Das vorliegende Buch über Bücher und Leser stellt eine Auswahl von Kunstwerken vor, deren Abfolge und Anordnung die humanen Gemeinsamkeiten verschiedener Epochen und Kulturen aufgreift und unterstreicht. Obschon einige der Gemälde Hunderte von Jahren alt sind, geben sie Situationen wieder, die uns allen vertraut sind.
Bücher fungieren auf Kunstwerken, wie man erfährt, oftmals als Symbole, die Geist, Reichtum und Frömmigkeit der Dargestellten oder Stifter ausdrücken. Darüber hinaus sieht der Betrachter Momente der Erhabenheit und der Langeweile, des Vergnügens, der Enttäuschung, des Leichtsinns und der Hingabe.
Reflektiert werden im Vorfeld der Bilderschau die Themen des Buches: der Heilige und Schreiber, der Literaturunterricht, der Mustergelehrte, der abwesende Leser, Leserinnen, Bauern mit Büchern und Bücherverbrennungen.
Die gezeigten Bilder werden teilweise näher beschrieben und bei allen erfährt man den Titel, den Künstlername, den Entstehungszeitpunkt, die Technik, die Originalgröße und den Ort, wo es hängt.
Das erste Werk im Buch ist die "Frau mit Wachstafeln und Griffeln aus Pompeji", ein Fresco auf Gips. Der Künstler ist unbekannt. Über das Objekt erfährt Wissenswertes, auch dass man lange glaubte, die griechische Dichterin Sappho sei auf dem Fresco abgebildet und dass die Wachstafeln in Wahrheit ein Buch darstellten.
Zitate über Bücher lockern die Bilderschau auf, die übrigens nicht chronologisch geordnet ist.
Besonders gut gefallen hat mir der Satz: "Lesen ist für den Geist, was Bewegung für den Körper ist." (Sir Richard Steele, 1672-1729).
Die Grabplastik Eleonores von Aquitanien habe ich bereits im Original gesehen. Die Königin der Troubadoure wird dort als lesende Frau dargestellt. Dass sie so gezeigt wird, verweist auf die umfassende Bildung in einer Zeit, in der nur wenige Frauen tatsächlich Bildung besaßen.
Nicht nur lesende Menschen, sondern auch Bilder von Bücherregalen, so etwa mit Notenbüchern werden gezeigt.
Zu sehen auch ist "Der standhafte Philosoph" von Gerrit van Honthorst. Hier weist ein an seinem Schreibtisch arbeitender Gelehrter die Avancen seiner halbnackten Frau zurück. Ob das Motiv eine Verspottung eines Gelehrten verkörpert, der in seinem akademischen Forschungsdrang gefangen ist, bleibt ein ungelöstes Rätsel.
Irgendwann dann entdeckt man ein aufgeschlagenes Buch, in dem eine Brille gewissermaßen als Lesezeichen fungiert. Im Hintergrund liegen noch einige andere Bücher. Claude (Claudine) Raguet Hirst nennt das Gemälde "Einige interessante Bände". Schade, dass man nicht entziffern kann, welche Bände es sind! Vielleicht Romane aus dem 19. Jahrhundert. Die Art des Brillengestells deutet darauf hin.
Dann gibt es auch eine ganze Reihe ermüdeter Leser und Leser, die Gesangsbücher studieren, um ein Lied anzustimmen. Eine Mutter, gemalt von Fransz de Grebber, die ihr Kind stillt und während dieses Vorgangs liest, beeindruckt den Betrachter, weil hier 1622 bereits ein Frauenbild gezeichnet wurde, was es eigentlich damals nur selten gab.
Auch Edward Hoppers "Abteil C. Wagen 293 " ist in der Bilderschau dabei, ein Gemälde, dass Leseruhe und Bewegung einfängt und so Spannung erzeugt. Dieses Bild ist sogar auf dem Cover zu sehen.
Die großen Romanleserinnen sind eindeutig Frauen und eine nackte Lesende sicherlich nicht die primäre Obsession von Männern, obschon es solcher Bilder auch gibt, so etwa Patricks Caulfields "Weiblicher Akt mit Büchern". "Spitzwegs Bücherwurm" wurde nicht vergessen und auch Albrecht Dürers Kupferstich "Erasmus von Rotterdam" nicht.
Dieser Philosoph sagte übrigens einst: "Wenn ich ein wenig Geld habe, kaufe ich Bücher. Wenn mir dann noch etwas bleibt, kaufe ich Essen und Kleidung.“ Auch das kann man im Buch nachlesen und erkennt wie sehr narzisstischen Philosophen im Hier und Heute sich von Erasmus unterscheiden.
Dann gibt es da ein Bild (Foto) von Clegg & Guttmann mit dem Titel "Die jüdische Methaphysik des Todes". Es zeigt Büchervitiren-Installationen auf dem jüdischen Friedhof in Krems, Österreich. Clegg & Guttmann installierten die Bücherschränke als Mahnmal und zugleich als Bibliothek für die Einwohner der Stadt.
Jorge Luis Borges sagte einst "Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt." "Die Kunst zu lesen" gehört zu den wundervollen Büchern, die in diesem Paradies Platz finden sollten.
Jorge Luis Borges sagte einst "Ich habe mir das Paradies immer als eine Art Bibliothek vorgestellt." "Die Kunst zu lesen" gehört zu den wundervollen Büchern, die in diesem Paradies Platz finden sollten.
Sehr empfehlenswert.
Helga König
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