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Rezension: Künstlerinnen- Von Monjé bis Münter- Hirmer

Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, "Künstlerinnen- Von Monjé bis Münter", die vom 25.9.2025 – 1.2.2026 im Kunstpalast Düsseldorf gezeigt wird. 

Das Vorwort hat Felix Krämer, der Generaldirektor des Kunstpalasts, verfasst. Er lässt die LeserInnen wissen, dass allein in Düsseldorf rund 500 Künstlerinnen gefunden wurden, die im 19. und 20. Jahrhundert aktiv waren. Berufliche Anerkennung fanden damals allerdings nur wenige. 

Die Ausstellung habe 5 Jahre Vorlauf gehabt, um genügend Grundlagenforschung betreiben zu können. Die meisten Künstlerinnen seien nur Fachkreisen bekannt und manche habe man völlig vergessen. Viele Werke würden erstmals seit dem 19. Jahrhundert öffentlich gezeigt. 

Kathrin Du Bois schreibt in der Folge Wissenswertes zum Projekt "Künstlerinnen". Diesem erhellenden Text folgen 4 Essays. Es handelt sich um: 

- Kathrin Du Bois: Künstlerin werden- Die Ausbildung der Frauen in Düsseldorf vor der Zulassung zur Kunstakademie

- Nina Köppert; Strukturen der Sichtbarkeit- Ausstellungsbeteiligung von Künstlerinnen im Düsseldorf des 19. Jahrhunderts 

- Kathrin Du Bois und Sine Krogh: Über Grenzen-Elisabeth Jerichau-Baumanns deutsche Ausbildung und transnationale Karriere 

- Anne-Marie Penonnen: Düsseldorf als kreatives Zentrum nordeuropäischer Künstlerinnen. 

Noch bis 1919 vermochten sich Künstlerinnen nur mittels kostspieligen Privatunterrichts künstlerisch weiterbilden. Allerdings gab es zuvor bereits einige erfolgreiche Malerinnen. Eine davon war die Düsseldorferin Catharina Treu. Sie sei sogar die erste Professorin für Malerei im deutschsprachigen Raum gewesen. Wie man erfährt, habe erst 200 Jahre später die Künstlerin Rissa als nächste Frau eine prestigeträchtige Malerei-Professur erhalten. 

Man liest viel Wissenswertes über Privatunterricht, Mal-, Kunstgewerbe- und Frauenkunstschulen und kann sich ein Bild davon machen, wie schwer es Künstlerinnen einst hatten. 

Nina Köppert schreibt über Reproduktionen in Zeitschriften, vor allem aber über Ausstellungsmöglichkeiten in Düsseldorf. Dabei erfährt man, dass Mitte der 1880 Jahre Stillleben die weiterhin beliebten Landschaften als die meistausgestellte Gattung von Künstlerinnen ablösten. 

Man erfährt des Weiteren Wissenswertes über die schöne Malerin Elisabeth-Jerihau Baumann, deren Selbstporträt man im Buch bewundern kann. Ihre Ausbildung, ihr Wunsch, sich mit Männern zu messen, ihr Aufenthalt in Rom, Kopenhagen und London kommen u.a. zur Sprache. In London habe sie sich den Kunsttrend des Orientalismus zu Eigen gemacht und schließlich in Konstantinopel die Oberschicht des Osmanischen Reichs porträtiert, habe Zutritt zum Harem des dortigen Sultans erhalten und in Ägypten sinnliche Töpferwaren-Verkäuferinnen und Bäuerinnen porträtiert. Die Malerin soll häufig allein gereist sein und beim Verkauf ihrer Bilder strategisches Handlungsgeschick bewiesen haben. 

Dass Düsseldorf als kreatives Zentrum nordeuropäischer Künstlerinnen galt, erfährt man von Anne-Maria Penonnen und kann sich alsdann in den Katalog vertiefen. 

Dieser ist in insgesamt 9 Kapitel untergliedert, als da sind: 

- Träume und Möglichkeiten
- Vorbilder und Nachruhm 
- Karrierestrategien
- Weg zur Kunst 
- Gesehen werden 
- Männlich malen?
- Modern trotz Düsseldorf 
- Frei und angewandt 
- Gleichberechtigt? 

Jedes Kapitel beginnt mit einem kurzen einführenden Text, dem eine Fülle von Gemälden unterschiedlicher Malerinnen folgt. Neben Porträts kann man Blumenarabesken und Denksprüche, auch Illustrationen bewundern. Die Gemälde von Elisabeth Jerichau-Baumann, der ein Kapitel gewidmet ist, beeindrucken ganz besonders, sei es ihre Porträts oder auch das viel Lebensfreude ausstrahlende Bild "Italienische Osteria". 

Gemälde von Amalia Lindgren, Sophia Ribbing und der Norwegerin Mathilde Dietrichson zeigen das Können dieser exzellenten Malerinnen. Sehr ausdrucksstark ist die "Studie des Modells Carminello" von Sophia Ribbling und auch das Selbstporträt von Mathilde Dietrichson. 

Paula Monjé hat ihr Gemälde "Deutsches Volksfest" der Berliner Nationalgalerie geschenkt. Damit habe sie selbst für Sichtbarkeit gesorgt. Ab den 1860er Jahren gründeten Frauen eigene Künstler-Vereine und veranstalteten, wie man erfährt, auch eigene Ausstellungen. Der Verein Düsseldorfer Künstlerinnen entstand 1911. Von Beginn an dabei sei Paula Monjé gewesen. Sie war es, die sich aktiv für den Zugang von Frauen zur Kunstakademie einsetzte. 

Traumhaft sind die Stillleben von Emilia Preyer und Magda Kröner, die eine der bekanntesten Düsseldorfer Künstlerinnen ihrer Zeit war. Gemälde der Künstlerin Gabriele Münter lernt man im Kapitel "Modern trotz Düsseldorf" kennen. Darüber hinaus liest man von gestalterischen Aufgaben, die den Frauen Wege in den Kunstbetrieb eröffneten und kann sich diesbezüglich  diverse Exponate anschauen. 

Gemälde von Marta Hegemann aus den 1920er Jahren lassen die Kunstrichtung erkennen, der sie sich verwandt fühlte: dem Dadaismus. Dass die Nazis ein Problem mit ihren wundervollen Werken hatte, wundert mich nicht. 

Zum Schluss des Katalogs werden 31 sehr informative Kurzbiografien von Künstlerinnen vorgestellt, deren Gemälde im Katalog zu bewundern sind. 

 Maximal empfehlenswert

Helga König

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Rezension: LIVING WITH GARDENS-Stephan Maria Lang-Hirmer


Dieses reich bebilderte Werk des Münchener Architekten Stephan Maria Lang, der im Stil der organischen Architektur entwirft und baut, beginnt mit einem Konterfei Langs und einem Vorwort von Björn Vedder. Dieses Vorwort ist übrigens- wie alle Texte des Buches - in deutscher und englischer Sprache zu lesen.

Vedder schreibt, dass für Lang der Garten mindestens genauso wichtig sei wie das Haus. Nicht selten plane dieser zuerst den Garten und setze dann das Haus hinein. Damit befindet er guten Gesellschaft mit den Baumeistern Richard Neutra, Rudolf Schindler und Frank Lloyd Wright, wie man erfährt, für die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Architektur ohne Landschaft, ohne die Einbettung in eine gestaltete Szenerie nicht denkbar gewesen sei. Alle hätten den Lebensraum von Haus und Garten als einheitliches Ganzes betrachtet. Dabei habe ihr Bestreben darin gelegen, die Grenzen von innen nach außen aufzulösen. 

Stephan Maria Lang baue Häuser nicht als Barriere zur Natur, sondern vielmehr als Refugium in der Natur. Im Rahmen von 6 Kapiteln kann man sich anhand von beeindruckenden Fotos und sehr gut erläuternden Texten in die Arbeitswelt von Lang vertiefen. 

Zunächst lernt man im Kapitel "Innenwelt & Außenwelt"  die symbiotische Beziehung von Haus und Garten kennen. Die Fotos verdeutlichen, dass Sichtachsen den Blick nach außen öffnen und die Natur in den geschützten Raum holen. Pläne der einzelnen Objekte, die gezeigt werden, helfen den Betrachtern der Bilder eine genaue Vorstellung von der Dimension der einzelnen Konzeptionen zu erhalten. So ist beim ersten gezeigten Objekt der stete Wechsel von Natur und Gebautem ein wiederkehrendes Thema, wobei die raumhohen Verglasungen mit ihren Spiegeleffekten innen wie außen ein magisches Lichtspiel erschaffen. Jedes Fenster und jede Glastür inszeniert die Natur als Kulisse. 

Das zweite Kapitel mit dem Titel "Linearität und Eigenleben" befasst sich mit dem Zauber der Gegensätze. Die Bauten dieses Architekten verfügen über schwere, natursteinartige Sockelelemente, die wie mit dem Erdreich verwachsen daherkommen. Dies lasse die Gebäudevolumia leicht und schwebend erscheinen. Lang möchte den vielerorts gelebten Gegensatz von gestalteter und gewachsener Natur aufheben, vermutlich um die unerklärbare Magie eines Gartens zu erhalten. 

Sehr gut gefällt mir das filigrane Schauspiel der Gräser im Kontrast zu den gebauten Steinstrukturen.  Lang schreibt "Sollte Architektur ein wohlgeordnetes Leben versinnbildlichen, so steht Garten für eine gewisse Art der Entgrenzung." Was er damit meint, wird anhand der tollen Fotos verständlich. In seinen Gärten dominiert unterschiedliches Grün in tausenderlei Formen und bindet das Grün, die Bäume des Nachbarn, als Leihgaben ein. 

Licht und Schatten, sie werden im 3. Kapitel thematisiert, verleihen den Räumen Tiefe und Charakter. Was es mit dem besonderen Farb- und Lichtspiel auf sich hat, kann man sich wiederum anhand von Fotos vergegenwärtigen.  Alsdann erfährt man in 4. Kapitel "Intuition und Magie" auf welche Weise der Architekt und Landschaftsgärtner seine Entwürfe gestaltet und wie es zu den sehr individuellen Gestaltungsergebnissen kommt. Ein wenig erinnern die Sockel der modernen Häuser an Sockel von mittelalterlichen Burgen umgeben von Grün. Das macht den Anblick geheimnisvoll, fast mystisch. 

Dann wird in Kapitel 5 "Die Kraft der Bäume" zur Sprache gebracht, die für Lang "ein Geschenk für Generationen" sind. Langs Blick auf Bäume sei zweigeteilt. Was damit gemeint ist, kann man dem Buch sehr gut  verständlich entnehmen. Die Bilderwelt dazu, lässt verstehen, welche Wirkkraft Bäume haben. 

Was es mit der "Patina" auf sich hat, ist Thema des Kapitels 6, Untertitel: "Von der Schönheit des Alterns" abzugewinnen und bedarf einer Sichtweise, die schon beinahe philosophisch ist. Mit diesem Blick versteht man vermutlich nicht nur die Tiefe des Satzes "Ein guter Garten bildet verlässlich seine eigenen Gesetze aus", sondern entschlüsselt auch das Geheimnis, weshalb man frisches Grün an einer fast schon morbiden Mauer bewundert und das Werden wie auch die Vergänglichkeit als den letztendlichen Sinn des Lebens begreift.

Wo die einzelnen Projekte Stephan Langs zu finden sind, entnimmt man den letzten Seiten dieses gelungenen Buches eines Architekten, der sich erfreulicherweise zugleich als Landschaftsgärtner begreift und auf diese Weise Gesamtkunstwerke gestaltet, die aus Grau nicht Grün machen, sondern eine gelungene Melange aus beidem gestalten.

Maximal empfehlenswert

Helga König

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Rezension: Poesie des Lichts- Richard Pousette-Dart-Hirmer


Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Poesie des Lichts", die vom 17. Mai – 14. September 2025 im MUSEUM FRIEDER BURDA, Lichtentaler Allee 8b, in 76530  Baden-Baden gezeigt wird. 

Dem Vorwort von Daniel Zamani ist ein Zitat von Richard Pousette-Dart (1916- 1992) aus dem Jahre vorangestellt. Ich gebe es hier wieder, weil es wirklich neugierig macht, sich mit diesem Katalog näher zu befassen: 

"Gemälde sind wie Menschen. Damit sie sich öffnen und offenbaren, muss man sich ihnen annähern, ihre Freundschaft gewinnen, sie kennen und lieben lernen wie einen Menschen. Gemälde haben ein Dasein, sie sind auf eine rätselhafte Weise lebendig und wollen verstanden werden, wir müssen sie auf lebendige Art und Weise anschauen, wir müssen uns ihnen ohne vorgefasste Meinungen, mit einer wahrhaft ehrfürchtigen und staunenden Haltung nähern. Wir müssen versuchen, ihren inneren Sinn zu erfahren, das heimliche Geschenk, das jedes Werk für uns bereithält – wenn wir denn genug Demut und Liebe aufbringen, um dieses Geschenk zu empfangen." 

Wer war Richard-Pousette-Dart? Wie Daniel Zamani den Lesern eingangs mitteilt, einer der großen Pioniere des Abstrakten Expressionismus. Der aus den USA stammende Künstler sei in so unterschiedlichen Medien wie Malerei, Skulptur und Fotografie tätig gewesen und habe einen herausragenden Beitrag beim Heranreifen der New Yorker School geleistet. Grund genug ihm eine Sonderausstellung zu widmen ! 

Man erfährt Wissenswertes über die Vorfahren des Künstlers, die ihn förderten aber auch über Peggy Guggenheim, die später dann eine bedeutende Mäzenin Richard Pousette-Darts wurde, dessen Werke sie 1947 in einer umfangreichen Einzelausstellung gewürdigt habe.

1951 habe der Künstler bei einer Rede für Kunststudenten in Boston die Rolle der künstlerischen Freiheit dargelegt  und habe von der Malerei als einen Bereich gesprochen, der auf das Engste mit der kreativen Erforschung des Unsichtbaren und Verborgenen verbunden sei. 

Pousette-Darts Schaffen sei von Experimentierfreudigkeit geprägt gewesen. Er legte seinen Schwerpunkt nicht auf den Wiedererkennungswert. Eine Konstante allerdings sei seine lebenslange Faszination für die emotionale Wirkung des Lichts gewesen, gewissermaßen Licht als strahlende Kraft, die mit der Freisetzung von grenzenlosen Energien verbunden sei. Diesen  Moment in seiner Kunst zu bewundern, erhellt die eigene Seele. Ich empfehle hier das Werk "Verloren am Anfang der Unendlichkeit" (Kat 41) für Meditationsübungen.

Gezeigt werden im Katalog Gemälde, auch zahlreiche Messingobjekte, denen der ästhetische Reiz glänzender Reflexionen zugrunde liege. Die Ausstellung mit rund 140 Leihgaben aus 17 internationalen Sammlungen-neben Gemälden, Skulpturen, Objekte und Zeichnungen, Notizbücher und Fotografien- schenkt, da muss man Daniel Zamini zustimmen, einen "facettenreichen Überblick über sechs Schaffensjahrzehnte". 

Im Rahmen von sehr guten Essays, einer Chronologie und vier Texten von Richard Pousette-Dart kann man sich einen  sehr guten Eindruck über den  Künstler und sein Werk verschaffen. 

Die ausgestellten Exponate sind in die Rubriken: 
- Gemälde und Skulpturen 
- Brasses (die ausgewählten Messingarbeiten) 
- Fotografien
- Notizbücher
 untergliedert. 

Pousette-Darts Text "Liebe ist die Bezwingerin" hat mir übrigens besonders gut gefallen. Dieser Geisteshaltung schließe ich mich ohne Wenn und Aber an. 

Die im Katalog gezeigten Exponate motivieren dazu, die Ausstellung zu besuchen und sich der Poesie des Lichts konkret zu erfreuen. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Alchimia-Die Revolution des italienischen Designs-Hirmer


Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Alchimia- Die Revolution des italienischen Designs", die vom 17.04.2025–31.08.2025 im Bröhan-Museum, Berlin gezeigt wird. 

"Alchimia" war der Höhepunkt einer fundamentalen Neuinterpretation des Designs. Sie widerspiegele sich in einer neuen Formensprache, einem neuen Selbstverständnis aber auch einer neuen Methodologie, erfährt man. Nur sehr ungenau lasse sie sich mit Postmoderne umschreiben. Es sei Umberto Eco gewesen, der in den 1960er Jahren den Begriff "Arte programmata" für eine neue Kunstrichtung in Italien prägte. Diese arbeitete mit den Prinzipien von Struktur und Raster. Ihr erklärtes Ziel sei die Veränderung der Gesellschaft durch Kunst gewesen. 

Die Phase einer Neuinterpretation des Design begann in Italien mit dem "Radical Design" in den 1960er Jahren. Dabei sei neben Eco für die "Alchimia" auch Gianni Vattimos Theorie des "pensiero debole" (das schwache Denkens) von Bedeutung gewesen."Alchimia" habe alle Einflüsse in sich aufgesogen. Das Ergebnis seien die gesellschaftlichen und designgeschichtlichen Umbrüche seit Beginn der 1960er Jahre gewesen. 

Im Selbstverständnis von "Alchimia"  sei eine Trennung von Kunst und Design nicht vorgesehen gewesen. Fotografie, Film, Happening, Theater, Musik, Malerei, Skulptur, Modedesign und Architektur seien Teil der Inszenierungen von "Alchimia" geworden, waren deren neues Design. Dabei versuchte "Alchimia" von Kollektion zu Kollektion, von Projekt zu Projekt mit einer stets neuen Formensprache neu zu verzaubern. 

Wie der Direktor des Bröhan Museums Dr. Tobias Hoffmann unisono mit dem Presidente ADI Luciano Galimberti formulieren, habe es ohne die "Alchimia"  die Bewegung des neuen deutschen Design nie gegeben.

Das vorliegende Werk wartet mit vielen eloquenten Essays und bildlichen Darstellungen auf, die den LeserInnen die Thematik hervorragend erläuternd und veranschaulicht nahebringen. So erfährt man u.a. breit angelegt, welche Themen der "Alchimia" am Herzen lagen, kann sich in das Alchima-Logi von 1980 und 1985 vertiefen und begreift, was für die "Alchimia" das Postulat "Gestalten für eine stetige Bewegung der Gedanken bedeutet". Beispiele für "Banal Design", eines der Themen von "Alchimia" werden gezeigt. Ich bin besonders beeindruckt von den Arbeiten Alessandro Mendinis, auch was "Redesign" anbelangt. Doch unmöglich, im Rahmen einer Rezension auf all die Betrachtungen im Buch näher einzugehen! 

Sehr gut gefallen mir die gezeigten Objekte der Kollektionen "Bau-Haus 1 (1979)"/ "Bau-Haus 2 1980)", die "Alchimia" internationale Anerkennung verschafften. Hervorheben möchte ich  hier die Stehleuchte von Michele de Lucchi und eine Kommode von Paola Navone, die neugierig auf weitere Schöpfungen dieser beiden Designer machen. 

Das "Vademecum von Alessandro Guerriero" muss man mehrfach lesen, auf sich wirken lassen und erspüren, was es mit einem macht, bevor man die Lesereise in diesem Buch fortsetzt und immer mehr von der kreativen Magie dieser Legende der Designergeschichte begreift. 

Maximal empfehlenswert 
Helga König 

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Rezension: Hello Image – Die Inszenierung der Dinge- MK&G Museum für Kunst& Gewerbe Hamburg- Hirmer



Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Hello Image – Die Inszenierung der Dinge", die vom 4.4.25 bis zum 12.4.26 im Museum für Kunst& Gewerbe in Hamburg gezeigt wird. 

Wie die Direktorin des Museums Tulga Beyerle im Vorwort sagt, zeigt die Ausstellung auf, wie vielfältig und komplex die Verbindungen zwischen Design, Fotografie und Marketing seien und Kooperationen über den Erfolg von Marken entscheiden können. Besagter spannende und nicht häufig geübte Blick auf die Designgeschichte der letzten hundert Jahre in Europa und zu einem Teil auch in den USA verdeutliche, wie stark sich Kreativität und Partnerschaften, gleichgültig ob geplant oder zufällig, auf das Image von Konsumgütern der "westlichen" Welt auswirkten. 

Für die Ausstellungen seien, so  die Kuratorinnen Esther Ruelfs und Viktoria Lea Heinrich besonders fruchtbare Kooperationen ausgewählt worden, die in ihrer Zeit als innovativ hervorgetreten seien. 

In 18 Sets werden Werke von DesignerInnen, denen von GrafikerInnen und FotografInnen gegenübergestellt, die das Erscheinungsbild der Designergegenstände mitgeprägt haben. Dabei nehmen die 1920er Jahre der Anfang. Das war die Zeit, in der Grafik, Fotografie und Design erstmals zusammentrafen und die Fotografie in Zeitschriften und Printmedien die Werbebühne betrat. Das Ende des Reigens sind aktuelle Tendenzen, wo Zeitschriftenwerbung durch Werbung in den sozialen Medien abgelöst worden sind. 

Der vorlegende Katalog und die Ausstellung sind in acht thematische Kapitel gegliedert. Dabei veranschaulichen in "Grafische Gestaltung oder Fotografie" die Werbung der Firmen Kaffee-HAG, Scherk und Pirelli die unterschiedliche Verwendung von Fotografie und Grafik, als auch die noch längere Zeit  parallele Nutzung von grafischen und fotografischen Bildern und den Einsatz des Mediums Fotografie ab Mitte der 1920 Jahre. 

Weitere Themen sind: "Eine neue Form finden", "Ein Marktbild prägen", "Dialoge führen", "DesignerInnen arbeiten künstlerisch", "Provokation als Werbestrategie", "Selbstinszenierung" als auch "Neue Werkzeuge". Die Texte in den einzelnen Kapiteln vermitteln in deutscher als auch in englischer Sprache sehr gut den Inhalt und auf den vielen beigefügten Bildern kann man sich einen sehr guten Eindruck von der Ausstellung verschaffen. 

Überaus interessant finde ich die Bilder zum Thema "Provokation als Werbestrategie" nebst dem Text hierzu. Spannender noch die Infos zu "Die neuen Werkzeuge", die verdeutlichen, wohin die Reise geht.

Zum Schluss hat man Gelegenheit, sich in bemerkenswerte Aufsätze und Essays zu vertiefen, sodass man am Ende die Zusammenarbeit aller Beteiligter in einem Unternehmen besser begreift und fasziniert ist beispielsweise von der Weitsicht eines Issey Miyakes, der im Fotografen Irving Penn einen autonomen Künstler sah, der den Geist der Idee dieses Modeschöpfers mit formte und damit auf Augenhöhe mit ihm tätig war.

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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Rezension: Vision und Werk Max Pechstein- Hirmer


Dies ist der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung "Vision und Werk Max Pechstein", die vom 28. März 2025 – 15. Juni 2025 in der Kunsthal Rotterdam, Niederlande gezeigt wird. Das Vorwort und die sich daran anschließenden Essays sind in deutscher und englischer Sprache abgedruckt. Petra Lewey und Maximilian Letze schreiben dort, dass Pechstein von Beginn an Teil einer künstlerischen Bewegung war, die radikal mit der tradierten Formensprache der Malerei und gleichermaßen der grafischen Künste gebrochen habe. Er, ein typischer Vertreter des Expressionismus, gründete 1905 mit Künstlerkollegen in Dresden die "Brücke" und prägte die Kunst des 20. Jahrhunderts maßgeblich mit, erfährt man. Für ihn sei die Hinwendung zur Natur eine der Alternativen gewesen, die lebenslang sein Schaffensmotor bleiben sollte. Der Traum von einem einfachen naturverbundenen Leben habe ihn zu den Fischern an die Ostsee, ans Mittelmeer und an die Südsee geführt. 

Die Ausstellung präsentiere nicht nur die farbintensivsten Gemälde, die ausdrucksstärksten Druckgrafiken und Reisefotografien, sondern beleuchte vor allem seine Persönlichkeit, würdige aber auch sein Erbe als Ikone des Expressionismus. Diesen Eindruck hat man nach der Lektüre des vorliegenden Werkes auch. 

Aye Soika schreibt in ihrem Essay "Max Pechstein, der "Führer" der "Brücke", Anmerkungen zur zeitgenössischen Rezeption", dass Pechstein trotz der "Brücke" seine Unabhängigkeit bewahrt habe. Er wurde Preisträger des Sächsischen Staatspreises im Sommer 1907 und reiste mit dem ihm zuerkannten Reisestipendium nach Italien und Frankreich, zog im Herbst 1908 nach Berlin um und wurde dort zu einem Repräsentanten der "Brücke". Man liest über seinen künstlerischen Durchbruch 1910 aufgrund der Ausstellung der Neuen Session und was alles danach geschah. 

Annika Weise schreibt in dem anschließenden Essay "Max Pechstein- Vision und Werk" auch über diesen Künstler als Fotograf und hier, dass die Kamera Pechstein einen neuen Weg der Rezeption seiner gewählten Alltagswirklichkeit fern der Leinwand und des Papiers  ermöglichte. Dabei ermöglichten gerade  die Fotografien den BetrachterInnen den neuen Weg der Rezeption Pechsteins zu verstehen, indem sie zwischen den Realitäten vermittelten. 

Was noch? Man erfährt auch Wissenswertes über Pechsteins Sehnsuchtsort Südsee und liest, dass die als Retrospektive aufgefasste Ausstellung sich vorrangig den Hauptschaffensparadiesen von Pechstein widmet und Eveline Suter verdeutlicht in ihrem Essay "Zürich ins Paradies", dass für Pechstein fremde Kulturen die ideale Projektionsflächen für das noch Unberührte gewesen seien. 

Die Essays in ihrer Gesamtheit vermitteln mehr als nur einen guten Eindruck von dem Künstler Max Pechstein, sondern auch von  seinen Visionen und seinem Werk. 

Im Ausstellungskatalog kann man sich in die mehr als 100 Werke, darunter Ölgemälde, Aquarelle, Farbholzschnitte und Grafiken vertiefen, auch Fotografien werden gezeigt, die das Leben der Fischer, die Pechstein aufsuchte, dem Betrachter nahebringen. 

Zum Schluss dann erwartet die LeserInnnen eine mehrseitige chronologische Biografie und ein spannendes Interview mit Julia Pechstein, der Enkelin des Künstlers. 

Maximal empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: True Colors- Farben in der Fotografie von 1849 bis 1955- Hirmer


Die Herausgeberinnen dieses reich bebilderten Werkes, dessen Texte in deutscher und englischer Sprache verfasst wurden, sind Anna Hanreich und Astrid Mahler. Das Vorwort stammt von Ralph Gleis, dem Generaldirektor der Albertina. Er lässt die LeserInnen wissen, dass die frühesten Fotografien nur als Unikate in Farbe existieren und dies auch nur in geringer Stückzahl. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts sei das erste kommerziell erfolgreiche Verfahren breiter genutzt worden und habe die Farbfotografie ein erstes Mal revolutioniert, wobei findige Fotografen sich bereits mit der Kolorierung behalfen, um auf diese Weise die fehlende Farbigkeit auszugleichen. 

In der Folge wird dann die Geschichte der Farbfotografie von ihren Anfängen bis zur Entwicklung der massentauglichen Farbfotografie untersucht. Das vorliegende Werk basiert auf der Sammlung der Albertina. Es beleuchtet die frühen Techniken, die zu den ersten Farbfotos führten und fokussiert den Weg zur Entwicklung von Positiv-Negativ-Verfahren. Sehr gut dargestellt, so dass auch Laien begreifen, worum es hier geht. 

Dem Katalog gehen lesenswerte Essays voraus, mittels denen man sich mit der Thematik "True Colors" vertraut machen kann. Man liest u.a. von Autochromverfahren und deren Erfindern, den Brüdern Auguste und Louis Lumiere. Diese hatten sich als Hersteller fotografischer Negativplatten und mit ihrem 1896 vorgestellten Kinematografen in der fotographischen Welt etabliert und ließen 1903 das Autochrom patentieren. Ein Jahr später wurde es in der Französischen Akademie der Wissenschaften vorgestellt. 1907 dann startete der Verkauf der Platten. 

Im Katalog, der dann folgt, lernt man eine Fülle von alten Fotografien kennen, die die Entwicklung von Farbbildern zeigen. Hier auch wird das sogenannte Autochrom auf der Seite 129 sehr gut erklärt  und anhand alter Bilder visualisiert. Sehr schön ist das Autochrom von Alfred Meyer mit dem Titel "Wiener Quartett" auch Fotos, getitelt "Bilder einer Schiffsreise nach Norwegen", die noch getoppt werden von den geheimnisvollen Aufnahmen "Nebel auf der Rax" und "Fliegenpilze" von Karl Prokop. Fantastisch ist die Sommerimpression durch das Licht auf der Porträtaufnahme von Heinrich Kühn, die Wilhelm Schwind zeigt, visualisiert worden. 

Interessant auch sind die Anmerkungen zu den Wegen zur modernen Farbfotografie. Die Firmen Kodak und Agfa entwickelten in den 1930er Jahren moderne Mehrschichtenfilme mit Farbkupplersubstanzen. Nach dem 2. Weltkrieg erlebte die moderne analoge Farbfotografie einen großen Aufschwung, erfährt man und darf sich einen Eindruck verschaffen, so etwa mittels eines Fotos von Hans Madensky, mit dem Titel "Modisches Porträt- Schülerin aus der Modeschule Wien –Hetzdorf" aus dem Jahre 1952. 

Das Werk wird abgerundet durch einen kurzen gut verständlichen Index der Begriffe und Techniken, die ein zentraler Gegenstand des Buches sind. 

 Maximal empfehlenswert. 

 Helga König

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