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Rezension: Schöne Frauen- Karin Sagner

Dr. Karin Sagner ist die Autorin dieses reich bebildert Buches, das die gepflegte Frau in der Kunst breitgefächert thematisiert.

In ihrem Vorwort schreibt die Autorin inwiefern der Schönheitsbegriff dem Wandel der Zeit unterworfen ist und beginnt ihr Buch mit zwei Zitaten. Eines der beiden Zitate möchte ich hier wiedergeben, weil ich finde, dass es sehr zum Nachdenken anregt: "Eines Tages trafen sich die Schönheit und die Hässlichkeit am Ufer eines Meeres. Und sie sagten zueinander: Lass uns im Meer baden! Dann entkleideten sie sich und tauchten in die Fluten. Und nach einer Weile kam die Hässlichkeit wieder ans Ufer, legte die Kleider der Schönheit an und ging ihres Weges. Und auch die Schönheit stieg aus dem Wasser, doch sie fand ihr Gewand nicht, und da sie sich scheute nackt zu gehen, legte sie die Kleider der Hässlichkeit an. Und die Schönheit ging ihres Weges. Und bis zum heutigen Tag verwechseln die Menschen die eine mit der anderen. Doch manche gibt`s, die das Angesicht der Schönheit geschaut haben, und die erkennen sie ungeachtet ihres Gewandes. Und manche gibt`s, die das Antlitz der Hässlichkeit kennen, und das Tuch verbirgt sie nicht vor ihren Augen." Zitat: Khalil Gibran: "Der Wanderer", 1923.

Frauen können einen wundervollen Körper haben, schön sind sie nur dann, wenn ihre Augen leuchten und sofern Sanftmut und Güte aus ihnen spricht. Attraktiv und erotisch sind viele, schön nur wenige. Eine der schönsten Frauen in vorliegenden Buch ist m.E. Helene Sedlmeyer, doch dazu später mehr.

Welche Frauen sind schön und wer entscheidet darüber, fragt die Autorin zu Beginn ihres Buches. Philosophen, Ästheten und Künstler haben in allen Jahrhunderten versucht, das Phänomen "Schönheit" objektiv und universell zu beschreiben. Doch Schönheit liegt, wie der Philosoph Hume bereits sagte, im Auge des Betrachters.

Der makellos schöne Körper ist seit Ewigkeiten ein Thema. Bereits von 2500 Jahren begann die Vermessung des Körpers und es waren nicht zuletzt die antiken Bildhauer und Architekten, die in ihren Thesen und Kunstwerken den ideal schönen Körper beschrieben haben. In den verschiedenen Jahrhunderten verstanden die Menschen unter einem schönen Gesicht und einem Körper immer etwas anderes. Im 20. Jahrhundert schließlich setzte sich durch die neue Beweglichkeit der Frau das moderne Schlankheitsbild durch. Frauen, die schön sein möchten, müssen sich pflegen. Das war in allen Jahrhunderten so. Haarkult, Kosmetik und Badekultur spielten immer eine Rolle, wie man den Gemäldedarstellungen entnehmen kann.

Das Buch enthält sehr viele Darstellungen von Gemälden, wie etwa : Lucas Cranach "Eva", Francois Boucher "Ruhendes Mädchen", Franz von Stuck "Phyrne", Joseph Karl Stieler "Helene Sedlmeyer", Dante Gabriel Rossetti "Lady Lilith", Francois Pascal Simon Gérard "Madame Récamier", El Greco "Die Dame mit dem Pelz", James Brereton "Frau beim Strümpfeanziehen" und andere mehr.

Neben fünf Essays mit den Titeln
- Die Vermessung der Schönheit (Proportion, Ideal und Realität. Von antiken Formeln zu modernen Mythen)
- Dunkle, blonde und rote Schönheiten (Frisuren und Perücken.Von der Turmfrisur zum Bubikopf )
- Für alle Sinne (Puder, Schminke, Düfte. Von alten und neuen Schönheitsrezepten)
- Mode als Leidenschaft (Kleider und Schmuck. Von Samt und Seide, Pelz und Perlen)
- Körperlichkeit und Reinheit (Die Entdeckung des Wassers. Von der Abstinenz zum Lebenselixier)
enthält das Buch tiefgründige Bildinterpretationen, die sich mit der idealen Venus, dem Busen der Helene Rubens, dem erotischen Spiel, der eingeschnürten Taille, der kurvenreichen Diva, mit Charakter und Seele, mit raffinierten Locken, Perückenkünsten, dem Kult ums Haar, der Pariser Freiheit, den Bubiköpfen, den göttlichen Augen, der ewigen Jugend, der alterlosen Schönheit, mit Lingerie und Seidenstrümpfen, dem Schönheitsbad und anderen wichtigen Aspekten der schönen Frauen befassen.

Mir gefällt, das man bei einem der Essays auf Ovid Bezug nimmt, für den das Schminken eine Kunst war, die dazu dienen sollte, die Vorzüge einer Frau zu betonen und die Schönheitsmängel gnädig zu verdecken, (vgl.: S. 68). So dachte Ovid im Jahre 1 vor Christus und so denken viele Frauen noch heute, übrigens auch ich. Die Autorin berichtet über den Inhalt römischer Schminkköfferchen, zu denen auch Klingen zur Enthaarung des Körpers zählten. Lippenstift und Puder kannten die Römerinnen bereits. Helle Haut galt als Schönheitsideal. Erst als Coco Chanel fast 2000 Jahre später die natürlich gebräunte Haut propagierte, ging das Zeitalter der hellen Haut zu Ende, (vgl.: S. 68-68) und damit begann der Hautkrebs für viele Sonnenanbeterinnen.

Es ist mir unmöglich an dieser Stelle alle Bilder zu thematisieren, natürlich begeistert mich Bouchers "Ruhendes Mädchen", das ich in der Alten Pinakothek in München schon im Original gesehen habe. Die abgebildete Frau ist hocherotisch, obschon sie dem heutigen Schönheitsideal nicht ganz entspricht. Das Mädchen soll dem französischen König durch Casanova als Mätresse zugeführt worden sein.

Ein Gemälde nach meinem Geschmack ist Franz von Stucks "Phyrne". Die abgebildete Frau wirkt fast knabenhaft und wirkt dadurch, wie ich finde, besonders anziehend. Männer sehen das vermutlich anders.

Man liest über Haarmode und aufgetürmte Perücken als Statussymbol des Adels im Rokoko, auch über Locken, gegen die Sittenwächter einst zu Felde zogen. Entzückt bin ich von dem schönen Gesicht Helene Sedlmeyers. Sie hat etwas, was keine andere Frau auf den Bildern wirklich besitzt. Es ist Anmut, Sanftheit, ein Liebreiz, den heute nur noch wenige junge Mädchen haben, weil sie eine seelische Unschuld erforderlich macht, wie sie heute in der westlichen Welt der Vergangenheit angehört.

Ein Gemälde des Präraffaeliten Rossetti zeigt seine Vorstellung von Lilith, der ersten Frau Adams, die auf diesen angsteinflößend wirkte wegen ihres Selbstbewusstseins und ihrer Schönheit. Adam hat bis heute noch immer Furcht vor Lilith, begnügt sich deshalb mit Eva oder wird neuerdings immer häufiger schwul.

Ich mag das römisch-ägyptische Frauenportrait im Buch, der ausdrucksstarken Augen dieser Frau wegen und finde es lobenswert, das man der alterslosen Schönheit ein Denkmal gesetzt hat. Es gibt sie wirklich. Leider nicht allzu oft. Hin und wieder sieht man 90jährige Damen, die sie noch haben.

Wunderschön ist das Gemälde "Frau beim Strümpfeanziehen" von James Brereton. Sagner beschreibt "Der weiße Spitzenunterrock der jungen Frau lässt großzügig den Brustansatz frei, ein Träger ist heruntergerutscht und betont so die Rundung der Schulter, der dunkle Strumpf lenkt den Blick auf den nackten Teil des Beins, Waschgeschirr und Spiegel im Hintergrund vervollständigen diese intime Szenerie," (Zitat: S.119).
Die Bilder auf den letzten Seiten sind Badeszenen. Sie sind wie alle anderen Gemäldeablichtungen bestens beschrieben. Man erfährt immer wieder Hintergründe, die das jeweilige Motiv erhellen. Was ist schön? Ein ebenmäßiges Gesicht? Ein ebenmäßiger Körper? Schön ist das, was das Herz und das Auge des Betrachters erfreut..

Empfehlenswert.

Bilder: © Aus dem besprochenen Band „Schöne Frauen“, Elisabeth Sandmann Verlag München, 2011 mit freundlicher Genehmigung.

 Überall im Fachbuchhandel erhältlich.

Rezension: Frauen, die lesen, sind gefährlich.- Stefan Bollmann

Dieses Buch mit dem erfrischend provokativen Titel "Frauen, die lesen, sind gefährlich" enthält eine Fülle von Gemäldeablichtungen lesender Frauen namhafter Künstler und eloquente Texte, die sich mit Philosophinnen, Frauenrechtlerinnen, Leserinnen verbotener Bücher, Heiligen, Sünderinnen, bibelfesten Leserinnen, Müßiggängerinnen, Genießerinnen, einsamen Leserinnen, Verführten und Verführerinnen, gefährliche Leserinnen, Lehrerinnen, Salondamen,Vorleserinnen, Reisenden, Lebenskünstlerinnen und modernen Leserinnen befassen.

Bei den Gemälden handelt es sich u.a. um Kunstwerke von Maurice Quentin de la Tour "Emile du Chatelet", Edourd Gelhay "Elegante Damen in einer Bibliothek", Gwen John "Die Studentin", Lincoln Seligman "Head Mistress", Joseph Wright of Derby "A Girl readinga Letter, with an Old Man reading overher shoulder", Émile Lèvy "Der Liebesbrief", Hans Olaf Heyerdahl "Am Fenster", Julius LeBlanc Stewart "Sarah Bernhardt und Christine Nilsson" und anderen mehr.

Der Autor verdeutlicht eingangs, dass auf den Bildern des Mittelalters und der frühen Neuzeit quantitativ mehr männliche als weibliche Leser vertreten waren und sich das Verhältnis seit dem Goldenen Zeitalter der holländischen Malerei umzukehren begann. Lasen die auf den Bildern dargestellten Frauen zunächst Andachtsbücher, kamen im 17. Jahrhundert der Brief als bevorzugtes Objekt hinzu. Später dann sieht man auf den Bildern Frauen Romane lesen. Das Lesepublikum des 18. Jahrhunderts bestand in erster Linie aus Frauen, wenn es sich um Romane handelte.

Bollmann nennt Romane Parallelwirklichkeiten, "sich in ihnen zurechtzufindenden und die sie bevölkernden Personen auf ihren Weg durch die Zeit zu begleiten, schult gleichwohl Fertigkeiten, die auch im wirklichen Leben wesentlich sind, so etwa die Fähigkeit, die Zustände und Einstellungen anderer Menschen und nicht zuletzt der eigenen Person zu analysieren und beurteilen zu können," (Zitat: S.16). Die Literaturwissenschaftlerin Hannelore Schlaffer nennt den Roman das Sachbuch der Frau, (vgl.: S.17). Ob Romane klug machen, möchte ich bezweifeln, klug machen einzig die Tiefschläge im Leben. Dass lesende Frauen nicht so leicht lenkbar sind, dürfte jedem klar sein, zumindest dann, wenn sie ein gerütteltes Maß an Intelligenz besitzen. Intelligente Frauen sind nie gefährlich, gefährlich (unberechenbar) sind eher dumme Frauen und natürlich auch dumme Männer, weil man nicht einschätzen kann, wie sie sich verhalten.

In der Folge geht der Autor näher auf die einzelnen Bildinhalte ein und wartet mit kleinen Essays zum Thema Lesen auf, die den Titel "Lesen befreit", "Liebes Buch mach mich fromm", "Die Stunde der Frauenzimmer", "Der Purpurpalast der Sünde", "Professionelle Leserinnen", "Leserinnen im Aufbruch" tragen. Im Rahmen des Essays "Lesen befreit", liest man, dass der Historiker Arthur Imhof nachgewiesen hat, dass der Rückgang der Kindersterblichkeit in Europa mit der Zunahme der Lesefähigkeit korreliert. Das hängt damit zusammen, dass lesende Frauen in der Lage sind, sich über Hygiene und Verhütungsmaßnahmen zu informieren. Lesende Frauen begannen andere Ansprüche an das eigene Leben zu stellen und eine stärkere Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Frauen, die lesen, sind nur in den Augen all jener gefährlich, die ein Problem mit der Aufklärung haben und glauben, ungebildete Frauen besser beherrschen zu können.

Die einzelnen Bilder werden sehr gut beschrieben und es werden immer auch Hintergründe zu den Motiven differenziert erklärt. So erfährt man Näheres zu der von Maurice Quentin de la Tour gemalten Emilie du Chatelet, die fünfzehn Jahre lang die Geliebte Voltaires war. Diese hochgebildete Frau hat mit Voltaire gemeinsam die allgemeinverständliche Darstellung der Physik Isaac Newtons verfasst. Das bestätigte Voltaire übrigens öffentlich. Die blitzgescheite Dame verstarb im Kindbettfieber. Voltaire lässt die Nachwelt wissen: "Das kleine Mädchen wurde geboren, als seine Mutter an ihrem Schreibtisch war, newton`sche Theorien schreibend. Das Neugeborene wurde auf das Geometriebuch gelegt, während die Mutter ihre Papiere einsammelte und zu Bett gelegt wurde. Wenige Tage später verstarb Emilie am Kindbettfieber,"(Zitat: S.26).

Der Autor zeigt dem Leser mittels eines Bildes, auf dem junge Damen in einer Privatbibliothek aus dem 19. Jahrhundert dargestellt werden, dass der Maler der Lesefreude der Frauen ablehnend gegenübersteht. Subtil unterstellt der Maler, dass die Frauen dort nur Unordnung machen, weil sie ohne Sinn und Verstand die Bücher zur Hand nehmen.

Auf den Bildern wird der Umgang der Leserinnen aus vergangenen Jahrhunderten mit verbotenen Büchern thematisiert, gezeigt wird auch die wilde Entschlossenheit mit der eine junge Studentin im 19. Jahrhundert sich mit Büchern befasst hat. Dazu muss man wissen, dass damals gerade erst das Frauenstudium eingeführt worden war und junge Studentinnen besonders entschlossen sein mussten, um sich in der Männerdomäne zu behaupten.

Die moderne Frau ist eine Kopfarbeiterin, so lautet die Botschaft des Gemäldes "Head Mistress" von Lincoln Seligman. Wie der Autor treffend bemerkt, ist eines der zentralen Merkmale der heraufziehenden Wissensgesellschaft die Erosion überkommener Machtstrukturen, (vgl.: S. 43). Bewusst lesende Frauen sind konzentriert, selbstdiszipliniert und besitzen ein höheres Sprachvermögen. Macht sie dies gefährlich? Möglicherweise in den Augen von Schwachmaten. Voltaire liebte eine Intellektuelle. Männer sollten sich an Voltaire orientieren, um nicht als Schwachmaten zu gelten.:-))

Bollmann beschreibt ein Bild Quentin Massys "Der Geldverleiher und seine Frau". Mir gefällt die Interpretation des Bildes sehr gut, das dazu auffordert ein rechtschaffenes ausgewogenes Leben zu führen, "das die beiden Pole Aktion und Kontemplation, Geschäftigkeit und Lektüre, Diesseits und Jenseits richtig zu gewichten versteht."(Zitat: S. 50).

Eines der mich beeindruckendsten Bilder im Buch ist das Gemälde mit dem Titel "A Girl reading a Letter, with an Old Man reading over her shoulder". Um welche Art von Brief es sich handeln könnte, sei dahin gestellt. In meinen Augen lesen Vater und Tochter den Reisebericht des Bruders oder der Mutter der jungen Frau. Der Vater liest kritisch und leicht skeptisch, die Tochter ein wenig wehmütig, weil sie sich auch nach der Fremde sehnt. Zwischen Vater und Tochter besteht Vertrautheit. Der Vater möchte seine Tochter beschützen und engt sie dadurch ein wenig ein.

Gefallen hat mir auch das Gemälde "Der Liebesbrief", der für viele Frauen vermutlich die schönste Lektüre darstellt und natürlich auch die Abbildung des Gemäldes von Georg Melchior Kraus "Tafelrunde bei Anna Amalia", das ein Ausdruck für die Bildung der Weimarer Tischgesellschaft war, an der dank Anna Amalia auch Frauen Platz fanden.

Ein gelungenes Buch, das sich zu lesen lohnt. An den Bildern habe ich viel Freude, weil sie Frauen bei einer Beschäftigung zeigen, die sie immer mehr aufzuklären vermag.


Bilder: © Aus dem besprochenen Band „Frauen, die lesen, sind gefährlich und klug“, Elisabeth Sandmann Verlag München, 2010 mit freundlicher Genehmigung.

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Rezension: Aiwasowski- Maler des Meeres

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die vom 17.3.-10.7. 2011 in der Bank Austria Kunstforum in Wien gezeigt wird.

Ingried Brugger, die Direktorin der Bank Austria Kunstforum, hat das Vorwort des Kunstbuches verfasst, das insgesamt 95 vortreffliche Abbildungen und vier Essays enthält, die sich mit dem Werk der russischen Marinisten Iwan Konstantinowisch Aiwasowski (1817-1900) auseinandersetzen.

Der auf der Krim geborene Künstler war zu Lebzeiten im offiziellen Russland hoch angesehen und zwar sowohl als Maler als auch als Lehrer. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er in seiner Heimatstadt Feodossija in einem feudalen Anwesen mit Blick auf das Meer. Beeindruckt von den Werken William Turners war er als er nach Beendigung seines Studiums und aufgrund eines Stipendiums der Akademie von St. Petersburg 1840 eine Reise durch Italien, Spanien und Frankreich unternahm und in Rom den alten Turner kennenlernte, (vgl: S. 152). In Rom schloß er Freundschaft mit dem Schriftsteller Gogol. Zwei Jahre später bereits erhielt er die Goldmedaille für Gemälde, die in Jahresausstellung der Kunstakademie in Paris ausgestellt waren.

Weitere zwei Jahre später wurde er zum ordentlichen Mitglied der Petersburger Kunstakademie ernannt. Der Künstler malte maritime Küsten und Landstriche, Schiffbruchsmotive, mythologische Szenen sowie wildbewegte Wellen, erfährt man schon im Klappentext und kann sich im Katalogteil dann ausgiebig hiervon überzeugen. Die 1860er und 1870er Jahre gelten als die Blütezeit des Künstlers, zu diesem Zeitpunkt malte er Bilder, die von romantischer Weltsicht geprägt sind, (vgl.: S.154). In den letzten beiden Lebensjahrzehnten entstanden großformatige Gemälde, wie "Zwischen den Wellen", das eines der bedeutendsten Werke des Künstlers sein soll.

Der Künstler schuf um die 6000 Werke, davon etwa 4000 die dem Thema Sturm und Meer, Unwetter und Schiffbruch gewidmet sind, (vgl.: S.155). Als Aiwasowski am 2. Mai 1900 verstarb, war der 82 jährige Künstler voller Ideen und Pläne und bereitete gerade eine Ausstellung in Italien vor.
Die Essays im Buch tragen die Titel:

-Traditionen und Formen der aquatischen Ästhektik in der Kunst Iwan Aiwasowskis von Hartmut Böhme
-Schiffbruch erleiden- Zur metaphorischen Bedeutung von Schiffahrt und Naufragium in der Kunst von Lisa Kreil
-Die Welt im Licht einer Laterna magica des Ostens- Iwan Aiwasowskis Stellung in der russischen und europäischen Kunst von Iwan Samarine

-Gefährliche Brandung und stille See(le)- Aiwasowski und die neoromanischen Strömungen des Seestücks von Florian Steininger

Im Rahmen des Essays von Hartmut Böhme wird man mit den Themen Wasser und Kultur, aquitanische Raumordnungen, mit maritimer Malerei und hier u.a. mit Seesturm und Schiffbruch, dem Wasser, den Wolken und dem Licht, Eis ohne Zeit und dem Frieden konfrontiert. Aiwasowski hat sich mit allen Motiven, Themen und Pathosformeln, die mit dem Meer in Verbindung stehen, beschäftigt und sie in seinen Bildern dargestellt. Mit dem Schiffbruch hat dieser Künstler eines der prototypischen Motive mariner Malerei aufgegriffen, stellt Böhme fest und interpretiert den Schiffbruch, wie im "Schiffbruch bei Sonnenuntergang" von Aiwasowski gemalt, auf den Seiten 24-25 auf vortreffliche Weise.

Auch die anderen drei Essays sind sehr aufschlussreich im Hinblick auf viele der mir bislang unbekannten Gemälde dieses russischen Künstlers, dessen Gemälde "Das Schiff im Sturm", 1892, "Der Sturm am Kap Aja", 1869 und "Die Woge", 1889 mich besonders beeindrucken, weil sie einen stark metaphorischen Charakter haben. Sein eigenes Lebensschiff bei stürmischen Winden vorm Untergehen zu bewahren, ist wohl für jeden Menschen die eigentliche Meisterleistung, die es zu bestehen gilt. Schönwetterkapitäne, lernen nichts dazu und geraten schon bei geringer Windstärke in Panik. Wenn ich mich in einige der Bilder vertiefe, muss ich an Kaptain Drake denken, sofern ich mir allerdings das Gemälde "Die Sintflut" aus dem Jahre 1864 ansehe, denke ich an Japan im März 2011 und daran, dass wir Menschen in all unserem Tun stets die nicht beherrschbaren Naturgewalten mit einplanen sollten. Hybris wird vom Universum immer bestraft seit es Menschen gibt, alle Mythen machen es deutlich.

Auf den letzten Seiten des Buches wartet Tetiana Gaiduck mit einem sehr guten biographischen Abriss auf.

Ein sehr schöner Katalog zur Ausstellung.

Bilder: Mit freundlicher Genehmigung ©AIWASOWSKI – Maler des Meeres im Bank Austria Kunstforum

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Rezension: MX7- Mapplethorpe X7

Dieser Fotobildband enthält eine Fülle von Bildern, die der 1998 verstorbene Starfotograf Robert Mapplethorpe realisiert hat.   Ausgewählt wurden diese zumeist  Schwarz-Weiß-Fotos aus  dem Nachlass des Fotografen von  den Künstlern , David Hockney, Vik Muniz, Cathrine Opie, Sterling Ruby, Cindy Sherman, Hedi Slimane und Robert Wilson und zwar über einen Zeitraum von 7 Jahren. Über diese Künstler erfährt man zu Ende des Buches in englischer Sprache in knapper Form Wissenswertes.

Richard Flood, Kurator des New Museum  of Contemporay Art in  New York hat mit allen genannten Künstlern Interviews gemacht, die dem Leser nicht nur die Gedanken der Interviewpartner  im Hinblick auf Mappelthorpe und dessen  vielschichtiges Werk näher bringen.

Jeder der Künstler stellt seine Auswahl seperat vor. David Hockney beispielweise hat  u.a. eine  Reihe sehr schöner Porträtaufnahmen  bekannter Persönlichkeiten ausgewählt.  Er selbst wurde auch mehrfach von Mappelthorpe abgelichtet und zwar  schon 1976, zu einem Zeitpunkt, als er 39 Jahre alt war, allerdings weitaus jünger aussah. Den sehr  schönen Fotos von Marianne Faithfull aus dem Jahre 1974 und einer  bekannten  Profilaufnahme,  die Katherine Cebrian zeigt, folgt ein Bild von Arnold Schwarzenegger aus dem Jahre 1976, das den Bodybuilder mit phänomenal angespannten Oberarmen zeigt. Das Foto von Lord Snowdon  aus dem Jahre 1979 finde ich beeindruckend, eine wirklich ästhetische Erscheinung. Viele der abgelichteten Personen aus den 1970er Jahren sind mir nicht bekannt, dennoch interessieren mich die Bilder und zwar von der Art her wie Mappelthorpe sie aufgenommen hat. Die Portraitfotosstrahlen teilweise viel Ruhe aus und der Blick des Betrachters verweilt auf den Augen der Modelle.

Richard Gere aus dem Jahre 1981  ist eine Augenweide, ein bildschöner Mann, mit einem Körper  wie von der Hand Michelangelos geschaffen. Aus den 1980ern stammen auch die ersten erigierten Penisbilder im Buch. Allen Bilder dieser Art ist gemeinsam, dass die Penise gewaltige Ausmaße haben. Das Foto "Cock, 1986" finde ich  vom künstlerischen Standpunkt  sehr gut gelungen. Aus der geöffneten Smokinghose und dem  weißen Hemd ragt ein männliches Glied in seiner ganzen Pracht heraus. Obschon es errigiert ist, wirkt es beinahe orientierungslos, fast so, als habe sich das Objekt seiner Begierde in Luft aufgelöst.

Es folgen weitere Porträtaufnahmen, auch ein hübsches Foto von einem  kleinen süßen, etwas  ängstlichen Mädchen und einem ebenso süßen, ängstlichen Kätzchen. Solche Bilder stehen im Widerspruch zu den Aufnahmen der Erwachsenen auf den Folgeseiten, deren  Widerwärtigkeit sich in dem Titelfoto, das William Burroughs mit Knarre zeigt,  am  augenscheinlichsten offenbart.

Immer wieder  kann man sich in Penisbilder vertiefen. Interessant finde ich, dass einige Bilder noch nicht einmal den Namen der abgelichteten Person  offenbaren, sondern nur "Cock" plus Jahreszahl  genannt werden.

Wunderschön sind die farbigen Blumenbilder auf Seite 102 und 106  sowie das abgelichtete Blatt auf Seite 103, auch die Kinderbilder  auf Seite 108 und 109. Solche Bilder  begeistern mich mehr als  die Fotos aus der Schwulenszene, mit denen ich einfach nichts anfangen kann. Mappelthorpe scheint sich  im Laufe der Jahre immer stärker in dieser Szene aufgehalten zu haben. Die Phallusanbeterei ab Seite 119  geht mir auf  die Nerven, ebenso die sich küssenden Männer in Lederklamotten.

Cindy Sherman  hat eine Reihe sehr aparter Fotos ausgesucht, darunter auch ein sehr ausdrucksstarkes Foto von Grace Jones aus dem Jahre 1988  und sehr schöne farbige Blumenbilder.
Viele Bilder des Künstlers zeigen über welches Können er verfügte. Mich stößt allerdings dieser überzogene Phallusankult ab. Man fühlt sich von den vielen erigierten überdimensionalen Penisen im Buch geradezu belästigt. Ich kann in der Aufnahme bei der zwei wie Penise wirkende Unterarme, konkret die dazu gehörenden Männerfäuste, ihr Werk in einem behaarten männlichen Gesäß vollbringen keinen künstlerisch nennenswerten Aspekt erkennen. Weshalb muss ich mir das ansehen? Ästhetisch ist es nicht.
Ich finde, bei allem Respekt vor dem Oevre des Künstlers, sollte man Fotos,  auf denen Kinder und Blumen gezeigt werden, in einem Buch nicht mit  pornografischen Bildern mixen.  Nach meinem Selbstverständnis heraus besteht ein Mann nicht nur aus seinem Geschlechtsorgan, aber vielleicht irre  ich mich ja auch in diesem Punkt.


Da die Fotos sehr gut sind, aber da die  die Kombination  von  Bildern mit Kindern und solchen von Männern  mit offener Hose  bedenklich finde, kann ich das Buch  nur mit drei Sternen bewerten.


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Rezension: Kunst interessiert keine Sau....- Sandra Danicke

Sandra Danicke hat einen sehr provokanten Titel für ihr Buch gewählt: "Kunst interessiert keine Sau..." Blättert man auf Seite 5, - dort hat die Kunstkritikerin Silke Hohmann ein paar einleitende Worte verfasst - fügt diese allerdings an -- "oder doch?"

Die Autorin befasst sich im Buch mit Künstlern der Moderne. Es handelt sich dabei um: Duane Hanson, Peter Roehr, Martin Creed, Bruce Naumann, David Hammons, Claes Oldenburg, Cy Twombly, Erwin Wurm, Joseph Beuys, Thomas Rentmeister, Jeff Koons/Jonathan Monk, Katharina Grosse, Dieter Roth, Sylvie Fleury, David Shrigley, Robert Gober, Florian Slotawa, Damien Hirst, Yves Klein, Andreas Solominki.

Die Kunstobjekte, die im Buch zur Sprache kommen, sind allesamt abgelichtet. Ziel ist es, aufzuzeigen, dass sich jeder über Kunst eine Meinung bilden kann und zwar fernab von falschen Berührungsängsten, Vorurteilen und dem Zwang alles interpretieren zu müssen.

Danicke erzählt teilweise überaus witzige Geschichten und liefert Hintergrundinformationen zu der Objekten, berichtet auch, was der Künstler beabsichtigte. So liest man beispielsweise Interessantes zum Papierball "Work No. 88", 1995 von Martin Creed, den man in der Staatsgalerie in Stuttgart besichtigen kann, so etwa, dass sich solchen Werken eindeutige Interpretationen verweigern und dass sie auch auf originelle und hintersinnige Weise die Grenzen zeitgenössischer Kunst erforschen, ohne der mit Dingen überfrachteten Welt unnötigen Ballast hinzuzufügen. Die Autorin gibt ferner auch zu bedenken, dass es eines enormen handwerklichen Geschickes bedarf, einen runden Papierball aus einem DIN A 4 -Bogen gleichmäßig zu knüllen, (vgl.: S. 17).

Sehr gut gefallen haben mir Danickes Einlassungen zu Beuys und dessen Werk "Filzanzug 1970". Was sieht man? Was dachte Beuys? Für Beuys ist Filz in erster Linie ein Wärmeelement. Seine Absicht ist mittels dieses Anzugs die geistige oder evolutionäre Wärme darzustellen. Interessant finde ich, dass er diesen Filzanzug als Kleidungsstück bei einer 1971 stattgefunden habenden Performance gegen den Vietnamkrieg trug. Hier diente das Kunstobjekt als dickes Fell gegen den politischen Wahnsinn, (vgl.: S. 41). Vielleicht sollten alle Erdbewohner derzeit Filzanzüge á la Beuys tragen und zwar als Zeichen der Ohnmacht gegenüber dem todbringenden Treiben von Finanzhaien, Kernkraftwerkbesitzern und Diktatoren. Möglicherweise vermag das Bewusstwerden von individueller Ohnmacht, gegenteiliges bewirken. Klartext: das bewusste Tragen des Filzanzuges von Beuys, könnte dazu führen, dass sich die Träger ihrer Macht bewusst werden....

Witzig finde ich die Geschichte mit den Staubpartikeln auf Yves Kleins "Blauem Schwammrelief", das man in Frankfurt im Städel Museum besichtigen kann. Viele Betrachter sahen den Staub als Bestandteil des Kunstwerks, vermutlich selbst Putzteufelinnen, die ihren Familien wegen drei Staubkörnern daheim die Hölle bereiten. Diesen kann allerdings beruhigend mitgeteilt werden, dass der Staub inzwischen entfernt ist.:-))

Ein gelungenes Buch, dass ich gerne empfehle. Ob es wirklich Kunstmuffel für all das Schöne, das auch in Museen, die Kunst der Moderne zeigen, begeistern kann, bleibt zu hoffen. Meine Erfahrung ist leider die, dass es einfacher ist ein offenes Gespräch mit einer Parkuhr zu beginnen als mit einem ignoranten Menschen, dennoch sollte man die Hoffnung nie aufgeben.

Rezension: Surreale Dinge

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Surreale Dinge", die in der "Schirn -Kunsthalle Frankfurt" vom 11.2.-29.5.2011 gezeigt wird. Herausgegeben wurde der Katalog von Ingrid Pfeiffer und Max Hollein, der auch das Vorwort verfasst hat.

Neben den in der Schirn gezeigten 180 berühmten Skulpturen und Objekten von 51 Künstlern, darunter etwa 110 Objekte und 70 Fotografien von "teilweise sehr berühmten, aber nicht mehr überlieferten Objekten" von Dali bis Man Ray enthält das Buch sehr erhellende Beiträge zu der fokussierten Thematik. Die Essays tragen den Titel:

-"Surreale Dinge gestern und heute" von Ingrid Pfeiffer
-"Prenez garde aux objets domestiques oder der weibliche Heimvorteil im Surrealismus" von Angela Lampe
-"Krise des Objekts/ Objekte in der Krise -Exposition surréaliste d`objets in der Galerie Charles Ratton 1936" von Laurence Madeline
-"Temporäre Objekte: Die Mannequins in der Exposition internationale du surréalisme 1938" von Ingrid Pfeiffer
-"Das surrealistische Objekt und das Subjekt im Materialismus: Anmerkungen zum Verständnis des Gegenstandes im Surrealismus" von Ulrich Lehmann

Surreale Dinge. Skulpturen und Objekte
von Dalí bis Man Ray
Dem Vorwort ist zu entnehmen, dass die Epoche des Surrealismus üblicherweise zwischen 1925 und 1945 angesiedelt wird und dass sie zu den bekanntesten und zugleich auch populärsten Kunstströmungen des Klassischen Moderne zählt. Weniger bekannt sei, dass um 1930 in der surrealistischen Gruppe ein neuer Trend einsetzte, der denn bewusst forciert wurde. Dieser bestand in der Kreation dreidimensionaler Werke. Besagte Objekte bestechen laut Max Hollein durch ihre Vielfalt in Materialität, Form, Herkunft und Konstruiertes, Natur und Metamorphose, Alltag und Antike, (vgl.: S.:9).

Ziel der Ausstellung und entsprechend auch des vorliegenden Kataloges ist es, ein zentrales Kapitel der Moderne vorzustellen, lässt uns Max Hollein wissen. Ein kleiner Teil der gezeigten Objekte stammt übrigens von Künstlern der vorangegangenen Dada-Bewegung. Sie haben die Arbeitsweise der Surrealisten vorweggenommen.

Pfeiffer schreibt, dass es die Surrealisten waren, die ab der 1930er Jahre in ihren Objekten die Grundprinzipien der surrealistischen Kunst anwandten, d.h. die Entfremdung, sprich die Heraushebung eines Dinges oder einer Sache aus dem Kontext, die "Kombinatorik", d.h. das Zusammenführen von unterschiedlichen Welten zugunsten eines produktiven Schocks und auch die "Metamorphose" als Möglichkeit der Verwandlung in etwas Drittes, (vgl.: S. 15). Pfeiffer berichtet von einer spektakulären surrealistischen Ausstellung in Paris im Jahre 1938 und weiteren Ausstellungen dieser Art, etwa jener bei der surrealistische Möbel 1939 in Paris gezeigt wurden.

Marcel Duchamp / Enrico Donati  
Prière de Toucher (Bitte berühren)
Im Buch wird nicht nur die Metamorphose des Alltäglichen zu Sprache gebracht, sondern auch die Auseinandersetzung der Surrealisten mit Erotik und Sexualität. Diesbezüglich lohnt es den Beitrag "Freud und de Sade- Körperhaftes in den Objekten" (Seite 28-32) zu lesen.

Gezeigt werden in diesem Zusammenhang Exponate wie die "Venus de Milo aux tiroirs" von Dali (Seite 36). Dali erklärt eines seiner im Buch gezeigten Objekte, -es handelt sich um einen roten Damenschuh (S. 39)- wie folgt: "In einem Damenschuh, mitten in einer weichgeformten, exkrementfarbenen Masse, steht ein Glas lauer Milch. Der Mechanismus besteht darin, ein Stück Zucker, auf welches man einen Schuh gemalt hat, in die Milch zu tauchen, um die Auflösung des Zuckers und damit auch des Schuhbildes zu beobachten. Verschiedene Zutaten (Schamhaare, die an einem Stück Zucker kleben, kleines erotisches Foto) vervollständigen das Objekt, das von einer Dose mit Ersatzzucker sekundiert ist und einen Speziallöffel, der dazu dient, Schrotkörner im inneren des Schuhs aufzurühren."(Zitat S.38). Ein interessantes Objekt, dass auf m.E. witzige Weise sich mit dem Thema Sexualität auseinandersetzt.

. Meret Oppenheim Pelzhandschuhe
Irritiert haben mich die "Pelzhandschuhe" von Meret Oppenheim. Ich interpretiere das Objekte als Metamorphose des Animalischen im Weib. Die Objekte, die Sexualität und Erotik zum Gegenstand haben, sind teilweise überaus ironisch angelegt und deuten auf Künstler hin, die sehr humorvoll und gelassen mit dem zu jenen Zeiten noch tabuisierten Thema umzugehen vermochten.

Es führt zu weit alle in den Essays angesprochenen Facetten der Ausstellung hier näher zu beleuchten. Den Käufern des Buches rate ich allerdings die Essays aufmerksam zu lesen, weil sich dann die gezeigten Objekte besser erschließen. Wichtig erscheint mir besonders, sich mit dem Text von Ulrich Lehmann zu befassen, in dem man mehr über die materiellen Wurzeln des Surrealismus erfährt. Ebenfalls wichtig ist das letzte Kapitel, in dem die einzelnen Künstler näher vorgestellt werden, selbstverständlich auch André Breton, der der Anführer der Bewegung war.

Sehr angetan bin ich, das in der Ausstellung auch einige Objekte von Alexander Calder und von Alberto Giacometti gezeigt werden, die ich sehr schätze und ein bisschen traurig bin ich, dass von einem meiner Lieblingskünstler René Magritte leider nur ein Werk dabei ist.

Ein gelungener Katalog, den ich nicht nur Ausstellungsbesucher empfehle.


Bilder: Mit freundlicher Genehmigung Hatje Cantz Verlag

1. Surreale Dinge. Skulpturen und Objekte von Dalí bis Man Ray Ausstellungsansicht Ausstellungansicht Schirn Kunsthalle Frankfurt Fotograf: Norbert Miguletz
2. Meret Oppenheim Pelzhandschuhe, 1936 Pelz, Holz, roter Nagellack 5 x 21 x 10 cm Sammlung Ursula Hauser, Schweiz © VG Bild-Kunst, Bonn 2010 Fotografie: Hauser & Wirth Collection
3. Marcel Duchamp / Enrico Donati Prière de Toucher (Bitte berühren), 1947 Schaumstoff, Samt, Karton 30,5 x 34,5 x 6 cm Sammlung L. Malle, Paris © Succession Marcel Duchamp / VG Bild-Kunst, Bonn 2010 / Estate of Enrico Donati Fotografie: © Serge Veignant

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Rezension: Swarovski- Crystal Palace

Eine Verwandte feiert demnächst einen runden Geburtstag. Mein Geschenk an sie liegt hier schon eine ganze Weile. Sie schätzt Produkte von Swarovski, wie man sie in einem Laden auf der Fressgasse in Frankfurt kaufen kann. Um ihr eine Freude zu machen, habe ich mich entschieden, ihr das vorliegende Buch Swarovski "Chrystal Palast" zu schenken, das für mich sehr aufschlussreich ist, weil es meine Vorurteile im Hinblick auf Swarovski ausgeräumt hat. Bislang setzte ich nämlich den Namen nur mit glitzerndem Schmuck und Nippes gleich, Dinge, die ich aus Gründen, die ich an dieser Stelle nicht erörtern möchte, stets mit großer Skepsis betrachtet habe. Über Geschmack lässt sich allerdings nicht streiten, deshalb schweige ich diesbezüglich. Trotz allem, die Qualität besagter Dinge ist sehr gut, ohne Zweifel.

In "Chrystal Palace" geht es nicht um diese Dinge, sondern um das gleichnamige Projekt von Nadja Swarovski. Namhafte Designer warten mit außerordentlich schönen und hochwertigen Kristallkunstwerken auf, deren Entstehungsgeschichte und gedankliche Konzeption im Buch jeweils in englischer Sprache näher erklärt werden. Unter den Designern befindet sich u.a. die von mir sehr geschätzte Zaha Hadid mit einem wirklich gelungenen Wurf, wie ein Foto zeigt.

Der Leser kann sich zunächst in die Familiengeschichte der Swarovskis vertiefen, um sich anschließend mit den Werken der Designer zu befassen. Unter den gezeigten Objekten finden sich sehr viele kunstvolle, dabei sehr moderne Beleuchtungsgebilde, die, man ahnt es schon auf den Bildern, das Licht vielfach brechen. Auf den großformatigen Fotos gewinnt man einen nachhaltigen Eindruck von den Werken der Künstler. Besonders gelungen finde ich die Lichtobjekte von Diller Scofidio und Renfro, die man auf einer Doppelseite entgegengebracht bekommt. Es handelt sich dabei um Säcke aus Netzstoff, die mit vielen riesigen Kristallen gefüllt sind, in deren Mitte jeweils eine Halogenbirne versteckt, die Kristalle zum Glitzern bringt. Auf dem Bild hängen, - unterschiedlich in ihrer Länge-, zahlreiche solcher Gebilde von der Decke. Das Gesamtkunstwerk der "Light Socks" erinnert an einen Traum, der das Märchen vom "Sterntaler" auf interessante Weise neu und zeitgemäß einem fantasiereichen Tagträumer erzählt.

Die Künstler der im Buch gezeigten Objekten sind: Alexandre de Betak, Amanda Levete/ Future Systems, Arik Levy, Barber Osgerby, Chris Levine, David Rockwell, D.B. Kim, Diller Scofidio und Renfro, Fernamdo u. Humberto Campana, Fredrikson Stallard, Gaetano Pesce, George Baldele, Greg Lynn, Gwenael Nicolas, Hussein Chalayan, Ingo Maurer, Jaime Hayòn, Karim Rashid, Marcel Wanders, Marcus Tremonto, Michael Gabellini, Naoto Fukasawa, Paul Cocksedge, Ron Arad, Ronan und Erwan Bouroullec, Ross Lovegrove, Stefano Ricci, Studio Job, Tokujin Yoshioka, Tom Dixon, Tord Boontje, Vincent van Duysen, Yves Béhar und Zaha Hadid.

Das Objekt von "Studio Job" würde ich gerne im Original sehen. Der Globus zeigt unsere Erde als farbigen, funkelnden Planeten. Wer beim Anblick dieses Kunstwerkes kein Fernweh bekommt, ist vermutlich bereits gestorben.

Ein gelungener Kunstband, der mir immer wieder das Wort "Licht" in den Kopf zaubert. Hätte ich die Wahl zwischen allen Beleuchtungsobjekten, würde ich mich letztlich für das Objekte von Diller Scofidio und Renfro entscheiden. In meinen Augen sind es die originellsten und dabei schlichtesten Objekte, die in ihrer Art an Planeten, die am Nachthimmel leuchten, erinnern.


Empfehlenswert.


Fotos: © bei teNeues SWAROVSKI CRYSTAL PALACE The Art of Light and Crystal mit freundlicher Genehmigung