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Rezension: „Diese vollkommenen Wunderwerke“ –Rodins Aquarelle- Insel-Bücherei Nr. 1440

Herausgeber dieses bezaubernden kleinen Bändchens, das Texte Rainer Maria Rilkes und Aquarelle des Künstlers Auguste Rodin (1840-1917) enthält, ist Rainer Stamm. Er auch hat das Nachwort verfasst und erläutert dort, dass für das Werk Rainer Maria Rilkes (1875-1926) kein anderer Künstler von ähnlicher Bedeutung war wie Auguste Rodin. Auf ihn war Rilke durch seine Ehefrau Clara Westhoff aufmerksam geworden. Er lernte Rodin schließlich in Paris kennen und arbeitete als sein Privatsekretär, beobachtete das Schaffen des Künstlers, während er selbst zum Dichter von Weltrang heranreifte. 

Weibliche Akt-Aquarelle von Rodin werden im Buch von Rilke-Texten begleitet. Hier kommentiert Rilke, dass für den Schaffenden immer noch Dantes Worte gelte, dass für ihn der Körper die Seele sei und positioniert sich bewundernd zu dem, was er sieht und zu Papier bringt. 

Der Dichter schreibt  hier u.a. an seine Frau einen Brief und denkt  über Rodins Aquarelle nach, auch über die kleinen grazilen Tänzerinnen, die man auf den Folgeseiten bewundern kann. Er  formuliert dazu "Diese Finger, gespreizt, offen, strahlig und zueinander gebogen wie in einer Jerichorose; diese Finger entzückt und glücklich oder bange ganz am Ende der lange Arm aufgezeigt: sie tanzend." Sehr poetisch geht die Bildbeschreibung dann weiter und man weiß, wenn man die Aquarelle im Anschluss sieht, dass Rilke sie seiner Clara mit einfühlsamen Worten exakt nachgezeichnet hat.  Auch sie kann sie nun sehen.

Ich kannte diese Aquarelle bislang nicht und bin von Rodins "Kambodschanischen Tänzerinnen" wirklich sehr angetan. Diese selbstbewussten Frauen wirken in ihrem selbstvergessenen Tanz sehr glücklich. 

Man liest des Weiteren Briefe, die Rilke an Rodin schrieb. Auch sie werden von schönen Aquarellen begleitet. Rilke ist voller Hochachtung Rodin gegenüber, weil dieser in das Geheimnis der Tänze Kambodschas eingedrungen ist. Für ihn gehören die im Buch zu sehenden aquarellierten Zeichnungen zu den tiefsten Offenbarungen. 

Dies ist ein sehr schönes, kleines Büchlein, das ich gerne weiterempfehle, weil hier Kunst auf höchstem Niveau beschrieben und verdeutlicht wird, dass die Dichter und Maler sich ideal ergänzen können aufgrund ihrer Feinnervigkeit. 

Sehr empfehlenswert
Helga König 
Überall im Handel erhältlich Onlinebestellung bitte hier klicken: Insel oder Amazon »Diese vollkommenen Wunderwerke«: Rodins Aquarelle (Insel-Bücherei)

Rezension: Matisse- Bonnard- Es lebe die Malerei- Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Matisse- Bonnard- Es lebe die Malerei", die vom 13.09.2017 – 14.01.2018 im Städel-Museum in Frankfurt gezeigt wird. 

Das Vorwort zum Buch hat Philipp Demandt geschrieben. Er ist der Direktor des Städel Museums.

Wie er festhält, schenkt das Museum mit der Ausstellung "Matisse Bonnard- Es lebe die Malerei" den Besuchern einen Einblick in ein faszinierendes Kapitel der französischen Moderne und eröffnet ein visuelles Wechselspiel zwischen zwei Malern, deren gegenseitiger Einfluss bei vergleichenden Betrachtungen ganz unverkennbar zum Vorschein kommt. Dabei widmet sich die Werkschau (über 100 Bilder) in thematischen Kapiteln der nicht selten verblüffend ähnlichen Umsetzung der zentralen Sujets wie etwa Interieur, Stilleben, Landschaft und Akt. Die beiden Künstler waren Freunde, die in ihrer Themenwahl  gewissermaßen einen fruchtbaren Dialog führten.

Die Essays, die dem Tafelteil vorausgehen, tragen die Titel: 

"Matisse-Bonnard. Es lebe die Malerei" – Felix Krämer 

"Die Pose finden- Die Modelle von Pierre Pierre Bonnard und Henri Matisse"- Dita Amory

"Zwischen Tradition und Erneuerung- Henri Matisse und Pierre Bonnard im Spiegel der 1940er Jahre" Daniel Zamani  

"Mit Bonnard und Matisse an der Côte d´ Azur- Das Sammlerpaar Hahnloser-Bühler und seine Künstlerfreunde"- Margrit Hahnloser- Ingold 

In die Texte sind Fotodokumente eingebunden, die dem Betrachter (m/w) einen bemerkenswerten Eindruck von beiden Künstlern verschaffen. Der Tafelteil ist in nachstehende Rubriken eingeteilt:

Interieur- Beate Söntgen 
Stillleben- Iris Hasler 
Landschaft/Natur- Daniel Zamani 
Frauenbild/Akt- Elena Schroll 
Grafik-Jenny Graser 

Den Bildern geht jeweils ein erläuternder Textbeitrag voraus, in dem die Betrachtungen der beiden Künstler beleuchtet werden, sei es beim Interieur oder in den Thematiken der anderen genannten Rubriken.  

Besonders begeistert bin ich vom grafischen Werk von Matisse. Er hatte eine Vorliebe für das serielle Arbeiten mit dem Stift oder auch der Feder. Werke wie  "Der Albtraum der weißen Elefanten" oder auch "Ikarus" wirken lange nach.

Matisse und Bonnard zogen sich oft nach Südfrankreich zurück, um ungestört arbeiten zu können, wo sie ab 1917 bzw. 1926 ihren Wohnsitz verlegten.

Auf den letzten Seiten kann sich man im Rahmen einer Chronologie einen Überblick über das Tun der beiden in den Zeitläuften erwerben. 

Empfehlenswert 

Helga König

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Matisse - Bonnard: Es lebe die Malerei!

Rezension: Colorama- Das Buch der Farben- Prestel

Dieses wunderbare Buch ist genau 133 Farbtönen gewidmet. Für jeden Farbton bietet der Prestel -Verlag zwei Seiten in dieser Publikation an. Links sieht man jeweils eine Illustration, die sich mit der fokussierten Farbe befasst. Unter jeder Illustration ist eine kleine Geschichte zu lesen, die auf die vorgestellte Farbe Bezug nimmt und rechts dann kann man die Farbe ganzseitig bewundern. 

Wussten Sie, dass es eine Farbe gibt, die "Friedenstaube" heißt? Es handelt sich um einen Weißton, der zwischen dem Weiß von "Milch"und "Albinosweiß" angesiedelt ist. Doch dem nicht genug, gibt es noch zahlreiche andere Weißtöne, die auseinanderzuhalten keineswegs einfach sind. 

"Baumwollweiß" kannte man schon vor 3000 Jahren, denn Baumwolle wurde bereits damals angebaut. Wie man liest, bilden die Sträucher nach der Blüte kleine Fruchtkapseln, die nach ungefähr acht Wochen aufplatzen, um die Samen der Pflanzen zu verteilen. Es quillt dann ein weißer Bausch aus der Kapsel. Die Fasern werden jetzt geerntet, gekämmt, gezwirnt und zu Stoff verarbeitet. Die Information, dass Baumwolle heute das meist getragene Textil der Welt ist, bleibt auch nicht unerwähnt.

Dann warten eine Vielzahl von Rosé- und Rottönen auf den Betrachter. Den Anfang nimmt ein Puderton. Auf der Illustration ist eine Frau zu sehen, die sich pudert. Man erfährt, dass im 17. und 18. Jahrhundert französische Männer aber auch Frauen sich schminkten und Blässe als sehr vornehm galt. Gepudert wurde mit "Kremser Weiß". Dieser Puder wurde aus Blei hergestellt und war überaus giftig. Nicht weniger gesundheitsfördernd allerdings ist auch "Rosa Zuckerwatte". Dass sie ein Zahnarzt erfunden haben soll, halte ich allerdings für ein böses Gerücht. 

Als schön empfinde ich "Kirschblütenrosa". Dass der japanische Kirschbaum "Sakura" mit flüchtiger Schönheit in Verbindung gebracht wird, ist bedauerlich. Es folgen eine Reihe wundervoller Farbtöne. Dazu gehören die Töne "Garnele", "Flamingo", "Sonnenaufgang", "Granatapfel" und "Kussmund". Zu dem zuletzt genannten Farbton erfährt man, dass seit Jahrtausenden bereits die Frauen damit ihre Lippen färben. Dabei verwendete man in der Antike Algen oder schwarze Johannisbeeren, später Schildläuse, Kalbsmark oder giftiges Zinnober. Heute werden Lippenstifte zumeist aus künstlichen Farbstoffen produziert, manche auch aus Haifischleberöl. 

Die Farbe "Ochsenblutrot" schaut aber dunkler aus  als "Kussmund" und erinnert an den Farbton "Rubinrot". Der Edelstein Rubin verdankt seine Farbe übrigens dem Chromoxid in seinen Kristallen. 

Es folgen irgendwann Orange- dann Beige und Brauntöne. Sehr edel ist der Farbton "Grège". Es handelt sich um die Farbe von Seide im Rohzustand. Das Material verdanken wir den Seidenraupen des Schmetterlings "Bombyx mori".

Eine Reihe schöner Gelbtöne schenkt gute Laune. Dann endlich sehe ich meine derzeitige Lieblingsfarbe Grün und hier u.a. das schöne "Zederngrün". Die Blaue Zeder, die in Nordafrika beheimatet ist, kann bis zu 900 Jahre alt werden und gilt im Libanon als heiliger Baum, der mit Frieden und Ewigkeit assoziiert wird. Schließlich ist da noch das schöne "Meergrün". Es handelt sich um einen gedämpften bläulich-grünen Ton.  Eine äußerst beruhigende und dabei erfrischende Farbe.

Es folgt eine Vielzahl von Blautönen und hier auch der Ton "Bleu Charrette". Für diesen Ton gibt es keine deutsche Entsprechung In Südfrankreich verwendete man einst Färberweid, um das blaue Pigment herzustellen. Man verwendete es zum Färben von Stoffen. Die Farbe soll angeblich insektenabweisend sein. Wie auch immer, sie sieht unglaublich schön aus. 

Schön aber auch sind die Farbtöne "Kornblumen" und "Tuareg". Das gleichnamige nomadische Berbervolk färbte Stoffe mit Blättern des Indigobaumes. Die Farbe färbte sogar ihre Haut, weshalb man sie "das blaue Volk" nannte. 

Nach den Violetttönen  darf man die an  Farben wie "Mauve", "Fuchsia" und "Magenta" erfreuen. "Magenta" ist in Mexiko sehr beliebt. Der Name aber geht auf eine Schlacht in Magenta (Italien) zurück, wo viel Blut floss. 

Der zuletzt gezeigte Farbton im Buch heißt "Mondlicht". Mit ihr schließt sich der Kreis, dem ein Farbpaletten-Überblick und das thematische Register folgen. 

Erstaunlicherweise tragen viele Farbtöne Namen von Tieren, andere von Blumen, Pflanzen und Bäumen. Farben, die nach Edelsteinen benannt sind, kennen viele. Doch solche, die den Namen von Fortbewegungsmitteln tragen vermutlich nur nur wenige. Die edelste kennen gewiss alle: "British Racing Green".

Alles in allem, ist dies ein tolles Buch, das einfach Freude schenkt. Für Menschen, die Malerei zu schätzen wissen, ist das Wissen um Farben natürlich überaus bereichernd. Vermutlich sieht man mehr, wenn man alles sprachlich zu differenzieren weiß. Wer mehr sieht, darf mehr staunen.

Sehr empfehlenswert 

Helga König 

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COLORAMA - Das Buch der Farben

Rezension: Flora- 3000 Jahre Pflanzendarstellung in der Kunst- DVA

Dieser bemerkenswerte Bildband enthält über 300 der schönsten und berühmtesten botanischen Kunstwerke aus aller Welt und der gesamten Kunstgeschichte. Der Präsentation der Werke geht das informative Vorwort voran. Verfasst wurde es von dem Botaniker und Pflanzensammler Dr. James Compton. 

Er schreibt, dass die frühesten bekannten Darstellungen von Pflanzen, die man bestimmen kann, vor etwa 5000 Jahren entstanden sind und zwar in Regionen am östlichen Mittelmeer. Anfänglich galten die Abbildungen rein ästhetischen Zwecken. In der Folge wurde immer mehr Wert auf Einzelheiten bei der Gestaltung gelegt. So konnten Pflanzenillustrationen in der Wissenschaft eine anhaltende Wertschätzung erlangen und dienen heute nach wie vor der Bestimmung und Klassifizierung von Pflanzenproben. Dabei liegt jeder Illustration die Absicht zugrunde, das Aussehen eine Pflanze zu dokumentieren. Ziel ist es, unsterblich zu machen, indem man wesentlich Merkmale wiedergibt. 

"Flora"  spiegelt eine Vielzahl künstlerischer Mittel wider und untersucht die Motivationen, die die botanische Kunst in Laufe der Geschichte beeinflusst haben. Im vorliegenden Werk wird das riesige Spektrum des botanischen Wissens nicht chronologisch und thematisch dargestellt, sondern es werden gegensätzliche oder einander ergänzende Bilder auf diese Weise gegenübergestellt, die keineswegs nur die Einzigartigkeit der individuellen Kunstwerke hervorhebt, sondern darüber hinaus auch manche Gemeinsamkeit betont. 

Man erfährt Wissenswertes über die Ursprünge der botanischen Illustration und deren Bedeutung in den Zeitläuften. Die Bilder im Buch wurden von einem internationalen Expertengremium zusammengestellt. Sie dokumentieren die unterschiedlichsten Hintergründe, weshalb Menschen Pflanzen abbilden. So geht es etwa darum, eine neu entdeckte Art festzuhalten, um sich an der Vielfalt der Formen und Farben zu erfreuen oder deren Heil- und Giftwirkung zu dokumentieren. Eine Vielzahl sehr berühmter Künstler sorgen für Aufsehen, allen voran Pierre-Joseph Redouté, über dessen Werke ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" bereits ausführlich geschrieben habe. 

Begeistert in "Flora" hat mich u.a. ein Aquarell aus dem Jahre 2013 mit dem Titel "Japanischer Pagodenbaum" von Masumi Yamanaka. Diese Künstlerin berührt und "streichelt" einen Baum zunächst und bittet ihn um Erlaubnis, ihn ablichten zu können oder Skizzen von ihm anfertigen zu können. Der Baum dankt es ihr auf seine Weise. Anschließend benötigt sie bis zu drei Monate, bevor ein Bild fertig ist. 

1818 hat Franz Bauer die Paradiesvogelblume als Aquarell zu Papier gebracht. Sie stammt übrigens aus einem kleinen Gebiet im Osten der südafrikanischen Kap-Provinz. Es ist ein sehr schönes Bild, das man gerne länger betrachtet. 

Insgesamt ist dieses Kunstbuch ein Werk, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt, speziell wenn man botanisch interessiert ist und  an der künstlerischen Umsetzung von Flora  Freude hat.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Flora: 3000 Jahre Pflanzendarstellung in der Kunst

Rezension: China und Ägypten- Wiegen der Welt - Prestel

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "China und Ägypten- Wiegen der Welt", die vom 06.07.2017 bis 03.12.2017 im Neuen Museum in Berlin gezeigt wird. Mit dieser Ausstellung auf der Museumsinsel Berlin werden erstmals zwei Hochkulturen in einem thematischen Vergleich einander gegenübergestellt. Dabei spiegelt der vorliegende Katalog das Ergebnis einer außergewöhnlichen Zusammenarbeit zwischen dem Shanghai Museum und dem Ägyptischen Museum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin wider. 

Im Neuen Museum treffen das Alte Ägypten und Alte China des Zeitraums vom 4. Jahrtausend v. Chr. bis 200 n Chr. aufeinander. Die in diesem Zusammenhang gezeigten Exponate werden innerhalb von fünf Sektionen in einen direkten Dialog zueinander gesetzt. Es handelt sich bei diesen Sektionen um: Lebenswelten, Schrift, Totenkult, Glaubenswelten sowie Herrschaft und Verwaltung.  Insgesamt 250 Exponate werden vorgestellt. Auf diese Weise werden archäologische Zeitzeugen aus China und Ägypten miteinander in Beziehung gesetzt und ermöglichen bislang unbekannte Vergleiche. 

Der Katalog entspricht in seinem Aufbau dem der Ausstellung und nimmt Bezug auch bei der Nummerierung der Objekte auf die Gegebenheiten vor Ort. Die einzelnen Exponate werden sehr gut beschrieben und so lernt man beispielsweise Weinbecher und Alltagskeramik aus China aus besagtem Zeitraum kennen oder Glockenspiele, die im Kult der Zhou eine wichtige Rolle spielten. 

Beeindruckend ist der Schulterkragen der Königin Amanishakheto. Der Kragen wurde im heutigen Sudan gefunden und gehört zu den Kronjuwelen besagter Königin. Antiker Schmuck,  so etwa eine Kette aus rhomben- und tonnenförmigen Perlen oder aus Scheibenperlen  beeindruckt gewiss nicht nur Frauen.

Spannend sind die Textinformationen zur Schrift, denn diese gehören zu den bahnbrechenden Kulturleistungen der Menschheit. Zu den frühesten Schriftkulturen der Welt zählen das Alte China, die Staatstaaten des Vorderen Orients und das Alte Ägypten. Dort entstanden Schriftsysteme völlig unabhängig voneinander. Darüber erfährt man Näheres und auch, dass sich recht früh schon eine flüssige Handschrift entwickelte. Zum Schreiben verwendete man angespitzte Binse. Schreibutensilien lernt man  in der Folge kennen und  auch eine Reihe von Schriftzeichen. 

Seite für Seite gibt es also viel zu bestaunen. Mit einem Satz: Der Katalog ist gelungen und sehr empfehlenswert. 

Helga König

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China und Ägypten: Wiegen der Welt

Rezension: Pieter Bruegel- Das Zeichnen der Welt- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Pieter Bruegel- Das Zeichnen der Welt", die vom 8. September bis zum 3. Dezember 2017 in der Albertina in Wien gezeigt wird. Herausgeberin des vorliegenden Buches ist Eva Michel. Sie hat auch den spannend zu lesenden Beitrag "Er zeichnete sehr sauber und hübsch mit der Feder- Pieter Bruegel als Zeichner" verfasst. Dem erhellenden Text vorangestellt ist das Vorwort von Klaus Albrecht Schröder. 

Wie Schröder betont, sind die Werke dieses Künstlers heute noch relevant, weil sie zum Nachdenken anregen. Das kann ich bestätigen. Der niederländische Künstler entwarf am Vorabend des niederländischen Unabhängigkeitskampfes gegen die spanische Herrschaft, in einer Epoche der politischen und sozialen Umbrüche wie auch der tiefen religiösen Spaltung eine komplexe Bilderwelt. Schröder hält fest, dass der Künstler die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse sehr kritisch reflektiert hat, Fragen nach Gut und Böse stellte, um zugleich aufzuzeigen, dass man mehr Farben als Schwarz und Weiß benötigt, um ein differenziertes Bild zu zeichnen. 

Bruegel wollte die ganze Welt auf Papier darstellen. Dabei wechseln die naturalistische Wiedergabe mit augenscheinlich Erfundenem, peniblen Vorlagezeichnungen mit freien Skizzen. 

Die Albertina präsentiert in der Ausstellung das gesamte Spektrum von Bruegels zeichnerischem und druckgraphischem Schaffen und reflektiert seine künstlerischen Ursprünge anhand der Gegenüberstellung mit hochkarätigen Werken berühmter Vorläufer wie Hieronymus Bosch und Albrecht Dürer. Wie Schröder schreibt, bekunden Bruegels Werke ein großes Interesse an der Lebensrealität seiner Zeitgenossen. Dabei zeigt er anstelle des Individuums bestimmte Typen. Sein Thema ist der stetige Konflikt zwischen Ideal und Realität. 

Mit Schriftstellern wie Rabelais, Cervantes oder Shakespeare, die zur gleichen Zeit lebten, verbinden Bruegel das Thematisieren des Derb-Volkstümlichen sowie die ungeschönte Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse. Bruegels Zeichnungen zählen weltweit zu den größten Schätzen Graphischer Sammlungen. Die Gründe hierfür werden dem Betrachter des Katalogs sehr rasch bewusst. 

Eva Michel lässt die Leser wissen, dass Pieter Bruegels zeichnerisches Werk sich auf die Jahre 1552-1569 erstreckt und es dabei ebenso überschaubar ist wie sein malerisches Werk von etwas mehr als 40 Gemälden. 60 Handzeichnungen gelten als eigene Arbeiten. Im Unterschied zu Bruegels Gemälden mussten seine Zeichnungen und Druckgraphiken nahezu ohne Farbe auskommen und beschränkten sich nur auf kleine Formate. 

Laura Ritter schreibt in ihrem Beitrag über Formen, Funktionen und Wege künstlerischer Aneignung im graphischen Werk Pieter Bruegels und Daniela Hammer- Tugendhat  über innovative künstlerische Verfahren als Mittel der Zeitkritik. 

Im Katalogteil dann wird man zunächst mit Zeichnungen von Dürer, Lucas van Leyden, Cornelis Massys, Sebald Beham und anderen mehr konfrontiert und kann sich dann mit Werken Pieter Bruegels befassen, um sich schließlich mit Tugenddarstellungen Bruegels und anderer Künstler auseinanderzusetzen. Auch die Todsünden werden visualisiert und mit ihnen der Hochmut, der Neid als auch die Habgier. Diese Darstellungen sind überaus facettenreich und subtil beobachtet.

Albrecht Dürers "Die Melancholie" blickt nach wie vor bekümmert, denn sie weiß, der Mensch schafft es offenbar nicht, die Todsünden abzulegen und sich neu und zwar über Tugenden zu definieren.  

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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Pieter Bruegel: Das Zeichnen der Welt

Rezension: Afghanistan –Steve Mc Curry- Taschen

Die Bilder für diesen grandiosen Fotoband mit dem Titel "Afghanistan" hat Steve McCurry realisiert. Er gilt als der bildmächtigste Vertreter zeitgenössischer Fotografie.

William Dalrymple war für das Nachwort zuständig. Zu lesen ist es in englischer, deutscher und französischer Sprache.

Hier erfährt man allgemein Wissenswertes zu Afghanistan, wo sich seit alters her alles gegen eine Staatenbildung verschworen hat. Genannt werden als Gründe: die Geographie, die Topographie und die gebirgige Landschaft des Hindukusch. Hinzu kommen die verschiedenen Stämme und die ethnischen und sprachlichen Gräben. Sie spalten die afghanische Gesellschaft. Blutrache unter den Clans und Stämmen scheint an der Tagesordnung zu sein. Das Ergebnis ist, die Fotos zeigen es, niederschmetternd.

Aufgrund der Kälte im Winter erscheinen die Gesichter der Afghanen ausdruckslos. Aufgeschreckt liest man, dass 80% der Bewohner des Landes Analphabeten sind. Das macht die Menschen dort allerdings nicht weniger selbstbewusst, wie die Bilder offenbaren.

Man erfährt im Nachwort u.a. Wissenswertes über die Mentalität der Menschen in diesem uns fremd erscheinenden Land, die ihre Freiheit lieben und zuverlässig zu ihren Freunden, dabei zudem sehr gastfreundlich sein sollen.

Steve Mc Curry reist seit über dreißig Jahren durch Afghanistan und scheute nie vor dem Grauen und der Tragödie der modernen Kriege in der Region zurück. Seine Bilder sind deshalb teilweise schonungslos und schockierend, gleichwohl bezeugen sie seine Liebe zu diesem rauen Land.

Der Fotoband übermittelt nicht zuletzt ein grandioses Panorama des Landes, zeigt bewaffnete Männer, karge Landschaften, liebenswerte Menschen, die mit Wenigem auskommen, befremdlich erscheinende Gebäude und restlos zerstörte Orte, in denen Menschen unter schwierigsten Verhältnissen leben müssen, zeigt weiter Soldaten im Einsatz, schon kleine Kinder mit Waffen, Brutalität und Angst inmitten verwüsteter Orte, Kriegsinvaliden, unglaublich zerstörte Städte, Feuer und Schutt, Blut, doch irgendwann auch lesende Knaben und ein Mädchen, das ein Buch schützend im Arm hält, selten ein Lachen, oft Einäugige, und plötzlich auf einer Doppelseite einen märchenhaften Palast mit unzähligen Friedenstauben davor. Ein Hoffnungsschimmer.

Frauen, die eine Burka tragen, gehören zum Straßenbild und auch Mädchen, die geschickt Bälle jonglieren, nicht zuletzt, weil sie ihr Gesicht noch öffentlich zeigen und ihre Augen noch der raschen Bewegung der Bälle folgen dürfen.

Steve McCurry hat u.a. eine Frau mit einer gelben Burka aufgenommen. Das Gewand ist sehr kostbar - aufwendige Stickereien und komplizierte Falten, die den Umhang fächerartig gestalten - machen neugierig. Wenn man nicht wüsste, dass Frauen in Afghanistan gezwungen werden, eine solches Kleidungsstück zu tragen, könnte man  die Burka als ästhetisch schön bezeichnen. So allerdings spürt man bloße Verärgerung. Einen solchen Spagat will man nicht machen. Es wäre Verrat.

Männer und Frauen leben in diesem Land, die Bilder verdeutlichen es, in unterschiedlichen Gesellschaften. Für Menschen, die eine virile Zeit heraufbeschwören wollen, ist dieses Buch vielleicht eine letzte Mahnung. Tod und Verwüstung, Unterdrückung von Frauen und Kinder, die das Lachen verlernt haben, sind das Ergebnis, wenn man Männer archaisch viril ihre Machtbestrebungen ausleben lässt. Das ist die Botschaft dieses Buches.

Ein beeindruckendes Buch mit grandiosen Aufnahmen. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

Das Buch ist überall im Handel erhältlich
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Rezension: Helmut Newton-Taschen

Dieser Prachtband mit Werken des legendären Fotografen Helmut Newton (1920-2004) ist eine neue Ausgabe des berühmten Fotobuchs "SUMO", das ein Jahrzehnt nach seiner Erstveröffentlichung, von June Newton überarbeitet in einem Format herausgegeben wurde, das es nicht zuletzt auch preislich ermöglicht hat, es einem breiteren Publikum zu offerieren. 

"SUMO" gilt mit seinen 34,5 Kilogramm als das größte, gewichtigste und teuerste Buch des 20. Jahrhunderts und erschien in einer limitierten Auflage von 10 000 signierten und nummerierten Exemplaren. Diese waren bald nach der Veröffentlichung ausverkauft und vervielfachten sich im Wert. Das SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 im Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten wurde bei einer Auktion in Berlin für damals 620 000 DM versteigert. 

Das hier vorliegende Werk ist in einer gut verschließbaren Box enthalten und zwar gemeinsam mit einem Heft, dass das Vorwort der SUMO-Originalausgabe von Helmut Newton aus dem Jahre 1999 enthält, abgedruckt in englischer, deutscher und französischer Sprache und zudem Nachbetrachtungen von June Newton (zehn Jahre danach) wie auch eine Nachbetrachtung von Philippe Garner, ebenfalls dreisprachig abgedruckt. 

Zudem wird in der Box ein eigens für das Buch entworfener Display-Buchständer mitgeliefert. 

Mit großem Vergnügen bin ich in die Bilderwelt Newtons erneut eingetaucht, die ich im Jahre 2000 erstmals bei einem Bekannten in der SUMO-Originalausgabe bewunderte und bin nun wirklich sehr angetan, von der neuen handlicheren Ausgabe. 

Werke von Newton aus unterschiedlichen Jahrzehnten warten auf den Betrachter. Wie Newton in seinem Vorwort schreibt, hatte er schon früh begriffen, dass er im Studio nicht zu seiner besten Form fand, dass seine Fantasie die Realität draußen unter freiem Himmel benötigte. Schon früh war ihm bewusst, dass seine Models einen bestimmten Frauentyp verkörperten. Sein Anliegen war es, verrückte und sexuell aufgeladene Modefotografien zu realisieren. Dabei beschränkte er sich auf zwei Kameras, jede mit drei Objektiven, einen Blitz, den man auf die Kamera stecken konnte und einen Assistenten. 

Seine ersten Aktaufnahmen machte er nicht vor 1980. Modefotos in Schwarz-Weiß oder Farbe aus den 1960er Jahren lassen bereits erkennen, dass er eine  sehr individuelle Sicht auf seine Modelle hatte. Hocherotisch erweist sich jedes Foto als eine Männerfantasie, wie ich amüsiert aber nicht pikiert feststelle. 

Die Kleidung berühmter Modemacher wird zur interessanten Verpackung von Frauen mit ganz großer Ausstrahlung, die wenig selbstbewusste Männer bestimmt äußerst verunsichern. Tollen Fotos aus den 1970er Jahren, die u.a.  Modeaufnahmen für Yves Saint Laurent zeigen und hier bereits mit der Erotik lesbischer Frauen kokettieren, folgen dann erste Aktbilder von Frauen mit noch unrasierten Schamhaaren, die darin erinnern wie sehr sich das Körpergefühl in den letzten Jahrzehnten geändert hat.

Ein schönes Foto von Andy Warhol aus dem Jahre 1974 beeindruckt ebenso wie die folgenden Aktfotos. Irgendwann dann darf man eine sehr interessante Aufnahme von Catherine Deneuve bewundern. Sie war eine besondere Schönheit, ohne Frage. Newton lässt die Betrachter nicht im Ungewissen.

Karl Lagerfeld ist mehrfach zu sehen und man kann Newtons Sichtweise auf Schauspielerinnen wie Romy Schneider, Elisabeth Taylor oder Charlotte Rampling nachvollziehen. Ihm ging es  dabei eindeutig stets um Authentizität.

Dann gibt es da auch noch das Foto von Helmut Berger. Es stammt aus dem Jahre 1984 und wurde in Beverly Hills aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine Aktaufnahme vor einem offenen Kamin. Helmut Berger blickt lässig, dabei aber nicht eitel in den Spiegel. Sein Körper, formvollendet, zeigt ihn als den schönsten Mann des vergangenen Jahrhunderts. 

Eine wunderschöne Porträtaufnahme von Marianne Faithfull aus dem Jahre 1999 lässt erkennen, dass Newton in die Seele seiner Modelle blicken konnte. Seine Aktaufnahmen- es sind sehr, sehr viele- zeigen, dass Helmut Newton ein Faible für Frauen hatte, die nicht androgyn, aber gewiss ein wenig dominant waren. 

Ein Foto von Claudia Schiffer mit Zöpfen im Dirndl ist gleich neben einer Aufnahme von Leni Riefenstahl positioniert. Ich erlaube mir beim Anblick der Doppelseite nichts zu denken und bewundere dann weiter die vielen Aktbilder, die nicht nur Ausdruck des Zeitgeistes sind, sondern auch etwas über die Vorlieben von Helmut Newton aussagen. 

Künstlerisch wertvoll ist jedes Bild. Keines der Werke wirkt bildbearbeitet, sondern stattdessen wahnsinnig authentisch. Fantastisch, nach langer Zeit endlich mal wieder attraktive Aktmodelle zu sehen, die nicht schönheitsoperiert sind!

Alle Fotos beinhalten ein Geheimnis, das es zu entschlüsseln gilt. Eine interessante Aufgabe.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

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Rezension: Kandinsky- Prestel

Die Herausgeber dieses vortrefflichen Kunstbandes sind Helmut Friedel und Annegret Hoberg. Neben einer Vielzahl von Werken Wassily Kandinskys erwarten den Leser zunächst eine sehr gut geschriebene Einleitung, insgesamt 7 Essays unterschiedlicher Autoren, die das Werk des Künstlers erhellen, dessen Lebensstationen, das Verzeichnis der abgebildeten Werke, sowie eine ausgewählte Bibliografie und das Register. 

Im Rahmen der "Lebensstationen" werden zahlreiche Fotos aus seinem Leben gezeigt. 

Wassily Kandinsky wurde 1866 in Moskau in eine begüterte Familie hineingeboren. Sein Vater führte ein Teehandelsgeschäft. Seine Mutter stammte aus dem gehobenen Moskauer Bürgertum und seine Großmutter war Baltin. Kandinsky besuchte das humanistische Gymnasium in Odessa und studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften, Nationalökonomie und Statistik  in Moskau und schloss 1893 sein Studium ab, um drei Jahre später in München Malerei zu studieren. Jetzt lebte er mit seiner Frau Anja im Künstlerviertel Schwabing. Zwei Jahre später nahm er erstmals an einer Ausstellung teil und wurde im Jahre 1900 in die Malklasse von Franz v. Stuck aufgenommen. Ein Jahr danach gründete er mit anderen Malern aus der Schwabinger Kunstszene die Ausstellungsvereinigung Phalanx und schon bald berichtete die renommierte Petersburger Zeitschrift über den Künstler. 

1903 dann besuchte Kandinsky die Frühjahrsausstellung der Wiener Secession und unternahm in den Folgejahren viele Reisen mit der Künstlerin Gabrielle Münter durch ganz Europa. Sie gründeten gemeinsam die Neue Künstlervereinigung München, malten und lebten immer wieder in Murnau, wo sie ein Haus kauften. Hier entwickelte er eine neue Malweise. Seine Landschaftsbilder aus jener Zeit werden fauvistisch genannt. Jetzt wurde sein Bildaufbau komplizierter. Die Leuchtkraft der Farben übertönte die Konstruktion der Gegenstände. 

Bereits in seinem Kunststudium hatte Kandinsky den engen Zusammenhang zwischen Musik und Farbe erkannt. Doch es soll an dieser Stelle nicht die gesamte Biografie wiedergegeben werden. Soviel nur: Es ist empfehlenswert die "Lebensspuren" (S. 263- 299) zuerst zu lesen, bevor man sich in die Bilderwelt vertieft. 

Spannend, seinen Weg zur Abstraktion mit zu verfolgen, und seinen Einfluss auf die Entwicklung der Malerei im 20. Jahrhundert kennen zu lernen. Besonders interessant finde ich allerdings seine Beziehung zur zeitgenössischen Musik. Darüber schreibt Annegret Horberg in ihrem Essay "Ich sah alle meine Farben im Geiste". 

Hier liest man dann, dass es Kandinsky bei der Entdeckung der neuartigen Musik von Arnold Schönberg um die Entwicklung von Gesetzmäßigkeiten ging, die sich auf den Bau autonomer Bildgesetze übertragen ließen, um eine mehr oder weniger verbindliche Elementarlehre für die Malerei der Zukunft, die sich von jeder Abbildlichkeit freimache. Kandinsky ging es nicht darum, Musik zu malen oder in Farben auszudrücken, sondern, das sei abermals betont, darum zu zeigen, dass jede Kunst seine Gesetzmäßigkeit habe und dass das strukturelle Prinzip der Musik ein Vorbild der abstrakten Komposition einer Malerei der Zukunft aus selbstständigen Farben und Linien sei. 

Eine sehr schöne, reich bebilderte Monografie, die über alle Schaffensperioden Wassily Kandinskys aufklärt.

Sehr empfehlenswert

 Helga König

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Rezension: CUBA- Elliott Erwitt- teNeues

In diesem grandiosen Bildband, werden Schwarz-Weiß-Aufnahmen gezeigt, die der renommierte Fotograf Elliott Erwitt realisiert hat. Der Fotokünstler wurde am 26.7.1928 in Paris geboren und verbrachte seine Kindheit in Mailand. 1938 ging er mit seiner Familie nach Paris zurück und emigrierte ein Jahr später nach New York.

Bereits als Teenager erwachte sein Interesse für Fotografie. Damals lebte er in Hollywood. 10 Jahre später dann wohnte er erneut in New York und reiste von dort aus nach Frankreich und Italien. Seit 1953 arbeitet er bei Magnum Photos und ist seitdem angesehenes Mitglied der Agentur, in der er mehrmals als ihr Präsident fungierte. Neben seiner Arbeit als Fotograf hat Erwitt auch Filme gedreht und mehrere Bücher veröffentlicht.

Seinen Lebensmittelpunkt hat der Fotograf in New York, allerdings ist er nahezu ununterbrochen auf Reisen. So verbrachte er 1964 eine Woche auf Kuba. Dort war er Gast von Fidel Castro. Im Auftrag von "Newsweek" lichtete er ihn und Che Guevara ab.  So erlebt man eingangs  dann auch den noch jungen Fidel Castro und gewinnt den Eindruck, dass das kubanische Volk ihn tatsächlich geliebt haben musste, wie deren Blicke bekunden. Der Pop-Star von beiden war eindeutig jedoch Che Guevara, ein Mann mit außerordentlichem Charisma.

Man sieht  junge Kubaner aus jener Zeit, die voller Hoffnung sind und anschließend 2015-2016 häufig gealterte Menschen, die zumeist desillusioniert erscheinen und gewinnt den Eindruck, dass es die Leute von damals waren.

Die Tänzer und Fussballspieler, die gezeigt werden, wirken gut gelaunt, aber dennoch irgendwie fahl. Künstler und Kunsthandwerker sind in ihr kreatives Schaffen versunken und scheinen die Morbidität um sie herum, auf diese Weise vergessen zu haben.

Selbst das Strandleben wirkt nicht wirklich heiter und die Häuser sind in einem abgründig desolaten Zustand. 

Die Zeit hat zynisch ihr Werk vollbracht und sich gegen die Revolution entschieden. Kuba schreit nach Farbe, Sanierung und nach Veränderung. Das ist für mich die Botschaft dieses beeindruckenden Buches, das ein Protokoll eines offenbar gescheiterten Versuchs ist.

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

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