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Rezension- Jean-Michel Basquiat -TASCHEN

Der vorliegende, reich bebilderte Prachtband aus dem Hause TASCHEN ist den Werken des US-amerikanischer Graffitikünstlers, Malers und Zeichners Jean-Michel Basquiat  (1960 -1988) gewidmet.

Die Einführung in das Werk hat Werner Holzwarth verfasst. Er stellt seinem Text einen Gedanken des Künstlers  Basquiat voran. Diese besagt: "Ich denke nicht über Kunst nach, wenn ich arbeite. Ich versuche über das Leben nachzudenken."

Genau das auch mag der Grund dafür sein, dass Jean-Michel Basquiats Arbeiten voller Leben sind. Jeder Figur, so Holzwarth, jedem Buchstaben eines Wortes schreibe der Künstler mit der widerspenstigen Linie seiner Ölkreide höchste Expressivität ein. Dabei besitze jeder Pinselstrich eine hohe Konzentration und verfüge über eine enorme Energie.

Basquiat soll rasch und direkt gemalt haben, sich von seinen Quellen habe inspirieren lassen, die er griffbereit um sich gehabt habe. Er selbst sagte, seine Gemälde würden von Königen, Heldentum und der Straße handeln. Unter den Legenden, die er malte, waren namhafte Sportler wie Cassius Clay, Jazz-Musiker wie Miles Davis und Graffitikünstler, die Basquiat persönlich kannte. Es ging ihm darum, Ruhm zu erringen und dennoch der Straße treu zu bleiben.

Man liest von seinem raschen Aufstieg in seinem kurzen Leben. Eine zufällige Begegnung mit Andy Warhol zeigte sich als zukunftsweisende Begegnung. Schon in seiner ersten Gruppenausstellung der Times Square im Jahre 1980 entdeckten die Kritiker sein vielversprechendes Talent. Bei einer weiteren großen Ausstellung ein Jahr danach gewann er bereits das Interesse namhafter Galeristen und kurz darauf war er in Top-Adressen vertreten und erzielte beachtliche Preise.

Ende 1981 produzierte er in einem Kellerstudio eine große Leinwand nach der anderen für eine immer größer werdende Kundschaft. 1984 wurde er von der Galerie Mary Boon vertreten, sie galt damals als Inbegriff des Malereibooms. Er lernte sehr bald  die negativen Seiten des Erfolgs kennen, die näher skizziert werden, malte dann düsterer und starb schließlich  an einer Überdosis Rauschgift.

In zahlreichen Werken hat der Künstler sich mit schwarzen Themen und schwarzer Kultur auseinander gesetzt. Dies führte er auf sein kulturelles Gedächtnis zurück, das er in Afrika lokalisiert sah.

Die Werke des Künstlers haben ihre Frische behalten und versinnbildlichen die Energie der 1980er Ära, sind zum Synonym für das New York jener Zeit geworden.

Basquiat habe, so liest man in erzählerischen Begriffen gedacht, als er den schwarzen Protagonisten in das Zentrum seines Werkes rückt. Seine Storys seien nicht gradlinig aber die Arbeiten seien voller Bezugspunkte, die den Betrachter dazu motivierten, nach Bedeutungskonstellationen zu suchen. Das kann ich bestätigen.

Interessant ist es, sich bei den Bildern in Einzelheiten zu begeben, Dinge zusammenzufügen, Anspielungen und Bezüge zu entschlüsseln. Damit kann man sich viele Monate beschäftigen. Das  Buch von TASCHEN macht dies möglich.

Über die Kunst des Storrytelling bei Basquiat hat man Gelegenheit im Essay Eleanore Nairnes Wissenswertes zu erfahren. Die Arbeiten besäßen ihre eigene Art, in die dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte zurückzugreifen und zugleich im Hier und Heute zu berühren. Auch das ist wahr.

Die Werke im Katalogteil sind nach ihrer Entstehungszeit geordnet. Jedem der Kapitel ist ein Zitat vorangestellt, das dem Betrachter hilft, die Arbeiten besser zu verstehen. Dazu kommen noch diverse eloquente Texte, die die teilweise bunte, teilweise düstere  Bilderwelt komplettieren.

Ein beeindruckendes Kunstbuch mit Werken, die die Fantasie anregen, aber auch die Neugierde.
Maximal empfehlenswert

Helga König

Im Fachhandel erhältlich
Onlinebestellung bitte hier klicken : TASCHEN oder Amazon Jean-Michel Basquiat

Rezension: Fotografen. Michael Pritchard Tony Nourmand

Dieser Bildband von Michael Pritchard und Tony Nourmand präsentiert seltene Aufnahmen der großen Fotografen des 20. Jahrhunderts. Dazu zählen: Antony Armstrong-Jones, Richard Avedon, David Bailey, Cecil Beaton, Margaret Bourke-White, Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, Terence Donovan, Philippe Halsman, Bert Hardy, Annie Leibovitz, Tony Ray-Jones und Weegee. Unter den fotografierten Stars sind: Sean Connery, Sammy Davis Jr., David Hemmings, Audrey Hepburn, Jayne Mansfield, Marilyn Monroe, Peter Sellers, Terence Stamp, James Stewart, Robert Vaughn und John Wayne, ebenso wie die Beatles, Christine Keeler und John F. Kennedy. 

Die Einführung hat Michael Pritchard verfasst. Er lässt den Leser wissen, dass es sich in diesem Buch um die allgemeine Geschichte der Fotografie, die Fotografen, ihre Kameras und ihre berühmten Motive handelt. Dabei konzentriert sich das Werk auf die Zeit zwischen 1910 und den 1960er Jahren, speziell auf die Periode zwischen den 1930er und 1960er Jahren, die in vielerlei Hinsicht als Blütezeit der Presse- und Starfotografen gilt. 

Der Fotograf wird als Einzelperson oder in Gruppen abgelichtet und zwar zu dem Zeitpunkt, wo er sich auf seine Arbeit vorbereitet, bzw. gerade sein Model aufnimmt. Die biografischen Eckdaten der einzelnen gezeigten Fotografen werden genannt. 

Es fällt auf, dass die meisten Fotografen sehr sympathisch sind. Vielleicht ist dies eine Grundvoraussetzung, um schöne Porträts realisieren zu können. Jedes einzelne Foto erzählt eine Geschichte, auch das Foto, das den Fotograf und Designer Antony Amstrong Jones(1930- 2017) zeigt, der für The Sunday Times arbeite und nach der Eheschießung mit der Schwester der  englischen Königin 1961 Earl of Snowdon wurde.  

Ein traumhaft schönes Foto von Marlene Dietrich hat Don English (1901-1964) als Spiegelbild aufgenommen. Dann gibt es ein wirklich hübsches Foto von Marilyn Monroe bei einem Presseempfang im Londoner Savoy Hotel im Jahre 1956. Ein weiteres von Marlene Dietrich macht erkennbar, weshalb sie eine ganz besondere Ausstrahlung hatte. Es war ihre  hohe Intelligenz, die sie von allen anderen Schauspielerinnen unterschied. 

Beeindruckend ist das Foto von Queen Elisabeth, die selbst gerade fotografiert und all den anderen, die ebenfalls beim Ablichten von wem oder was auch immer sind. 

Viele der Bilder sagen eine Menge über die Persönlichkeit der gezeigten Personen aus und jedes Foto hat es verdient, fototechnisch und motivisch näher beschrieben zu werden. Leider ist dies im Rahmen einer zeilenbegrenzten Rezension nicht möglich.

Mit Freunden über die Fotos bei einem Glas Wein zu sprechen, kann zu einem höchst spannenden Abend  beitragen.

Sehr empfehlenswert 

Helga König
Im Fachhandel erhältlich

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FOTOGRAFEN: Legenden und ihre Kameras

Rezension: Kunst kann man nicht kaufen!- Cornelius Rinne- Magenta Verlag

Das vorliegende kunsttheoretische Buch mit dem Titel "Kunst kann man nicht kaufen!" hat der umtriebige Künstler Cornelius Rinne verfasst. Der diplomierte Grafik-Designer war u.a. im Atelier von Joseph Beuys tätig und gründete 1984 sein eigenes Atelier für Design und Illustration in Krefeld. Ab 2005 verlagerte er seine Tätigkeit verstärkt in den Bereich der bildenden Kunst und intensivierte ab 2008 seine Ausstellungstätigkeit- sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland. Seit 2012 befasst er sich zudem kuratorisch. Dies geschah zunächst für den Pegasus, dem freimaurerischen Verein für Kunst, Kultur und Kommunikation und mittlerweile auch für andere Einrichtungen. Seit 2015 ist er Vorsitzender von Pegasus

Das Vorwort zu diesem erfreulich übersichtlich gegliederten Werk hat der freie Autor Jörg Hesse verfasst. Im Prolog dann nähert Cornelius Rinne sich bereits seinem ethischen Anliegen, nämlich zu erläutern, weshalb man Kunst nicht kaufen kann. 

Die einzelnen Kapitel seines höchst eloquenten Buches beginnen jeweils mit einer Sentenz zum Thema Kunst unterschiedlicher namhafter Verfasser. Insgesamt warten 14 Kapitel darauf, gelesen und verstanden zu werden. Der Autor beginnt mit einem historischen Rückblick, berichtet von den sieben praktischen Künsten im Mittelalter, die dem Broterwerb dienten und in diesem Zusammenhang auch von den Bauhütten und den Gepflogenheiten dort. Zudem erwähnt er die ersten bildenden Künstler, die namentlich berühmt wurden. Hier werde speziell bei Leonardo deutlich, dass künstlerische Arbeit nicht primär handwerklich, sondern gedanklich begründet war. 

Weiter macht Cornelius Rinne dann begreifbar, dass die Entwicklung zur freien Kunst dadurch verstärkt wurde, dass sich bildende Künstler immer intensiver weg von der Auftragskunst, "hin zu eigenveranwortlichem Handeln und Denken" entwickelten. Nun musste, so Rinne,  der Künstler die Individualität seiner Person in seine Arbeit widerspiegeln. Dies geschah erstmals im Impressionismus, der der Beginn zur modernen bildenden Kunst war. 

Von da an wurde der Rezipient einem fertigen Bildwerk ausgesetzt und dies sollte in ihm etwas bewegen. Leider wurde und wird das nicht von allen verstanden, denn ansonsten würden Kunstmessen nicht zu Innenausstattungsmessen verkommen.

Der Autor stellt in der Folge viele Fragen, reflektiert vielschichtig die Kunst und lässt die Leser am Reflektionsprozess teilhaben. Dabei fordert er aufklärerisch zum Selbstdenken auf.  Wie er schreibt, geht es ihm hauptsächlich darum, zu vermitteln, dass das, was Künstler herstellen,  nicht Kunst sei, sondern Artefakte bzw. Kunstdokumente seien. 

Man erfährt wie Kunst entsteht und wie sie gemacht wird, liest Wissenswertes über den Rezipienten, der für die Qualität von künstlerischen Prozessen nicht ausschlaggebend sei, dennoch aber mit das Wichtigste im Umgang mit Kunstdokumenten verkörpere. Sobald ein Rezipient versuche, in den Schaffensprozess einzugreifen, entwerte er das entstehende Dokument. Das dies moralisch verwerflich ist, steht außer Frage.

Man liest von den unterschiedlichen Gruppen von Rezipienten im Bereich der bildenden Kunst. Hier nimmt der Autor auch die Besucher von Vernissagen ins Visier, die nicht selten ein Dokument erwerben, um  alleinig ihre Wohnung damit zu schmücken, nicht aber der Bildung ihres Ichs wegen. Damit bleiben die Verkäufe allerdings Eintagsfliegen.

Kunstspekulation ist ein weiteres Thema, die Cornelius Rinne mehr als skeptisch betrachtet und resümiert: "Wenn wir die (bildende) Kunst retten wollen, sollten wir uns massiv gegen "art-brokerage“ und Kunstspekulation wehren.“ 

"Wozu braucht man Kunst?"  ist eine Frage, die der Autor natürlich  intensiv überdenkt. Hier lässt er den Leser schlussendlich wissen, dass Kunst eine Hilfestellung für unsere geistige und emotionale Entwicklung darstelle, sie also benötigt werde, damit wir und die Gesellschaft sich kontinuierlich weiterentwickeln.  Damit  wird deutlich, dass Kunst - entgegen herkömmlicher Meinung - nicht elitär ist.

Dies und anderes mehr ist Grund genug das Buch zu lesen und zum Schluss Cornelius Rinnes "10 Thesen zur Kunst"  näher zu überdenken. Über diese Thesen mit ihm zu sprechen, macht mich schon jetzt neugierig. 

"Kunst kann man nicht kaufen!" ist ein wichtiges Buch. Deshalb empfehle ich allen Kunstinteressierten und jenen, die es noch werden wollen, es ausgiebig zu studieren und mit Freunden darüber zu diskutieren. 

Maximal empfehlenswert .

Helga König 

Im Fachhandel erhältlich 

Rezensionen: Die Kunst zu lesen-Prestel

Das vorliegende Buch über Bücher und Leser stellt eine Auswahl von Kunstwerken vor, deren Abfolge und Anordnung die humanen Gemeinsamkeiten verschiedener Epochen und Kulturen aufgreift und unterstreicht. Obschon einige der Gemälde Hunderte von Jahren alt sind, geben sie Situationen wieder, die uns allen vertraut sind. 

Bücher fungieren auf Kunstwerken, wie man erfährt, oftmals als Symbole, die Geist, Reichtum und Frömmigkeit der Dargestellten oder Stifter ausdrücken. Darüber hinaus sieht der Betrachter Momente der Erhabenheit und der Langeweile, des Vergnügens, der Enttäuschung, des Leichtsinns und der Hingabe. 

Reflektiert werden im Vorfeld der Bilderschau die Themen des Buches: der Heilige und Schreiber, der Literaturunterricht, der Mustergelehrte, der abwesende Leser, Leserinnen, Bauern mit Büchern und Bücherverbrennungen. 

Die gezeigten Bilder werden teilweise näher beschrieben und bei allen erfährt man den Titel, den Künstlername, den Entstehungszeitpunkt, die Technik, die Originalgröße und den Ort, wo es hängt. 

Das erste Werk im Buch ist die "Frau mit Wachstafeln und Griffeln aus Pompeji", ein Fresco auf Gips. Der Künstler ist unbekannt. Über das Objekt erfährt Wissenswertes, auch dass man lange glaubte, die griechische Dichterin Sappho sei auf dem Fresco abgebildet und  dass die Wachstafeln in Wahrheit ein Buch darstellten. Zitate über Bücher lockern die Bilderschau auf, die übrigens nicht chronologisch geordnet ist. 

Besonders gut gefallen hat mir der Satz: "Lesen ist für den Geist, was Bewegung für den Körper ist." (Sir Richard Steele, 1672-1729). 

Die Grabplastik Eleonores von Aquitanien habe ich bereits im Original gesehen. Die Königin der Troubadoure wird dort als lesende Frau dargestellt. Dass sie so gezeigt wird, verweist auf die umfassende Bildung in einer Zeit, in der nur wenige Frauen tatsächlich Bildung besaßen. 

Nicht nur lesende Menschen, sondern auch Bilder von Bücherregalen, so etwa mit Notenbüchern werden gezeigt. Zu sehen auch ist "Der standhafte Philosoph" von Gerrit van Honthorst. Hier weist ein an seinem Schreibtisch arbeitender Gelehrter die Avancen seiner halbnackten Frau zurück. Ob das Motiv eine Verspottung eines Gelehrten verkörpert, der in seinem akademischen Forschungsdrang gefangen ist, bleibt ein ungelöstes Rätsel. 

Irgendwann dann entdeckt man ein aufgeschlagenes Buch, in dem eine Brille gewissermaßen als Lesezeichen fungiert. Im Hintergrund liegen noch einige andere Bücher. Claude (Claudine) Raguet Hirst nennt das Gemälde "Einige interessante Bände". Schade, dass man nicht entziffern kann, welche Bände es sind! Vielleicht Romane aus dem 19. Jahrhundert. Die Art des Brillengestells deutet darauf hin. 

Dann gibt es auch eine ganze Reihe ermüdeter Leser und Leser, die Gesangsbücher studieren, um ein Lied anzustimmen. Eine Mutter, gemalt von Fransz de Grebber, die ihr Kind stillt und während dieses Vorgangs liest, beeindruckt den Betrachter, weil hier 1622 bereits ein Frauenbild gezeichnet wurde, was es eigentlich damals nur selten gab. 

Auch Edward Hoppers "Abteil C. Wagen 293 " ist in der Bilderschau dabei,  ein Gemälde, dass Leseruhe und Bewegung einfängt und so Spannung erzeugt. Dieses Bild ist sogar auf dem Cover zu sehen.

Die großen Romanleserinnen sind eindeutig Frauen und eine nackte Lesende sicherlich nicht die primäre Obsession von Männern, obschon es solcher Bilder auch gibt, so etwa Patricks Caulfields "Weiblicher Akt mit Büchern". "Spitzwegs Bücherwurm" wurde nicht vergessen und auch Albrecht Dürers Kupferstich "Erasmus von Rotterdam" nicht. 

Dieser Philosoph sagte übrigens einst: "Wenn ich ein wenig Geld habe, kaufe ich Bücher. Wenn mir dann noch etwas bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung.“  Auch das kann man im Buch nachlesen und erkennt wie sehr narzisstischen Philosophen im Hier und Heute sich von Erasmus unterscheiden. 

Dann gibt es da ein Bild (Foto) von Clegg & Guttmann mit dem Titel "Die jüdische Methaphysik des Todes".  Es zeigt Büchervitiren-Installationen auf dem jüdischen Friedhof in Krems, Österreich. Clegg & Guttmann installierten die Bücherschränke als Mahnmal und zugleich als Bibliothek für die Einwohner der Stadt.

Jorge Luis Borges sagte einst "Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt." "Die Kunst zu lesen" gehört zu den wundervollen Büchern, die in diesem Paradies Platz finden sollten. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Überall im Fachhandel erhältlich

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Die Kunst zu lesen