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Rezension: Helmut Newton-Taschen

Dieser Prachtband mit Werken des legendären Fotografen Helmut Newton (1920-2004) ist eine neue Ausgabe des berühmten Fotobuchs "SUMO", das ein Jahrzehnt nach seiner Erstveröffentlichung, von June Newton überarbeitet in einem Format herausgegeben wurde, das es nicht zuletzt auch preislich ermöglicht hat, es einem breiteren Publikum zu offerieren. 

"SUMO" gilt mit seinen 34,5 Kilogramm als das größte, gewichtigste und teuerste Buch des 20. Jahrhunderts und erschien in einer limitierten Auflage von 10 000 signierten und nummerierten Exemplaren. Diese waren bald nach der Veröffentlichung ausverkauft und vervielfachten sich im Wert. Das SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 im Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten wurde bei einer Auktion in Berlin für damals 620 000 DM versteigert. 

Das hier vorliegende Werk ist in einer gut verschließbaren Box enthalten und zwar gemeinsam mit einem Heft, dass das Vorwort der SUMO-Originalausgabe von Helmut Newton aus dem Jahre 1999 enthält, abgedruckt in englischer, deutscher und französischer Sprache und zudem Nachbetrachtungen von June Newton (zehn Jahre danach) wie auch eine Nachbetrachtung von Philippe Garner, ebenfalls dreisprachig abgedruckt. 

Zudem wird in der Box ein eigens für das Buch entworfener Display-Buchständer mitgeliefert. 

Mit großem Vergnügen bin ich in die Bilderwelt Newtons erneut eingetaucht, die ich im Jahre 2000 erstmals bei einem Bekannten in der SUMO-Originalausgabe bewunderte und bin nun wirklich sehr angetan, von der neuen handlicheren Ausgabe. 

Werke von Newton aus unterschiedlichen Jahrzehnten warten auf den Betrachter. Wie Newton in seinem Vorwort schreibt, hatte er schon früh begriffen, dass er im Studio nicht zu seiner besten Form fand, dass seine Fantasie die Realität draußen unter freiem Himmel benötigte. Schon früh war ihm bewusst, dass seine Models einen bestimmten Frauentyp verkörperten. Sein Anliegen war es, verrückte und sexuell aufgeladene Modefotografien zu realisieren. Dabei beschränkte er sich auf zwei Kameras, jede mit drei Objektiven, einen Blitz, den man auf die Kamera stecken konnte und einen Assistenten. 

Seine ersten Aktaufnahmen machte er nicht vor 1980. Modefotos in Schwarz-Weiß oder Farbe aus den 1960er Jahren lassen bereits erkennen, dass er eine  sehr individuelle Sicht auf seine Modelle hatte. Hocherotisch erweist sich jedes Foto als eine Männerfantasie, wie ich amüsiert aber nicht pikiert feststelle. 

Die Kleidung berühmter Modemacher wird zur interessanten Verpackung von Frauen mit ganz großer Ausstrahlung, die wenig selbstbewusste Männer bestimmt äußerst verunsichern. Tollen Fotos aus den 1970er Jahren, die u.a.  Modeaufnahmen für Yves Saint Laurent zeigen und hier bereits mit der Erotik lesbischer Frauen kokettieren, folgen dann erste Aktbilder von Frauen mit noch unrasierten Schamhaaren, die darin erinnern wie sehr sich das Körpergefühl in den letzten Jahrzehnten geändert hat.

Ein schönes Foto von Andy Warhol aus dem Jahre 1974 beeindruckt ebenso wie die folgenden Aktfotos. Irgendwann dann darf man eine sehr interessante Aufnahme von Catherine Deneuve bewundern. Sie war eine besondere Schönheit, ohne Frage. Newton lässt die Betrachter nicht im Ungewissen.

Karl Lagerfeld ist mehrfach zu sehen und man kann Newtons Sichtweise auf Schauspielerinnen wie Romy Schneider, Elisabeth Taylor oder Charlotte Rampling nachvollziehen. Ihm ging es  dabei eindeutig stets um Authentizität.

Dann gibt es da auch noch das Foto von Helmut Berger. Es stammt aus dem Jahre 1984 und wurde in Beverly Hills aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine Aktaufnahme vor einem offenen Kamin. Helmut Berger blickt lässig, dabei aber nicht eitel in den Spiegel. Sein Körper, formvollendet, zeigt ihn als den schönsten Mann des vergangenen Jahrhunderts. 

Eine wunderschöne Porträtaufnahme von Marianne Faithfull aus dem Jahre 1999 lässt erkennen, dass Newton in die Seele seiner Modelle blicken konnte. Seine Aktaufnahmen- es sind sehr, sehr viele- zeigen, dass Helmut Newton ein Faible für Frauen hatte, die nicht androgyn, aber gewiss ein wenig dominant waren. 

Ein Foto von Claudia Schiffer mit Zöpfen im Dirndl ist gleich neben einer Aufnahme von Leni Riefenstahl positioniert. Ich erlaube mir beim Anblick der Doppelseite nichts zu denken und bewundere dann weiter die vielen Aktbilder, die nicht nur Ausdruck des Zeitgeistes sind, sondern auch etwas über die Vorlieben von Helmut Newton aussagen. 

Künstlerisch wertvoll ist jedes Bild. Keines der Werke wirkt bildbearbeitet, sondern stattdessen wahnsinnig authentisch. Fantastisch, nach langer Zeit endlich mal wieder attraktive Aktmodelle zu sehen, die nicht schönheitsoperiert sind!

Alle Fotos beinhalten ein Geheimnis, das es zu entschlüsseln gilt. Eine interessante Aufgabe.

Sehr empfehlenswert.

Helga König

Überall im Handel erhältlich

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