Dieses reich bebilderte Werk des Münchener Architekten Stephan Maria Lang, der im Stil der organischen Architektur entwirft und baut, beginnt mit einem Konterfei Langs und einem Vorwort von Björn Vedder. Dieses Vorwort ist übrigens- wie alle Texte des Buches - in deutscher und englischer Sprache zu lesen.
Vedder schreibt, dass für Lang der Garten mindestens genauso wichtig sei wie das Haus. Nicht selten plane dieser zuerst den Garten und setze dann das Haus hinein. Damit befindet er guten Gesellschaft mit den Baumeistern Richard Neutra, Rudolf Schindler und Frank Lloyd Wright, wie man erfährt, für die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Architektur ohne Landschaft, ohne die Einbettung in eine gestaltete Szenerie nicht denkbar gewesen sei. Alle hätten den Lebensraum von Haus und Garten als einheitliches Ganzes betrachtet. Dabei habe ihr Bestreben darin gelegen, die Grenzen von innen nach außen aufzulösen.
Stephan Maria Lang baue Häuser nicht als Barriere zur Natur, sondern vielmehr als Refugium in der Natur.
Im Rahmen von 6 Kapiteln kann man sich anhand von beeindruckenden Fotos und sehr gut erläuternden Texten in die Arbeitswelt von Lang vertiefen.
Zunächst lernt man im Kapitel "Innenwelt & Außenwelt" die symbiotische Beziehung von Haus und Garten kennen. Die Fotos verdeutlichen, dass Sichtachsen den Blick nach außen öffnen und die Natur in den geschützten Raum holen. Pläne der einzelnen Objekte, die gezeigt werden, helfen den Betrachtern der Bilder eine genaue Vorstellung von der Dimension der einzelnen Konzeptionen zu erhalten. So ist beim ersten gezeigten Objekt der stete Wechsel von Natur und Gebautem ein wiederkehrendes Thema, wobei die raumhohen Verglasungen mit ihren Spiegeleffekten innen wie außen ein magisches Lichtspiel erschaffen. Jedes Fenster und jede Glastür inszeniert die Natur als Kulisse.
Das zweite Kapitel mit dem Titel "Linearität und Eigenleben" befasst sich mit dem Zauber der Gegensätze. Die Bauten dieses Architekten verfügen über schwere, natursteinartige Sockelelemente, die wie mit dem Erdreich verwachsen daherkommen. Dies lasse die Gebäudevolumia leicht und schwebend erscheinen. Lang möchte den vielerorts gelebten Gegensatz von gestalteter und gewachsener Natur aufheben, vermutlich um die unerklärbare Magie eines Gartens zu erhalten.
Sehr gut gefällt mir das filigrane Schauspiel der Gräser im Kontrast zu den gebauten Steinstrukturen. Lang schreibt "Sollte Architektur ein wohlgeordnetes Leben versinnbildlichen, so steht Garten für eine gewisse Art der Entgrenzung." Was er damit meint, wird anhand der tollen Fotos verständlich. In seinen Gärten dominiert unterschiedliches Grün in tausenderlei Formen und bindet das Grün, die Bäume des Nachbarn, als Leihgaben ein.
Licht und Schatten, sie werden im 3. Kapitel thematisiert, verleihen den Räumen Tiefe und Charakter. Was es mit dem besonderen Farb- und Lichtspiel auf sich hat, kann man sich wiederum anhand von Fotos vergegenwärtigen. Alsdann erfährt man in 4. Kapitel "Intuition und Magie" auf welche Weise der Architekt und Landschaftsgärtner seine Entwürfe gestaltet und wie es zu den sehr individuellen Gestaltungsergebnissen kommt. Ein wenig erinnern die Sockel der modernen Häuser an Sockel von mittelalterlichen Burgen umgeben von Grün. Das macht den Anblick geheimnisvoll, fast mystisch.
Dann wird in Kapitel 5 "Die Kraft der Bäume" zur Sprache gebracht, die für Lang "ein Geschenk für Generationen" sind. Langs Blick auf Bäume sei zweigeteilt. Was damit gemeint ist, kann man dem Buch sehr gut verständlich entnehmen. Die Bilderwelt dazu, lässt verstehen, welche Wirkkraft Bäume haben.
Was es mit der "Patina" auf sich hat, ist Thema des Kapitels 6, Untertitel: "Von der Schönheit des Alterns" abzugewinnen und bedarf einer Sichtweise, die schon beinahe philosophisch ist. Mit diesem Blick versteht man vermutlich nicht nur die Tiefe des Satzes "Ein guter Garten bildet verlässlich seine eigenen Gesetze aus", sondern entschlüsselt auch das Geheimnis, weshalb man frisches Grün an einer fast schon morbiden Mauer bewundert und das Werden wie auch die Vergänglichkeit als den letztendlichen Sinn des Lebens begreift.
Wo die einzelnen Projekte Stephan Langs zu finden sind, entnimmt man den letzten Seiten dieses gelungenen Buches eines Architekten, der sich erfreulicherweise zugleich als Landschaftsgärtner begreift und auf diese Weise Gesamtkunstwerke gestaltet, die aus Grau nicht Grün machen, sondern eine gelungene Melange aus beidem gestalten.
Maximal empfehlenswert
Helga König
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