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Rezension: The Namib Desert- Art. Strukturs. Colors-Jürgen Wettke- teNeues

Dieser beeindruckende Bildband enthält Werke des Fotografen Jürgen Wettke. Für ihn ist der Blickwinkel und die Nutzung des Lichts von größerer Bedeutung als die Technik. Der leidenschaftliche Fotograf legte seinen Fokus in den letzten Jahren vermehrt auf Landschaftsfotografie. Dabei ist es sein Anliegen, beim Betrachter Emotionen zu wecken und auf diese Weise ein intensiveres Bewusstsein für die Fragilität  der Ökosysteme unseres Planeten zu schaffen. 

Die Wüste Namibia, die Bildgegenstand dieses Werkes ist, verändert sich durch die Naturgewalten ständig. Von daher zeichnen sich die gezeigten Bilder nicht nur durch ihre Ästhetik aus, sondern auch dadurch, dass es sich um echte Unikate handelt. 

Wer wissen möchte, welche Motive er im Einzelnen gerade bestaunt, kann sich im Index zu  Ende Werkes kundig machen. Dort nämlich erfährt man zu jedem Bild in englischer und deutscher Sprache Wissenswertes. 

Das Vorwort zum Buch hat der renommierte Naturfotograf Michael Poliza verfasst, dessen Anliegen in seinen Bildbänden und seinen Naturerlebnisreisen darin besteht, seine Erfahrungen und seine Begeisterung für die schönsten Landschaften der Welt mit anderen zu teilen. Er  kann professionell beurteilen, dass Jürgen Wettke behutsam mit feinem Gespür für Formen und Farben "wunderbare Kunst der Natur" präsentiert, die die Wüsten Nambias bieten. Poliza weiß, dass Wettkes Fotografien uns über die Mysterien und schiere Schönheit der Natur staunen lassen und uns vor Augen führen, was an unserem Planeten schützenswert ist. 

Jürgen Wettke erwähnt, dass die Namib die älteste Wüste auf unserer Erde und zugleich die einzige Küstenwüste ist. Sie wurde 2013 als Weltkulturerbe eingestuft. Der Sand dieser Wüste soll 1 Million Jahre alt sein. Dennoch unterliegt die Wüstenlandschaft permanenter Veränderung. 

Jeder Fotograf, der den Fokus auf Strukturen und Farben richtet, wird in dieser Wüste sehr viel entdecken, so etwa ein Farbspektrum von Hellgrau der Granitstrukturen, auch irreal wirkende Rottöne u.a.m., verrät und dokumentiert Wettke eindrucksvoll.

Die Aufnahmen sind in fünf Kapitel untergliedert. Hier wird man mit imposanten Fotos vertraut gemacht, die uns voller Poesie in eine Welt einladen, die uns Zeitlosigkeit spüren lässt. Alles, was wir sehen, lädt zum Staunen ein, veranschaulicht Erhabenheit, Ästhetik aber auch Ewigkeit und lässt uns erahnen, dass wir in dieser Welt von untergeordneter Bedeutung sind. 

An solchen Orten finden Weisheitslehrer den Sinn des Lebens, weil sie hier das Geheimnis allen Seins lüften können, wenn sie das, was ist, lange genug beobachten. 

Atemberaubend schöne, aussagekräftige Bilder verkünden den Wandel als die ewige Wahrheit bis ans Ende aller Tage. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Jürgen Wettke 
Artikelnummer: 76914-deu
ISBN: 978-3-8327-6914-7
Ausführung: 34 x 26 cm
208 Seiten,
140 Farbfotografien
Hardcover
Text: Deutsch und Englisch

Rezension: Geschlechterkampf- Franz von Stuck bis Frida Kahlo- Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Geschlechterkampf- Franz Stuck bis Frida Kahlo", die vom 24.11.2016 - 19.03.2017 im Städel Museum in Frankfurt gezeigt wird. Kurator der Präsentation ist Dr. Felix Krämer. 

Diese Sonderausstellung befasst sich  mit einem zeitlosen Thema: der spannungsgeladenen Beziehung zwischen Mann und Frau und deren Darstellung in der Kunst. "Geschlechterkampf. Franz von Stuck bis Frida Kahlo" fokussiert die künstlerische Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und -beziehungen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. 

Anhand von über 140 Werken veranschaulicht die Ausstellung, wie kontrovers Künstlerinnen und Künstler der Moderne auf die Konstruktion von Geschlechtermodellen reagierten und wie sie mit Stereotypen, Idealbilder und Identifikationsfiguren in Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und Film umgingen. 

Das Vorwort zum Buch hat der Direktor des Städel Museums Philipp Demandt verfasst. Diesem Vorwort folgt ein Gespräch der Kuratoren Felicity Korn und Felix Krämer mit Rose-Maria Gropp. Der Gesprächsgegenstand ist der "Geschlechterkampf, eine Annäherung". Hier definiert Korn, dass Geschlechterkampf die Begegnung zwischen Geschlechtern bedeute, die oftmals spannungsgeladen seien und zu einem Konflikt führen können. Zugleich verstehen die Kuratoren unter dem Überbegriff das Verhandeln von Rollenbildern, Stereotypen und Idealvorstellungen als auch das Sich-Positionieren zum jeweiligen Gegenüber. 

Anhand von umfangreichen Textbeiträgen unterschiedlicher Autoren und Bildern vieler namhafter Künstler erhält man einen umfassenden Eindruck von der Ausstellung. So liest man in einem Essay von Ute Frevert Wissenswertes zu Männerängsten und Frauenwünschen im Rahmen der Geschlechterkämpfe zwischen 1850- 1950, so auch, dass Frauen wie Gräfin von Reventlow oder auch die promovierte Schriftstellerin Helene Stöcker Außenseiterinnen waren, die von der herrschenden Meinung verfemt und skandalisiert wurden. Gleichwohl haben diese beiden Damen in den Anfängen des letzten Jahrhunderts viel getan, indem sie durch ihre publizistischen Tätigkeiten breite Schichten erreichten. 

Damals löste die Figur der unabhängigen Frau, die ihre sexuelle Freiheit rückhaltlos einklagte, massive Ängste aus. Frauen im Beruf irritierten. Ein Plakat des Schweizer Malers Ferdinand Hodler, das er zu Ende des 19. Jahrhunderts entwarf, zeigte ein vollständig bekleidete Frau mit wallendem roten Haar, die im Bündnis mit der Welt der Technik über dem auf dem Boden liegenden fast nackten Mann triumphiert. Das war die Horrorvorstellung der Männer der damaligen Zeit. 

Unmöglich im Rahmen der Rezension auf all die Essays einzugehen. Wichtig ist es wohl, sich mit dem biblischen Schöpfungsmythos zu befassen, der ungeachtet der wissenschaftlichen Umwälzungen auf künstlerische Inszenierungen bis in 20 Jahrhundert Bezug nahm. Gezeigt werden hier eine Plastik von August Rodin und die Gemälde "Adam und Eva" sowie "Das verlorene Paradies" von Franz von Stuck, auch Werke von Max Klinger und Bilder anderer Künstler, bevor man sich mit "Salome und ihre Schwestern in der Kunst des späten 19. Jahrhunderts " auseinandersetzen kann. Auch hier wieder wird die Bilderpräsentation von einem Essay begleitet. Besonders beeindruckend erscheint das Gemälde "Salome" von Jean Benner aufgrund seiner Entgültigkeit. 

Werke von Franz von Stuck gibt es nicht wenige in der Ausstellung. Sie visualisieren das Thema der Präsentation besonders eindrucksvoll, so etwa die "Verwundeten Amazone".  

Die Idee der "femme fatale" um 19 00 wird beleuchtet. Hier auch ist das Titelbild des Buches zu sehen. Es handelt sich um "Sie" von Gustav Adolf Mossa. 

Man ist während der Lektüre immer wieder erstaunt, wie intensiv man sich mit dem Thema auseinander gesetzt hat. Auch Gemälde von Max Liebermann werden gezeigt und das Frauenbild in Werken von Edvard Munchs kommt zur Sprache. 

Eine Fülle von  textlichen Betrachtungen lässt den Kunstinteressierten nahezu verwirrt zurück und der ein oder der andere atmet gewiss beruhigt durch, wenn er liest, dass mit der Erforschung des Androgyns, sich der Surrealismus wie keine andere Avantgarde-Bewegung der sozialen und politischen Aufhebung des Geschlechterkampfs gewidmet hat. 

Lange verweilt der Blick auf Frieda Kahlos "Der kleine Hirsch" und es wird klar, was aus dem Platzhirsch geworden ist,  seit seinem Kampf mit der Amazone auf Stucks Bild.

Bleibt noch eine Info des Städel-Museeums anzufügen "Die Ausstellung baut auf dem Sammlungsbestand des Städel Museums auf, der mit Gemälden von Max Liebermann, Edvard Munch und Franz von Stuck, Skulpturen von Auguste Rodin sowie Fotografien von Frank Eugene oder Claude Cahun wichtige Positionen in Bezug auf diese Thematik umfasst. Anhand von bedeuten-den Leihgaben werden bekannten Namen der Kunstgeschichte wie Hannah Höch, Édouard Manet, Gustav Klimt, Otto Dix oder Frida Kahlo gezielt kunsthistorische Entdeckungen zur Seite gestellt, die den Kanon um aussagekräftige Positionen erweitern, darunter Arbeiten von Leonor Fini, John Collier oder Gustav Adolf Mossa. Vor dem Hintergrund der intensiv geführten Diskussionen um die Rollen von Frau und Mann bietet das Ausstellungsprojekt einen differenzierten Einblick in die Komplexität der Problematik und beleuchtet die kunsthistorische Dimension eines bis heute hochrelevanten gesellschaftspolitischen Themas."

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Wege des Pointillismus- Seurat, Signac, Van Gogh- Albertina, Hirmer.

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Wege des Pointillismus- Seurat, Signac, Van Gogh", die vom 16. September 2016 bis zum 8. Januar 2017 in der Albertina in Wien gezeigt wird.

George Seurat (1859- 1891) gilt als der wichtigste Vertreter des Pointillismus. Er war es, der die Kunst revolutionierte, indem er sich von den tradierten Sehgewohnheiten verabschiedet und der Malerei der Moderne den Weg geebnet hatte.

Die Pointillisten- eine Gruppe von Malern, allen voran Camille Pissarro-, schenkten nach dem frühen Tod Seurats Punkt, Licht und Farbe mehr Aufmerksamkeit und bewirkten, dass auf diese Weise der Bildgegenstand immer mehr in den Hintergrund trat. Die Ausstellung und der Katalog zeichnen diesen Umstand anhand der Entwicklung der Malerei von Seurat bis Paul Klee nach. Dabei ging es der ersten Generation der Pointillisten in ihrer Bilderwelt primär darum, abstrakte Begrifflichkeiten zum Ausdruck zu bringen.

Es war Seurats Wegbegleiter Signac, der die Punktechnik erneuerte. Das tat er, indem er das Prinzip der Farbtrennung in den Vordergrund stellte. So befreite er die Maler von der Punktechnik. Matisse und dessen Kreis brachen dann völlig aus dem rigiden System des Pointillismus aus. 10 Jahre nach Seurats Tod waren dessen Bilder Inspirationsquelle für junge Maler, die Malerei zu erneuern. Nun entfernte man sich von den weltfremden Ateliers, um in der Natur zu malen, ohne diese allerdings nachzuahmen. Jetzt sollte der Ausdruck der eigenen Empfindung unmittelbarer wiedergegeben werden.

Die Ausstellung der Albertina ist das Ergebnis einer Kooperation mit dem Kröller-Müller Museum in Otterlo/Niederlande.

Der Katalog enthält neben den Werken, die in der Albertina derzeit gezeigt werden, eloquente Essays unterschiedlicher Autoren, die sich mit einzelnen Künstlern des Pointillismus  und deren Werken breitgefächert befassen, so etwa  mit Georges Seurat, Paul Signac, Henri Matisse, Vincent van Gogh und Paul Klee. Auf die komplexen  Inhalte näher einzugehen, führt im Rahmen der Rezension allerdings zu weit. In ihrer Gesamtheit bieten die Texte- so viel soll gesagt werden-  für den Kunstinteressierten einen tiefen Einblick in den Weg des Pointillismus und machen diesen begreifbar.

Sehr empfehlenswert

Helga König

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Rezensionen: Die Helden- Georg Baselitz Städel Museum- Hirmer

Georg Baselitz ist fraglos einer der bedeutendsten deutschen Künstler der Gegenwart. Wie Max Hollein, der ehemalige Direktor des Städel Museums in seinem Vorwort schreibt, entwickelte der damals 27 jährige Georg Baselitz im Jahre 1965/66 die Werkgruppe der "Helden" und "Neuen Typen" in explosionsartiger Produktivität. 

Der Künstler ließ auf Leinwand und Papier jene dramatischen wie kraftvollen Figurenbilder entstehen, die in merkwürdiger Spannung zwischen Aggression und Verletzlichkeit, zwischen Geste und Beklommenheit schweben. Die "Heldenbilder" von Georg Baselitz zeigten kräftige, gleichwohl versehrte und in ihrer Autorität abhanden gekommene, entblößte, rudimentär uniformierte Gestalten. Es handele sich um robuste, dabei lethargische Männer, melancholische Überlebende in einer zerstörten chaotischen Welt, bilddominant und in einer pathetischen Untersicht mit vielen landschaftlichen Details inszeniert und in einer gezielt unroutinierten, fahrigen Malerei ausformuliert. Dieser Betrachtung von Max Hollein  schließe ich mich gerne an.

Nicht nur von ihren formalen Aspekten sind die Bilder manieristisch, sondern offenbar auch von ihrer Grundaussage. Die Figuren sind laut Bildtitel Helden, Rebellen, Hirten und Aufständische. Es sind Außenseiter, vermeintlich verloren im passiv- aggressiven Zustand. Wohl sind sie melancholisch, aber dennoch befähigt mittels durch Reflektion zu erweckender Willenskraft ausbrechen zu können.

Für Baselitz sollen die "Heldenbilder" nicht nur ein Markstein, sondern ein vehementer Dreh- und Angelpunkt in seinem Werk sein. Anhand von weiteren Essays unterschiedlicher Autoren hat man Gelegenheit, sich mit den Werken intellektuell auseinander zu setzen. 

Im Katalogteil eingebunden sind 15 sehr nachdenklich machende Geschichten von Alexander Kluge zu Bildern von Georg Baselitz aus den Jahren 1965 und 1966. 

Mit der Frage: "Was ist eine Kämpfernatur?" beginnt eine der Geschichten. Eine interessante Frage, die sich gewiss nicht  einfach beantworten lässt

Das Buch ist eine Bereicherung für jede Privat-Bibliothek

Empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Lawence Alma -Tadema- Klassische Verführung- Prestel

Der vorliegende Bildband befasst sich mit dem Leben und Werk des Künstlers Sir Lawrence Alma Tadema (8.1.1836- 28.6.1912). 

Der niederländisch-englische Maler studierte von 1852- 56 an der Antwerpener Akademie, um sich dann unter dem Einfluss der belgischen Historienmalerei auf mittelalterliche und ägyptische Sujets zu konzentrieren. Von 1865 an konzentrierte er sich auf die griechisch-römische Antike. Fünf Jahre später verlegte er seinen Wohnsitz nach England und war in London 31 Jahre lang Mitglied der Akademie.

Aufgrund seiner zum Teil mit archäologisch rekonstruierten und fotografisch präzisen Details ausgestatteten Schilderungen antiken Lebens, speziell von Bädern, Festen und Umzügen wurde er zu einem der am meisten gefeierten viktorianischen Maler. 

Konkret geht es in der vorliegenden Publikation "Klassische Verführung" um die neueste Forschungsergebnisse aus Europa und Amerika über diesen Künstler. Herausgeber des informationsreichen Buchs für das Fries Museum sind Elisabeth Prettejohn & Peter Trippi. Die Einleitung hat E. Prettejohn verfasst. Sie skizziert hier, worum es in groben Zügen in den Texten geht. Im Rahmen von zahlreichen Essays unterschiedlicher Autoren werden dem Leser dann der Künstler und sein Schaffen näher gebracht. Die vielen Abbildungen und auch die  sogenannten Highlights vervollständigen das Bild, das vom Künstler und seinen Werken vermittelt werden soll.

Die Bilder, die auf die römisch-griechische Antike Bezug nehmen, erfreuen das Auge und regen die Fantasie an. Der Maler schöpfte in seinen frühen Bildern beispielsweise aus dem, was er in Pompeji gesehen hatte, den Räumen und Atrien der antiken Stadt. Sein besonderer Ansatz bestand damals darin, dass es ihm gelang, die materielle Kultur in Rom, wie man sie von den Ausgrabungen in und um Pompeji kannte,  mit der niederländischen Bildtradition zu vereinen, die mit Vorliebe in den Innenräumen von Wohnhäusern gezeigt wurde. 

Schön im klassischen Sinne des Wortes  ist das Bild Tademas mit dem Titel "A Reading from Homer", das von seiner Ästhetik her vor allem besticht. Viele  der  gezeigten Werke erzählen Geschichten aus fernen Zeiten, in denen Frauen zart und verträumt waren und offenbar noch an die Poesie im Leben glaubten. 

Spannend zu lesen  ist,  wie Tadema sich einen Namen machte und welchen Einfluss er auf den frühen Klimt hatte. Natürlich hat man die Chance, sein berühmtes Gemälde "The Roses of Heliogabalus" zu bewundern, aber auch das imposante Werk "The Coliseum". 

Tadema soll wie kaum ein anderer seiner Zeitgenossen den Kunstmarkt für sich genutzt haben, der sich weltweit erstreckte. Als er das Ende seines Lebens erreichte, konnte man fast überall auf der Welt grafische und fotografische Reproduktionen seiner Kunstwerke finden. Diese prägten das Bild der Antike bei seinem Publikum und stießen auch bei Filmemachern auf großes Interesse. Auch in den sozialen Netzwerken werden Bilder von ihm immer wieder verlinkt, offenbar weil er die schönen Facetten einer unschönen Zeit dem Betrachter vollendet nahe bringen kann.

Das Buch ist eine Bereicherung für jede Kunstbuchsammlung 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Der Rhein- Eine europäische Flussbiografie-Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Der Rhein- Eine europäische Flussbiografie", die noch bis zum 22.Januar 2017 in der Bundeskunsthalle in Bonn gezeigt wird. 

In diesem reich bebilderten Buch wird gleich zu Beginn ein zwei Seiten umfassendes Gemälde von Moritz von Schwind präsentiert, das aus dem Jahre 1848 stammt und den Titel "Vater Rhein" trägt. Dieses Gemälde wird inhaltlich näher erläutert. Es folgt ein Vorwort von Rein Wolfs. Hier erfährt man, dass die Entdecker des touristischen Rheins die Briten waren. Schon zu Ende des 18. Jahrhunderts begeisterten sie sich für die malerische Landschaft des Mittelrheintales mit seinen Burgen, Ruinen und Wasserfällen. 

Maler wie der Brite William Turner und viele Literaten, unter ihnen Hölderlin, Lord Byron und Goethe, haben das Bild des Rheins und dessen Rezeption maßgeblich geprägt. 

Ein Zitat von Max Ernst und dessen Gemälde "Vater Rhein" aus dem Jahre 1953 sind dem Text  "Der Rhein. Eine europäische Flussbiografie" vorangestellt.   Besagter Beitrag stammt von Marie- Louise von Plessen. Hier liest man u.a., dass dem Rhein noch nie zuvor eine Ausstellung als Biografie gewidmet wurde und zwar mit paläontologischen Exponaten aus rheinischen Kalken des Oligozän bis in die Gegenwart. "Der Rhein. Eine europäische Flussbiografie" ist die vierte Ausstellung im Rahmen der Wasserausstellungen von Marie – Luise von Plessen. 

Neben einer Fülle von Abbildungen von Ausstellungsexponaten warten auf den Leser informative Textbeiträge unterschiedlicher Autoren, so etwa zum Rhein als Geohistorie und zur Navigation und Verbauung. Man erfährt Näheres zu "Europas feinster Kaskade", dem Rheinfall von Schaffhausen. Es handelt sich hierbei um den drittgrößten Wasserfall Europas. Der britische Maler J. M.W. Turner malte ihn voller Begeisterung. 

Man liest von den Römern, der Kirche, den Kaisern, auch den Händlern, für die dieser Strom Bedeutung hatte. Über viele Jahrhunderte beförderte der Rhein als Straße des Weins, der Schriften, der Handelswaren den europaweiten Warenumschlag, aber der Rhein war auch der Strom der Troubadoure und galt zudem als Förderband für den Transfer und Austausch von Bildern und Schriften, von Zimelien und Druckwerken, die neue Ideen für Wissbegierige und Neugierige in Europa vertrieben. 

Festungen und Residenzen sind ein weiteres Thema. Auch hier werden Bilder präsentiert, die einen guten visuellen Eindruck  des dazu gehörenden Textes verschaffen. Das Kriegsgeschehen bleibt ebenfalls nicht ausgespart und man liest vom Nibelungenlied und dem Rheingold, das Hagen von Tronje einst in besagtem Fluss versenkt haben soll. 

Auch "Marianne" und "Germania" kommen zur Sprache und die Freiheitsbäume am Rhein. Des Weiteren geht es um die Nationalisierung des transnationalen Stroms im 19. Jahrhundert, um industrielle Betrachtungen, um Nationaldenkmäler und  anderes, nicht immer Erfreuliches mehr. Mit dem Textbeitrag "Eine Achse der europäischen Idee" von Martin Winter findet dieses Buch einen gelungenen, versöhnlichen Abschluss. 

Sehr empfehlenswert

Helga König

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Rezension: Marc Chagall- Die Glasfenster-belser

Bei diesem reich bebilderten Buch aus dem belser- Verlag handelt es sich um die aktualisierte und erweiterte Ausgabe des 1987 erstmals erschienen Kunstbandes über das Gesamtwerk Chagalls als Glasmaler. 

Der berühmte Künstler Marc Chagall (1887- 1985) wandte sich in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre immer mehr kolossalen, architekturgebundenen Arbeiten zu. So entstanden u.a. Glasfenster weltweit von unendlicher Ausdruckskraft. 

Die Macher des vorliegenden Werkes - unter ihnen Benoît Marq, der Glasmeister und Geschäftführer der Familienwerkstadt Simon-Marq in Reims - dokumentieren mittels großformatiger Gesamt- und Detailansichten und durch die ausführliche Darstellung der modernen handwerklich-technischen Umsetzung von Chagalls Entwürfen das innovative Vorgehen des Künstlers. 

In Textbeiträgen unterschiedlicher Fachautoren lernt man die umfangreichen Facetten der Glasmalerei kennen. Sylvie Forestier, die Kuratorin d Musée National Message Biblique Marc Chagall in Nizza schreibt, dass Chagalls erste Auseinandersetzungen mit der Glasmalerei untrennbar mit der Kathedrale in Chartres und dem französischen Pater Marie-Alain Couturier verbunden sei. 

Präsentiert wird im Buch neben den ausführlichen Textbeiträgen eine Übersicht der Glasmalereien Marc Chagalls. Dabei entspricht die Reihenfolge ihrer Entstehung. Die beigefügten Maße geben zunächst die Höhe, dann die Breite an. 

Zu sehen sind die Glasfenster von Chagall an unterschiedlichen Orten auf dieser Welt, beispielsweise in Jerusalem, in New York, in Chicago, aber auch in Zürich sowie in Mainz und natürlich in Frankreich. 

Man erfährt über die einzelnen Gotteshäusern in Bezug auf das Werk Chagalls stets Wissenswertes, so auch, dass die Glasfenster in Reims eine Fläche von fast 75 Quadratmeter einnehmen. 

Farblich am faszinierendsten sind  Chagalls Blautöne wie man sie aus der Kirche  St. Stephans in Mainz kennt. Sich mit den Motiven zu befassen, bedeutet sich mit Chagalls biblischer Welt auseinanderzusetzen und immer wieder zu staunen, was Fantasie und Können bewirken, wenn ein Künstler aus tiefsten Herzen seine Arbeit und deren Thema liebt. 

Am Ende des Buches darf man im Rahmen einer Chronologie in Bildern Chagall bei der Arbeit zusehen. Dies ist ein besonderes Vergnügen, denn Chagall war ein herzlicher Mensch, dessen Licht hell erstrahlte, wenn er lächelte,

Sehr empfehlenswert

Helga König

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Rezension: Nordische Malerei- Im Licht der Moderne-Prestel

Die Autorinnen dieses wundervollen Kunstbandes Katharina Alsen und Annika Landmann befassen sich im Zuge diese Publikation mit wichtigen Bildthemen wie Landschaften, Porträts, Interieurs, Großstadtmotivik und Abstraktion. Dazu ziehen sie Werke von Künstlern wie Edvard Munch, Vilhelm Hammerschoi, Helene Schjerfbeck, Jóhannes S. Kjarval oder auch Sigrid Hjertén heran. 

Im Rahmen von neun Kapiteln widmen sich die Autorinnen interessanten Fragestellungen, so etwa nach den Wechselwirkungen zwischen nordischen und mitteleuropäischen Künstlern. 

Zunächst aber wird man mit dem kunstgeographischen Norden vertraut gemacht und liest in der Folge von der Idee des Nordens, die in der Forschung von verschiedenen Seiten als kulturgeographisches Konstrukt ausgewiesen worden ist, das sich seit Jahrhunderten im Wandel begreift und in "dynamischer Relation zu anderen kollektiven Identitätsentwürfen wie "Skandinavien", der "Arktis" oder der historischen " Hanse" im Ostseeraum stand oder steht." 

Die wichtigen Faktoren der kulturellen Verbundenheit der nordischen Länder sind die religiöse Homogenität des Protestantismus und die nordische Sprachgemeinschaft. Das soll nicht unerwähnt bleiben.

Man lernt Landschaftsbilder, beispielsweise von Emil Nolde kennen und erfährt Wissenswertes über die Geburt der bildenden Kunst in Island. Dabei ist die topographische Einzigartigkeit dieser Insel im Nordatlantik mit ihren elementaren Naturgewalten ein zentrales Motiv der isländischen Naturpoesie.

Es führt zu weit, auf all die genannten Künstler und Werke im Rahmen der Rezension einzugehen. Von dänischen, auch von finnischen Künstlern liest man,  aber auch von der Bildkunst Grönlands. Die Fülle des dargebotenen Wissens ist  mehr als nur beachtlich und lässt den Leser in eine Welt eintauchen, die immer wieder nicht enden wollendes Staunen zum Ergebnis hat. Das gilt auch für das Kapitel "Freiluftvitalismus und Körperkultur". Schon zu Beginn der Jahrhundertwende hatte sich bei an der Westgrenze der dänischen Insel Seeland eine vitalistisch orientierte Gruppierung mit künstlerischer Agenda zusammengefunden, um unter freiem Himmel nackt körperlich zu ertüchtigen, sonnenzubaden und sich gegenseitig Modell zu stehen. 1903 wurde die Kolonie aufgelöst. Werke von J. A. G. Acke, Edvard Munch, oder J. F. Willumsen erinnern daran.

Über Dandyismus, auch über Sinnlichkeit und Begehren in der nordischen Malerei bleibt man nicht unaufgeklärt und kann sich zudem mit der Morbidität des Körpers auseinandersetzen. 

Sehr schön und wohltuend für die Seele sind die Stimmungslandschaften und die Nationalromantik. Dabei stellt die Beseelung der Natur, die durch das künstlerische Schaffen erfolgen soll,  ein Leitmotiv der nationalromantischen Stimmungsmalerei dar. Traumhaft übrigens ist das Gemälde "Sommerabend am Skagener Südstrand" von P. S. Kroyer, 

Vorgestellt werden  zudem Künstlerkolonien von Skagen bis Önningeby und Wohnideale wie sie der schwedische Maler Carl Larsson geschaffen hat. 

Im Dialog mit der Avantgarde werden Abstraktionen thematisiert und Bilder wie der "Schicksalswürfel" von Finnur Jonsson vorgestellt. Noch eine Vielzahl anderer Aspekte der nordischen Malerei kommen zu Sprache und machen dem Leser deutlich, dass es hier ein weites Feld zu beackern gilt. Einsamkeit bringt kreative Vielfalt hervor.

Ein tolles Werk, das ich sehr gerne weiter empfehle.

Helga König

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Rezension: 100 Jahre 100 Bauwerke- John Hill- Prestel

Autor dieses Buches ist der Architekt John Hill. Er ist Chefredakteur des internationalen Online-Magazins World-Architects.com sowie Gründer und Chefredakteur des Blogs "A Daily Dose of Architecture". Dort veröffentlicht er täglich Artikel zu architektonischen Neuheiten und Buchbesprechungen. John Hill lebt in New York. 

Das vorliegende Buch begreift er als eine Art Experiment. Er stellt 100 Bauwerke der letzten 100 Jahre vor. Konkret handelt es sich stets um ein Gebäude pro Jahr von 1916 bis 2015.  Dieses Buch ist keine Architekturgeschichte der letzten 100 Jahre, wie der Autor betont, sondern eine Art Einführung in 100 Bauwerke, mit dem Ziel, die Leser dazu zu motivieren, diese zu besuchen und sich den Nuancen der einzelnen Projekte, den Details ihrer Gestaltung sowie den einzigartigen Aspekten jedes Entwurfs aufmerksam zu widmen. 

Bei den Betrachtungen geht es dem Autor um die Umstände ihrer Entstehung. Wichtig  zu wissen ist es, wie John Hill den Begriff Architektur definiert. Sie ist für ihn die Schaffung von Räumen für menschliche Betätigungen. 

Man erfährt Wissenswertes zu den Auswahlkriterien der Gebäude für diese Publikation und kann sich dann in die Bauwerke vertiefen. Sie sind natürlich alle abgebildet. Man erfährt stets, wer der Architekt ist und wo  sich das jeweilige Gebäude befindet. 

Fasziniert hat mich Erich Mendelsohns "Einsteinturm" in Potsdam gleich zu Beginn. Er entstand 1921, dient heute als Sonnenobservatorium und Ort für Sonderveranstaltungen im sogenannten "Wissenschaftspark Albert Einstein". Der Architekt versuchte mittels des Gebäudes, die der allgemeinen Relativitätstheorie zugrunde liegende Bewegung und Energie darzustellen. Nachdem der Turm 1921 fertiggestellt worden war, wurden drei Jahre später das Teleskop von Carl Zeiss und weitere Inneneinrichtungen installiert. 

Die im Buch vorgestellten Gebäude sind weltweit lokalisiert. Dabei befindet sich das 1918 fertiggestellte "Goetheanum"  des Anthroposophen Rudolf Steiner in Dornach in der Schweiz. Das architektonische Highlight des Baus ist die Treppenhalle im Westen. Es handelt sich dabei um einen komplexen, lichtdurchfluteten Raum mit großen von Steiner gestalteten Fenstern. Sehr beeindruckend.

Unmöglich ist es, all die Gebäude im Rahmen der Rezension benennen oder gar zu beschreiben. Begeistert bin ich von der "Casa Luis Barragán", gebaut 1948 in Mexiko Stadt durch den gleichnamigen Architekten. Im gesamten Innenraum ist Farbe von entscheidender Bedeutung. Alles ist auf Schönheit angelegt. Die Dachterrasse, die offenbar von Haus und Garten unterhalb abgeschnitten ist,  wird eins mit dem Himmel und auf diese Weise zum Ort der Kontemplation. 

Erwähnen möchte ich das 1998 entstandene "Kulturzentrum Tjiabou in Nouméa, Neukaledonien". Es wurde vom Renzo Piano Building Workshop errichtet. Piano arbeitete dabei mit einem Etnologen zusammen. Die Gebäude wirken wie Skulpturen. Man kann sich daran nicht sattsehen. 

Das Buch ist eine Fundgrube höchst interessanter Gebäude. Über diese mehr zu erfahren, ist spannend und bereitet viel Freude. Die Fotos bereichern all jene, die einen Sinn für Ästhetik haben. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: J `aime tant fort une- Das Stundenbuch des Königs Charles VIII- Ina Nettekoven- Hirmer

Die vorliegende reich bebilderte Studie, denn um eine solche handelt es sich, ist einem königlichen Buch gewidmet. Ina Nettekoven befasste sich 13 Jahre hindurch mit den Forschungen über das Stundenbuch Charles VIII. von Frankreich. 

Nettekoven berichtet zunächst über das Pariser Buchwesen um 1500, weil der vorliegende Band sich mit der Situation in Paris in der Zeit um 1500 befasst, als das dortige Buchgewerbe sich in einer Umbruchsphase befand. Fokussiert werden zwei Handschriften, von denen eine nachweisbar für den französischen König VIII. angefertigt wurde. Es handelt sich bei beiden Werken um Andachtsbücher, die allgemein in Frankreich und Flandern sehr verbreitet waren. 

Das Stundenbuch für den König wird mit dem Pariser Verleger und Buchhändler Anthoine Vérard in Verbindung gebracht. Im Vergleich zu anderen Stundenbüchern besitzt es ein herausragendes Merkmal. Dieses besteht darin, dass es fortlaufende Bildgeschichten um jede Textseite zeigt, die von Erläuterungen in französischer Sprache begleitet werden. 

Man erfährt Näheres über das wenig glückliche Leben Charles VIII, aber auch über seine Affinität zu Büchern. Dabei muss man wissen, dass er als Förderer der Künste und Literatur sehr früh schon und auch unbeirrbar seinen Weg verfolgte. Er besaß eine große Leidenschaft für schöne Bücher, deren Inhalte und deren Herstellung er hegte. 

Auch über den Verleger Anthoine Véraud wird man aufgeklärt, der seinem König das berühmte Stundenbuch schenkte. 

Ausführlich wird man über den Inhalt des Werks unterrichtet und kann sich in das Bildwerk vertiefen. Die Broschürenhistorien- das sind die fortlaufenden Bilderzählungen in den Bildrändern- werden textlich sehr gut begreifbar gemacht. Der Text der Bußpsalmen wird  übrigens beeindruckend von den Weissagungen der Sibyllen flankiert. 

Unmöglich ist es, all die Einzelheiten hier in der Rezension zu benennen, die in dieser Studie zum Stundenbuch zu Sprache kommen. Interessant ist es, soviel kann gesagt werden, die Gemeinsamkeiten der beiden eingangs erwähnten Manuskripte (Handschriften) kennenzulernen und dem wissenschaftlichen Anliegen Nettekovens  nachzuspüren.

Ein wunderbares Buch, das den Leser mit einem ganz berühmten Werk vertraut macht und uns verdeutlicht, wie viel Können und Zeitaufwand eine solche Kostbarkeit bedurfte. 

Empfehlenswert.

Helga König

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