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Rezension: Ich schenk dir die Farben des Windes: Kunst, Gedichte und Geschichten für Kinder und Erwachsene (Gebundene Ausgabe)

"Wenn du mir deine/Zeit enträtselst/ Ich will dafür dir/die Farben/ des Windes geben,/ der unsere Körper vertauscht im Vorübergehen." (Rolf Dieter Brinkmann).

Dieses schöne Buch von Christine Knödler aus dem Prestel-Verlag enthält Kunst, Gedichte und Geschichten für Kinder und Erwachsene.

Ich schätze den Mix aus poetischen und anderen Texten sowie ausgewählten Kunstwerken, mit denen sich junge und ältere Menschen vertraut machen sollten, weil die Beschäftigung mit Farbe, Form und Poesie in uns viel Positives freisetzt und unser Herz öffnet.

Jeder Mensch kann nur dann glücklich werden, wenn er sich diesen Dingen nicht verschließt, erst dann beginnt er zu leuchten und zu strahlen, erst dann spiegelt er Schönheit, reflektiert Poesie.

Sehr viele Werke namhafter Maler sowie Texte und Gedichte, die den alltäglichen Lärm durch feinsinnige Stille ersetzen, lassen eine helle, ja bunte Gedanken- und Bilderwelt entstehen, die so wohltuend ist wie Klänge von Mozart.

Während ich blättere, um zunächst die Bilderwelt in mich aufzunehmen, bleibt mein Blick auf einem gelben Sonnensymbol hängen, das ein Gedicht von Ernst Jandl enthält. Es handelt sich um ein sehr tiefgründiges Gedicht, das ich an dieser Stelle wiedergeben möchte:

die sonne scheint
die sonne scheint unterzugehen
die sonne scheint untergegangen
die sonne scheint aufzugehen
die sonne scheint aufgegangen
die sonne scheint

Es folgen Bilder, in denen die Farbe Gelb dominiert. Jedes Kapitel übrigens hebt eine andere Farbe hervor, macht sie uns in ihrer spezifischen Kraft bewusst.

Natürlich findet sich in diesem Buch auch das Gedicht von Joseph von Eichendorf, das er der blauen Blume gewidmet hat. Ich lese es erneut, dann vertiefe ich mich lange in das Bild "Mondnacht im Teufelsmoor" und beginne mich an einen Menschen zu erinnern, der gerne in solchen Gegenden spazieren geht mit seinem Hund. Er liebt blaue Moor-Blumen, doch ich werde das Gedicht "Die blaue Blume" nicht zitieren, weil mich Reiner Kunzes Text (S.119) spontan weitaus mehr anspricht:

Rudern zwei
ein boot,
der eine
kundig der sterne,
der andere
kundig der stürme,
wird der eine
führn durch die sterne,
wird der andere
führn durch die stürme,
und am ende ganz am ende
wird das meer in der erinnerung
blau sein.

Die Auswahl der Bilder ist ebenso lobenswert wie die der Texte. Man hat immer wieder Lust in Muse-Stunden nach dem Buch zu greifen und sich in die Wort- und Bildpoesie zu vertiefen. Es ist die Magie, der man sich stets aufs Neue für eine kurze Weile überlassen sollte, um verzaubert daraus aufzutauchen, bereit Dinge aus anderem Blickwinkel zu sehen.

"der rest ist der ferne
gesang des meeres"

(Zwei Zeilen aus einem Gedicht Inger Christensen, S. 152).

Sehr empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu m Prestelverlag und können das Buch bestellen.
http://www.randomhouse.de/prestel/

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