Wenn ich zu einem Thema hundert Bilder mache, von denen das mit der größten Wahrheit unscharf ist, biete ich eben das
Unscharfe an." (Sybille Bergemann, S.39)
Boris Friedewald stellt in diesem fantastischen Bildband 55 namhafte Fotografinnen aus zwei Jahrhunderten vor. In seinem Vorwort schreibt der Autor in knappen Worten, worum es den einzelnen Fotografinnen geht und welche Sichtweise die Künstlerinnen im Hinblick auf das Fotografieren selbst umtreibt bzw. umgetrieben hat. Erzählen will das Buch von Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Frauen, die fotografiert haben oder fotografieren. Dabei erfährt man viel über die Lebenswege, die Blicke und die Bilder. Bei diesen Frauen handelt es sich um wahre Meisterinnen des Lichts.
Die 55 Namen hier jetzt im Vorfeld aufzulisten kann nicht Aufgabe eines Rezensenten sein und die jeweils eine Seite umfassenden Textporträts auf wenige Sätze zusammen zu kürzen ebenfalls nicht. Nicht alle Fotografinnen sind mir bekannt, doch Eve Arnold ist es beispielsweise. Diesbezüglich habe ich vor einiger Zeit ein Buch rezensiert und bin erstaunt wie exzellent das Porträt dieser Künstlerin gelungen ist, die im Alter von 99 Jahren 2012 verstarb und 750 000 Bilder hinterließ.
Von allen Künstlerinnen, die in diesem Buch vorgestellt werden, lernt man Fotos kennen. Diese werden jeweils kurz aber sehr gut erläutert. Zudem wartet die Autorin mit Sentenzen der Fotografinnen auf, die einen direkten Einblick in das Denken einzelner Damen, was ihr Metier anbelangt, möglich macht.
Höchst unterschiedliche Fotos warten auf den aufmerksamen Betrachter. Mein Blick verweilte beim ersten Bestaunen der Fotos zunächst bei jenen der Fotografin Julia Margaret Cameron, die u.a. die Geistesgrößen ihrer Zeit porträtierte. Drei Porträts von ihr werden vorgestellt, so auch von dem Astronomen John Herschel, den sie fast dramatisch in Szene setzte. Sehr beeindruckend.
Faszinierend auch die Bilder Trude Fleischmanns, die u.a. Albert Einstein und Oskar Kokoschka portätierte. Gezeigt werden aber im Buch andere Aufnahmen, nicht zuletzt ein Foto von einem befreundeten Paar aus Wien, umgeben von "einer Aura tiefer Innerlichkeit und Melancholie". Auch die Bilder von Herlinde Koelbel faszinieren. Der ein oder andere wird ihr Langzeitprojekt "Spuren der Macht kennen",
Dann gibt es da noch die in Teheran geborene Shirana Shahbazi. Ihre Arbeiten sind von ganz hohem künstlerischem Niveau. Beeindruckt hat mich eine Meditation über Licht und Dunkelheit, Schein und Sein, die an ein Stillleben und Memento- mori –Ästhetik anknüpft.
Ein Buch voller faszinierender Bilder, bestens beschrieben, daneben sehr gute Präsentationen der Künstlerinnen warten auf den Leser, dem ich ein Zitat der Fotografin Jessica Backhaus mit auf den Weg geben möchte: "Unsere Erfahrungen, unsere Erziehung und die Menschen in unserem Leben sind die Essenz dessen, was wir werden. Wir entwickeln und verändern uns, wir entfalten uns und hören hoffentlich nie auf, auf jede nur denkbare Weise zu leben und uns weiterzuentwickeln." (S.27).
Sehr empfehlenswert.
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