ich für die mutigsten und aussagekräftigsten.

Empfehlenswert.
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Rezension:Schätze der Kamigata. Japanische Farbholzschnitte aus Osaka 1780-1880 (Gebundene Ausgabe)

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Schätze der Kamigata, Japanische Farbholzschnitte aus Osaka, 1780-1880", die vom 16. November 2012 bis 17. März 2013 im Musée national d'histoire et d'art in Luxembourg gezeigt wird.

Wie man dem Vorwort entnehmen kann, hat man durch diese Ausstellung erstmals die Chance, Einblick in ein spannendes, bislang aber wenig bekanntes Kapitel der japanischen Kunstgeschichte zu nehmen.

Die Bezeichnung "Kamigata" verweist auf die Gegend um Kyoto, der alten Kaiserstadt und Osaka, des damaligen wirtschaftlichen Zentrums Japans. Von dort stammen also die gezeigten Holzschnitte. Man erhält durch diese Arbeiten einen genauen Blick auf das Alltags- und Kulturleben einer vergangenen Epoche. Die Holzschnitte erfüllten ihren Zweck als Einzelblätter oder Mehrblattfolgen als Mode- und Kalenderblätter, zeigten Schauspielerporträts, Darstellungen von Bühnenszenen und machten als Plakate oder Programme Werbung für Theaterstücke, lässt die Kulturministerin Octavie Modert die Leser wissen.

Das Buch ist in fünf Kapitel untergliedert. Diesen Kapiteln sind nicht nur 585 Werke von 290 Künstlern zugeordnet, sondern auch aufschlussreiche, in die Werkschau einleitende Texte, beginnend mit den grundsätzlichen Informationen, wie überhaupt ein Holzschnitt entsteht. 

Die Abbildungen der Kunstwerke werden jeweils begleitet von Informationen zum Werk und zum Künstler. Näher unterrichtet wird man zu den Einzelthemen des japanischen Farbholzschnitts, zum Kabuki-Theater, dem Hauptthema des Farbholzschnitts, liest über das Gemeinschaftswerk "Gassaku" und zudem Wissenswertes zur Geschichte des Farbholzschnitts in Kamigata.

Es ist sehr spannend, sich in diese uns eher fremden Bilderwelten zu vertiefen und anhand der Texte zu erfahren, was sich auf den Bildern konkret abspielt. Dies in seiner Vielfalt allerdings hier alles wiederzugeben, sprengt den Rahmen einer Rezension.

Ein gelungener Katalog, der den Leser mit einer Welt und vor allem mit Gesichtern vertraut macht, in denen man nur ganz schwer lesen kann.

 Empfehlenswert.

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Rezension:Die Kunst des Salons: Malerei im 19. Jahrhundert (Gebundene Ausgabe)

Dieser Prachtband, der die Malerei im 19. Jahrhundert zum Thema hat, zählt zu den imposantesten Kunstbänden in meiner Bibliothek. Der Autor Norbert Wolf beginnt mit Hinweisen zur Lektüre. Hier unterstreicht er, dass das Buch einen repräsentativen Querschnitt der sogenannten Salonmalerei bietet. Der Begriff Salonkunst wurde von der damaligen Avantgarde bekanntermaßen eher abwertend benutzt, weil sie diese Malerei als dekorativ abtaten, als Kunst, mittels der man repräsentative Empfangs- und Gesellschaftsräume dekorierte. Die Avantgarde des frühen 19. Jahrhunderts postulierte, dass die Kunst in einer hässlichen Welt nicht schön sein dürfe, denn Schönheit sei nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver gegenüber der rauhen Wirklichkeit, (vgl.: S.18).

Wolf untergliedert den Kunstband in sechs große, reich bebilderte und dabei alles andere als textarme Abschnitte, bei denen es sich um folgende handelt:..... Das wiedererwachte Interesse: ein Ausblick Aus der Kulturökonomie des 19. Jahrhunderts Auf dem Boulevard des Erfolgs Länder und Künstler Themen Zur Phänomenologie der Salonmalerei.

Im ersten Abschnitt geht der Autor der Frage nach, weshalb es zu einem mittlerweile wiedererwachten Interesse an der Salonmalerei gekommen ist, selbst dann, wenn Werke als kitschig deklariert werden können. Danach erfährt man im 2. Kapitel, dass man den Vertretern der Salonmalerei einst vorwarf, den guten Geschmack zu verraten, um sich bei der Masse des unkritischen Bildungsbürgertums anzubiedern. Wer angeblich unterhalb der künstlerischen Aufrichtigkeit operierte, wurde ins Souterrain der Kunstgeschichtsschreibung und in die Depots der Museen verbannt. Doch die Einschätzung änderte sich und viele Gemälde als auch Skulpturen verließen die Depots. Als Meilenstein wird das "Musée d O`rsay" in Paris genannt, (vgl.: S. 24).

Wie man erfährt, soll sich dort, wo das soziale Prestige des Bürgertums von einem Bildungsideal getragen war, das sich auf die individuelle Persönlichkeitsentfaltung, auf subjektive Erlebnistiefe und auf die Einreihung in konvertierbare, vor allem aber auf klassisch-humanistische Traditionen der Philosophie und Kunst berief, jenes Bildungsbürgertum formiert haben, das die mangelnde adelige Herkunft durch geistigen Adel zu ersetzen suchte. Der bildungsbürgerliche Anspruch kam in der konformistischen Malerei des 19. Jahrhunderts zum Ausdruck, (vgl.: S.30).

Im ethischen Anspruch an die Künste suchte sich das Bildungsbürgertum herablassend von den unkultivierten Massen zu unterscheiden und zwar weil die Grenzlinien zwischen Exklusiv- und Populärkultur immer mehr verschwammen. Die Destinktionsstrategien benannten alles, was dem "einfachen" Publikum gefiel, als minderwertig. Die Kunst des "bürgerlichen Zeitalters" nahm für sich in Anspruch, "Spiegelbild gehobener Qualitäten" zu sein, und war dennoch letztlich oftmals nur "Basar des Durchschnittsgeschmacks", (vgl.: S.30).

Man liest von den Malerfürsten der damaligen Zeit, die ihren Status nach außen mit luxuriösen Wohnhäusern zum Ausdruck brachten. Zu ihnen zählte Franz von Lenbach, der sich aus kleinen Verhältnissen stammend zu Reichtum empormalte und andere damals in München tätige Malergrößen, auch der bekannteste deutsche Orientmaler Wilhelm Gentz und Frederic Lord Leighton, einer der erfolgreichsten Maler und Bildhauer der viktorianischen Ära. Das spektakulärste Künstleratelier soll sich übrigens in Wien befinden. Es gehörte Hans Makart.

Man erfährt mehr über die privilegierte Stellung Frankreichs im staatlich gelenkten Kunstbetrieb und über Ausstellungswesen des 19. Jahrhunderts. Im Paris der Revolutionäre, aber auch im Paris Napoleons sollte ein globales Museum entstehen und so wurde damals das Louvre-Museum in das Musée Napoléon umbenannt, nach seinem wohl größten Beschaffungsagenten. Im 19. Jahrhundert soll es seitens des Bildungsbürgertums eine auffallende Gier nach künstlerischen Bildern gegeben haben. Zur Propagierung der damaligen Kunst wurden große Ausstellungen in den Hauptstädten zum gesellschaftlichen Kunstereignis erhoben, (vgl.: S.51). Die Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts schließlich dokumentieren wie mehr oder weniger rigide Nationalismen sich unter der Oberfläche bürgerlicher Gemeinsamkeit ausdehnten, (vgl.: S.60) Der Autor thematisiert richtungsweisende Salonmalerei und stellt anhand von Gemälden Glanzlichter dieser Kunstform vor, darunter auch "Das Frühstück im Grünen" von Édouard Manet.

Man liest von den Werken der Präraffaeliten im späten Verlauf des 18. Jahrhunderts und ihrer anfänglich antiakademischen Haltung und hat Gelegenheit sich in ein Salonkunstgemälde von John William Waterhouse zu vertiefen, das den Titel "La Belle Dame sans Merci" trägt und meines Erachtens überzogene romantische Gefühle hervorrufen soll.

Der Autor bringt in seinen Streifzügen durch die Hauptzentren die Salonkunst in Frankreich, Großbritannien, Deutschland und in der Donaumonarchie und in den Vereinigten Staaten zur Sprache und erörtert diese breitgefächert. Dabei ist natürlich der Bilderreigen eine Freude für das Auge, die sich hier an intellektuell geradezu Tabuisiertem ergötzen kann. Ich denke hier speziell an die Waterhouse-Gemälde, durchaus auch an Anselm Feuerbachs "Ruhender Nymphe" und Franz von Lenbachs "Hirtenknabe". Einfach nur schön, aber halt auch ein bisschen zu schön.....

Unterrichtet wird man über die Themen in der Salonmalerei. Erwähnt wird Zola, der zwischen den Riesenformaten der Historienmalerei einschließlich denen mit religiösen Sujets und den kleinformatigen Werken mit Genreszenen unterschied. Ausführlich wird man mit der Historienmalerei in der Folge vertraut gemacht und hat Gelegenheit eine Reihe imposanter Historienbilder kennenzulernen, darunter auch Jules-Élie Delaunays "Die Pest in Rom" und Anselm Feuerbachs "Iphigenie", aber auch Hans Markarts "Der Tod der Kleopatra".

Im Rahmen der Rezension ist es leider unmöglich, auf alle Facetten des Buchs einzugehen, erwähnen möchte ich allerdings im Rahmen der Themen "Das Ich und die Anderen". Hier werden Bildnisse beleuchtet und das Genre "Alltägliches zwischen Schein und Wirklichkeit", u.a. auch die Sozialthematik wie sie bei Jean-Francois Millets "Ährenleserinnen" zur Geltung kommt.

Ein Fest für die Augen sind die Gemälde, die unter das Thema "West-östlicher Divan" einzureihen sind und hier keineswegs nur die Bilder, die Harem und Hamam fantasievoll darstellen, doch diese letztlich besonders. Ich denke da an Gemälde wie etwa Édourd Debat-Ponsans "Die Massage. Szene aus dem Haman". Gleichwohl beeindrucken mich auch die Gemälde von Lawrence Alma –Tadema und hier speziell "Joseph, Aufseher der Kornkammer des Pharao".

Man erfährt Näheres zur Aktmalerei in der Salonkunst. Trotz verbaler Attacken konnte nicht verhindert werden, dass in der viktorianischen Gesellschaft dieses Sujet besonders beliebt war. Ganz zauberhaft finde ich Frederic Leightons "Das Bad der Psyche", aber auch Henri Gervex "Rolla".

Erwähnt wird auch, dass trotz der Tatsache, dass Salonmalerei zumeist Kommerzíalisierung des Bildangebotes mittels publikumswirksamer Aufmachung bedeutete, durchaus auch jenseits des Mainstreams liegende Strömungen in bestimmten Kreisen gesellschaftsfähig wurden, so etwa Klimts "Danae", (vgl.: S.258). Bei der Frage, weshalb Salonmalerei nicht selten am Kitsch entlang schrappt, erwähnt der Autor, dass ein Merkmal dieser Malerei der Verzicht auf Ironie oder gar visuellen Skeptizismus sei. Wo ein ironisches Korrektiv fehlt, ist die Gefahr nicht gering ins Triviale abzugleiten. Doch wer weiß schon, was Kunst im absoluten Sinne ist?

Hüten wir uns vor arroganter Urteilsbildung, wie sie einst von den Wortführern der "authentischen" Avantgarde formuliert wurden. "Die Rosen von Heliogabal" von Lawrence Alma-Tadema unterziehe ich ignorant keiner Kitschanalyse, sondern freue mich einfach, wann immer ich das das dionysisches Traumbild sehe, auf welchem dem Genuss gehuldigt wird. Schön, dass es auch solchen Gemälde gibt.

 Empfehlenswert.


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Rezension:Prix Pictet 04 Power (Gebundene Ausgabe)

"Das ölverseuchte blaue Wasser im Golf von Mexiko wirbelt vor meine geistigen Auge, wie ein groteskes Gemälde." (Daniel Beltrá).

Das Vorwort zu diesem Bildband hat Kofi Annan verfasst. Er ist der Ehrenpräsident des Prix Picet, dessen Zielsetzung darin liegt, mittels der Macht der Fotografie, die Aufmerksamkeit der Welt auf Fragen der Nachhaltigkeit und hier speziell auf die Umwelt zu richten. Im vorliegenden Buch wird der vierte Zyklus von Bildern gezeigt, der sich diesmal mit dem Thema Macht und seinen vielen Erscheinungsformen auseinandersetzt.

Seitens der weltweit 201 Nominierenden wurden für den Zyklus insgesamt 650 Fotografen aus 76 Ländern vorgestellt. Die Jury einigte sich dann auf 12 Künstler für den Prix. Im vorliegenden Buch hat man Gelegenheit die Portfolios dieser zwölf Künstler kennenzulernen. Dazu kommen dann noch herausragende Werke Fotografen aus der weiteren Auswahl.

Im Anschluss an die Bilderpräsentation werden die Künstler im Einzelnen vorgestellt und man hat Gelegenheit zu lesen, was der jeweiligen Fotograf über sein Werk mitzuteilen hat. Auch das jeweils eingereichte Portfolio wird in seiner Gesamtheit gezeigt.

Bei den Preisträgern handelt es sich um: Robert Adams, Daniel Beltrá, Mohamed Bourouissa, Philippe Chancel, Edmund Clark, Carl De Keyzer, Luc Delahaye, Rena Effendi, Jaqueline Hassink, An-My Lé, Joel Sternfeld und Guy Tillim.

In einem Essay von Harry Eyres, das den Bildern, neben einem weiteren Essay von Phil Thornton vorgeschaltet ist, kann man mehr zum Thema Macht in Erfahrung bringen. Eyres zitiert dabei Michel Foucault, der einst formulierte "Macht ist überall und kommt von überall". Macht sei eine aktive Kraft und könne mit einem Kameraklick von "den augenscheinlich Mächtigen auf die augenscheinlich Machtlosen" übergehen.

 Die im Buch versammelten Fotografen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein Gespür für die Theatralik und Vieldeutigkeit von Macht besitzen. Eyres lässt den Leser wissen, dass nach seiner Meinung eines der aussagekräftigsten Bilder auch eines der minimalistischsten ist. Bei diesem Foto handelt es sich um das Bild mit dem Titel "Camp Four Pfeil nach Mekka und Ring für Fesseln" aus der Serie Guantanamo von Edmond Clarks. Eyres fragt nicht von Ungefähr, welche Arten von Macht hier wirken.

Er erwähnt auch, dass es geopolitische Dimensionen von Macht gibt und erklärt dies näher. Macht kann vielerlei sein, wie die Bilder zeigen, kann sich im Widerstand zeigen, aber auch leider die Verheerung der Welt aufgrund von menschlicher Selbstüberschätzung. Radikaler Wandel oder Ausübung von Kontrolle und Herrschaft sind aufgrund von Macht möglich. Power verfügt über viele Facetten und es liegt an uns, sie für einen radikalen Wandel weg von Egoismus und der Gier einzusetzen.

Auf mich wirken die Bilder unendlich beklemmend, wie ein nicht enden wollender nebliger Novembertag. Voltaire sagte einst:"Wir werden dieses Welt ebenso dumm und ebenso schlecht verlassen, wie wir sie vorfanden, als wir ankamen." Wenn ich die Bilder des Machtmissbrauchs sehe, befürchte ich, dass die Sentenz des alten Franzosen noch immer stimmt.

Doch wir haben immer eine Chance zur Neugestaltung unserer Welt und wenn wir gemeinsam an einem Strang in die gleiche Richtung ziehen, weg von der Gier und hin zu vielleicht wirklich blühenden Landschaften, dann hat die Aussage Voltaires ausgedient und kann durch eine erfreulichere ersetzt werden.

Empfehlenswert.

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Rezension:Nautische Instrumente - von Astrolabium bis Zirkel (Gebundene Ausgabe)

In diesem Prachtbildband des renommiertesten Yachtfotografen der Welt - Carlo Borlenghi - hat man Gelegenheit nautische Instrumente aus vielen Jahrhunderten zu bestaunen, denn Borlenghi erhielt Zugang zu einer der wohl schönsten Sammlungen. Die beeindruckenden Fotos werden von Texten des Autors Gianni Gini begleitet, der viele Hintergrundinformationen zum Thema Astrolabium bis Zirkel liefert und den Leser an längst vergangenen Seereisen teilnehmen lässt.

Eingeteilt ist das Buch in die fünf Abschnitte und beginnt mit dem Prolog. Hier erfährt man, dass in den Jahren als die neuen Länder entdeckt wurden, die Kapitäne nur wenige Instrumente der Navigation besaßen. Genannt werden der Kompass und einige ungenaue Instrumente zur Bestimmung der Breite, so etwa den Jakobsstab oder die Quadranten. Die Schiffsführer hatten Kenntnisse in Astronomie, Mathematik und Meteorologie. Kartografen und Naturforscher standen ihnen zur Seite. Man wird über die damalige Interaktion der Mannschaften auf den Schiffen informiert, erfährt auch, dass junge Intellektuelle oftmals aus Abenteuerlust mit zur See fuhren und ihre Erfahrungen in der Literatur verarbeitet haben.

Im 18. Jahrhundert dann wurde viele Geräte erfunden, die die Schifffahrt immer sicherer machten, doch bevor man über diese Geräte etwas in Erfahrung bringen kann, wird man über eine Schiffsreise im Jahre 1627 informiert. 147 Personen sollten von Spanien aus nach Mexiko transportiert werden, um dort neue Niederlassungen zu gründen. Die SANTA ANITA sollte auf der Rückfahrt möglichst viel Gold mitbringen. Über das Handlungsmuster des Kapitäns und die Reise wird spannend berichtet und man hat Gelegenheit, begleitend viele Gerätschaften bewundern zu können.

 Anschließend wird man über das Astrolabium aufgeklärt, erfährt wann es entwickelt wurde und dass schon im 4. Jahrhundert der Vater der Mathematikerin Hypatia eine Abhandlung darüber schrieb. Die ältesten erhaltenen Astrolabien stammen aus dem 9. Jahrhundert. Araber fertigten sie an. Das Instrument verbreitete sich von Spanien aus über ganz Europa. Man lernt auch Oktanten in der Folge kennen, des Weiteren das Grasometer, ein Winkelmessgerät und schließlich das Fernrohr. Es war übrigens Galilei, der mit seinem Fernrohr die Sonnenflecken, die Phasen der Venus und die Ausbuchtungen am Planeten Saturn, die sich erst viel später als Ringe erwiesen, entdeckte, (vgl.: S.71).

Die Fotos dieser alten Geräte faszinieren wirklich sehr. Dabei wird stets genau darauf hingewiesen, was man nun konkret auf dem Bild wahrnimmt. Beispielsweise auch Sonnenuhren, über die man viel Wissenswertes erfährt. Auf diesen alten Uhren stehen oftmals Sinnsprüche, dabei lautet einer der bekanntesten "Ultima latet"- "Die letzte Stunde ist unbekannt", (Zitat: S. 81).

 Natürlich wird auch der Kompass thematisiert, den die Chinesen vermutlich vor den Jahr 1000 erfunden haben.Die Breiten und Längenkreise werden erläutert und es wird eine Seereise der DUFFERIN im Jahre 1727 beschrieben. Begleitend dazu lernt man viele wunderschöne Schiffschronometer optisch kennen, über deren Funktionsweise man in der Folge sehr gut aufgeklärt wird.

 Aufklärung erfährt man auch über Hypsometer, Anemometer und über den Doppelwinkeltransporteur als auch über den Borderkreis, um dann das Kapitänsleben auf einer Seereise im Jahre 1835 mitzuerleben. Francois Métisse passierte am 28.11. mit seinem Schiff PERSÉVÉRANCE das Kap der Guten Hoffnung, (siehe S.149).

Was man unter einem Logbuch zu verstehen hat, wird ausführlich erläutert, bevor man ein aufschlussreiches Textporträt über James Cook nahe gebracht bekommt und dessen Logbücher betrachten kann.

Das Werk endet mit einer Schiffsreisebeschreibung aus dem Jahre 1937 und der Präsentation beeindruckender Seekarten.

 Ein wunderschönes Buch, voller maritimer Kostbarkeiten, das ich gerne empfehle.

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Rezension:Das russische Zarenreich - Eine photographische Reise 1860 - 1918 (Gebundene Ausgabe)

"Die Arbeit selbst erschien mir durchaus nicht so schwer, durchaus nicht so "sibirisch" und erst nach ziemlich langer Zeit erriet ich, dass das "Sibirische" dieser Arbeit nicht so sehr in ihrer Schwere und ununterbrochenen Dauer bestand, als vielmehr darin, dass sie "Zwangsarbeit", befohlene Arbeit, eisernes Muss unter drohendem Stock war." (Dostojewski, S.166).

Dieser wirklich beeindruckende Bildband über das russische Zarenreich enthält 362 Abbildungen von Leonid Anrejew, Carl Bulla, William Carrick, Roger Fenton, Murray Howe, George Kennan, Sergei Prokudin-Gorski u.a. Die Bildauswahl und Gestaltung realisierten Philipp Blom, Christian Brandstätter und Veronica Buckley.

 Die Bildreise ist in einzelne Kapitel untergliedert, die ich an dieser Stelle kurz auflisten möchte: Sankt Petersburg; der Nordwesten; der Westen; der Südwesten; russisches Zentralasien; der Ferne Osten; Sibirien; der Ural; Moskau und Umgebung..... Wie man der Einleitung bereits entnehmen kann, ist die fotografische Reise geografisch organisiert. Durch die Augen der Fotografen entdeckt man eine vielseitige Welt, die zeitlos und archaisch daherkommt, fast durchgehend von großer Armut gezeichnet ist, aber mitunter auch großen Reichtum und eine erstaunliche Modernität bezeugt. Dieser zwiespältige Eindruck, den die Fotografien hinterlassen, entspricht der Situation, in der sich das Russische Reich in der zweiten Hälfte des neunzehnten und des frühen zwanzigsten Jahrhunderts befand, (vgl.: S.14).

Wie man erfährt war die Gespaltenheit des kulturellen und interkulturellen Lebens nicht zuletzt auch ein Ausdruck der wirtschaftlichen und sozialen Situation im russischen Reich. Reformer begriffen schon früh die zentrale Herausforderung für die Modernisierung und den Fortschritt: Es ging darum, Millionen von Menschen aus dem Mittelalter direkt in die industrielle Moderne zu katapultieren, (vgl.: S.16).

 Die Bilder-Reise beginnt in St. Petersburg. Stets wird man über die gezeigten Bildinhalte textlich in Kenntnis gesetzt und hat Gelegenheit Sentenzen von Schriftstellern und anderen Persönlichkeiten aus damaliger Zeit zu lesen, die sehr viel über die damalige aussagen. Neben Gebäudebildern von St. Petersburg, hat man Gelegenheit Bilder der letzten Zarenfamilie zu studieren, aber sich auch in ein Foto von Rasputin zu vertiefen, jenen Wunderheiler, der zu viel Einfluss auf die russische Zarin hatte.

Immer wieder liest man erläuternde Sentenzen, so auch von Zar Nikolaus II., der der Russischen Revolution nicht gewachsen war.

 Die Bilder zu beschreiben führt an dieser Stelle zu weit. Viele der Bilder assoziiere ich mit dem Roman "Anna Karenina" von Tolstoi, andere mit Boris Pasternaks "Dr. Schiwago".

Ein Zitat aus Tschechows "Die drei Schwestern", das ich auf Seite 83 las, finde ich sehr aufschlussreich im Hinblick auf die Ignoranz der Aristokraten in jenen Jahrzehnten: "Ich habe noch keinen Tag in meinem Leben gearbeitet. In...einer Familie geboren, die keine Sorgen kannte - wo sollte ich es lernen."

Man sieht in diesem Buch viele Familien mit großen Sorgen, so etwa die jüdischen Bauern in der Gegend um Wilna, 1910, aber man sieht auch jüdische Straßenmusikanten, die es verstanden, für eine kurze Weile den Kummer zu vertreiben.

Man wird mit Bildern aus Odessa konfrontiert und dabei immer wieder mit unsäglicher Armut, die auch im Kaukasus groß gewesen sein muss und man ahnt, was Ossip Mandelstam meinte, wenn er sagte: "Die Trauer, unsagbarer Wall/ Schlug auf zwei übergroße Augen."

 Viele Textstellen aus Tolstois, Tschechows und Dostojewski Werken begleiten die Fotos, selbst nach Zentralasien, in den Fernen Osten und nach Sibirien sowie in all die anderen Gegenden, bei deren Anblick ich Melancholie verspüre, aber plötzlich zutiefst berührt bin über eine Sentenz Maxim Gorkis "Tschechow hatte schöne Augen. Wenn er lächelte, wurden sie warm und zärtlich, wie die einer Frau. Und sein Lachen fast lautlos, war irgendwie besonders schön. Im Lachen genoss er das Lachen, freute sich daran. Ich kenne niemand anderen, der so- wie soll ich es sagen- spirituell lachen konnte, (Zitat: S. 235). Die Fotos von Tschechow dokumentieren, was Gorki im Hinblick auf diese Augen meinte. Solche Augen wirken tröstend beim Anblick des vielen Leids, das man auf dieser fotografischen Reise zur Kenntnis nehmen muss, wenn man bewusst hinschaut und sich nicht vom Prunk Sankt Petersburgs betören lässt.

 Empfehlenswert. 

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Rezension:Friedensreich Hundertwasser: Gegen den Strich. Werke 1949-1970 (Gebundene Ausgabe)

"Paradiese kann man nur selber machen, mit eigener Kreativität, in Harmonie mit der freien Kreativität der Natur." (Hundertwasser).

 Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Gegen den Strich- Hundertwasser, Werke 1949-1970", die vom 20. Oktober 2012 bis 17. Februar 2013 in der Kunsthalle Bremen gezeigt wird. Viele Originale, die im Katalog abgebildet sind, hatte ich das große Glück in Darmstadt im Rahmen einer Ausstellung auf der Mathildenhöhe bereits bewundern zu können. Das dürfte mittlerweile gut 10 Jahre her sein.

 Im vorliegenden Katalog wird gleich zu Beginn in einem sehr lesenswerten Essay Hundertwassers Werk und dessen Aktualität beleuchtet. Es wird darauf hingewiesen, dass dieser Künstler ein wahrer Utopist gewesen ist, der extrem empfindsam war und dabei erfüllt von der Kunst und jenen Botschaften über Mensch, Welt und Natur, die er durch sein gesamtes Tun zu vermitteln suchte, (vgl.: S.12). Seine Werke vereinen drei entscheidende Grundelemente: die im Einzelnen genannt werden. Die Farben Hundertwassers transportieren den Betrachter in eine utopistische Sphäre, in der neue Dinge möglich sind. Bei allem aber wurzelt die koloristische Malerei dieses Künstlers bewusst in der Geschichte der Malerei von der Antike bis heute, (vgl.: S.14).

Seine Werke müsse man als beharrlichen Appell zur Versöhnung mit dem Dasein begreifen, so Fleck, das einen Umweg über unbekannte, dabei aber harmonische Formen nimmt und die Einzigartigkeit jedes menschlichen Wesens mit einer Kreativität unterstreicht, die sich unabhängig von jeder staatlichen oder medialen Macht entwickelt habe, (vgl.: S.19).

Das Werk des Künstlers wird von mehreren Themen durchdrungen. Welche es sind, erfährt man in dem Essay von Fleck natürlich auch und man wird auch darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich ab 1975 das Hauptaugenmerk auf die Architektur richtete. Doch diese Zeit ist nicht mehr Thema der Ausstellung.

Vorgestellt wird zunächst sein Frühwerk. Dazu hat man Gelegenheit den Ausstellungstext "Art Club" aus dem Jahre 1953 zu lesen. Dann erfährt man Näheres zu Hundertwassers Aufenthalt in Paris (1949-1960) und wird mit seinem kurzen Essay aus dem Jahre 1954 mit dem Titel "Die gerade Linie führt zum Untergang" vertraut gemacht, dem viele weitere Texte des Künstlers folgen, die dem Leser eine Vorstellung davon geben, welche Motive Friedensreich Hundertwasser in seinem künstlerischen Ausdruck bewegten.

Christoph Grunenberg hat zum "Spiralmaler Hundertwasser" einen Essay verfasst. Dazu sollte man wissen, dass die Spirale das zentrale Motiv von Hundertwassers Werke war. Die Wahl der Spirale als zentrales Formmotiv soll von eine gewisse Demut dieser Künstlerpersönlichkeit zum Ausdruck bringen, weil Hundertwasser sich auf diese Weise vorgegebenen natürlichen Formen, den Strukturen geometrischer Muster und dem Diktat der gegenständlichen Welt unterwirft, (vgl.: S.83).

 Man erfährt Wissenswertes zur Symbolik der Spirale, auch über deren Urgeschichte, bevor man eine Reihe bemerkenswerter Kunstwerke, die dem Thema Findung spiraloider Formen zugeordnet sind, kennenlernt.

Des Weiteren lernt man Hundertwasser als Vordenker der ökologischen Moderne kennen und kann sich in Kunstwerke der Zeit der Spirale vertiefen und auch solche der vegetativen Abstraktion, die mich am meisten ansprechen. Thematisiert werden ferner sein Aktionskunst und Manifeste bis 1970 und, Werke die der späten Gegenständlichkeit zuzuordnen sind. Dem Anhang schließlich sind biografische Daten bis 1970 zu entnehmen-

Empfehlenswert.

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Rezension:Mittelalterliche Stadtbaukunst in der Toskana

Der Autor dieses neu aufgelegten, vor rund 60 Jahren bereits erstmals erschienen Buches ist Wolfgang Braunfels, der bereits 1987 verstorbene langjährige Ordinarius für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilian-Universität München. Dort waren seine Forschungsschwerpunkte: die Kunst der Karolingerzeit, italienische Architekturgeschichte, abendländische Klosterbaukunst und die Geschichte der Urbanistik.

Die vorliegende Ausgabe hat der Architekt Stephan Braunfels auf den Weg gebracht.

Dieses Standardwerk zur Idee der Stadt als einheitlichem Bauwerk mit Mauern, Kirchen, Paläste, Straßen und Brücken ist von der Wissenschaft bis heute nicht überholt und zählt aus Sicht der Architekten zu einem der wichtigsten Lehrbücher der Stadtbaukunst.

Untergliedert ist es in sechs Kapitel. Bei diesen handelt es sich um: Die Staatstaaten der Toskana Die Mauer Straßen und Plätze Die Kirchen Die Profanbauten Die Stadtbaumeister.

Im Rahmen des ersten Kapitels wird man zunächst mit der Idee der Stadt vertraut gemacht. Sie ist ein Begriff aus der Antike, deren Gestalt sich durch Lebensformen bedingt, die sich in der Antike herausgebildet haben. Städtische Mauern waren einst die Hindernisse, an denen sich ihre Stürme brachen. Derjenige, dem sie sich öffneten, wurde zum Städter, wurde was die Toskana anbelangt, zum Italiener, (vgl.: S.20).

 In Italien gehörten Stadt und Land zusammen. Die Stadt soll dazu berufen gewesen sein, das Land zu beherrschen und nur unter ihrem Regime soll es auch wirklich gedeihen, (vgl.: S.25) Man lernt sie speziell als Bauwerk zu begreifen. So jedenfalls wurde sie auch über viele Jahrhunderte hinweg von den Malern dargestellt.

Über die Stadtmauern der Städte Pisa, Lucca, Florenz und Siena liest man Wissenswertes. Die Stadtmauer symbolisierte die Befreiung der Menschen von den Gefahren der Willkür, die auf dem Lande herrschte. Die Mauer schloss die Stadt als Bereich von Recht und Ordnung vor der rechtlosen Landschaft ab, (vgl. S.47). Man wird zum Bauverfahren, über die Bauhandwerker, die Baukosten, die Baumbeamten, das Baumaterial, die Baupläne und den Bauschmuck der Mauer informiert, so etwa Skulpturen von Heiligen, mittels derer man sich den Schutz des Himmels versicherte, (vgl.: S. 83).

Im Hinblick auf die Straßen und Plätze wird man mit dem toskanischen Ordnungsideal,  Rechtsbestimmungen, mit den Bereichen der Bauaufsicht, sogar mit Bausitzungen etc. vertraut gemacht, liest über Fassaden- und Platzgestaltung aber auch über das generelle architektonische Schönheitsideal, bevor man sich in die Architektur der Kirchen vertiefen kann. Lesenswert sind hier vor allem die Informationen zum Ideal der heiligen Stadt, auch die Bedeutung der Dome und der Kirchenfassaden. Natürlich wird man auch über die Bedeutung der Kuppel des Doms von Florenz aufmerksam gemacht, die das Sinnbild, vielleicht sogar das Wesen dieser Stadt ausmacht.

 Interessant zu lesen sind die Infos zu Türmen, Brunnen, Brücken und zum Palazzo Pubblico in Siena, wie auch zum Palazzo Vecchio in Florenz und die Gedanken über die Emanzipation des Ästhetischen, der sich auch in den Urteilen der Dichter über die Künstler spiegelte.

 Man lernt eine große Anzahl bedeutender Stadtbaumeister kennen, unter diesen befindet sich natürlich auch Brunelleschi, der erste Stadtbaumeister von Florenz, dessen Domkuppel ihn bis in alle Ewigkeit mit der Metropole und ihrer Schönheit verbindet.

 Auf den letzten Seiten hat man Gelegenheit sich anhand von Fotos einen visuellen Eindruck von verschiedenen Bauwerken in der Toskana zu verschaffen und wird fortan die mittelalterliche Stadtbaukunst in der fokussierten Region vor allem als Gesamtkunstwerk begreifen.

 Empfehlenswert.

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Rezension: Raffael- Zeichnungen

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Raffael.Zeichnungen", die vom 7. November 2012 bis 3. Februar 2013 im Städel Museum in Frankfurt und dort in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung gezeigt wird.

Das Vorwort hat Max Hollein, der Direktor des Städel Museums, verfasst. Wie dort  eingangs erwähnt, erlebte die Zeichenkunst um 1500 in Europa einen denkwürdigen und folgenreichen Höhepunkt. Das Zeichnen auf Papier wurde zum Arbeitsinstrument, mittels dem die Künstler ihre bildnerischen Gedanken formten. Leonardo da Vinci, Michelangelo, Raffael und Dürer waren meisterhafte Zeichner. Ihr zeichnerisches Werk wurde zur Grundlage ihres Schaffens, zur Spur ihres Denkens und zum Ausweis ihrer künstlerischen Größe.

Hollein hebt hervor, dass das Städel Museum mit elf eigenhändigen Werken des Künstlers den umfangreichsten Bestand in Deutschland besitzt und diesen der großen Kennerschaft von Johann David Passavant zu verdanken hat, der von 1840 bis 1861 Inspektor der Sammlung des Städelschen Kunstinstitutes war. Er hatte übrigens die erste, umfassende, im modernen Sinn wissenschaftliche Monografie über Raffael verfasst.

Normalerweise werden diese Zeichnungen nur auf Anfrage vorgelegt, weil sie sehr lichtempfindlich sind. In der Ausstellung ermöglichen die Zeichnungen dem Betrachter, die Entwicklung der Bildstrategien über den gesamten Zeitraum seines Schaffens zu verfolgen, das lässt Hollein nicht unerwähnt.

Dr. Joachim Jakoby befasst sich anschließend in seinem umfangreichen Betrag ausführlich mit Raffael als Zeichner und Erzähler, skizziert die Lebensstationen des Künstlers: Urbino, Florenz und Rom, um dann dem Leser die Technik und Funktion von Raffaels Zeichnungen näher zu bringen. Er thematisiert auch die Historienbilder, in denen Raffael den Höhepunkt eines Geschehens fixiert und sich auf nur einen Moment aus einer umfangreichen Ereignisfolge konzentriert. Die zeitliche Struktur des behandelten Ereignisses wurde mit unterschiedlichen Formen der Bildorganisation kontrolliert und die bildinterne Geschwindigkeit wurde geradezu unbegrenzt kontrolliert. Auf diese Weise, so Dr. Jakoby konnte schnelle Aktion, Hektik, Kampfwirbel oder ruhiger Vortrag ebenso ins Bild gebracht werden,  wie etwa die Kausalität eines konsekutiven Geschehens, (vgl.:S.35).

Man liest Wissenswertes über Raffaels Kunst im Allgemeinen und wird ausführlich über deren Ausdruck, deren Menschenbild und Bildform informiert, bevor Henry Keazor in seinem Beitrag sich dann - breit angelegt- mit der Bilderzählung Raffaels befasst. Dr. Martin Sonnabend berichtet daraufhin über die Anfänge des Städelschen Kunstinstitutes,  schreibt hier über Johann David Passavant, dem das Städel viel zu verdanken hat, nicht nur, aber auch die Raffael- Zeichnungen.

Anhand einer Chronologie hat man Gelegenheit, sich einen kurzen Überblick über das Leben Raffaels zu verschaffen. Dann folgt der Katalogteil. Ausführlich werden die 48 Zeichnungen erläutert und auch visualisiert, darunter auch die Frankfurter Zeichnung, eine Studie, die den Philosophen "Diogenes" auf den Treppenstufen der "Schule von Athen" zeigt. Es wird auch im Falle dieser Zeichnung  die Freske, für die der gezeichnete Diogenes eine  Ausschnittsstudie war,  in Kleinformat beigegeben, um die Zeichnung durch den entsprechenden Kontext besser zu verstehen.

Für mich, die ich heute die Zeichnungen in der Ausstellung sah, war es ein großes Vergnügen, mich nun am Schreibtisch erneut mit den einzelnen Motiven zu befassen. Raffael fasziniert mich, immer und immer wieder. Durch die Zeichnungen begreife ich die Entwicklung der bildnerische Erzählkunst, die die europäische Malerei über Jahrhunderte prägte, ein wenig mehr.

Empfehlenswert..

Rezension:Paul Klee (Gebundene Ausgabe)

„Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler." (Paul Klee).

Der vorliegende, reich bebilderte Kunstband ist dem Leben und Werk des Malers, Grafiker und Kunsttheoretikers Paul Klee (1879-1940) gewidmet, der einer der bedeutendsten Künstler des 20 Jahrhunderts ist.

 Das Buch ist in sieben große Abschnitte aufgeteilt.

 -Kindheit und Jugend, 1879-1906
-München und Begegnung mit der Avantgarde 1907-1914
 -Kriegszeit und Durchbruch zum Erfolg, 1915-1920
-Lehrer am Bauhaus Weimar, 1921-1924
 -Meister der Gegenwartskunst, 1925-1931
-Wechsel nach Düsseldorf und Machtergreifung der Nationalisten, 1931-1933
 -Erste Jahre der Emigration in Bern, 1934-1936
-Die letzten Schaffensjahre, 1937-1940

 Der Kunstband wurde vom Zentrum Paul Klee in Bern herausgegeben. Die umfangreichen Texte stammen von Christine Hopfengart, Michael Baumgartner u.a.

Gleich zu Beginn erfährt man übrigens von der Musikerziehung Paul Klees und der Förderung der bildnerischen Anlage seitens seiner Familie. Sein Studium im München kommt zu Sprache und seine Gemütsverfassung in jener Zeit, auch der Abbruch seines Studiums und seiner Reise nach Italien. Von seinem sechsmonatigen Aufenthalt sind bloß drei Zeichnungen mit satirischem Inhalt erhalten geblieben und seine wertvollste künstlerische Erfahrung, die er während seines Italienaufenthaltes machte, soll nicht eine bildnerische, sondern vielmehr die Entdeckung der Architektur als Richtmaß allen künstlerischen Tuns gewesen sein, (vgl.: S.37).

 Man liest von seinen Radierungen in jenen Jahren und seinem Versuch nach einer freieren Linie, erfährt auch, dass der Künstler sich mehrere Jahre ausschließlich mit der menschlichen Figur und Physiognomie auseinandergesetzt hat und sich nach misslungenen Versuchen in der Landschaftsmalerei um die Jahrhundertwende erneut an die bildnerische Auseinandersetzung mit der Natur herantastete, (vgl.: S.42).

In der Folge dann erfährt man viel Wissenswertes über den Künstler, seinen Freundeskreis und seine Familie, die er gründete, um schließlich dann von dem entscheidenden Ereignis am 8. Oktober 1911 zu lesen, das seine weitere Laufbahn verändern sollte.

Damals nämlich lernte Klee Wassily Kandinsky kennen und mit ihm das Künstlerkollektiv der Blauen Reiter, über das man im Buch sehr gut informiert wird. Nicht unerwähnt bleibt in diesem Zusammenhang seine Tunisreise, die er gemeinsam August Macke und Louis Moillet unternahm, aber auch weitere Quellen der Inspiration werden genannt. Thematisiert wird seine Auseinandersetzung mit dem Kubismus und man hat die Chance viele seiner Gemälde kennen zu lernen. Auch über die Zeit im ersten Weltkrieg wird man informiert und natürlich auch darüber, dass der Künstler 1920 durch Walter Gropius ans Bauhaus Weimar berufen wurde.

Es führt zu weit auf die Einzelheiten in Klees Leben an dieser Stelle einzugehen. Festhalten möchte ich aber, dass mir gefällt, dass in diesem Buch Zusammenhänge aufgezeigt werden, man beispielsweise über das Bauhaus im Allgemeinen oder auch über die Kunstszene Schweiz der 1930er Jahre und anderes mehr unterrichtet wird, um so den Künstler in seiner Zeit und seine Entwicklungsstufen besser begreifen zu können.

Zu den auffallenden Merkmalen seines Spätwerkes zählen der Charakter der Privatheit und die Verinnerlichung, ein Rückzug von der äußeren Realität, (vgl.S. 303). Ob nun die letzten Werke oder doch frühere es sind, die mich besonders ansprechen, hängt oft von meiner Stimmungslage ab. Derzeit gefällt mir der "Südliche Garten" am meisten, aber ich schätze zeitgleich auch sein Werk mit dem Titel "Grenzen des Verstandes", 1927/28, an die wir gerade auch bei Bildbetrachtungen denken sollten, weil hier ein Erkennen nur möglich ist, wenn man sich mit all seinen Sinnen in ein Bild hinein begibt und auf diese Weise vielleicht auch das zu sehen in der Lage sind, was sich dem rein intellektuellen Blick entzieht.

 Empfehlenswert.

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Rezension:Identical: Portraits of Twins - Martin Schoeller

"Identical –Porträts of Twins" des Fotografen Martin Schoeller ist ein wirklich faszinierender Bildband, der eine Vielzahl von Konterfeis eineiiger und mehreiiger Zwillinge zeigt, die der Künstler mittels seines "Clos-up-Stils" einer genaueren Betrachtung unterzieht.

Die Gesichter der Zwillingspaare sind diesem Stil entsprechend aus unmittelbarer Nähe aufgenommen und werden für den Betrachter jeweils nebeneinander positioniert. Dem Fotografen gelingt es durch diese Methode, die Prinzipien, die die Gleichheit und Unterschiede definieren, infrage zu stellen.

Kein Mensch gleicht wirklich einem anderen 100 %, dies wird beim Analysieren der Fotos sofort klar. Die Augen als Spiegel der Seele sind niemals identisch mit denen eines anderen, selbst bei Zwillingen im Kindesalter nicht. Auch die Lippen sind niemals wirklich deckungsgleich und ältere Zwillingspaare werden sich durch die Befindlichkeitsfalten ohnehin immer unähnlicher. Das machen die Bilder auch deutlich.... Wer Zwillinge verwechselt, guckt nicht richtig hin.

 Mag zwar die Augen- und Haarfarbe identisch sein, ist es der Gesichtsausdruck nie, auch nicht die Anordnung der Pigmentflecken. Die Form der Nase und der Ohren sind offenbar auch niemals deckungsgleich, es gibt immer nur Annäherungen, mehr nicht.

 Die optische Individualität bleibt selbst bei eineiigen Zwillingen gewahrt.

 Ein interessantes Buch, das verdeutlicht, dass jeder Mensch einzigartig ist. Eine erfreuliche Botschaft, wie ich meine.

Der künstlerische Aspekt der Aufnahmen besteht meines Erachtens darin, Realität unbeeindruckt abzubilden und auf diese Weise eine Fiktion auszuräumen. Schoeller ist ein Geburtshelfer einer Wahrheit, die gewiss nicht jedem schmecken wird. 

Empfehlenswert.

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