Michiel van Groesen, der Herausgeber dieses Prachtbandes nennt die De Brys America-Serie- Ein Meisterwerk der Reiseliteratur. Diese Sammlung besteht aus 25 Bänden im Folioformat und wurde zwischen 1590 und 1634 von Theodor de Bry und seinen beiden Söhnen auf den Weg gebracht.
Die Kombination von Reiseberichten und hochwertigen Kupferstichen machten die Serienedition schon rasch zum geschätzten Sammlerobjekt. Vollständige De-Bry-Sammlungen sind mittlerweile fast ausschließlich in wissenschaftlichen Buchhandlungen zu finden. Bei Versteigerungen erzielt ein gut erhaltener Satz der America-Serie einen Preis von bis zu 500.000 US-Dollar.
Die vorliegende TASCHEN-Edition der De Bry-Reiseberichtsammlung umfasst die ersten neun Bände der America-Serie. Diese gelten als die besten der Serien und sind als Einheit zu begreifen und auch zu lesen. Sämtliche Aspekte der Sammlung sind in der harmonische Abfolge der ersten neun Bände ersichtlich.
Des Weiteren wird der Hintergrund der Familie de Bry, die einzelnen Entstehungsabschnitte der Buchserie, die von den Brys allmählich entwickelte verlegerische Strategie und der Mitarbeiterstab fokussiert, ohne den eine solche Buchserie nicht hätte produziert werden können. Daran schließen sich die Betrachtungen der Textinhalte an, auch die Veränderungen, die an einige Illustrationen vorgenommen wurden- und die Arbeitsschritte wie das Binden und Kolorieren, die erforderlich waren, um die Texte und Bilder in ansprechende Bücher zu verwandeln.
Bei allem geht jedem der neun Bände eine kurze Zusammenfassung voraus. Diese gibt Aufschluss über die jeweiligen im Band enthaltenen Reiseberichte.
Die einzelnen Bilder und Texte zu studieren, ist spannend und macht viel Freude. So erfährt man beispielsweise mehr von der Ankunft der Engländer in Virginia, liest über die Menschen dort, so etwa wie Frauen damals ihre Kinder trugen, wie sie gekleidet waren, was sie speisten, wie sie ihre Boote bauten und fischten und viele Gepflogenheiten mehr.
Im Band II dann kann man Bilder bestaunen, die Florida zeigen. Man liest wie die Eingeborenen wenig wertschätzend mit Hermaphroditen umgingen, wie Kranke behandelt wurden, wie man Vorräte einbrachte, auf die Jagd ging und sogar Alligatoren tötete und anders mehr.
Im Band III geht es dann um Brasilien. Auch hier wieder kann man sich in beeindruckende Bilderwelten vertiefen, erlebt wie Wilde miteinander kämpfen und es wird in mehreren Texten erläutert und auf Bildern gezeigt, wie die Eingeborenen in Brasilien im Rahmen von Zeremonien ihre Feinde verspeisten.
Band IV befasst sich mit der Karibik und Zentralamerika. Kolumbus ist hier ein Thema, auch die Entdeckung der Magellanstraße. Dann liest man plötzlich als Kommentierung eines gezeigten Kupferstiches Folgendes: "Von der Tyrannei, der Grausamkeit und der Gier der Spanier beleidigt, fingen die Indianer so viele, als sie ihrer habhaft werden konnten. Namentlich Offiziere, banden ihnen Hände und Füße, legten sie auf den Boden und gossen ihnen flüssiges Gold in den Mund, um ihre Gier endlich zu stillen. Dabei riefen sie aus: " Iss Gold, iss Gold, du Christ!" Zur Folter schnitten sie den Spaniern hier einen Arm, dort eine Schulter und dem nächsten ein Bein ab, legten sie auf Kohle, brieten sie und aßen sie auf. (Tafel 12, 219) Wer sich mit der Gier der Konquistadoren näher befasst hat, kann die Indianer durchaus verstehen, wenn auch aus heutiger Sicht das beschriebene Verhalten nicht zu billigen ist.
Im Band V wird Mittelamerika thematisiert. Man erlebt hier neben kriegerischen Bildern auch friedliche, etwa wie die Indianer Handel treiben und verhandeln und im Band VI dann geht es um Peru. Auch hier erwarten den Leser wieder beeindruckende Bilder. Der Eroberer Pizarro kommt hier zu Sprache und man erlebt, wie die reichste Stadt in Peru- Cusco- von den Spaniern besetzt wird.
Man liest wie die Spanier die Indianer misshandeln, die unter der Last der Arbeit zusammenbrechen und erfährt so vieles andere mehr, um im Kapitel VII sich dann ganz knapp über Rio de la Plata zu informieren und in Kapitel VIII über die Karibik. Auch Francis Drake kommt zur Sprache, der die Stadt Cartagena einnimmt und Walter Raleigh, der Freundschaft mit dem König von Arromaia schloss. Im Band IX liest man etwas über Mexiko und Magellanstraße und hier beispielsweise von den Menschenopfern der Mexikaner.
Gier, Grausamkeit und Verdrängung ist ein Teil der Menschheitsgeschichte. Der Inhalt des Buches ist ein gutes Beispiel hierfür. Ob sich der Mensch jemals ändern wird? Vielleicht nach unzähligen Inkarnationen, ansonsten wohl eher nicht.
Ein tolles Werk, das ich gerne weiterempfehle.
Helga König
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Theodor de Bry. America
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