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Rezension: Surrealismus in Paris (Gebundene Ausgabe)

Vor mir liegt der Ausstellungskatalog zur gleichnamigen Ausstellung "Surrealismus in Paris", die vom 2.10.2011 bis zum 29.1.2012 in der Fondation Beyeler, Riehen in der Schweiz gezeigt wird.

Das Buch enthält eine große Anzahl aufschlussreicher Essays und Texte von Kennern des Surrealismus, wie etwa Philippine Büttner, Julia Drost und Marlene Schneider. Es erklärt umfassend, was man unter dem Begriff Surrealismus zu verstehen hat und wartet mit über 100 Meisterwerken aus berühmten Museen und Privatsammlungen auf.

Sehr lesenswert finde ich den Essay "Wenn Bilder die Welt verändern könnten" von Robert Kopp. Hier auch liest man, das André Breton immer wieder betont hat, dass der Surrealismus eine Antwort auf den ersten Weltkrieg gewesen sei, den Ersten und den Zweiten, (vgl.: S.23). In diesem Essay thematisiert er Kunst und Politik und Kunst und Revolution, aber auch Kunst und Exil, denn Breton hat fünf Jahre im amerikanischen Exil zugebracht. Hier fühlte sich der Begründer des Surrealismus sehr isoliert. Seine wohl wichtigste Stütze war Peggy Guggenheim, für die er unter dem Titel "Art of The Century" den Katalog ihrer Sammlung erstellte, für die sie unter dem gleichen Namen am 20 Oktober 1942 in New York mit einer Galerie kombiniertes Museum eröffnete, (vgl.: S26).

Man liest hier über die Manifeste des Surrealismus, gemeint sind neben Flugblätter, offene Briefe und Pamphlete, eine typische Gattung der Avantgardebewegung. Breton hat einige Manifeste verfasst, die die Grundlage seiner Poetik, seiner Kunsttheorie und Lebensphilosophie bilden. Kopp berichtet Wissenswertes über die einzelnen Manifeste und man hat sogar Gelegenheit in das handschriftliche Original des 2. Manifests Einblick zu nehmen.

Man lernt die berühmte Illustration aus Bretons "Nadja" kennen. Eine Schlange möchte vier Augen und zwei Herzen verschlingen. Ein Rezensent schreibt in seiner Rezension zu Nadja (Bibliothek Suhrkamp): "Die Phantasie bezwingt die Wirklichkeit, sie zwingt sie, über sich hinauszugehen; sie ist das Jenseits im Diesseits." Genau das kommt in dem Bild zum Ausdruck. Wer ist die Schlange? Ist sie die Phantasie?

Lesenswert auch ist der Essay von Oliver Wick zu Joan Miro und beeindruckend sind die Bilder Miros im Buch. Man erfährt, dass Miro eine gespaltene Haltung zu Bretons Bewegung einnahm. Das wird durch die Realität des Bildes deutlich, die kämpferisch gegen die surrealistische Vereinnahmung antritt, (vgl.: S.56).


Marlen Schneider schreibt in ihrem Essay Erhellendes zu Max Ernst. Die Gemäldeablichtungen im Buch finde ich sehr beeindruckend, besonders "Lecons obsures", 1929, ein Bild, das ich bislang noch nicht kannte.

Es führt zu weit, auf alle Künstler im Buch einzugehen und alle Essays inhaltlich zu durchstreifen, geschweige denn, den Versuch unternehmen zu wollen, alle Bilder und Objekte hier zu interpretieren. An anderer Stelle interpretierte ich bereits Dalis "Objet scatologique à fonctionnement", ein Objekt, das auf mich sehr inspirierend wirkt.

Man lernt Wissenswertes zur Sammlung Simone Collinet durch den Essay von Julia Drost kennen, wird auch mit den entsprechenden Gemälden vertraut gemacht und kann sich dann in die Sammlung Peggy Guggenheim vertiefen, über die man in dem Essay Philipp Ryland aufgeklärt wird. Sehr beeindruckt bin ich hier von Paul Delvauy "Laurore", auch von Picassos "Composition au Minotaure", der den erotisierten Mann in seiner ganzen Hilflosigkeit vortrefflich darstellt.


Gemälde des von mir hochgeschätzten Renè Magritte sind auch dabei. Ulf Küster meint diesbezüglich, dass Magrittes Botschaft möglicherweise in dem Gedanken, alle Kunst sei surreal, bestanden habe.

Ich staune über die Vielfalt der Sammlung Peggy Guggenheim, darunter auch eines meiner Lieblingsbilder von Sali "Métamorphose de Narcisse". Das Gemälde wird von Philippe Büttner hervorragend beschrieben.

Zum Schluss hat man Gelegenheit sich in den Essay "Die Ausstellung als Werk" von Annabelle Görgen zu vertiefen und sich des Weiteren mit der Schmucksammlung CLO Fleiss zu befassen, wie auch sich durch die Chronologie des Surrealismus einen sehr guten Überblick über diesen zu verschaffen.

Der Katalog begeistert mich so sehr, dass ich am liebsten sofort in die Schweiz reisen möchte, um die Originale zu bewundern.

Empfehlenswert.

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