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Rezension: Die Poesie der venezianischen Malerei- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, die vom 24. Februar 2017 bis zum 21. Mai 2017 in der Hamburger Kunsthalle gezeigt wird. Neben dem Katalogteil enthält das Buch eine große Anzahl von Essays unterschiedlicher Autoren, die diese Ausstellung erhellen. 

Poesie, Sinnlichkeit, Farbe, Licht und Innovation charakterisierten die Blütezeit der venezianischen Malerei zwischen 1510 und 1560. Damals zählte neben Tizian dessen Schüler und Rivale Paris Bordone (1500-  1576) zu den führenden Künstlern Venedigs. 

Das vorliegende Buch würdigt speziell Bordones facettenreiches Schaffen im Kontext bedeutender Künstler wie etwa Palma il Veccio, Lorenzo Lotto und Tizian. 

Sandra Pisot beschreibt zunächst in ihrem Essay die Beziehung von Bordone und Tizian, die sich durch Rivalität und Inspiration auszeichnete. Man erhält Einblicke in Tizians Werkstatt. Dort begann Bordone 1514 seine Fertigkeiten in der Malerei zu perfektionieren. Schon nach kurzer Zeit verließ er die Werkstatt im Streit, allerdings blieb das ambivalente Verhältnis der beiden Künstler bestehen. So liest man auch vom Wettstreit um Arbeitgeber und anderem mehr. 

Zur Sprache gebracht werden auch mythologische und allegorische Szenen Bordones im Kontext seiner Zeitgenossen und die idealisierte Weiblichkeit in idealisierter Natur. Bordone legte sein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Lichtsituation. Die Herausforderung bestand darin, den Akt vom Hintergrund optisch abzugrenzen. Licht und Farbe sind keine einzelnen, technischen Entitäten, sondern sie verschmelzen in der idealisierten Darstellung von Frauenakt und Natur zu einem harmonischen Gesamteindruck. 

Über die gemalten Frauen liest man Wissenswertes, auch im Hinblick auf Wahrheit und Erotik. Das Motiv des Spiegelns ist ein Thema. Der Spiegel erscheint als Bild im Bild und macht das Sehen auf diese Weise bewusst. Auch noch wichtig zu wissen: Das intensive Leuchten der Augen der jungen Frauen in Bordones Malerei,    neben dem inszenierten Betrachten machen deutlich, dass es sich über die weibliche Schönheit hinaus um ein Bild des Sehens von Malerei handelt. Für Bordone entsprach die Sinnlichkeit der jungen Frauen dem Genuss der Malerei. 

Über das Männerporträt zwischen Macht und Eros bleibt man auch nicht unaufgeklärt und kann sich zudem über die Wechselwirkung von süddeutscher und venezianischer Kunst kundig machen. Über die Holzschnitte in der Zeit Tizians  erfährt man  ebenfalls Näheres, um sich dann in den wunderbaren Katalog vertiefen zu können, der dem Leser die  derzeit in Hamburg ausgestellte Bilderwelt Paris Bordones näher bringt. 

Die Werke werden sehr gut erläutert. Man erhält zudem jeweils Eckdaten zu den Bildern. So lernt man u.a. liegende Akte von Bordone kennen, eine Vielzahl von Bildnissen schöner Frauen, unter ihnen die schöne Flora, ein Werk, das man im Louvre im Original besichtigen kann. 

Sehr beeindruckend sind die Bilder, die dem Kapitel "Die Wahrnehmung des Inneren" zugeordnet sind. Es handelt sich um Männerpoträts, die Einblicke in ihren Gemütszustand geben.

Kunsttechnologische und restautorische Einblicke in die Hamburger Werke Bordones finden sich zu Ende des Buches. Dort auch ist eine Zeittafel mit biografischen Daten des Künstlers und die umfangreiche Bibliografie eingebunden.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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